Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 59 - Ravana zieht in den Kampf

Sie erzählten ihm, daß sein erster Anführer getötet wurde, und Ravanas Brust füllte sich mit Rage. Heftig von Zorn und Stolz bewegt, rief der Tyrann zu seinen Edlen: "Nicht länger, ihr Herren, zeigen wir nun unsere hochmütige Verachtung einem Feind, der unsere Mutigsten mitsamt ihrem Gefolge an Elefanten und Pferden erschlug. Ich selbst werde heute ins Feld ziehen, und Raghus Söhne sollen ihr Leben lassen." Er fuhr hoch auf dem königlichen Wagen, welcher vom Stolz seines Gesichtes glühte. Es schallten die Muschelhörner, Trommeln und Tamburine, und freudig erklang eines jeden Giganten Schrei. Eine mächtige Armee führte er mit roten Augäpfeln wie die Flammen des geschürten Feuers an. Er passierte das Stadttor und erblickte die Reihen der Vanar Heere.

Viele hielten schwere Felsen, und andere waren mit den Stämmen von entwurzelten Bäumen bewaffnet. Rama schaute mit glühenden Augen und kriegerischem Feuer auf den Feind. Dann sprach er zum mutigen Vibhishan, dem Besten der waffentragenden Anführer: "Welcher Kapitän führt diese leuchtende Phalanx an, in der Lanzen glänzen und Flaggen spielen, und Tausende mit Speer und Schwert Bewaffnete die Befehle ihres Herrn erwarten?" Vibhishan antwortete: "Siehst du den einen, dessen Gesicht wie die Morgensonne ist und der allen vorsteht mit seiner riesigen Gestalt? Akampan ist des Giganten Name. Schau auf den wagengeborenen Anführer, den Brahmas erwählte Gaben zieren. Er hält den Bogen wie Indra selbst, und ein Löwe ist auf seinem Banner zu sehen. Seine Augen sind wie mit bösem Feuer entzündet. Dies ist Indrajit, Ravanas Sohn. Dort steht Atikaya und schwingt in seinen mächtigen Händen drohend den riesigen Bogen. Und dieser stolze Krieger, über dessen Haupt der mondhelle Baldachin gespannt ist, dessen Macht in vielen Schlachten die imperiale Macht Indras zähmte, und der eine Krone aus poliertem Gold trägt, ist der hochbeseelte Herr von Lanka."

Er schwieg. Nun kannte Rama seinen Feind und legte einen Pfeil auf seinen Bogen. "Kummer dem Lumpen," rief er, "den das Schicksal zu meinem tödlichen Haß verdammt hat!" Sprachs und forderte fest an Lakshmanas Seite den Giganten zur Schlacht. Der Herr von Lanka bat sein Gefolge, am Tor zu warten, um die Stadt vor Überraschungen von den waldgeborenen Verbündeten des Rama zu beschützen. Dann, wie ein meergeborenes Monster die schnell heranstürmenden Wellen zerteilt, drang er mit ungestümem Ausbruch durch die feindlichen Reihen und durchschnitt das Heer in zwei Teile. Sugriva rannte, dem König sich entgegenzustellen. Er riß einen Hügel aus seinem Gefüge und wirbelte ihn, dessen Höhe noch Bäume schmückten, gegen den Wanderer der Nacht. Doch von dessen Pfeilen auf seinem Wege aufgehalten fiel er harmlos zu Boden. Da tobte Ravanas Wut brennender, und er zog einen Pfeil von seiner Seite, so schnell wie der donnernde Blitz und vor Feuer glühend, und schoß ihn auf den Feind. Der Pfeil fand seinen Weg durch Fleisch und Knochen und schickte Sugriva zu Boden. Sushen und Nala sahen ihn fallen, Gavaksha und Gavaja hörten ihren Ruf, und zum Werfen bestimmte Felsen balancierend griffen sie alle gemeinsam den Gigantenkönig an. Doch sie stürmten und wirbelten die Steine vergebens. Er stoppte alle mit seinem Pfeileregen, und alle mutigen Angreifer fielen mit bohrenden Wunden, welche seine Pfeile ihnen beibrachten. Von den dichten, scharfen, schnellen und sicher gezielten Pfeilen geplagt flohen sie zu Rama, dem sicheren Schutz gegen die Gewalt des Gegners. Da sprach Lakshmana mit ehrfürchtig gefalteten Händen zu seinem Bruder: "Vertraue mir, mein Herr, die Aufgabe an, den Giganten in den Staub zu legen."

