Pushpak Shiva-Purana Buch 11Zurück WeiterNews

Kapitel 13 - Die Prozedur der Entsagung

Kartikeya fuhr fort:
Am Mittag soll der Asket sein Bad nehmen und mit gezügeltem Geist alles Nötige für die Verehrung zusammentragen, wie duftende Blumen und Getreide. Mit dem Mantra „Gananam tva“ soll er Ganesha herzubitten, den alle Götter achten, diesen Sohn Shivas, mit dem Elefantengesicht, dem roten, großen Körper, mit Ornamenten geziert, Schlinge, Stachel und Rudrakshas tragend und mit seiner Lotushand Segen spendend. Er soll ihn im Südwesten mit Milchpudding, Kokosnüssen, Betel nebst Düften und Licht verehren. Dann verneige er sich vor dem Gott, besänftige ihn und bitte um die Beseitigung von Bösem. Dann folge er den Riten des Opfers mit geklärter Butter im Aupasana-Feuer des Hausvaters gemäß den Geboten des Grihya-Sutra. Mit dem Abschlußopfer Purnahuti und den drei Riks „Bhu Swaha“ ist der Ritus vollständig, und er rezitiere fleißig das Gayatri-Mantra bis zum späten Nachmittag.

Nach dem Bad am Abend spreche er seine Abendgebete, führe die Opferriten aus und informiere seinen Lehrer. Dazu benutze er Charu (eine Mischung aus verschiedenen Getreidekörnern, z.B. Reis, Gerste und Sesam) im Homa und opfere verschiedene Zweige, gekochten Reis und geklärte Butter, wobei er das Rudra Sukta rezitiere. Er stelle sich Lord Shiva im Feuer vor sowie Amba und die fünf Brahmans (Sadyojata etc.). Er denke an Gauri, die goldene Gattin von Shiva, und führe das Homa mit dem Mantra „Gaurirmimaya“ usw. durch. Beim Opfer wiederhole er das Mantra „Agnaye svistakrte svaha“ und zeige die Handgesten. Mit standhaftem Geist sitze er auf seinem Sitz aus Stoff, Hirschfell oder Kushagras nördlich vom Feuer und murmele still das Gayatri Mantra bis zur Stunde Brahmans am frühen Morgen. Dann bade er. Wenn er sich krank fühlt, reibe er sich nur mit Asche ein. Dann koche er Charu im Feuer und gieße geklärte Butter darüber. Damit hat er es geheiligt und kann es dem Feuer übergeben. Dann singe er die Namen der Vyahritis, Rudra Sukta und der fünf Brahmans. Er konzentriere sich auf die Lotusfüße Shivas, und raune die Namen von Prajapati, Brahma und Indra und die der Vishvedevas. Er flüstere OM und andere Mantras und ende mit Swaha. Er führe das Punyahavachna aus, spreche das Agni Swaha und zeige vor dem Feuer die mystischen Handgesten. Dann wiederhole er Pranava Swaha, und opfere dem Svistakrit Feuer fünf Opfergaben (Ahutis), nenne das Rudra Sukta, die fünf Brahmans, das Chaturvyuha Mantra, Homa und zeige die mystischen Gesten gemäß seiner vedischen Tradition.

Dieselbe Prozedur soll er für die anderen Götter ausführen nebst den Zusatzriten. Danach beginne man mit dem Feuer, führe das Viraja Homa des Atman aus (Viraja = makellos, frei von Staub), um das Selbst (Atman) in Form der 26 Prinzipien zu reinigen. Dabei soll er sagen: „Mögen diese Prinzipien (Tattwas) gereinigt sein.“ Zur Reinigung des Prinzips Atman sage er das Mantra „Arunaketukas“ auf. Dann führe er schweigend das Homa mit Charu und geklärter Butter durch und denke an die Lotusfüße Shivas.

Die natürlichen Prinzipien, oh Weiser, beginnen mit Prithivi (das Element Erde) und enden mit Purusha (dem Höchsten Geist). Die fünf Elemente reichen vom Raumelement mit dem Klang, der Rede und dem Ohr bis zum Erdelement. Dazu gehören die Körperteile Kopf, Seiten, Rücken, Bauch und Oberschenkel und alles, was in die Haut eingehüllt wurde. Die Dhatu-Gruppe besteht aus sieben, die Pranas sind fünf an der Zahl. Anna und die anderen sind die fünf Hüllen. Gedanken, Verstand, Vernunft, Ichbewußtsein und Wahrnehmung (Manas, Citta, Buddhi, Ahankara und Khyati) gehören zu Sankalpa (Wille), dann die Gunas und danach Prakriti und Purusha (Natur und Geist). Der Purusha (Höchste Geist) ist der einzige Genießer (reines Bewußtsein), und die fünf Elemente sind die Objekte seines Genusses. Schicksal, Zeit, Anhaftung, Vidya und Kala - diese fünf sind aus der Illusions- und Schöpferkraft (Maya) geboren. Die Veden sagen, daß Maya mit Prakriti (Natur) identisch ist. Und die Schriften sagen, daß die natürlichen Prinzipien daraus geboren werden. Die Veden sagen auch: Das Schicksal ist die Natur von Kala (der Zeit). Und so werden diese fünf „Das Rad des Lebens“ genannt. Gefühle können auch im Purusha Verwirrung verursachen, so daß er unter die Gewalt der Prakriti fällt. Folgende fünf werden Vidyatattwa oder Shivatattwa genannt: der reine Vidya, Maheshvara, Sadashiva, Shakti und Shiva, wie man im vedischen Text „Prajnanam Brahma“ lesen kann. Die Reinheit der Prinzipien von den Elementen bis Shiva wird durch die Auflösung ihrer Ursachen erreicht.

