Pushpak Shiva-Purana Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 3 - Der heilige Naimisha Wald

Brahma sprach:
Wer sich Befreiung wünscht, meditiert über Shiva inmitten des Raumes. Vor Shiva weichen alle Worte zurück und kein Gedanke kann sich ihm nähern. Wer seine Glückseligkeit realisiert, hat keine Angst mehr. Von ihm stammt alles ab: Brahma, Vishnu, Rudra, Indra, die Elemente und die Sinnesorgane. Er ist der Schöpfer, der Meditierende und die Ursache aller Ursachen. Er wurde von niemandem und nichts geboren und zu keiner Zeit. Er ist Herrlichkeit und Wohlstand und als Sarveshvara, der Herr von allem, bekannt. Er hat mich zu Beginn als seinen Sohn geschaffen und gab mir vollkommene Erkenntnis. Seine Gnade gewährte mir die Herrschaft über die Wesen, denn er ist der Herr im Himmel, viel höher als ein riesiger Baumstamm, und er erfüllt alles, der Purusha, die große Seele. In den ruhenden Wesen ist er aktiv, und als Eins erschafft er Vieles. Das ist Maheshvara, der große Herr. Als Leben herrscht er über alle Welten. Er ist der eine Rudra, es gibt kein Zweites. Zwar ist er immer anwesend in den Herzen der Menschen, doch sie sehen ihn gewöhnlich nicht. Er nimmt die Welten in Besitz, und gleichzeitig schaut er sie nur an. Er ist der einzige Herr über die wirkende Shakti, der über alle Ursachen herrscht und von Geburt und Tod befreit ist. Für ihn gibt es weder Tag noch Nacht, weder Gleichheit noch Unterschied. In ihm wohnen die große Erkenntnis und das tätige Wirken. Was veränderlich ist und unmanifest, was unvergänglich ist und unsterblich - das alles hat das Unveränderliche zur Seele. Und dieser einzige Herr ist Shiva. Wer von reiner Güte erfüllt ist und sich auf ihn konzentriert, der wird zu Shiva selbst und die weltliche Illusion fällt von ihm ab. Die ewigen Schriften beschreiben ihn mit: „In dem kein Blitz entflammt, keine Sonne brennt und kein Mondlicht strahlt, und dessen Glanz dennoch das Universum durchflutet.“ Er sollte erkannt werden. Es gibt nichts Höheres oder Würdigeres. Er ist die Ursache. Er hat weder Anfang noch Ende. Er ist immer rein, unabhängig und vollkommen. Alle beweglichen und unbeweglichen Wesen sind seinem Willen untertan. Sein Körper wird nicht von der Natur geschaffen. Er ist glorreich, unvergleichlich und undefinierbar. Er ist sowohl der Befreite als auch der Befreier. Ihn beeinflußt keine Zeit, denn er hat die Zeit erschaffen. Sein Wohnsitz ist über allem, und er trägt alles. Er weiß alles, der Herr des Universums und des sechsfachen Pfades. Er ist das Wesen über allen Wesen, Einer über allen. Jenseits von ihm gibt es nichts. Er ist die Biene, die den Honig endloser Glückseligkeit trinkt. Er ist der Meister, der das unberührte, kosmische Ei verkörpert. Er ist der Ozean an Güte, Macht, Herrlichkeit und Anmut. Es gibt kein Wesen oder Ding, was ihm gleichen oder ihn übertreffen könnte. Er steht als der unvergleichliche Herrscher aller Wesen. Mit wunderbarer Tat hat er das Universum erschaffen, und wenn das Universum zur großen Auflösung vergeht, dann löst es sich wieder in ihm auf. Er zügelt alle Wesen und läßt sie wirken. Nur durch große Hingabe kann man ihn erkennen. Heilige Riten, wohltätige Gaben, Buße und Verehrung helfen dabei, die Gefühle und Gedanken zu reinigen, daran gibt es keinen Zweifel. Vishnu, Rudra, ich und alle Götter und Dämonen geben sich eben dazu großer Entsagung hin, denn wir möchten ihn sehen. Für Hinterhältige, Verachtenswerte und Unwissende ist er unsichtbar. Doch seine Verehrer ehren ihn innerlich und äußerlich und können zu ihm sprechen.

