Pushpak Shiva-Purana Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 6 - Die Prinzipien des Shiva Kultes

Die Weisen baten:
Du hast uns Pasha und Pashu erklärt. Doch nun sage auch, wer ihr Herr ist, und wodurch er sich von den beiden unterscheidet.

Vayu antwortete:
Es gibt etwas oder jemanden, der die Pashus von der Schlinge Pasha befreit. Das ist Pati, der Schöpfer des Universums und die Heimstatt zahlloser wunderbarer Eigenschaften. Wer außer ihm konnte das Universum erschaffen, wo doch Pasha empfindungslos und Pashu unwissend ist? Ohne sinnvollen Grund kann nichts von Pradhana, Paramanu oder irgendeinem empfindungslosen Wesen erschaffen werden. Das Universum besteht aus Teilen, und daher muß es von einem Schöpfer abhängen. Und Kreativität gibt es nur in Pati, und nicht in Pashu oder Pasha. Findet man im Pashu Kreativität auch ohne das Wissen um die Schöpfung, dann gleicht es dem Gang eines Blinden, denn sie wurde vom Herrn gegeben. Hat Pashu den Unterschied zwischen sich und dem Herrn verstanden und nimmt er Zuflucht zu Ihm, dann kann er Unsterblichkeit erlangen. Die Sphäre von Pati ist wahrlich größer und jenseits derer von Pashu oder Pasha. Wer das Brahman erkennt, der wird durch diese Erkenntnis von allen Geburten befreit.

Der Herr erlöst das Universum, das aus Kshara und Akshara im Einklang besteht, dem Manifesten und Unmanifesten. Man sollte nur zwischen folgenden Drei unterscheiden: dem Wirker, dem Wirkenden und dem Inspirator. Das genüge dem, der wahrhafte Erkenntnis sucht. Wer Wahrheit und Zügelung in sich hat, der sieht in seiner Seele die große Seele, wie das Öl im Sesamsamen, die Butter im Quark, das Wasser im Strom oder das Feuer im Zündhölzchen. Er ist der alleingeborene Herr, der alles verkörpert. Gemeinsam mit den Ishanis, seinen Shaktis, erschafft er die Welten und herrscht über sie. Er ist der eine, einen zweiten gibt es nicht. Er erschafft die Welten, erhält sie, und zieht sie wieder zurück. Dafür hat er Augen, Gesichter und Füße zu allen Seiten. Der einzige Herr und Schöpfer von Himmel und Erde ist Maheshvara. Er ist der Ursprung und das Verschmelzen aller Götter. Die Schriften sagen, daß Rudra, dieser große Heilige, allen überlegen ist. Er erschafft das Weltenei Hiranyagarbha als erster unter allen Göttern. Ich erkenne den großen Purusha, den Unsterblichen, Unveränderlichen und Sonnenfarbigen, der jenseits der Dunkelheit ist. Es gibt nichts Größeres, Feineres oder Gröberes als ihn. Er füllt das ganze Universum aus. Er ruht in der Höhle des Herzens. Er durchdringt alles und ist überall anwesend. Mit seinen Händen, Füßen, Augen, Häuptern, Ohren und Gliedern umhüllt er alles in der ganzen Welt. Zwar hat er scheinbar alle Eigenschaften, doch er ist ohne Sinnesorgane. Der Herr ist der Freund und die Zuflucht für alles und jeden. Sie nennen ihn den großen Purusha, der ohne Augen sieht, ohne Ohren hört, alles versteht, und den niemand erkennt. Er ist feiner als das kleinste Teilchen und größer als das größte. Er ist unveränderlich und ruht im Herzen von Pashu. Durch seine Gnade kann der Leidlose ihn erkennen, den großen, vorzüglichen Herrn, welcher keine Vernunft besitzt, sondern die Vernunft ist. Ich erkenne diesen nicht alternden, allgegenwärtigen Herrn, bei dem die Kenner des Brahman nicht von Geburt sprechen. Hat er am Ende das Universum eingesaugt, wird er es mit seinen Shaktis von Anfang an wieder erschaffen.