Mit den elf Mantras benenne der Asket die Gottheit, wobei er das Wort „Shivajyotis“ im Dativ verwenden sollte. Nach „Swaha“ sage er „Na nama“ - nicht für mich. Dadurch wird die Absicht zur Entsagung verdeutlicht. In den Mantras „Vividya“ und „Kastapota“ spreche er nach dem Wort „Vyapakava“ das Wort „Paramatmane“. Die Wörter „Shivajyotis, Vishvabhuta, Ghasanotsuka“ spreche er auch hier im Dativ. Und wenn der Gott beim Namen genannt wurde, wird ein „Devaya“ angefügt. Nach „Vishvarupaya“ im Mantra „Uttisthasva“ soll „Purushaya“ und „Om Savaha“ gesagt werden. Und am Ende, nach dem Wort „Lokatraya“ spreche er noch „Vyapine Paramatmane Shivayedam Na Mama“. Dann beende er den Ritus nach seiner Tradition, esse Charu mit geklärter Butter und gebe dem Priester seinen Lohn an Gold oder anderem. Und nachdem Brahma rituell verabschiedet wurde, führe er seine morgendliche Verehrung aus. Er rezitiere das Mantra „Sam Mam Sincantu Maruta“, wärme seine Hände über dem Feuer bei „Ya te Agne“ und überführe das Feuer in seine eigene Seele, der Heimstatt der universalen Seele. Er spreche die Morgengebete, ehre die Sonne, tauche bis zum Nabel ins Wasser ein und spreche die Götternamen und Mantras mit Freude, Hingabe und Standhaftigkeit.

Der Verehrer, der das heilige Feuer schürte, soll den Prajapatya Ritus im heiligen Feuer ausführen und seine gesamte Habe den Brahmanen schenken. Er übergebe das Feuer seinem Herzen und verlasse das Haus. Vom Savitri Mantra spreche er die erste Zeile und sage: „Ich trete ein in Savitri Bhuh OM.“ Dann spreche er die zweite Zeile und sage: „Ich trete ein in Savitri Bhuvah OM.“ Dann folgt die dritte Zeile mit: „Ich trete ein in Savitri Suvah OM.“. Danach spreche er alle drei Zeilen und füge hinzu: „Savitrim Praveshayami“, an dessen Ende er mit großer Freude und konzentriert noch sage: „Bhuh Bhuvah Suvah OM.“ Dann denke er: „Die Göttin selbst hat Shivas halben Körper inne. Sie hat fünf Gesichter, zehn Arme und fünfzehn Augen. Sie schmückt eine Krone mit neun Juwelen, über die sich die Sichel des Mondes erhebt. Sie ist glücksverheißend, so rein wie ein Kristall und trägt zehn Waffen. Ihr Köper ist mit Halsketten, Armreifen, Ohrringen und Schulterstücken geziert, und all ihre Ornamente strotzen nur so von Juwelen, und ihre Kleidung funkelt. Vishnu, Brahma, Indra, die himmlischen Weisen und Musiker und auch die Menschen dienen ihr. Sie ist die zauberhafte Gattin des Herrn Sadashiva und die Mutter des Universums und der göttlichen Drei. Sie durchdringt alle Seelen, ist ungeboren, formhaft und ebenso ohne Form.

Nach diesem inneren Gebet singe der kluge Anwärter das Japa von Gayatri, der urersten Göttin, welches aus drei Versen besteht. Sie ist ungeboren und verleiht die Brahmanenschaft. Ein Sünder ist der, der das Gayatri auf andere Weise spricht, und dafür muß er für ein ganzes Kalpa in der Hölle schmoren. Denn die Göttin wird aus dem Wort, dem Ausspruch, geboren und geht wieder darin ein. Der Ausspruch wird aus dem OM geboren und geht wieder ins OM ein. Das OM (Pranava) ist das Erste aller Mantras der Veden. Es drückt Shiva aus. Es ist der König aller Mantras, die große Keimsilbe und das größte Mantra. Shiva ist OM, OM ist Shiva, und es gibt keinen Unterschied zwischen ihnen. Es ist das Mantra, welches Shiva den individuellen Seelen einhaucht, die ihre Körper in Varanasi aufgeben, um Befreiung zu erreichen. Daher verehren gute Asketen den einsilbigen Herrn, denn er ist die Ursache des Universums und lebt im Lotus des Herzens. Wer die Kurzlebigkeit von weltlichen Genüssen erkannt hat, befreit sich von Anhaftung an das Vergnügen, wünscht sich die Erlösung und ehrt Lord Shiva.

