Pushpak Shiva-Purana Buch 10Zurück WeiterNews

Kapitel 35 - Der Sonnengott und Sajna

Suta sprach:
Der Sonnengott Vivasvat war ein Sohn von Kasyapa, dem großen Heiligen. Er hatte eine Ehefrau namens Sajna (auch Samijna, Surenuka), die eine Tochter des Twashtri war. Sie war sehr jung und litt unter der unerträglichen Hitze, die ihr Ehemann verströmte. Die schöne Dame fühlte große Qualen, und der grelle Glanz ihres Gatten konnte sie nicht erfreuen. Die Eheleute hatten drei Kinder: den Manu Sraddhadeva und die Zwillinge Yama und Yamuna. Doch eines Tages war das Feuer der Sonne zuviel für die junge Dame und sie erschuf aus ihrem Schatten ein Ebenbild von sich.

Die Schatten-Sajna sprach:
Oh Dame mit dem lieblichen Lächeln, bitte sage mir, was ich für dich tun soll.

Und Sajna antwortete:
Möge dir Gutes geschehen. Ich gehe zurück zum Haus meines Vaters. Bleib du an meiner statt hier im Haus des Sonnengottes. Sorge gut und freundlich für meine beiden folgsamen Söhne und das hübsche Töchterchen, wenn du mir Gutes tun willst.

Die Schattenfrau meinte dazu:
Oh Dame, ich werde alles ohne Klagen ertragen, außer, wenn sie mich an den Haaren ziehen sollten. Geh nur fort, oh Göttin.

Schamvoll ging Sajna zum Haus ihres Vaters, doch dieser tadelte sie und schickte sie zurück zu ihrem Gatten. Doch sie nahm die Gestalt einer Stute an und wanderte im nördlichen Kuru Land umher. Der Sonnengott hielt die Schattenfrau für seine Gattin und bekam mit ihr noch einen Sohn, den Manu Savarni. Doch obwohl Sajna ihren Schatten darum gebeten hatte, liebte die Schattenfrau die älteren Kinder nicht, sondern nur ihren eigenen Sohn, den sie immer bevorzugte und liebkoste. Yama, der jüngere der beiden Brüder, konnte dies nicht ertragen. Das Schicksal hatte ihm aus gutem Grund von klein auf ein jähzorniges Temperament gegeben, und so wurde er einmal sehr wütend und bedrohte sogar die Schatten-Sajna.

Dies wiederum erregte den Zorn der Schattendame und sie verfluchte Yama, den Sohn des Sonnengottes:
Dir soll das Bein abfallen (mit dem du mich treten wolltest)!

Da suchte Yama den Rat seines Vaters und bat mit gefalteten Händen:
Mutter hat mir sehr grobe Worte gegeben, und ich wurde wütend. Doch nun zittere ich vor Angst, denn sie hat mich verflucht. Ich habe nur gesagt, daß eine Mutter alle ihre Kinder gleich lieben sollte. Doch für uns hat sie keine Zuneigung, nur den Jüngsten liebt sie zärtlich. Ja, ich habe meinen Fuß erhoben. So bitte vergib mir, oh Herr der Götter, du Strahlendster unter allen, meine Mutter hat mich verflucht. Bitte erweise mir deine Gnade, damit mir das Bein nicht abfällt, oh Herr der Strahlen.

Der Sonnengott sprach:
Nun mein Sohn, dafür muß es einen schwerwiegenden Grund geben. Sonst wärest du, der sonst die Tugend kennt und immer die Wahrheit spricht, nicht so in Zorn geraten. Es ist nicht möglich, die Worte deiner Mutter ungeschehen zu machen. Doch es werden einige Würmer am Fleisch deines Beines nagen und dann zur Erde fallen. So werden ihre Worte wahr, und du wirst gerettet. So sorge dich nicht länger, mein Lieber, und sei wieder fröhlich.

Danach wandte sich der Sonnengott an seine Gattin und sprach zürnend:
Oh geliebte Gattin, du bösartige und zornige Dame, was hast du getan? Warum liebst du einen Sohn mehr? Sag es mir sofort.

Die scharfe Kritik des Gottes ließ die Schatten-Sajna die Wahrheit sagen:
Deine äußerst grelle und quälend heiße Gestalt konnte Sajna nicht ertragen. Sie litt fürchterliche Schmerzen. Eben jetzt weidet sie auf den grasigen Ebenen des Nordens. Sie nahm Zuflucht zu ihrer Yoga-Kraft, was sehr lobenswert ist. Oh Herr der Götter, sei ihr gnädig gesinnt, verändere deine Form in eine angenehme Gestalt und sende ihr eine Botschaft.

Der Sonnengott war besänftigt, der hervorragende Twashtri drechselte seine grelle Strahlkraft und sengende Hitze ein wenig ab, und sogleich war der Gott erträglich und angenehm. Dann nutzte auch er seine Yoga-Kraft und entdeckte seine Gattin Sajna. Er nahm die Gestalt eines Hengstes an und näherte sich ihr, um sich mit ihr zu vereinen. Sie erkannte ihn nicht sogleich, und da ihr niemand zu nahe kommen konnte aufgrund ihrer Askese und ihres Glanzes, entließ er seinen Samen in ihre Nüstern. Daraufhin wurden die Aswin Zwillinge geboren, diese vorzüglichen Ärzte namens Nasatya und Dasra. Dann zeigte der Sonnengott seine angenehme und glanzvolle Gestalt, und Sajna freute sich sehr. Mit leuchtendem Antlitz begleitete sie ihren Gatten in sein Heim, und das Paar liebte sich mehr als zuvor.

Yama hatte der Vorfall schwer zu schaffen gemacht, so daß er von nun an als tugendreicher, frommer und gezügelter König seine Untertanen erfreute. Mit großem Glanz gesegnet wurde er zum Dharma-König über die Ahnen (Pitris) und zum Wächter einer Himmelsrichtung. Savarni wird später zum (achten) Manu, denn seine Taten sind voller Tugend. Gerade jetzt übt er fromme Buße auf dem Gipfel des Meru. Die jüngere Schwester wurde die ruhmreiche Yamuna, dieser klare und treffliche Strom, der alle Welten heiligt.

Wer diese heilige Geschichte liest oder in seinem Gedächtnis bewahrt, der erlangt großen Ruhm. Und falls er unter Not leidet, wird er davon erlöst.


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