Pushpak Shiva-Purana Buch 11Zurück WeiterNews

Kapitel 14 - Om und Shiva

Der Weise Vamadeva sprach:
Oh Kartikeya, du nektargleicher Ozean an vollkommenem Wissen, Sohn von Shiva, dem Herrn der Götter und Vertreiber aller Sorgen seiner Verehrer, wie lautet das Wissen von den sechs Themen, die alle Wünsche erfüllen? Was sind die sechs Themen? Und was ist vollkommenes Wissen? Was wird damit erklärt? Welche Frucht trägt dieses Wissen? Bitte beantworte mir all diese Fragen. Ohne deine Erklärung bin ich von Shivas Illusion ganz verwirrt. Ich kenne nicht die Pashupata Shastra (einer der ältesten Shiva Kulte). Und so suche ich Zuflucht bei deinen Lotusfüßen. Lange schon haben deine mit dem Nektar der Liebe angefüllten Augen auf mir geruht, so segne mich bitte, damit ich frei von Verblendung werde und den Nektar des Wissens von den Lotusfüßen Shivas trinken kann.

Da sprach der Gott, der den Dreizack des Wissens trägt, folgende Worte zum Weisen, die so manch philosophischer Schule das Fürchten lehrten:
Nun verehrter Heiliger, du hast dich nach einem Wissen erkundigt, das Shivas individuellen und vereinten Zustand beschreibt (vyasti + samasti). Ich werde es dir genau erklären, denn du folgst guten Riten. Vollkommenes Wissen beinhaltet das Verständnis des OM (Pranava), indem man die Einheit seiner sechs Themen oder Ebenen versteht. Die erste Ebene ist das Mantra, die zweite das Yantra (das mystische Diagramm), die dritte der Gott, die vierte der Kosmos, die fünfte der Lehrer und die sechste der Atman des Schülers, die Essenz des Geistes.

Als erstes werde ich dir die Form des Mantras aufzeigen, oh vorzüglicher Weiser, denn dies gibt einem Menschen vollkommenes Wissen. Die Veden sprechen vom ersten und fünften Selbstlaut, vom fünften Buchstaben der fünften Konsonantenklasse nebst Bindu und Nada - diese fünf Zeichen bilden das OM. Dieses erste vedische Mantra ist von vereinter Gestalt, und auch Nada ist die Verbindung von allem. Die einzelnen Teile sind individuell (vyasti), doch zusammen bilden sie eine Einheit (samasti).

Nun höre von der Form des Diagramms, du Kluger, welches für das Shiva Linga steht. Unter allem zeichnet man den Sockel, dann den ersten Buchstaben „A“, danach „U“ und den letzten Buchstaben aus der Klasse „Pa“, nämlich „Ma“ nebst Bindu und Nada. Ist das Diagramm vollendet, sind alle Wünsche erfüllt. Das Yantra wird vom OM (AUMm) selbst umgeben, und das Nada erhebt sich als Klang daraus.

Nun spreche ich zu dir über die geheime Ebene des Gottes, wie es einst Shiva tat, weil ich große Zuneigung zur dir hege. Der vedische Text, der mit „Ich suche Zuflucht beim Herrn, der plötzlich da war…“ beginnt und mit „Sada Shivam“ endet, zeigt deutlich die fünf Brahmans auf. Die fünf Götter bilden die subtile Form des Brahman. Und vergrößert (bzw. vergröbert) versteht man darunter auch das Abbild von Shiva. Das Mantra, welches Shiva ausspricht, bildet auch sein Abbild, und zwischen Abbild und Gott ist kaum ein Unterschied. Ich habe schon die Form Shivas mit Ishana als Haupt erwähnt. Höre nun noch von seinen fünf Gesichtern. Sie reichen von Sadyojata bis Ishana aufwärts. Für Lord Ishana, das große Brahman, erscheinen die vier Brahmans einzeln (Caturvyuha). Doch zusammen mit Ishana sind sie eine Einheit. Die Fünf sind das „Rad des Segens“ (Anugraha Chakra), dasselbe wie Brahman, subtil und frei von Ablenkung und Übel.

Der Segen (Anugraha) ist zweifach, mal erscheint er und mal nicht. Der Herr, der mehr oder weniger erlösenden Segen spendet, ist ein anderer. Zweifach ist Shiva für immer (Segnen und Verschwinden, Anugraha +Tirobhava), die fünffache Schöpfung gehört zum Segen. Auch die Götter wie Sadya haben die Form des großen Brahman, und die fünf verleihen allseits Glück. Das Anugraha Chakra ist die größte Glückseligkeit, jenseits von Frieden und wird von Sadashiva regiert. Die frommen Asketen können es erreichen, wenn sie Sadashiva verehren und ihren Geist auf das OM gerichtet haben. In dieser Region erfreuen sie sich an reichen Vergnügungen zusammen mit dem Herrn in Form des Brahman und erlangen die Einheit mit Shiva, wenn die große Auflösung beginnt. Niemals fallen diese Weisen zurück in den tiefen Ozean der Weltlichkeit. Der ewige Veda sagt: „Te Brahmaloke…“ - die Herrlichkeit Shivas ist die vereinigte Form seiner selbst. Der Atharvasirsha Text sagt: „mit Herrlichkeit und Wohlstand versehen“. Die Fähigkeit, Herrlichkeit zu verleihen, wird nur Ihm zugeschrieben.

Es gibt keine höhere Sphäre, als die von Shiva. Selbst das Universum ist nur eine Ausdehnung der fünf Brahmans. Nivritti und die Kalas sind die Nachkommen der fünf Brahmans, und als subtile Prinzipien kennt man sie als Ursachen. Die fünf Brahmans sind gemeinsam die Ursache des grobstofflichen Kosmos, oh du mit den guten Riten. Das Brahman in Form des Ishana durchdringt folgende Fünf: Purusha (Höchster Geist), das Ohr, die Rede, den Klang und den Raum. Das Brahman in Form des Purusha durchdringt die folgenden Fünf: Prakriti, Haut, Hand, Gefühlssinn und Wind. Das Aghora Brahman durchdringt das Ahankara (Ichbewußtsein), das Auge, den Fuß, die Farbe und das Feuer. Das Vamadeva Brahman durchdringt Buddhi (Vernunft), Zunge, Arme, Geschmack und Wasser. Sadya Brahman durchdringt Manas (Denken), Nase, Zeugungsorgan, Geruch und Erde. Ja, das ganze Universum ist mit den fünf Brahmans identisch. Das OM als Ausdruck von Shiva wird mit einem Diagramm gelehrt, denn es ist die Einheit von fünf Buchstaben. Diese fünf Buchstaben (A, U, M, Bindu und Nada) bilden die Form des Diagramms im Shiva Kult. Das OM ist das höchste Mantra, nämlich Shiva selbst.


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