Es gibt drei Arten von Verkörperungen im Universum: grob, subtil und was jenseits davon ist. Was grob ist, können die Menschen und Götter sehen. Die Yogis sehen das Subtile. Und was jenseits dieser beiden ist, das ist ewig, Erkenntnis, Glückseligkeit und unveränderlich. Und das können nur die sehen, die darin leben, sich ihm hingeben und auf eine Weise handeln, die ihm entspricht. Doch wozu noch mehr Worte? Die Hingabe an Shiva ist das Geheimnis aller Geheimnisse. Wer diese Hingabe wahrlich lebt, ist befreit. Daran gibt es keinen Zweifel. Hingabe ist das Ergebnis von Gnade, und Gnade kommt von Hingabe, gerade wie die Knospe aus dem Samen sprießt und dann wieder Samen produziert. Was der Einzelne strebend erreichen kann, kommt aus der Gnade Gottes. Und Gott wird am Ende mit allen Mitteln erkannt. Einige Mittel sind Tugend und heilige Riten, damit man Gnade erfährt. Auch die Veden sagen, daß man der Tugend, dem Dharma, folgen muß, um am Ende Sünden und Verdienste ausgleichen zu können. Wer einmal mit göttlicher Gnade in Berührung kam, dessen Tugend wird hervorragend, und die Sünden des Einzelnen verringern sich. Mit abnehmender Sünde von Geburt zu Geburt erhöht sich die Hingabe an den Herrn von allem und seine Shakti (Sarveshvara und Amba) nebst der nötigen Weisheit. Doch wisset, die Gnade des Herrn richtet sich nach der Reinheit des Geistes. Und auch die Einhaltung oder Meidung von Riten und deren Früchten richtet sich nach der Gnade des Herrn. Wer nicht mehr an den verlockenden Früchten heiliger Riten hängt, der nähert sich den besonderen Tugenden Shivas. Dabei kann man vom Lehrer abhängen oder auch nicht. Es ist hundertmal wirksamer und wichtiger, beim Lehrer zu sein, denn das Vertrauen zu ihm geht mit der Erkenntnis von Shiva Hand in Hand. Immer mehr erkennt der Strebende die Hindernisse im weltlichen Leben, woraus Nichtanhaftung an die Sinnesobjekte entstehen kann und ein friedlicher, gelassener Gemütszustand (Bhava). Mit zunehmender innerer Stille neigt sich der Mensch mehr der Meditation als den Ritualen zu. Und mit der Meditation wird auch Yoga stark, ebenso die wahrhafte Hingabe und schließlich die Gnade Gottes. Diese Gunst befreit letztendlich die Kreatur und macht Shiva ebenbürtig.

Die diversen Arten von Segen können in anderer Reihenfolge auftreten, als ich sie nun erwähne, denn der Segen folgt den Fähigkeiten des Menschen. Manche Seelen werden schon im Mutterleib befreit, andere während der Geburt oder wieder andere während der Kindheit, der Jugend oder des Alters. Wird eine Seele in eine schmerzhafte Existenz geboren, in der Hölle gequält, oder lebt sie in himmlischen Regionen, dann kann sie befreit werden, wenn ihr Karma abgelaufen ist. Manche Seelen kehren nach ihrer Zeit im Himmel zurück und werden später befreit. Es gibt keine vorgeschriebene Art oder Reihenfolge für die Befreiung. Höchste Glückseligkeit geschieht in Übereinstimmung mit der Erkenntnis und dank der Gunst des Herrn.

Und Brahma fuhr fort:
Um seine Gnade zu gewinnen, ihr Heiligen, solltet ihr in Wort, Tat und Gedanken Unheilsames vermeiden, mitsamt euren Familien über Shiva meditieren, in ihm leben und euch zu ihm neigen. Vereint euch mit ihm, nehmt Zuflucht bei ihm, führt die heiligen Riten aus, während eurer Geist auf ihn gerichtet ist, und führt ein langes Opfer für tausend himmlische Jahre durch. Und dann wird am Ende des Opfers Vayu erscheinen, denn die Mantras werden ihre Wirkung entfalten. Er wird euch sagen, was gut für euch ist und wie ihr es erreichen könnt. Dann geht in die heilige Stadt Varanasi, wo der Gott mit dem Dreizack mit seiner Göttin wirkt, um seine Verehrer zu segnen. Ihr guten Brahmanen, und wenn ihr das große Wunder erblickt habt, dann kommt erneut zu mir, und ich erzähle euch die Mittel zur Erlösung. Dann kommt innerhalb einer einzigen Geburt die Erlösung in eure Reichweite, welche euch von den Banden der wiederkehrenden Geburten befreit.

Ich entlasse nun ein geistig geschaffenes Rad, und der Ort, an dem es zerbricht, ist ein heilsamer Ort für eure Askese.

Und Suta fuhr fort:
Nach diesen Worten entließ Brahma ein strahlendes Rad, so hell wie die Sonne. Er verbeugte sich vor Shiva und entließ es. Die erfreuten Heiligen verbeugten sich vor dem Herrn und folgten dem Rad. Es fiel splitternd auf einen sanften, zauberhaften Hügel in einem schönen Wald mit süßem und klarem Wasser. Dieser Wald wurde als Naimisha Wald berühmt. Ihn ehren alle Weisen, und er wird von himmlischen Wesen gern besucht.

(Es geschahen dort schon viele, wundersame Dinge:) Als nämlich Pururavas sich wollüstig mit der Nymphe Urvasi vergnügte, während er über die 18 Inselkontinente wanderte, da kam er auch zum Naimisha Wald. Und das Schicksal wollte es, daß er aus Torheit den goldenen Altar besudelte. Die erzürnten Weisen schleuderten Kusha Gras auf ihn, welches die Macht des Donnerblitzes hatte und ihn niederstreckte. Einmal wollten die Vishvashrija Brahmesha Hausväter ein neues Universum erschaffen und begannen dafür ein göttliches Opfer hier im Naimisha Wald. Viele Gelehrte, Weise und Meister in Rede, Logik und Tradition lebten hier und führten wunderbare Riten mit ihrer Yoga- und Geisteskraft aus. In klaren Diskussionen widerlegten sie irrige Lehren auf dem Yoga Weg. Und immer war der Naimisha Wald ein Ort der Askese für die Weisen. Nektargleiches Wasser floß von den Felsen der Kristallberge, und blühende und früchtetragende Bäume verzauberten den Ort, der frei von allen Arten von Raubtieren war.


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