"So geh," sprach Rama, "kämpfe tapfer und schlag diesen Wanderer der Nacht nieder. Doch er, unerreicht in stolzer Kraft, fürchtet nicht einmal den Herrn von Erde und Himmel. Achte auf deine Verteidigung und erspähe mit eifrigstem Auge den Moment der Attacke. Laß Hand und Auge, Schwert und Bogen dich in rechter Übereinstimmung beschützen." Da schlang Lakshmana seine mächtigen Arme liebend um seinen Bruder, beugte tief sein ehrendes Haupt und eilte in die Schlacht. Hanuman hatte von Ferne mit angesehen, wie Ravanas Pfeile die Vanars quälten. Er stürmte gegen den Streitwagen des Giganten, erhob seinen rechten Arm und begann wie folgt: "Wenn Brahmas Gabe dein Leben vor Yakshas, Göttern, Gandharvas und Unholden beschützen mag, und der Kampf mit denen dir nichts anhaben kann, so fürchte nun einen Vanar." Mit zornesblitzenden Augen setzte der Herr von Lanka zur Antwort an: "Kämpfe, Vanar, kämpfe und beginne das Gefecht mit der Hoffnung, ewigen Ruhm zu gewinnen. Dieser Arm wird dich in der Schlacht erst prüfen und dann deine Herrlichkeit und dein Leben enden." Der Sohn des Windgottes rief: "Erinnere dich an alles, was ich getan. Meinen Heldenmut, König, kennst du wohl, ich zeigte ihn im Kampfe, als Aksha (Ravanas jüngster Sohn) fiel." Mit schwerer Hand schlug da der Gigant den Hanuman auf Brust und Kehle. Jener wankte und taumelte hin und her, und war für eine Weile vom Schlag ganz betäubt, bis er, seine Kräfte wieder sammelnd den Feind traf, den Indra fürchtete. Dessen riesige Glieder krümmten sich unter dem Schock, wie Berge während eines Erdbebens schwanken. Und die Götter und Heiligen ließen lautes Triumphgeschrei ertönen, als er wankte. Doch auch ihm kehrte die Stärke zurück, und seine Gestalt spannte sich. Seine Augäpfel blitzen mit noch grimmigerer Flamme. Kein lebendes Wesen könnte den Schlag seiner gewaltigen Faust aushalten, der Hanuman nun in die Flanke traf. Der Vanar sank zu Boden, und sein Körper zeigte kein Lebenszeichen mehr.

