Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 33 - Lakshmanas Eintritt

Lakshmana betrat die schöne Stadt, nachdem er in Sugrivas Namen eingeladen ward. Innerhalb der Stadttore hoben die Vanartruppen in geordneten Reihen ihre demütig gefalteten Hände und starrten verwundert auf den prinzlichen Helden. Sie bemerkten jeden brennenden Atemzug, den er tat, und wußten um die Aufregung in seiner Seele. Ihre Herzen fröstelten in plötzlicher Furcht und sie starrten, doch näherzukommen wagten sie nicht. Vor Lakshmanas Augen lag die bunte Stadt, mit Juwelen und blühenden Gärten, wo sich Türme und Paläste erhoben und viele schöne Dinge das Auge verzauberten. Es blühten Bäume in allen Farben, und hielten die Früchte der Jahreszeit für die schöngesichtigen und in himmlischen Roben und göttlichen Kränzen strahlenden Vanars bereit, welche von göttlicher Abstammung alle Gestalten tragen konnten, die sie wünschten. Dort blühten Sandel, Aloe und Lotus und parfümierten die breiten Straßen der Stadt mit köstlichem Atem, wohlriechend von zuckrigem Met(1) und Honigduft. Es erhoben sich viele stolze Paläste, hoch wie die Vindhya Berge oder der Herr des Schnees, und mit süß murmelndem Glitzern flossen quirlige Bäche aus den schützenden Bergen der Umgebung herab. Lakshman schaute auf viele herrliche Paläste, die für die Prinzen und Edelleute errichtet worden waren. Sie glänzten wie blaßblaue Wolken und waren mit duftenden Kränzen behängt. Hier sah man den Reichtum von Edelsteinen ausgestellt, und noch schönere Juwelen bei den Frauen. Und dort strahlte in edler Höhe und Größe die von einem kristallenen Zaun beschützte königliche Residenz wie Indras Wohnstatt im Himmel. Mit Dach und Türmchen hoch und hell war sie wie die höchste Höhe des Berges Kailash. Man sah blühende Bäume, die Gabe Mahendras, wie sie über die Mauern ihre Zweige mit den goldenen Früchten hoben und mit Laub und Blüten köstlichen Schatten verbreiteten. Er erblickte am Tor eine wartende Menge Vanars in Waffen, und goldene Portale blitzten zwischen himmlischen Girlanden in Rot und Grün auf.

Der Held betrat ungestört die schöne Heimstatt Sugrivas, als ob die Herbstsonne ihren Glanz in einen Berg von Wolken hüllt. Er durchschritt schnell sieben weite Höfe und erreichte letztendlich den königlichen Turm, wo es viele Sitze gab, luxuriöse Sofas und weiche Betten, alles mit viel Gold und Silber verziert. Während sich der junge Prinz näherte, vernahm sein Ohr den Klang von Musik. Die sanften Töne der Flöte mischten sich mit Stimmen und Laute. Dann zeigte sich die Schönheit in ihrer Jugend und Anmut mit vielen verschiedenen zauberhaften Formen und Gesichtern: sanfte Wesen mit strahlenden Augen, schön und jung, mit bunten Girlanden um ihren Nacken geschlungen. Einer jeden ward noch viel mehr Zauber verliehen durch schönste Kleidung und reichsten Schmuck. Er sah die ruhige Dienerschaft auf ihren Herrn in sorglosem Zustand warten und hörte die Gürtel der Frauen zusammen mit ihren Fußkettchen süß klingeln. Und wie er dem silbrigen Klang der Kettchen lauschte und die Ruhe sah, die ringsum regierte, da überkam ihn ein Ansturm von Zorn und Betroffenheit. Er spannte seine Bogensehne, und der Klang tönte von Ost nach West durch das Himmelsgewölbe. In maßvoller Haltung zog er sich ein wenig aus dem Sichtfeld der Damen zurück und stand fest und schweigend abseits, während Zorn um Ramas Willen sein Herz erfüllte.

Sugriva erkannte den sirrenden Bogen. Bei seinem Ruf sprang der Vanar König schnell von seinem goldenen Sitz auf und fürchtete sich, dem kommenden Prinzen zu begegnen. Mit kalten und ängstlich trockenen Lippen rief er zur wunderschönen Tara: "Welchen Grund hat Lakshmana für seinen Zorn, oh meine schöne Gemahlin mit dem Zauber der lieblichen Brauen, was setzt seine Brust mit ungewohnter Wut in Brand? Sag, du makellose Dame, kannst du sehen, was seine Seele mit Flammen erfüllt? Denn es muß einen Grund geben, wenn den König der Menschen solche Wut antreibt. Enthülle die Sünde, wenn es meine ist, die den Herrn vom Geschlecht der Raghus verärgert. Oder geh selbst, besänftige seinen Zorn und flehe um seine Gunst mit sanften Worten. Sobald seine Augen dich erblicken werden, wird sein Herz den Ärger vergessen, denn hochbeseelte Männer wie er sind niemals streng mit einer Frau. Laß erst deine zarte Rede seinen Zorn entwaffnen und seinen Geist verzaubern, dann werde ich ohne die Furcht vor Gefahr dem Besieger seiner Feinde gegenübertreten."

