Pushpak Shiva-Purana Buch 10Zurück WeiterNews

Kapitel 23 - Unreiner Körper und reine Gefühle

Sanatkumar fuhr fort:
Nun kluger Vyasa, höre von der Unreinheit des Körpers und der Herrlichkeit heiliger Gefühle. Ich werde es kurz erläutern. Der Körper wird als unrein erachtet, denn er ist eine Mischung aus Samen und Blut und trägt immer Urin und Kot in sich. Und wie ein Topf voller Unrat nicht sauber werden kann, wenn er nur äußerlich gewaschen wird, so ist es mit dem Körper, den wir nur außen waschen können. Selbst wenn wir die heilige Gabe von geklärter Butter annehmen, wird der Körper doch im nächsten Moment schon wieder unrein. Was könnte unreiner sein, als dieser Körper? Es nützt nichts, wenn wir Süßes trinken oder Duftendes essen. Erkenne nur, wie schmutzig der Körper jeden Tag wird, denn er muß immer Unreines tragen. Und wenn wir uns mit heiligem Wasser von Kusha Gras besprenkeln und den fünf heiligen Produkten der Kuh (Milch, Quark, Butter, Urin und Dung) einreiben, der Körper wird nicht rein werden, wie eine Kohle, die man wäscht und poliert. Wie das Wasser stetig vom Berge fließt, produziert unser Körper ständig Schmutziges, wie Schweiß, Schleim, Urin und Kot. Wie könnte dieser Körper je rein werden? Es gibt nicht einen reinen Fleck an ihm. Wenn wir uns nur am After außen berühren, müssen wir schon unsere Hände reinigen, und denken dennoch, wir wären sauber. Es nützt nichts, uns mit duftenden Salben einzureiben und mit heiligen Düften zu beräuchern, der Körper wird seine unreine Natur nicht los wie der Hund seinen gebogenen Schwanz. Wie etwas natürlich Schwarzes nicht weiß wird, wenn man es wäscht, so kann der Körper auch durch Schrubben niemals rein werden. Man riecht den eigenen, üblen Geruch, man sieht den vielen Schmutz, und hängt doch am Körper. Das ist wahrlich eine wunderliche Illusion, in der das ganze Universum verfangen ist. Niemand erkennt die Unreinheit des Körpers und ekelt sich vor ihm. Doch wenn ein Mensch nicht einmal von der Welt Abstand nimmt, wenn er seinen eigenen Gestank riecht, welch anderen Grund für das Loslassen kann es noch für ihn geben? Im ganzen Universum ist der Körper das Unreinste, was es gibt. Der Reinste könnte ihn berühren und würde unrein.

Waschungen vermeiden schlechten Geruch und Schleim, und auch die Berührung von etwas Reinem kann helfen. Doch wenn der Mensch unreine Gefühle und Gedanken hat, dann helfen auch nicht alle Wasser der Ganga, oder Berge von Scheuersand und alle heiligen Reinigungsriten bis zum Tode. Eine hinterhältige Seele kann weder durch die Wasser an einem heiligen Pilgerort noch mit Buße geheiligt werden. Wird der Hund heilig, wenn man sein Fell in heiligem Wasser wäscht? Weder der Himmel noch die Erlösung kann von einem Menschen mit grausamen und hinterhältigen Gefühlen erreicht werden, und wenn er sich auch dem heiligen Feuer opferte. Dabei würde nur sein Körper verbrennen, und es würde ihn selbst mit ganzen Töpfen von geklärter Butter nicht rein waschen. In der heiligen Ganga schwimmen viele Fische, und Scharen von Vögeln bevölkern die Tempel. Doch sie erlangen keinen speziellen Gewinn durch rituelle Waschungen und großzügige Opfer, weil ihnen die heiligen Gefühle und Absichten fehlen.

Es ist die Reinheit der Gefühle, welche die Riten heiligt. Die Gattin umarmt man mit einem Gefühl und die Tochter mit einem anderen. Ja, Gefühle können ganz unterschiedlich sein, selbst wenn es um dieselbe Sache geht. Ehemann und Sohn sehen auf dieselbe Frau in ganz unterschiedlicher Weise. Gefühle können auch ein großer Glücksfall sein. Wer von einer Frau umarmt wird und dabei keine Gefühle hat, hat auch kein Verlangen nach ihr. Wer von Begierde, Habgier und Wut übermannt wird, kann die guten Dinge des Lebens nicht genießen. Der Mensch kann von Gefühlen beherrscht werden, und er kann die Gefühle beherrschen. Und wer sich mit heilsamen Gefühlen gereinigt hat, kann zu Himmel und Erlösung gelangen. Wer mit gereinigter Seele die Namen Gottes singt, Opfer und Gebete ausführt, gewinnt sich Weisheit und erreicht nach dem Tod die Welt der Wesen, welche viele Opfer ausgeführt haben.

Es sind das reine Wasser der Erkenntnis und der Scheuersand des Nichtanhaftens, welche die schleimigen und üblen Gerüche von Unwissenheit und Begierde abwaschen. An sich ist der Körper unrein und damit wertlos. Wie der hohle Stumpf eines Baumes hält ihn nur die äußere Hülle aufrecht. Der Kluge sollte dies erkennen und kein Interesse zeigen an Gefühlen, die sich nur um das Vergnügen des Körpers drehen. Mit gezügelten Gedanken und hoher Vernunft überwindet er die weltliche Anhaftung und wird zur befreiten Seele. Wer sich nur am hohlen Stumpen festhält, wird nie Erlösung kennenlernen. So habe ich dir vom leidvollen Leben erzählt, welches durch Unwissenheit und Verblendung und daraus resultierende Taten sehr schmerzhaft ist.

