Pushpak Shiva-Purana Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 19 - Die Erschaffung von Virabhadra

Die Weisen fragten:
Was waren das für Hindernisse, die Lord Shiva vor Daksha stellte in seinem Opfer für die Tugend? Das möchten wir gern erfahren.

Vayu sprach:
Nach langer, langer Zeit, als Himavat im Vaivaswata Manwantara jubelnd zum Vater von Parvati wurde, dieser Mutter des Universums, und Shiva sie zur Frau nahm und sich auf dem Gipfel des Himalaya mit ihr vergnügte, da wollte Daksha als königlicher Sohn der Prachetas ein Pferdeopfer ausführen. Er begab sich an einen glücksverheißenden Ort im Himalaya, an der Quelle der Ganga, wo viele Heilige und Siddhas sich gerne tummelten, und begann mit dem Opfer. Alle Götter mit Indra an der Spitze versammelten sich und wollten der Zeremonie beiwohnen. Auch die Adityas, Vasus, Rudras, Sadhyas, Maruts, Usmapas, Somapas, Ajyapas, Dhumapas (die Feueropfer, Soma, Ghee und Rauch empfangen), Aswins, Ahnen und himmlischen Weisen kamen mit Vishnu herbei.

Doch als Dadhicha sah, daß Shiva nicht dabei war, wurde er zornig und sprach zu Daksha:
Oh wahrlich, es ist eine große Sünde für einen Mann, wenn er die nicht ehrt, die aller Ehren würdig sind, und dafür die ehrt, die es nicht verdienen. Eine gräßliche Strafe wird dem zuteil, der die Üblen achtet und die Guten mißachtet.

Und dann sprach er weiter:
Warum ehrst du nicht den Herrn aller Seelen, der Ehre verdient?

Daksha gab zur Antwort:
Ich sehe elf Rudras mit Dreizacks und verfilzten Locken. Einen anderen kenne ich nicht als den Herrn.

Dadhicha sprach weiter:
Welchen Nutzen hat die Verehrung der Götter im Opfer, wenn der König der Opfer, Shiva, nicht von dir geehrt wird? Er ist der Unveränderliche, der Schöpfer von Brahma, Vishnu und Rudra, den alle Götter und Geister fragen: Was kann ich für dich tun? - Er ist jenseits von Prakriti und Purusha. Über ihn meditieren die Yogis, Gelehrten, Weisen und wahrhaften Könige. Er ist das unvergängliche, große Brahman, das Wirkliche und das Unwirkliche, ohne Anfang, Mitte und Ende, unbegreiflich und ewig. Er ist der Schöpfer, Erhalter und Vernichter. Und ich sehe niemanden wie Shiva in der Versammlung deines Opfers.

Doch Daksha sprach:
Ich opfere diese, mit Mantras geheiligte Speise im goldenen Kessel dem Vishnu, dem Herrn des Opfers.

Da klagte Dadhicha:
Oh Daksha, weil Shiva, der Herr der Götter, in deinem Opfer nicht besänftigt wird, wird es nicht wirksam sein.

Und verließ zornig den Ort, um in seine Einsiedelei zurückzukehren. Die Götter blieben, denn das kommende Desaster war unvermeidlich. Die Göttin erfuhr dies alles von Shiva und drängte ihren Herrn, daß Opfer von Daksha zu vernichten. Und der Herr erschuf den heldenhaften Virabhadra als Anführer der Ganas, damit er das Opfer ruiniere. Virabhadra hatte tausend Gesichter und tausende Lotusaugen. Er trug eiserne Keulen, tausende Pfeile, Speer, Axt, Bogen, Diskus und Donnerblitz. Er sah schrecklich und furchtbar aus. Die Mondsichel leuchtete auf seinem Haupt und der Donnerblitz in seiner Hand. In seinem Haar zuckten grelle Blitze. Er hatte einen großen Schlund mit gräßlichen Fangzähnen und einen gewaltigen Bauch. Seine Zunge blitzte zwischen den hängenden Lippen. Wenn er die Stimme erhob, dann meinte man lautes Donnergrollen oder den brüllenden Ozean zu hören. Das Tigerfell, was er trug, triefte vor Blut. Seine Ohrringe bildeten Kreise dicht an seinen Wangen, und um seine Stirn hatte er eine Kette aus den Totenschädeln mächtiger Götter gewunden. Seine Schulterstücken und klingelnden Armreifen waren aus lauterem Gold, über der Brust hingen viele Halsketten, und überall funkelten an ihm kostbare Edelsteine. Seine Macht übertraf die von fabelhaften Sarabhas, Löwen und Tigern. Sein Gang war elegant und majestätisch wie der eines stattlichen, brünstigen Elefanten. Und ihn umgab ein heller Glanz wie der einer Muschel, eines königlichen Wedels, einer Kunda Blume, dem Mond oder einer Lotusblüte. Er schien so gewaltig wie der schneebedeckte Herr der Berge, der beweglich geworden war. Flammen zuckten um ihn, und das Perlenornament, was ihn zierte, leuchtete wie das Feuer zur Auflösung der Welt.