Da fuhr Ravana in seinem Wagen gegen Nila, und sein Pfeileregen fiel auf den Kapitän und sein Gefolge. Der grimmige Nila stellte seine Vanar Truppen auf, hob mit einer Hand und kühnem Schwung einen Bergesgipfel an und wirbelte das gigantische Geschoß auf den König. Hanuman wurde wach und kam wieder zu Kräften, brannte auf Kampf und beschwerte sich: "Warum, du feiger Hüne, flohest du und verließest den zweifelhaften Kampf mit mir?" Sieben mächtige Pfeile sandte der Gigant auf den fliegenden Berg ab. Alle Kraft und Heftigkeit verging, und die harmlose Masse fiel zur Erde. Aufgeregt beobachtete der Vanar Anführer Nila, wie der Bergesgipfel kraftvoll zurückgeschlagen wurde, und ließ auf den Feind einen Schauer an mit Zweigen und Blüten entwurzelten Bäumen niederregnen. Doch immer weiter entließ der Gigant seine scharfen, bohrenden und zerreißenden Pfeile auf jeden fliegenden Baum. Und immer noch war der Vanar gezwungen, den Sturm des beflügelten Stahles zu ertragen. Unter Schmerzen durch diesen Pfeilesturm verflüchtigte der Vanar seine Gestalt und leicht vom Boden abhebend fand er Halt auf Ravanas Standarte(1). Dann sprang er ungehindert herunter und stand auf seinem Bogen oder der goldenen Krone. Die gewandten Sprünge des Vanars verwunderten Ikshvakus Sohn, und er stand und staunte. Der Gigant legte mit Zorn im Herzen einen schrecklichen Pfeil auf seinen Bogen, erspähte den Vanar auf der Fahnenstange und rief mit wütender Stimme: "Du bist wohl geübt in den magischen Traditionen, doch wird dir deine Kunst hier nützen? Schau, ob deine Magie dein Leben vor diesem Pfeil beschützen kann, den ich sende." So sprach Ravana, der König der Giganten, und ließ den Pfeil von der Sehne. In heftigstem Zorn abgesandt und mit flammendem Kopf durchbohrte er den Vanar. Seines Vaters Macht (Agni selbst) und seine angeborene Kraft bewahrten ihn vor dem drohenden Schicksal. Er fiel befleckt mit Strömen von Blut auf seine Knie, doch das Leben blieb ihm erhalten.

Ravana brannte weiterhin auf Schlacht und wandte als nächstes seinen Wagen gegen Lakshmana. Mit aller Kraft und furioser Schau stürmte er los und spannte den mächtigen Bogen in seiner Hand. "Komm," schrie Lakshmana, "versuch den Kampf und verlasse die deiner Macht unwürdigen Feinde!" So sprach Lakshmana und Lankas Herr hörte den furchtbaren Donner der Sehne. Verrückt vor brennendem Zorn und Stolz erwiderte er in hastigen Worten wie diesen: "Die Freude ist ganz meinerseits, oh Raghus Sohn. Du kannst dein Schicksal heute nicht meiden. Durch meine Pfeile getötet sollst du den düsteren Pfad der Toten betreten." Als er so sprach, spannte er seinen Bogen, und sieben schneidende Pfeile flogen auf Lakshmana zu. Doch mit sicherstem Ziel spaltete der Sohn des Raghu jeden ankommenden Pfeil entzwei. So schoß jeder Krieger schnelle Pfeile gegen seinen Feind und ruhte nicht. Dann wählte der Gigantenkönig eine einzigartige Waffe aus seinem Vorrat, die ihm Brahma selbst einst gewährte, so heftig wie die Flammen am Ende der Welten, und wirbelte sie auf Lakshmana. Da fiel der Held, gequält von Schmerz, und seine Hand konnte kaum den Bogen noch halten. Doch Sinne und Stärke nahmen wieder ihren Platz ein, und nach gewaltigem Schlag zerbrach Ravanas Bogen in lauter Splitter. Von Lakshmanas Bogen sausten drei Pfeile davon und durchbohrten den Monarchen der Giganten. Schwer verwundet begann Ravana zu ringen und schlang seine starken Arme um Ikshvakus Sohn. Mit unerreichter Kraft, der Gabe Brahmas, versuchte er, seinen Feind vom Boden hochzuheben und rief dabei: "Soll ich, der ich den Berg Meru und den Herrn des Schnees besiegte, den Himmel und alle, die darin leben, von einem Verwandten des Rama zum Narren gehalten werden?" Doch obwohl er stemmte und sich mühte und zog, Ikshvakus Sohn blieb unbewegt. Als sein Körper von den riesigen Armen zusammengedrückt wurde, gestand er sich wohl die göttergleiche Kraft des Giganten ein. Doch mit festem Herzen war ihm bewußt, daß er ein Teil von Vishnu war. Der Sohn des Windgottes sah den Kampf und stürmte wutentbrannt gegen Ravana. Seine mächtige Hand stieß den Feind zu Boden, welcher den Schlag voll in die Brust bekam. Seine Augen wurden trüb, die Knie gaben nach und ohnmächtig glitt Ravana zu Boden.