Shivas Illusion ist die ungeborene Mutter des Universums, die viele Formen und Farben annehmen kann. Sie ist sowohl weiß, rot als auch schwarz. Als Ungeborene schenkt sie den Menschen und Wesen die Geburt. Und auch er, der Ungeborene, nimmt Zuflucht zu ihr und erfährt dadurch Leid. Als Aja, die befreite Seele, vereint er sich mit ihr und verläßt sie wieder.

Zwei Vögel sitzen auf einem Baum. Der eine ißt von den süßen Früchten, der andere schaut nur zu. Die verblendete Seele sitzt auf dem Baum und klagt. Schaut sie den Herrn, die eine Ursache von allem, und erkennt seine Größe, dann ist sie von allen Sorgen befreit und glückselig.

Erkenne Maya als Prakriti, die unentfaltete Natur, und Maheshvara als Mayin, der als großer Atman in sie eingeht und das Universum erschafft. Er durchdringt das Universum. Der Purusha erlangt beständigen Frieden und innere Stille, wenn er Lord Shiva als Schöpfer und Durchdringer des Universums erkennt, subtiler als das Subtilste und von Anbeginn an. Er durchdringt auch alle lebenden Wesen, wie die feine Creme über der geklärten Butter. Wer das erkennt, wird von Sünde befreit.

Er allein ist Kala, Beschützer und Herr des Universums. Wer das erkennt, wird von der Schlinge des Todes befreit. Er allein ist der große Gott Shiva, der Schöpfer. Wer ihn erkennt, wird Unsterblichkeit erlangen.

Als alles weder existierte noch nicht existierte, als es weder Tag noch Nacht war, da war Shiva, aus dem alle Ur-Weisheit kommt. Niemand kann seine Spitze, seine Seite oder Mitte ergreifen. Nichts ist mit ihm vergleichbar. Er ist großer Ruhm. Wer sich vor dem Kreislauf der Geburten fürchtet, meditiert über den Ungeborenen. Für seinen Beistand nehmen sie Zuflucht zu seinem Antlitz.

Im ursprünglichen, unvergänglichen Brahman liegen Vidya und Avidya verborgen. Avidya (Unwissenheit) ist vergänglich, Vidya (wahres Wissen, Erkenntnis) nicht. Wer die beiden beherrscht, ist Shiva und jenseits der beiden.

