Pushpak Ramayana Buch 7Zurück WeiterNews

Canto 71 - Die Geschichte des Hundes

Auf diese Worte hin sandte der kluge Lakshmana sofort nach dem Hund, informierte Rama und dieser sprach zu dem vor ihm stehenden Hund: "Erzähle mir dein Begehr und fürchte dich nicht." Der Hund, dessen Kopf eine tiefe, klaffende Wunde aufwies, antwortete im Angesicht von Rama: "Der König ist der Beschützer von Tieren und ihren Herren. Der König wacht, wenn die Untertanen schlafen, und er beschützt sie. Indem er die Gesetze rechtens ausübt, beschützt der König auch die Frömmigkeit. Ohne seinen Schutz begegnen die Untertanen der Zerstörung. Der König ist Herr und Vater des ganzen Universums. Er ist die Zeit, das Yuga (Zeitalter) und die bewegliche und unbewegliche Schöpfung. Er wird Dharma genannt, denn er trägt alles. Und Dharma erhält die Menschheit. Durch Dharma werden die drei Welten bewahrt. Durch Dharma und Tugend werden Feinde vernichtet. Die Tugend regiert die Untertanen auf rechte Weise. Daher wird die Tugend auch Dharana oder Bewahrer genannt. Die Tugend der Bewahrung ist die größte und verleiht Früchte nach dem Leben. Es gibt nichts, was schwerer in der Welt zu erlangen ist als Tugend. Wohltätigkeit, Freundlichkeit, Verehrung der Frommen und unschuldiges Betragen machen die hauptsächlichen Tugenden aus, denn durch diese wird das Wohlergehen in diesem und dem nächsten Leben hervorgebracht. Oh Rama mit den festen Gelübden, du bist das Vorbild der Vorbilder. Du kennst das Betragen der Frommen. Du bist wie ein Ozean und die Zuflucht aller Tugendhaften. Oh Bester der Könige, aus Unwissenheit sprach ich viele Dinge zu dir. Mit geneigtem Kopf flehe ich um deine Gunst. Sei nicht gekränkt wegen mir." Rama lauschte diesen weisen Worten des Hundes und sprach: "Was soll ich für dich tun? Erkläre es mir vertrauensvoll." Und der Hund antwortete: "Mit Frömmigkeit herrscht der König über sein Reich und mit Tugend beschützt er seine Untertanen, wird für alle zur Zuflucht und beseitigt die Furcht seines Volkes. Behalte dies im Auge, oh Rama, wenn du hörst, was ich dir erzähle. In einem Haus in der Stadt lebt ein gewisser Brahmane als Bettler mit Namen Sarvarthasiddha (der, der alle Begehren befriedigt hat). Und obwohl ich unschuldig bin, hat er mich ohne Grund verletzt."

Nach diesen Worten sandte Rama einen Boten aus, der Sarvarthasiddha, den Meister aller Dinge, herzu brachte. Als er Rama in der Versammlung gegenüberstand, sprach der strahlende und vorzügliche Zweifachgeborene: "Oh tadelloser Rama, sage mir, was ich für dich tun soll." Rama erwiderte: "Oh Zweifachgeborener, du hast diesen Hund verletzt. Welches Vergehen hat er an dir begangen, daß du ihn so heftig mit deinem Stab geschlagen hast? Zorn ist ein Feind, der Leben nimmt. Ärger ist ein lieblich sprechender Feind in Verkleidung eines Freundes. Er ist die Erste der Leidenschaften und wie ein scharfer Dolch. Es ist die Wut, die alles stiehlt. Sie ist ein Dieb an allem, was Askese, Opfer und Gaben erworben haben. Daher sollte man unter allen Umständen die Wut töten. Leidenschaften geraten außer Kontrolle wie eine Menge tobender Pferde. Wenn man Befriedigung durch alle Objekte des Vergnügens erreichen will, ist es besser, sie durch Geduld zu beherrschen. Im Geist, in Taten, Worten und Augen sollte ein Mann sich zum Wohle der Wesen verdingen. Er sollte niemanden verletzten und niemandem und nichts verfallen sein. Der Schaden, den ein unkontrollierter Geist anrichten kann, ist viel größer als der eines scharfen Dolches, einer getretenen Schlange oder eines wütenden Feindes. Sogar der Natur eines demütigen Menschen kann man dann nicht vertrauen. Wer seine Natur überwindet, wird sein wahres Selbst irgendwann enthüllen." Nachdem Rama der unermüdlichen Taten dies gesagt hatte, antwortete der vorzügliche Zweifachgeborene Sarvarthasiddha: "Nachdem ich den ganzen Tag für Almosen an Türen geklopft hatte, war ich so zornig, daß ich diesen Hund geschlagen habe. Er saß in der Mitte des Weges, und ich bat ihn wieder und wieder, aus dem Weg zu gehen. Erst dann ging er widerwillig beiseite und stand furchtsam am Rand der Straße. Oh Nachfahre des Raghu, ich war so hungrig, daß ich ihn für dieses niederträchtige Betragen schlug. Oh König der Könige, ich bin in diesem Falle schuldig und du mußt mich dafür bestrafen. Oh Herr aller Könige, bestrafe mich und erlöse mich damit von der Angst vor der Hölle." Nun fragte Rama seine Minister: "Was ist nun zu tun? Welche Strafe soll über ihn verhängt werden? Wir können die Untertanen nur beschützen, wenn wir die rechte Strafe für ein Verbrechen beschließen."