Dieser gewaltige Anführer der Ganas kniete und verneigte sich vor Shiva. Mit demütig gefalteten Händen stand er wartend vor dem Herrn. Und aus dem Feuer des Zorns wurde noch Bhadra geboren, die Göttin Kali, als Zeugin seiner Taten und seine Gefährtin.

Shiva schaute auf Virabhadra und Bhadra, die vor ihm standen wie das Feuer des Todes, und sprach:
Möge euch Gutes geschehen.

Und Virabhadra nahm Zuflucht zum Gott und der Göttin und sprach:
Bitte gebiete, was ich tun soll.

Mit erhobener Stimme folgte Shiva dem Wunsch Parvatis und sprach zum starkarmigen Helden:
Oh Anführer der Geisterschar, geh mit Bhadrakali und vernichte das Opfer von Daksha, dem Sohn der Prachetas. Ich werde deine Heldentat beobachten, denn ich weile mit der Göttin in Raibhyas Einsiedelei nahebei. Daksha hält sein Opfer in Kanakala ab, bei den großen Bäumen nahe Gangadvara, der dem goldenen Gipfel von Meru und Mandara gleicht. Verhindere das Opfer sofort, zaudere nicht.

Bei diesen Worten schaute die Göttin auf Virabhadra und Bhadrakali so liebevoll wie eine Kuh auf ihr Kalb. Sie umarmte ihn, roch an seinem Haupt, als ob es ihr Sohn Kartikeya wäre, und sprach mit süßer Stimme:
Oh lieber und gesegneter Virabhadra, du wurdest stark und mutig geboren, um die Aufgabe auszuführen, die mich zufriedenstellt. Wisch meinen Zorn und Ärger fort. Vernichte das Opfer, was Daksha ausführt, ohne den Herrn der Opfer einzuladen. Laß auf meine Bitte hin alle Gewalt frei, töte die Sünder und wandle das Opfer in ein Nicht-Opfer.

Virabhadra verbeugte sich und ging. Aus den Poren seiner Haut erschuf er Anführer und von seiner rechten Hand Millionen Krieger. Auch von seinen Füßen, Schenkeln, Rücken, Flanken, Mund, Kehle, Fersen, Geschlechtsorgan, Stirn, Nacken, Gesicht und Bauch strömten Millionen Ganas, so daß aller Raum im ganzen Universum von ihnen angefüllt war. Sie alle waren so mächtig wie er, hatten tausend Hände mit tausend Waffen, sie glänzten wie er, waren tödlich wie er, hatten drei Augen und verfilzte Haare. Sie ritten auf Löwen und brüllten wie Gewitterwolken. In ihrer Mitte strahlte Virabhadra wie der alles vernichtende Kalabhairava inmitten von Millionen tödlicher Feuer. Auf seinem Bullen saß er, der strahlende Bhasitaprabha hielt einen perlfarbenen Schirm und Bhasita die Wedel über ihn, der mit viel Gold und Juwelen gezierte Bhanukampa blies die weiße Muschel, und so ritt Virabhadra voran wie Shiva auf Nandi. Die himmlischen Pauken dröhnten, die Wolken ließen Blumen regnen, der Wind blies den Duft süßer Blumen heran, und stolz, stark, tanzend, jubelnd und singend machte sich das Heer auf den Weg. Schon im nächsten Moment durchschritt Virabhadra mit seiner Gefährtin Bhadrakali das goldene Tor zum Opferaltar wie Rudra, wenn er zur Zeit der Auflösung die Welten verbrennen will.


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