Pushpak Shiva-Purana Buch 10Zurück WeiterNews

Kapitel 22 - Ursprung und Entwicklung des Körpers

Vyasa sprach:
Mein Lieber, du bist ein großer Weiser, damit man die Anhaftung an die Welt versteht, erkläre bitte als nächstes, wie genau die Geburt eines lebenden Wesens von statten geht und wie sie im Mutterleib verweilen.

Sanatkumar antwortete:
Höre denn, oh Vyasa, die Essenz dieses geheiligten Wissens in Kürze. Ich werde es dir sagen, wie man sich von der Welt löst, was die Grundlage für einen Menschen ist, der sich die Befreiung von weltlichen Banden wünscht. Wenn wir Reis kochen, geschieht das folgendermaßen. Zuerst sind Reis und Wasser im Kessel unvermischt. Das Wasser ist über dem Feuer, der Reis über dem Wasser. Dann bläst der Wind sanft ins Feuer unter dem Wasser. Das Feuer zündelt und läßt das Wasser kochen, bis der Reis gekocht ist. Dann unterscheiden wir zwischen den abgelagerten Bestandteilen und der Flüssigkeit.

Die Ablagerungen eines Körpers sind zwölf an der Zahl, die sortiert und ausgeschieden werden. Die Flüssigkeiten zirkulieren im Körper und nähren ihn. Ohren, Augen, Nase, Zunge, Zähne, Penis, Anus und Nägel sammeln die Schlacken und Ablagerungen und geben sie ab. Zusammen mit Schleim, Schweiß, Kot und Urin sind das die zwölf Ausscheidungen. Die Kanäle sind über den ganzen Körper verteilt, kommen aber im Herzen zusammen. Sie transportieren die nährenden Flüssigkeiten, die Säfte. Ich sage dir nun, wie sie arbeiten.

Der Lebensatem Prana trägt in seinem Mund die subtile Lymphe und füllt die Kanäle ganz damit an. Dann wandert die Lymphe durch den Körper und wird vom Feuer des Körpers gekocht. Es gibt zwei Arten des Kochens, die Abtrennung der Schlacken und die Zirkulation der nährenden Säfte. Zuerst wird davon die Haut gebildet, die alles abdeckt. Dann entsteht das Blut. Aus dem Blut bilden sich Körperhaare und Fleisch, und aus dem Fleisch die Sehnen und Kopfhaare. Aus den Sehnen bilden sich die Knochen und aus denen die Nägel und das Fett. Aus dem Fett bildet sich auch der Samen, der die Ursache für die Fortpflanzung ist.

Die Nahrung, die wir essen, hat also zwölf Wirkungen, unter anderem wird der Samen gebildet, der wiederum die Ursache für die Geburt eines neuen Körpers ist. Wird der reine Samen während des Beischlafs nach der Mensis in die Vagina gegeben, wird er vom Lebensatem angetrieben und vermischt sich mit dem Blut der Frau. Zu dem Zeitpunkt, wenn der Samen abgegeben wird, tritt bereits die individuelle Seele mitsamt Kausalkörper und Sinnesorganen in die Frau ein, ganz eingehüllt und getrieben von ihren vergangenen Taten. An einem Tag bildet sich der Fötus, der in fünf Tagen schon wie eine Masse an Blasen aussieht, und in sieben Tagen werden die schaumigen Blasen zu einem Fleischklops. In den nächsten zwei Monaten bilden sich folgende Körperteile: Hals, Kopf, Schultern, Wirbelsäule, Bauch, Hände und Füße, Flanken und Lippen. Alle Glieder sind in drei Monaten angelegt. Im vierten Monat nehmen die Finger ihre rechte Gestalt an, und Mund, Nase und Ohren kommen im fünften Monat dazu. Im sechsten Monat kommen die Zähne, Geschlechtsorgane, Rektum, Nabel und Nägel, und die Ohren öffnen sich. Im siebten Monat sind alle Gelenke fertig. So ruht das fertige Kind im Mutterleib und ist von einer Embryonalhaut umgeben. Mit jedem Tag wächst das Kind heran, entwickelt sich und ernährt sich durch die Nabelschnur von der Mutter mit Nahrung aller sechs Geschmacksrichtungen. Ist der Körper des Kindes ausgebildet, kommt die Erinnerung aller vergangener Taten und Freuden wie in einem Traum: „Ich bin viele male gestorben und habe viele male gelebt. Ich habe viele Arten von Mutterleiben schon gesehen. Wenn ich dieses Mal auf die Welt komme, dann werde ich mich um Erlösung bemühen, damit ich nicht noch einmal in einem Mutterleib kommen muß. Sobald ich hier raus bin, werde ich mich um Shivas vollkommene Weisheit bemühen, welche alle weltliche Existenz überflüssig macht.“ So denkt das Kind im Mutterleib. Die vergangenen Taten lassen das Kind leiden, und so sehnt es sich nach Erlösung. Es leidet wie ein Reisender, der inmitten von großen Bergen nicht weiterkommt, oder wie ein Ertrinkender im Meer, und es wird wie ein Sünder im Kessel von dem Verdauungsfeuer seiner Mutter gekocht. Es leidet wie jemand, den glühendheiße Eisennadeln durchbohren, ja, so qualvoll ist die Zeit im Mutterleib für sündige, verkörperte Seelen. Die tugendhaften Seelen nehmen ihre leichte Geburt nach sieben Monaten. Doch die Sünder kommen in noch größeren Schmerzen zur Welt, als sie schon vorher während der Schwangerschaft litten. Wie Zuckerrohr zerquetscht wird oder Sesamsamen zermahlen werden, so mahlen und schmerzen die Körper der Sünder während ihres Ganges durch den Geburtskanal. Der Körper des Kindes befindet sich in einer ungünstigen Lage. Hände und Füße sind eng angelegt wie verschobene Säulen, die Sehnen sind straff gespannt, und alles ist mit Blut beschmiert. Es gleicht einem Gefäß für Unrat und einem Haus für Krankheit. Dabei ist der Mund das große Tor, dann gibt es noch acht Fenster, die Lippen sind zwei Türen und die Zunge ihr Riegel. Der Körper ist schon krank aufgrund seines Hungers nach Vergnügen. Die Neigung zu Leidenschaft und Haß verwirrt ihn schon. Die Glieder überlappen sich, denn die Embryonalhaut engt sie ein. Mit großen Schmerzen und Mühen zwängt sich der Körper aus seiner Hülle durch die Vagina, voller Blut und Schleim und so schwach wie ein Skelett.

Der Körper hat 360 Knochen, 500 Muskeln und ist bedeckt mit 35 Millionen Haaren. Dabei gibt es feine und grobe Haare, einige sichtbar und andere nicht (Eine andere Textversion bezieht das auf die Gefäße). Es gibt ebenso viele Adern und Kanäle, in denen die Säfte kreisen. Der Mensch hat zwanzig Nägel und 32 Zähne. Im (Erwachsenen) sind 12 Handvoll Galle, 256 Fäuste voll Schleim und 20 Palas Fett (ca. 800g), wovon die Hälfte von dunkler Natur ist, dann noch ca. 10,5 kg festes Fett und 80 ml Samen (ein halbes Kudava). Von ihm hängt die Stärke des Menschen ab. Die Masse an Fleisch wiegt ungefähr 1000 Palas (40 kg), es gibt 4 l Blut (100 Palas), und Kot und Urin sind jeweils ca. vier Handvoll. Das ist der vergängliche, unreine Körper, das Heim der ewigen und reinen Seele, der von seinen vergangenen Taten gebunden ist.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter