Pushpak Shiva-Purana Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 22 - Der Kampf mit Vishnu

Vayu fuhr fort:
Da erschien am Himmel ein wie tausend Sonnen strahlender Götterwagen, dessen Flagge den Stier zeigte. Zwei Pferde zogen das vierrädrige Gefährt, und nicht nur Juwelen sondern auch himmlische Waffen aller Art waren darin zu finden. Der Wagenlenker war derselbe wie damals, als Shiva gegen Tripura focht.

Es war Brahma selbst, der auf Bitten von Shiva den Wagen zu Virabhadra brachte, und mit aneinandergelegten Händen sprach:
Oh Herr Virabhadra, der ewige mit der Mondsichel gekrönte Gott befiehlt dir, seinen Wagen zu besteigen. Er und seine Göttin haben deinen Heldenmut in der nahen Einsiedelei des Raibhya mit angesehen.

Da segnete Virabhadra den Brahma, bestieg den Wagen und strahlte noch herrlicher als zuvor. Er blies in eine Muschel, die wie der Mond glänzte, und befeuerte die Angst in den Herzen der Götter. Und im nächsten Moment war der Raum mit Himmlischen angefüllt, Yakshas, Gandharvas und Nagas, die den Kampf beobachten wollten. Vishnu begann die Schlacht mit einem Schauer an Pfeilen, als ob sich schwere Regenwolken entladen. Der Anführer der Geister nahm seinerseits den Bogen und sandte tausend Pfeile zurück. Erschütternd laut war der Klang des Bogens, als ob Shiva langsam den Bogen Meru spannte. Dann nahm Virabhadra einen lodernden Pfeil zur Hand, der so gefährlich wie eine Schlange war. Er traf mit diesem schweren und scharfen Pfeil die Stirn Vishnus. Verwundet und erregt schoß Vishnu einen großen, spitzen Pfeil wie den Donnerblitz zurück und traf den Arm des Ganas. Virabhadra antwortete mit einem Treffer in den Arm Vishnus, und so ging es weiter. Vishnu traf Virabhadra, und Virabhadra traf Vishnu. In schneller Folge und mit viel Tumult ging der Zweikampf vonstatten, und den Zuschauern standen die Haare zu Berge. Sie schrien immer lauter, so daß der Himmel erbebte. Dann traf Virabhadra den Gott mit einem sonnenhellen Pfeil in die breite Brust, um dessen Spitze es wie Flammen zuckte. Schwer getroffen fühlte Vishnu großen Schmerz und sank in Ohnmacht. Doch schon im nächsten Moment war er wieder auf den Beinen und kämpfte weiter. Der Gana fing mit seinen Geschossen alle Pfeile Vishnus ab, und so nahm Vishnu mit zornig geröteten Augen einen Pfeil, in den sein Name eingraviert war. Noch nie war dieser Pfeil abgewehrt worden. Doch Virabhadra zersplitterte ihn mit seinen Pfeilen noch in der Luft. Und sogleich spaltete er mit seinem nächsten Pfeil den Bogen Vishnus und traf mit zwei weiteren Pfeilen die Schwingen Garudas. Welche Meisterleistung! Da erschuf der Gott mit Yoga Kraft aus seinem Körper tausende schreckliche Götter, die Muschel, Diskus und Keule trugen. Virabhadra verbrannte sie sofort mit einem Blick aus seinen Augen. Nun erhob Vishnu seinen Diskus und wollte ihn auf den Gegner schleudern, doch Virabhadra lächelte nur, und Vishnus Arm wurde lahm. Vishnu wollte kämpfen und die unvergleichliche Waffe benutzen, doch er konnte sich nicht bewegen. Er rang nach Atem, stand mit erhobenem Diskus so still wie ein Stein, so wirkungslos wie eine Seele ohne Körper, wie ein Stier ohne Hörner oder ein Löwe ohne Zähne und Klauen. Als Indra und die anderen Götter Vishnu in diesem elenden Zustand sahen, da erhoben sie zürnend ihre Waffen und griffen den Gana an, wie Kühe gegen einen Löwen stürmen. Doch auch diesmal reichten dem Helden aus dem Körper Rudras ein Blick und ein heftiges Auflachen, und die ganze göttliche Schar war gelähmt. Indra stand wie in einem Gemälde mit erhobenem rechten Arm, denn er wollte den Donnerblitz schleudern. Und auch die anderen Götter mühten sich vergebens, doch sie standen unbeweglich.

