Pushpak Shiva-Purana Buch 10Zurück WeiterNews

Kapitel 27 - Mit diversen Yoga-Methoden dem Tod entkommen

Die Göttin sprach:
Oh Herr, wenn du geneigt bist, dann sprich noch darüber, wie der Yogi die Kraft des Windes beherrschen kann, der aus dem Raum entsteht.

Shiva sprach:
Ich habe schon viel darüber erzählt, wie der Wind ein Mittel für Yogis wird, um Kala zu besiegen. Der Yogi, der zur rechten Zeit und auf rechte Weise Pranayama übt, kann innerhalb von 14 Tagen Kala beherrschen. Der Wind im Herzen entzündet das Feuer und bläst innen und außen, alles durchdringend. Wissen, Erkenntnis, Eifer - einfach alles wird vom Wind entfacht. Wer den Wind beherrscht, der beherrscht das Universum. Konzentriert muß der Yogi bei seiner Meditation bleiben, damit er Alter und Tod überwältigt. Wie der Schmied ins Feuer bläst, um seine Arbeit zu schaffen, so sollte auch der Yogi den Wind gezügelt anfachen.

Der Herr der tausend Augen, Hände und Füße umfaßt das ganze Universum und steht zehn Fingerbreit jenseits davon. Hält man den Atem an, wiederholt dreimal das Gayatri Mantra mit OM und den mystischen Namen der Welten (Vyahrti), dann spricht man von Pranayama. Sonne und Mond kommen und gehen unablässig, doch ein Yogi bleibt in der Meditation unbewegt. Wenn ein Brahmane nur einmal seinen Lebensatem zügelt, gewinnt er sich den Verdienst von hundert Jahren Askese, während er sich von den Wassertropfen ernährt, die von den Spitzen des Kusha-Grases tropfen. Wer als Brahmane morgens aufsteht und Pranayama übt, der löscht alle seine Sünden aus und kommt in die Region Brahmas. Wer Pranayama an einem stillen Ort frei von jeglicher Lethargie übt, der meistert seinen Lebensatem und damit auch Alter und Tod und reist so schnell wie der Wind durch den Himmel. Er kann eine himmlische Gestalt annehmen, voller Glanz, Intelligenz, Tatkraft, Heldenmut und Glückseligkeit. Das sind die Fähigkeiten, die aus der Meisterschaft des Windes entstehen, der aus dem Feuer kommt, oh Göttin.

(Der Pfad des Feuers:) Der Yogi sitzt in bequemer Position an einem stillen Ort. Inmitten der Stirn entfacht er ein Strahlen, welches vom Glanz der Sonne und des Mondes begleitet wird. Ist das Feuer zwischen den Augenbrauen achtsam angezündet, dann kann der Yogi auch in tiefster Dunkelheit ohne Lampe alles sehen. Mit den Fingern werden die Augen ein wenig gerieben, dann versucht er, die Sterne zu sehen, und meditiert konzentriert eine Weile darüber. Dann kann er im Dunkeln den Glanz und alle Farben Shivas sehen: weiß, rot, gelb, schwarz und den ganzen Regenbogen. Schaut er diesen Glanz, der so hell wie die aufgehende Sonne ist, in der Mitte seiner Stirn, und dann kann er alle Gestalten annehmen und handeln, wie es ihm beliebt. Bei wiederholter Praxis kann er viele besondere Kräfte erhalten, wie z.B. die Zügelung der Sinne, den Eintritt in andere Körper, die geistige Schau, die acht besonderen Kräfte (die Siddhis: aṇimā - Winzigkeit, mahimā - Größe, garimā - Schwere, laghimā - Leichtheit, prāpti - alle Wünsche erfüllen, prākāmya - unwiderstehlicher Wille, īśitva - Herrlichkeit, vaśitva - Beherrschung), das Hören von weiter Ferne, vollkommene Erkenntnis, sich unsichtbar machen, viele Gestalten annehmen können oder durch den Himmel reisen. Nun, aufgrund ihrer vergangenen, sündigen Taten sind oft auch gelehrte Menschen verwirrt. Sie können nicht sehen, auch wenn sie direkt darauf starren, und sie hören nicht, als ob sie taub wären. So wandern sie wie Blinde umher. Doch ich sehe die Höchste Seele jenseits von Sonne und Dunkelheit. Wer sie erkennt, ist von den Fängen des Todes befreit. Es gibt keinen anderen Pfad, um Erlösung zu erlangen. Nun, Göttin, das ist die Methode im Yoga, um mit Feuer und Licht den Tod zu besiegen und Unsterblichkeit zu erreichen.

Ich werde dir nun eine noch bessere Methode erklären, oh Göttin, höre aufmerksam und konzentriert zu. Es geht um die vierte Form, neben heiliger Asche, yogischer Askese und Meditation. Dieser Yogi sitzt bequem und mit reinem Geist an einem angenehmen Ort. Er sitzt aufrecht und hält die Hände zusammen und formt sie wie eine Tasse. Er wölbt den Mund wie einen Schnabel und trinkt langsam die Luft. Dabei breiten sich die Wassertröpfchen von seinem Gaumen aus, diese Lebensspender, die er mit der Luft einatmet. Wer dieses nektargleiche Wasser täglich trinkt, wird niemals dem Tode unterliegen, bekommt einen himmlischen Körper von großem Glanz und wird von Hunger und Durst befreit. Seine Kraft gleicht der eines Elefanten, er ist so schnell wie ein Pferd, hat so scharfe Augen wie Garuda und kann aus weiter Distanz alles hören. Und sein Antlitz wird so schön wie das eines himmlischen Wesens. Er lebt 100 Götterjahre und gleicht dem Vrihaspati. Mit diesem Yoga kann er durch die Himmel reisen, oder wohin er möchte. Und immer kann er glücklich sein.

Nun schöne Dame, gibt es noch eine Methode, die eifrig von den Göttern bewahrt wird. Bitte hör sie an. Der Yogi soll üben, seine Zunge gegen den Gaumen zu wölben. Nach einiger Zeit kann er die Zungenspitze bis zum Zäpfchen führen. Sobald das Gaumenzäpfchen berührt wird, verströmt es kühlen Nektar. Wenn der Yogi diesen trinkt, wird er unsterblich. Dabei hält er die Hände in Form des weißen Lotus. Der Nektar fällt Tropfen für Tropfen, bis der Yogi die große Sphäre erreicht hat, in der er sich mit den Göttern vergnügen kann. Das ist die grundlegende Substanz, die es einem ermöglicht, den Ozean der Welt zu überqueren, alle Sünden zu überwinden und Kala und den Stern hinter sich zu lassen. Wer seine Glieder mit diesem Nektar tränkt, wird niemals hungern, dürsten oder sterben.

Nun, Tochter des Berges, auf Erden gibt es diese vier Arten von Yogis, welche dem ganzen Universum Freude bereiten. Was ein Mensch im Traum kann, das erschafft ein Yogi im Himmel. Und dabei habe ich dir nur einen Teil von dem genannt, was diese vier Yogis vermögen. Gemeinsam mit Mantras, Gelübden, Enthaltsamkeit, Kräutern und Yoga Praxis wird die Erde für demütige, liebevolle und tugendhafte Menschen zum heilsamen Paradies. Der urerste Herr alle lebenden Wesen wird von den vier Yogis allerdings nicht erschüttert. Daher werde ich dir als nächstes vom Schattenmann (Chayapurusha) erzählen, welcher auch Shiva genannt wird.


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