Bhrigu, Angiras, Kutsa, Vasishta, Kashya und die anderen Asketen, die führenden Priester, Minister, Bürger und die anderen, in den Shastras gelehrten Weisen meinten: "Ein Brahmane sollte nicht mit dem Tode bestraft werden." Nachdem die rechtsgelehrten Weisen so gesprochen hatten, sagten die Asketen zu Rama: "Oh Nachkomme des Raghu, der König herrscht über alle und besonders du, denn du bist der Richter der drei Welten, der ewige Vishnu." Als alle ihre Meinung gesagt hatten, ergriff der Hund noch einmal das Wort: "Du sagtest aufrichtig zu mir: Was soll ich für dich tun? Wenn du mit mir zufrieden bist, und wenn du wünschst, mir Segen zu verleihen, dann ernenne diesen Brahmanen zum Oberhaupt einer Familie (Hari: eines Klosters)." Solcherart geehrt, bestieg der Brahmane zufrieden einen Elefanten und reiste ab, um seine neue und würdevolle Stellung einzunehmen. Überrascht sprachen da die Berater zu Rama: "Oh du Strahlender, er wurde gar nicht bestraft. Tatsächlich hast du ihn beschenkt." Auf die Worte seiner Minister erwiderte Rama: "Ihr kennt nicht die ganze Wahrheit dieser Angelegenheit. Doch der Hund weiß darum." Denn von Rama daraufhin angesprochen, sprach jener: "Oh Rama, ich war einst das Oberhaupt der Familie Kalanyava. Nach der Verehrung der Götter und Brahmanen und nach der Speisung der Diener, Männer und Frauen aß ich selbst erst. Ich teilte gerecht, und mein Geist war nicht im mindesten der Sünde verhaftet. Ich bewahrte mit großer Sorge alle Dinge auf, die zu den Schutzgöttern gehören. Ich war demütig, gutmütig und immer zum Wohle aller Tiere unterwegs. Und doch fiel ich in diesen gräßlichen und gepeinigten Zustand. Oh Rama, dieser Brahmane ist zornig im Wesen und gottlos, er verletzt andere, ist ungeduldig und grausam, benutzt rauhe Worte und ist unwissend. Damit erniedrigt er seine sieben Generationen in beide Richtungen. Er wird keinesfalls in der Lage sein, die Pflichten als Oberhaupt und Lehrer einer Familie zu erfüllen.

Derjenige, dem du wünschst, daß er in die Hölle falle mit Söhnen, Tieren und Freunden, sollte mit dem Dienst an Brahmanen und Kühen betraut werden. Denn wer den Reichtum eines Brahmanen, einer Gottheit, einer Frau oder eines Jungen stiehlt, ist geschlagen trotz aller guten Taten und allen Reichtums, den er einst weggegeben hat. Oh Rama, wenn einer die Habe eines Brahmanen oder einer Gottheit raubt, fällt er in die tiefste Hölle genannt Vichi. Sogar der, der im Geiste ans Stehlen denkt, geht noch einmal in die Hölle ein." Als er die Worte des Hundes vernahm, weiteten sich die Augen des strahlenden Rama vor Erstaunen. Und der Hund kehrte dahin zurück, woher er gekommen war. In seiner früheren Geburt war der Hund ein Hochbeseelter, doch nun war er verflucht, in einem niederen Status der Existenz geboren zu sein. Er ging nach Varanasi und gelobte Fasten.


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