Pushpak Shiva-Purana Buch 10Zurück WeiterNews

Kapitel 45 - Die Inkarnation von Mahakali

Die Weisen sagten:
Wir hören gern all die wundersamen Geschichten über Shiva, denn sie enthalten sowohl weltliche Freuden als auch Weisheit für die Menschen. Oh bester Kenner des Brahman, wir möchten von dir alles über die Göttin, die Mutter des Universums, hören. Sie ist die Shakti von Shiva von Anbeginn an und wird auch Uma genannt. Wir haben schon von ihren beiden Inkarnationen, nämlich Sati und Hemavati (golden, schön bzw. Haimavati = Bewohnerin des Himalaya, Parvati), gehört. So erzähl uns noch von ihren anderen Inkarnationen, oh kluger Suta. Denn welcher kluge Mensch würde nicht gern von den guten Eigenschaften der glorreichen Mutter der drei Welten hören? Weise würden sie niemals verachten.

Und Suta sprach:
Ihr seid alle gesegnete und edle Seelen, da ihr euch nach der großen Mutter erkundigt. Die Weisen erachten den Staub auf den Füßen derer, die über Uma hören, lesen oder sprechen, als einen heiligen Ort. Und die Familien derer, die ihre Seele in die Göttin versenken, sind gesegnet und zufrieden, denn sie ist Wissen und Erkenntnis. Wer die Göttin aller Götter nicht ehrt und preist, diese Ursache aller Ursachen, ist von Illusion verblendet und zweifellos unglücklich. Er fällt in den dunklen Abgrund der grausamen weltlichen Existenz, denn er ehrt nicht den Ozean an Mitgefühl, den die große Göttin verströmt. Wer die Mutter nicht ehrt, der mißachtet die Ganga und nimmt Zuflucht in einer Wüste. Wie könnte der seinen Durst stillen? Und wer würde die Göttin mißachten und meiden, die schon alle Ziele im Leben gewährt, wenn man nur an sie denkt? Der edle Suratha hat einst Medhas über die große Mutter befragt. So hört mir zu, denn ich werde euch wiedergeben, was Medhas damals sprach.

Es lebte im Swarochisha Manwantara einst König Viratha, und Suratha (freigiebig) war sein starker und entschlossener Sohn. Er war auch großzügig, wahrhaft, pflichtgetreu, ein Verehrer der Göttin, ein Meer an Freundlichkeit und ein trefflicher Beschützer seiner Untertanen. Während er so strahlend wie Indra über sein Reich regierte, schlossen sich neun andere Könige zusammen und griffen ihn an. Sie belagerten seine Stadt Kola, und nach einem schrecklichen Krieg wurde der König besiegt. Kola wurde von seinen mächtigen Feinden übernommen und er selbst aus der Stadt gejagt. Erst ging er in eine andere Stadt seines großen Reiches, doch auch hier jagten ihn die Sieger davon. Nun wandten sich seine Minister von ihm ab und stahlen seinen Reichtum. Unter dem Vorwand, auf Jagd zu gehen, verließ der König sein ihm feindlich gesinntes Gefolge und ritt in den tiefen Wald. Dort streifte er umher, bis er die Einsiedelei eines großen Weisen erblickte. Rings umher blühten die Blumen, alles strahlte, vedische Hymnen klangen durch die Luft, die Tiere waren sanft und anmutig, und überall waren Schüler zu sehen. Dank der Macht des heiligen Einsiedlers lagen selbst Tiger friedlich herum und jagten nichts und niemanden. Der König, der sehr gelehrt und freundlich war, wurde vom Weisen ehrenvoll willkommen geheißen und bewirtet.

Doch trotz der lieben Worte des Gastgebers, hatte der König nur sorgenvolle Gedanken im Sinn und dachte:
Weh, mein Reich wurde von gierigen Feinden übernommen. Ich bin so unglücklich und verwirrt. Ich habe all meinen Glanz verloren. Meine Vorfahren haben das Reich gut beschützt, doch nun laben sich die Feinde daran. Kein König in meiner Linie war so schwach wie ich. Was soll ich tun? Wohin soll ich gehen? Wie kann ich mein Reich zurückerobern? Sogar meine angestammten Minister haben mich verlassen, und ich weiß nicht einmal, welchem König sie nun dienen. Welche Not mögen meine Untertanen nun leiden, nachdem das Reich ruiniert ist? Meine heldenhaften Krieger, die so tapfer die Feinde bekämpften, dienen nun einem anderen König. Die riesigen Elefanten, die windesschnellen Pferde - alles verloren. Wird der Schatz, den meine Vorfahren getreulich ansammelten und bewahrten, nun in guten Händen sein oder nicht?

So kreisten die Sorgen im Geist des Königs und verwirrten ihn immer mehr. Da kam ein Händler (Vaisya) des Wegs, und der König fragte ihn:
Herr, wer bist du? Warum kamst du her? Und warum siehst du so vergrämt und niedergeschlagen aus? Bitte sag es mir.

Bei diesen lieben Worten des Königs, flossen dem Händler die Tränen. Und er antwortete freundlich und demütig:
Oh König, mein Name ist Samadhi (Vertiefung, Meditation). Meine Gattin, meine Kinder und andere haben mich verlassen, denn sie gierten nach meinem Reichtum. Mich bedrückt nun mein Karma, und so kam ich hier in den Wald. Doch ich sorge mich um meine Familie, denn ich tappe im Dunkeln, oh du Ozean an Mitgefühl, ob es ihnen gut geht.

Da fragte ihn der König:
Wie kann es sein, daß du diejenigen, die dich böse betrogen und hinterhältig behandelten, immer noch liebst? Das ist unvernünftig.