Nachdem der Asket das Gayatri im OM aufgelöst hat, welches identisch mit Shiva ist, rezitiert er die Hymne „Aham Vrkshasya Reviva“. Dann singt er die Hymne, die mit „Yah Chandasam Rshabha“ beginnt und mit „Gopaya“ endet. Dann spreche er: „Ich bin aufgestanden.“ Dann singe er die Mantras für Schöpfung, Erhaltung und Vernichtung, mit OM beginnend, in tiefer, mittlerer und hoher Stimmlage. Und so sage er: „OM Bhuh, ich habe entsagt. OM Bhuvah, ich habe entsagt. OM Suvah, ich habe entsagt.“ Und dann füge er den Ausspruch (die Vyahritis) „OM Bhuh Bhuvah Suvah“ hinzu. Danach bekräftige er: „Ich habe entsagt, nachdem ich über Lord Sadashiva im Herzen in im tiefer, mittlerer und hoher Stimmlage meditiert habe.“ Als nächstes kommt das Presha Mantra, und mit achtsamem Geist füge er hinzu: „Mögen alle Wesen vor mir keine Furcht haben, Swaha.“ Dann schöpfe er etwas Wasser mit gewölbten Händen, verschütte es gen Osten, entledige sich des Haarschopfes, nehme die heilige Schnur, halte beides in seinen gewölbten Händen mit etwas Wasser und sage: „OM Bhuh, fließe in den Ozean.“ Er spreche Suaha, den Namen der Gattin vom Herrn des Feuers, und versenke beides im Wasser, während er das Presha Mantra spreche. Dann nippe er dreimal Wasser, gehe ans Ufer und lege seine Kleider ab. Alsdann marschiere er mindestens 7 Schritte gen Norden oder Osten, bis ihn sein Lehrer stoppt mit den Worten:
Nimm, oh du Heiliger, dieses Lendentuch und den Stab für dein Bleiben und Wirken in dieser Welt an.

Dann übergebe der Lehrer die Schnur, die ockerfarbene Robe und bitte den Entsagenden, sie zu tragen. Auch der Lehrer nippe zweimal Wasser und sage zum Schüler:
Du bist der Donnerblitz Indras.

Der Schüler bete, sage: „Ein guter Gefährte.“, und ergreife den Stab. Er falle dem Lehrer mit achtsamem Geist dreimal zu Füßen und denke dabei an die Lotusfüße Shivas. Dann falte er seine Hände und schaue seinen Lehrer liebevoll an.

Einige Zeit vor dem Ritus sollte der Schüler Kuhdung gesammelt haben, den er in kleine Kugeln geformt und in der Sonne getrocknet hat. Während des Homa wurden diese dem Opferfeuer übergeben, und nach Abschluß des Homa wurde die Asche gesammelt und aufgehoben.

Nun nimmt der Lehrer diese weiße Asche aus dem Viraja Feuer, spricht das Mantra „Agniriti Bhasma“ und streicht den Schüler von Kopf bis Fuß damit ein. Und mit den Mantras „Ishana, Tryayusha und Tryambakam Yajamahe“ zeichnet er ihm die Tripundra-Zeichen auf den Körper, mit der Stirn beginnend. Dabei meditiere der Schüler ausgiebig über Shiva in seinem Herzen, diesen Gefährten der Uma. Der Lehrer lege seine Hand auf das Haupt des Schülers und wispere dreimal OM nebst dem Namen des Heiligen in sein rechtes Ohr.

Ein guter Lehrer erkläre freundlich das Mantra OM mit dem sechsfachen Wissen. Und der Schüler ehre seinen Lehrer mit 12 Niederwerfungen. Er diene ihm von nun zuverlässig und widme sich nichts anderem. Er studiere das Wissen über Shiva und die Upanishaden, die auf Saguna und Nirguna basieren, den Eigenschaften und der Eigenschaftslosigkeit. Der Lehrer halte seinen Schüler zu allen Riten an und dem Hören von Belehrungen. Der Schüler pflege seine Verehrung im Diagramm (Yantra) Kailashaprastara, wie es Shiva angezeigt hat. Und falls es ihm nicht möglich ist, dem Ritus wie sein Lehrer zu folgen, dann verehre er das kristallene Shiva Linga mit dem Sockel. Vor seinem Lehrer nehme er folgenden Eid: „Ich lege lieber mein Leben ab und schlage mir den Kopf ab, als daß ich eine Mahlzeit zu mir nehme, ohne Shiva zu verehren.“ Mit Hingabe und festem Entschluß spreche er diesen Satz dreimal, und folge ab dann dem Pfad der fünf Avaranas (Quelle Yoga-Vidya: Nach dem Glauben der Jains bedeuten die fünf Avaranas die Schwierigkeiten im Erreichen vieler Abstufungen von heiligem bzw. göttlichem Wissen.).


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