Der Glanz des Helden hatte sie das Fürchten gelehrt, und wer fliehen konnte, floh. Die Ängstlichen wurden von Virabhadras scharfen Pfeilen gepeinigt, die er mit vielen glänzenden, keulenartigen Armen abschoß, als ob Schlangen Feuer züngelten. Wie Brahma strahlend viele Wesen geschaffen hatte, so verschlang sie der strahlende Virabhadra wieder. Seine Pfeile prasselten auf die Götter nieder wie Hagelschauer auf einen Berg, und die Wolken seiner Geschosse erfüllten alle Himmelsrichtungen, wie die Sonne die Erde mit ihren Strahlen einhüllt. Seine Pfeile waren golden, zuckten durch den Himmel wie Blitze und waren unvergleichlich. Sie trafen die Götter und tranken ihr Blut wie Wein, als ob Wasserschlangen das Leben aus den Fröschen saugen. Manchen Göttern wurden die Hände abgeschnitten und anderen die Gesichter verunstaltet. Viele fielen mit blutenden Seiten zu Boden, die Gelenke zerschmettert, die Glieder zerrissen oder die Augen aus den Höhlen gerissen. Manche versuchten, in der Erde zu versinken, und andere, sich in den Himmel zu erheben. Einige versteckten sich in Höhlen, und manche tauchten im Wasser unter. Dabei vermischten sie sich untereinander, als ob es keine Hindernisse gäbe. So ging die Armee der Götter unter und bot einen gräßlichen Anblick. Ein furchtbarer Strom von Blut floß von den getroffenen Kriegern, so daß sich alle lebenden Wesen gruselten. Der blutdurchtränkte Boden glich der Göttin Kausiki, nachdem sie Sumbha getötet hatte, und ihre Kleider voller Blut waren. Als die grausige Schlacht zum Erliegen kam, bebte die Erde unter Qualen. Das Meer kochte, Meteore fielen donnernd herab und kündeten Böses, und die Bäume warfen ihre Zweige ab. Der Himmel war nach allen Seiten verdüstert, und unheilsame Winde bliesen.

Weh, das ist das widrige Wirken des Schicksals! Da gibt es ein Pferdopfer, Daksha opfert, Dharma und andere helfen ihm, Vishnu ist der Schutzherr, und Indra und die Götter bekommen ihren Anteil. Und doch wurden Opfer, Opfernder und Priester enthauptet. Niemand sollte je wieder so handeln und Shiva ausschließen. Wer Ihn und die Veden mißachtet und keine Hingabe an Ihn kennt, der kann keine guten Früchte aus noch so heiligen Opfern und Riten ernten. Doch wer eine Sünde beging, und hingebungsvoll Shiva ehrt, der wird von der Sünde gereinigt. Daran gibt es keinen Zweifel. Doch wozu noch mehr reden? Wer Shiva mißachtet, dessen wohltätige Gaben, reiche Opfer, heiligen Riten oder Buße ist vergebens.

Die Götter waren vernichtet und von großem Schmerz überwältigt. Kein Stolz mehr, keine Stärke, nur zerwühlte Haare, blutende Glieder, zerstreute Kleider und Ornamente und große Erschöpfung. Nur Virabhadra strahlte inmitten der Geisterscharen, nachdem er mit seinen unbesiegbaren Waffen das Opfer Dakshas vernichtet hatte, welches in unheilsamer Weise begonnen worden war.


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