Er breitet sein Netz überall aus, erschafft und beherrscht alles. Das ist sein Wirken. Er erleuchtet die Himmelsrichtungen oben, unten und zu allen Seiten, während er selbst leuchtet. Er ist von sich aus all-ein, und der Beste, der über alles regiert. Er transformiert alle Eigenschaften und die Bildungen der Natur, macht sie zu dem, was wirkt und an dem gewirkt wird. So bemächtigt er sich des Universums. Götter und Weise erkennen ihn als das Verborgene in den Upanishaden, als Brahman, größer als das Größte, den Ursprung von Brahma und dem Universum. Wer ihn erkannt hat, hängt nicht mehr am Körper an. Doch erkennen kann man den Herrn nur durch fromme Hingabe. Er ist wunschlos, die Quelle von guten und schlechten Dingen und der Erschaffer der Kalas. Es ist die Macht der Gottheit, die dieses Universum bewegt. Doch verblendete Menschen meinen, es wäre eine natürliche Sache oder die Wirkung der Zeit. Diese Verblendung wird von ihm ausgesandt, wenn er die weltlichen Gestaltungen mit Vernichtung und Tod annimmt. Dann wandeln sich seine Taten in weltliche Existenzen und Elemente. Das Individuum verliert sich mehr und mehr in Handlungen auf Erden, verstrickt sich in die Tattwas (natürlichen Prinzipien) und wird immer neu geboren. Entsprechend wirken ihre 14 Eigenschaften durch den Atman, und erst, wenn die weltlichen Aktivitäten zur Ruhe kommen, dann werden auch ihre Folgen zur Ruhe kommen. Dann kann der Mensch in eine andere Welt wechseln, in die Quelle der Einheit von Wirkendem und Bewirktem. Nur der Herr ist jenseits von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er hat keine Eigenschaften, erkennt alles, und ist der Herr über die Eigenschaften. Er ist Brahman selbst, größer als das Größte. Wir ehren und meditieren über den Herrn in vielfacher Gestalt, als Ungeborenen, Herr der Menschen, Ziel aller Verehrung und Meditation in allen Welten. Er ist in unserem Geist. Er ist jenseits von Kala, der vergänglichen Zeit. Aus ihm stammt der ganze Kosmos. Er ist die Heimstatt des Universums, die Quelle von Tugend und der Beseitiger von Sünde. Er ist der Herr der Freude. Wir kennen ihn als den größten Herrn, den größten Gott und Herrscher über die Welten. Er hat weder Ursache noch Wirkung. Niemand ist ihm gleich oder steht höher als er. Es wird in den Veden erwähnt, daß seine dreifache Macht gewaltig, vielfach und natürlich ist und alles Wissen, jegliche Kraft und Aktivität in sich trägt. Diese Aktivität hat das Universum geschaffen. Er hat keinen Herrn, keine Abstammung und keinen Herrscher. Er ist die Ursache aller Ursachen und der Herr der Welten. Er hat keinen Stammvater und nimmt nirgends seine Geburt. Denn er hat keine Ursache für eine Geburt wie Illusion oder Dunkelheit. Er ist der alleinige Herr, der in allen Wesen verborgen liegt. Er ist die allen Wesen innewohnende Seele, die sich überall ausbreitet. Und er ist die herrschende Gottheit über alle heiligen Riten. Er ist die Heimstatt aller lebenden Wesen, der kosmische Zeuge, der Eingeber von Gedanken, ohne Attribute, der einzige Herr mit Selbstkontrolle, ohne Anhaftung an die Handlungen und keiner Hilfe bedürftig. Unter den Beständigen ist er der Beständigste, und unter den Empfindenden der Empfindlichste. Wer mithilfe von Sankhya und Yoga (Theorie und Praxis) den Herrn erkennt, diese Ursache des Universums, der wird von allen Illusionen befreit. Er ist der Schöpfer und Kenner des Universums. Er ist der Kenner der Quelle und der Erschaffer der Zeit. Er kann alle Eigenschaften annehmen, ist der Herr der Natur und der individuellen Seele. Er herrscht über die Gunas und durchschaut alle Illusion.

Wenn ich den Herrn durch die Klarheit meiner Vernunft erkannt habe, der zu Anfang Brahma erschuf und ihm die Veden lehrte, dann wünsche ich mir Erlösung von der weltlichen Existenz. Ich suche Zuflucht in Shiva, der ohne Eigenschaften und Anhaftung ist, friedvoll, angenehm und unbefleckt. Wenn ich die große Brücke erkannt habe, die zur Unsterblichkeit führt, dann werde ich ebenso friedlich und still sein, wie das Feuer, nachdem es allen Brennstoff verdaut hat. Wenn der Mensch den Raum (und alle anderen Elemente) wie eine Hülle trägt, dann realisiert er das Ende allen Leidens und wird Shiva erkennen.

Nun ihr Weisen, dank der Macht von Entsagung, der Gunst des Herrn und durch mein gutes Schicksal habe ich das heilige Wissen direkt aus Brahmas Mund vernommen, welches Sünden tilgt, in den Upanishaden verborgen liegt und einst in einem früheren Kalpa kundgetan wurde. Dieses vorzügliche Wissen sollte niemandem anvertraut werden, der unruhig ist, einem Sohn, der sich nicht gut beträgt, oder einem unfähigen Schüler. Doch dem Edlen, der den Herrn und Lehrer verehrt, enthüllen sich die Worte.

So hört von mir das Wesentliche: Shiva ist größer als Prakriti und Purusha und jenseits davon. Zur Zeit der Schöpfung erschafft er das Universum und zur Zeit der Auflösung zieht er es wieder in sich zurück.


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