Der Sohn des Windgottes trug den schwer verwundeten und blutgetränkten Lakshmana zu Rama. Er, den kein Feind hochheben oder beugen konnte, war leicht wie Luft für solch einen Freund. Die Waffe, welche Lakshmanas Seite zerrissen hatte, verließ unberührt den Körper des Helden und durch die fernen Lüfte zischend nahm sie wieder ihren Platz in Ravanas Wagen ein. Und, obwohl er schwer verwundet war, fühlte Lakshmana den tödlichen Schmerz nicht mehr und erstarkte. Auch zu Ravana mit seinen schmerzenden und tiefen Wunden kehrten langsam Sinne und Stärke zurück. Unerschrocken und unverändert wütend legte er erneut seine Hand an Bogen und Pfeilschäfte. Da rief Hanuman zu Rama: "Steig auf meinen Rücken, großer Anführer, und reite wie Vishnu, den Garudas Schwingen tragen, in die Schlacht mit dem Gigantenkönig." So ritt Rama schlachtbegierig auf dem Rücken des Vanar zur gräßlichen Attacke. Mit ungestümer Stimme, laut und tief, forderte er den Feind heraus, während seine gespannte Bogensehne einen Klang von sich gab, als ob Donner den Boden erschütterte. "Stell dich, Monarch der Giganten, stell dich mir und zahle die Strafe für Sünde. Steh! Wie willst du von dannen fliehen und dem Tod entgehen, der auf dich wartet?" Kein Wort erwiderte der Gigantenkönig. Seine Augen brannten vor Zorn, sein Arm war gestreckt, der Bogen gespannt und schnell flogen seine glühenden Pfeile davon. Rote Ströme flossen von dem Vanar, als Rama sich dem Ravana näherte und mit scharfen Pfeilen den Wagen des Königs angriff. Mit sicherstem Ziel flogen seine Pfeile. Er tötete den Wagenlenker und die Pferde, zerschmetterte mit spitzem Stahl den Wagen, Banner, Achse, Joch und Rad. Wie Indra seinen Blitz schleudert, um die himmelsstürmende Höhe des Berges Meru zu zersplittern, so traf Rama mit einem flammenden Pfeil den Monarchen von Lanka in die Nähe des Herzens. Dieser wankte und fiel unter dem Treffer, und aus seinen gelösten Fingern sank der Bogen. So hell wie die Sonne und mit halbmondförmigem Kopf eilte von Ramas Bogen ein Pfeil davon und zerschnitt die glänzende Krone auf seiner nicht mehr stolzen Stirn.

Dann stand Rama an Ravanas Seite und rief zum besiegten Giganten: "Wohl hast du gefochten. Dein Arm hat starke Helden aus dem Vanar Gefolge erschlagen. Ich werde dich jetzt nicht schlagen oder töten, denn du bist schwach und müde vom Kampf. Richte deine Schritte nach Lanka zurück und verbringe da sicher die Nacht. Komm morgen zurück mit Wagen und Bogen und lerne meinen Heldenmut kennen." Dann schwieg er. Der König erhob sich vom Boden und erwiderte nichts in gedemütigtem Stolz. Mit verwundeten Gliedern und zerschmetterter Krone ging er zurück in seine königliche Stadt.


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(1) Nila, der Sohn des Feuergottes Agni, konnte seine Gestalt ausdehnen oder verflüssigen