Der Händler gab zur Antwort:
Oh König, du sprachst tiefe, bedeutungsvolle Worte, doch mein Geist ist von den Banden der Liebe geknebelt.

Da traten beide, der König und der Händler, vor den Weisen Medhas (Weisheit). Sie beugten das Haupt vor dem Ehrwürdigen, falteten ihre Hände, und der König sprach:
Oh heiliger Herr, bitte zerstreue unsere Verwirrung. Ich kam in den Wald, weil mich die königliche Würde verließ. Doch ich bin nicht im Frieden und unglücklich, weil mir das Reich genommen wurde. Der Händler hier wurde von seiner Familie davongejagt, doch seine Zuneigung und Anhänglichkeit an sie ist noch stark. Warum ist das so? Bitte erklär uns das. Klug sind wir wohl, und dennoch ist unser Geist verwirrt und gequält von Verblendung. Welche Torheit ist das!

Der Weise sprach:
Die große Illusion (Maya) in Gestalt der ewigen Shakti ist die materielle Ursache des Universums. Sie zerrt an den Gedanken aller und stürzt sie in Verwirrung. Selbst Brahma und andere Götter können die Wahrheit nicht erkennen, wenn die Illusion sie überkommt. Was soll man da von Menschen sagen? Die höchste Göttin allein erschafft, erhält und vernichtet das Universum mit den drei natürlichen Eigenschaften zur rechten Zeit. Oh guter König, nur der kann die Verblendung überwinden, mit dem die Göttin zufrieden ist, welche alle beliebigen Gestalten annehmen kann.

Der König fragte:
Oh Heiliger, wer ist diese Göttin? Wer ist die gewaltige Illusion, welche jeden verzaubert? Und wie wurde die Göttin geboren? Bitte erzähl mir das.

Da hub der Weise an:
Als das ganze Universum ein weites, großes Wasser war, und Vishnu, der König aller Yogis, auf Sesha im Yoga Schlaf darin ruhte, da wurden zwei Dämonen aus dem Schmalz von Vishnus Ohren geboren. Auf der Oberfläche der Welt wurden sie sogleich bekannt als Madhu und Kaithabha. Sie hatten schrecklich große Körper, blendeten wie die Sonne zum Weltuntergang, trugen schwere Kieferknochen, und ihre Gesichter erschienen gräßlich mit den großen Fangzähnen. Es war, als ob sie die Welten verschlingen könnten. Als sie Brahma im Lotus erblickten, der aus Vishnus Nabel wuchs, das schrien sie laut: He, wer bist du? - und wollten ihn töten. Als Brahma sah, das Vishnu still im Milchozean lag, da pries er die große Göttin:
Oh Mahamaya, rette mich, oh rette mich. Oh Göttin, du liebst alle, die bei dir Zuflucht suchen, oh Mutter des Universums, rette mich vor den gräßlich aussehenden Dämonen. Ich verbeuge mich vor der großen Illusion, dem Yoga Schlaf, Uma, Sati, Kalaratri, Maharatri, Moharatri, größer als das Größte, Mutter der drei Götter, die Ewige, Erfüllerin aller Wünsche, Beschützerin der Götter und Ozean an Gnade. Dank deiner Gnade erschafft Brahma das Universum, Vishnu beschützt es, und Shiva vernichtet es zur rechten Zeit. Oh Mutter, du bist Swaha, Swadha, Shri, reiner Intellekt, Frieden, Nahrung, Zufriedenheit, Vergebung, Hunger und Gnade. Oh Mutter, du bist die Illusion von Vishnu, das Bewußtsein, die große Shakti, Aufrichtigkeit, Durst und Verblendung. Du erscheinst als Erinnerung und nimmst die Gestalt einer Mutter an. Du bist Lakshmi im Hause derer, die verdienstvoll leben. Du bist Geburt, der Quell aller Taten und Durchdringung, denn als Intelligenz durchdringst du alles. Oh Mutter, bitte verwirre diese unaufhaltsamen Dämonen und erwecke Vishnu, den ungeborenen Herrn.

Und so manifestierte sich die Göttin als Mahakali am 12. Tag in der hellen Hälfte des Monats Phalguna, die große Vidya (die Wissende), führende Göttin aller Vidyas, die Zauberin der Welten, Shakti. Und es erklang eine himmlische Stimme:
Oh Brahma im Lotus, sei unbesorgt. Ich werde den Stachel herausziehen, nachdem Madhu und Kaithabha in der Schlacht besiegt wurden. Und so trat die große Illusion aus Vishnu heraus und stand vor Brahma. Vishnu erhob sich und erblickte die Dämonen direkt vor sich. Sofort begann eine große Schlacht zwischen dem strahlenden Gott und den Dämonen, welche für 5.000 Jahre andauerte, bis sie sogar Mann gegen Mann kämpften. Von der Göttin verblendet boten die Dämonen Vishnu einen Segen an, und dieser sprach:
Wenn ihr mit mir zufrieden seid, dann gewährt mir, daß ich euch töten kann. Einen anderen Segen wähle ich nicht.

Die Dämonen sahen die Welt ganz von Wasser bedeckt und antworteten:
Töte uns an einem Ort, an dem kein Wasser ist.

Da zog Vishnu die beiden auf seinen Schoß, erhob den glitzernden Diskus und köpfte sie. Das war die Geburt von Mahakali. Hört nun auch, wie Mahalakshmi ins Leben kam. Obwohl sie keine Anhaftung kennt und ohne Form ist, manifestiert sich die Göttin Uma in verschiedenen Zeitaltern in verschiedenen Gestalten, um die Nöte der Götter zu lindern. Denn ihre formhafte, körperliche Erscheinung ist wirksam für jene, die es sich wünschen. So spielt die Göttin in der Welt und wirkt zum Wohle ihrer Verehrer.


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