Ich werde dir nun kurz erzählen, was auch Millionen Bücher füllen könnte. Das Gefühl von „mein“ ist die größte Last. Und das Gefühl „das ist nicht mein“ ist die größte Befreiung. Hunderte und Tausende Monarchen, die erst gefesselt waren, haben die beste Welt erlangt, indem sie das Gefühl von „nicht mein“ verwirklichten.

Die wenige Erinnerung, welche das Kind im Mutterleib noch hatte, vergeht, wenn es bei der Geburt so gepreßt wird. Sobald die Luft außerhalb des Mutterleibes es berührt, wird es wie im Fieber von Vergessen und Verblendung überwältigt. Es kann sich nicht mehr an seine früheren Taten und Absichten erinnern und beginnt schon bald, an seinem jetzigen Dasein zu hängen. Die leidenschaftliche und verwirrte Welt trägt nicht dazu bei, daß es sich selbst, andere oder sogar die Götter wahrhaft erkennt.

Obwohl der Mensch Ohren hat, hört er nicht unbedingt, was heilsam für ihn ist, und mit seinen Augen sieht er nicht das Gute. Er wandert langsam und stolpert sogar auf geraden Pfaden. Und sogar wenn er über Intellekt verfügt oder ein Lehrer ihn unterweist, versteht er nicht. Die großen Taten treiben und drängen ihn durch die Welt, doch ihr Ansporn wandelt sich in Leid und Kummer. Er erinnert sich nicht länger an die Sünden, die er im Mutterleib noch bereute.

Dies alles hat einst Shiva selbst erzählt, als er über Enthaltsamkeit sprach als Mittel, den Himmel und die Erlösung zu erreichen. Selbst wenn die Menschen Zugang zu Shivas großer Weisheit haben, streben sie nicht nach ihrer Befreiung von den Banden des Weltlichen. Darüber kann man nur staunen!

Es kommt noch eine Erschwernis dazu, wenn man ein kleines Kind ist. Die Sinnesorgane sind noch nicht vollentwickelt, und selbst wenn das Kind es möchte, kann es sich weder klar ausdrücken noch die richtigen Mittel finden. Dann kommen die Kinderkrankheiten, der Einfluß ungünstiger Planeten oder die Zähne, was große Schmerzen bedeutet. Auch Hunger und Durst erschweren die Lage, oder wenn das Kind unbeaufsichtigt lange herumliegt und weint. Dann kommen alle Arten von Kummer, wie das Durchstechen der Ohrläppchen, Schläge von den Eltern oder Schwierigkeiten beim Lernen des Alphabets - und doch bringt den dumpfen Kerl immer noch nichts dazu, nach seinem wahren Wohl zu streben, auch wenn er es irgendwie geschafft hat, die Übel der Kindheit zu überstehen. Es ist erstaunlich!

Es folgt die Zeit der Jugend, ein kurzes Glück, wenn die Sinnesorgane entwickelt und die Kräfte vorhanden sind, doch auch hier droht Krankheit und schlimmer noch, der Angriff der Wollust, die niemals befriedigt werden kann. Später fühlt man Kummer durch Feindschaft und Rivalität. Des Nachts kann er nicht gut schlafen, denn das Feuer der Wollust verbrennt ihn. Und tags quält er sich, wie er am besten Geld machen kann. Da werden die Augen rot vor Verblendung wie bei einem zornigen Mann. Seine Samentropfen erfreuen ihn nicht, wenn seine Gedanken nur bei Frauen hängen, denn sie sind wie schmutzige Schweißtropfen. Wo ist da die Freude im Leben?

Die Lust an den Frauen gleicht der Freude eines Affen, der sich die eitrigen Geschwüre kratzt und damit ein wenig Linderung bekommt. Mehr ist es nicht. Die Dummen schätzen es hoch, doch es ist nicht höher einzuschätzen, als wenn man Darm oder Blase entleert. Panchachuda hat schon gesagt, daß kein Quentchen an Vergnügen in Frauen zu finden ist, denn sie sind voller Makel und vergängliche Wesen.

Durch Ehre und Mißgunst, Vereinigung mit und Trennung von den Geliebten wird die Jugend schnell vom Alter verschlungen. Wo gab es Freude ohne Qual? Junge Männer und Frauen, die einst aneinander Vergnügen fanden, werden nun vom Alter überwältigt. Die Körper sind faltig und schwach, mit grauen Haaren oder kahlen Köpfen, und der Mann kann keine ernsthafte Tätigkeit mehr vollbringen. Doch welcher Mensch kann trauriger dran sein, als der, der vom Alter völlig verändert immer noch an der Welt hängt, als ob er eine junge Person wäre? Alte werden zusätzliche noch von ihren Kindern oder Dienern gepeinigt, die sie nicht mehr unter Kontrolle haben. Und ein schwacher und kranker Mensch ist kaum noch in der Lage, nach Tugend, Wohlstand, Liebe und Erlösung zu streben. Daher sollte dies ein junger Mensch tun.


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