Sie gehorchte und ging langsam, mit zögernden Schritten und Augen, die in zitterndem Glanz leuchteten und mit einem goldenen Gürtel um ihren gebeugten Körper dem fremden Prinzen entgegen. Als Lakshman die Vanar Königin mit demütigen Augen und bescheidener Miene erblickte, da beugte er vor der Dame sein Haupt, und sein Ärger verflog in ihrer Gegenwart. Vom vielen Wein mutig gemacht und vom Verhalten Lakshmanas aufgemuntert, fürchtete sie sich nicht länger und vertraute seiner Gunst. Redegewandt sprach sie ihn an: "Woher kommt dein brennender Zorn? Sprich, wer wagt es, deinen Willen zu mißachten? Und wer kann deinen wütenden Flammen Einhalt gebieten, die den Wald mit verdorrten Bäumen heimsuchen?" Da gab Lakshmana in Worten wie diesen seine klare Antwort, um ihren Geist zu beruhigen: "Dein Herr verbringt seine Tage im Vergnügen und achtet weder auf die Pflicht noch auf die Freunde. Auch bemerkst du nicht, obwohl du ihm zärtlich und treu ergeben bist, den teuflischen Pfad, dem seine Schritte folgen. Er kümmert sich nicht um die Staatsangelegenheiten und auch nicht um uns, die wir verlassen und verzweifelt sind. Er verweilt hier als bloßer Zuschauer, ein sinnlicher Sklave dem Willen des Vergnügens untertan. Vier Monate waren vereinbart, und er stimmte zu, uns dann in unserer Not zu helfen. Doch fest in den Banden des Vergnügens verstrickt, sieht er nicht, daß die Monate längst vergangen sind. Wo schlägt das Herz, welches sich verloren im Wein noch der Tugend und dem Verdienst zuneigt? Hast du nicht gehört, daß das Trinken Tugend, Verdienst, Liebe und Freude zerstört? Denn jene, welchen in der Not geholfen ward, und die nun ihrerseits die Hilfe verweigern, verlieren ihre Tugend. Und jene, welche einen Freund verachten, verlieren einen Schatz, den nichts wiedergewinnen kann. Dein Herr hat seinen Freund verlassen und sich nicht gefürchtet, vom Pfad der Tugend abzuweichen. Wenn dies wahr ist, oh Dame, die du jede Forderung der Pflicht wohl kennst, erkläre mir, was uns zu tun bleibt, betrogen und enttäuscht, wie wir sind."

Sie hörte ihm zu, denn seine Worte waren freundlich, und zeigten Tugend vereint mit Verdienst, und antwortete ihm, in dessen Brust sich Hoffnung erhob: "Zu keiner Zeit sehe ich für dich einen Anlaß für Zorn über jene, die leben und dich ehren. Du solltest ohne Kränkung die sprunghafte Nachlässigkeit deines Dieners ertragen. Ich weiß, daß die Jahreszeiten vorübergleiten, während sich Rama um die Verzögerung grämt. Ich weiß um die Tat, die unseren Dank verdient. Ich kenne die Gunst, die zurückgezahlt werden sollte. Doch ich weiß auch, was immer geschieht, die überwindende Liebe ist der Herr von allem. Ich weiß, wo Sugrivas Gedanken ruhen, von fesselnder Leidenschaft besessen. Und der, den sinnliche Freuden entwürdigen, achtet nicht auf die Forderungen von Zeit und Ort und erkennt nicht mit geblendeter Sicht die rechte Pflicht oder den Gewinn. Oh vergib ihm, der mich liebt. Verschone den Vanar, der in der Schlinge des Vergnügens gefangen ist. Und laß erneut Ramas Gunst auf den kommen, der unsere Rasse regiert. Sogar die königlichen Heiligen, deren höchstes Entzücken in Buße und schwerster Askese lag, schmolzen auf Befehl der Liebe dahin, verleitet von süßester Liebkosung.

(Taras Rede zum Vergleich von Dutt:
Oh Sohn eines Königs, es ist nicht die Zeit, deinen Zorn zu zeigen. Und es ist nicht angemessen, mit einem Freund ärgerlich zu sein. Oh Held, es gehört sich für dich, den Fehler von Sugriva zu ertragen, denn dein Wohl liegt ihm am Herzen. Oh Prinz, wie könnte jemand, mit solch hervorragenden Tugenden wie du, wütend mit einem werden, der nur geringen Verdienst ansammeln konnte? Welcher Anhänger der Asketen, wie du einer bist, läßt sich von Zorn einnehmen, anstatt die Tugend der Vergebung zu üben? Ich kenne den Grund für Ramas Zorn. Ich weiß um die Zeit für Taten. Ich bin mir auch bewußt, was du für uns getan hast. Und ich weiß, was wir für euch tun müssen. Doch ich kenne auch, oh Bester der Männer, die unwiderstehliche Macht von Kama (dem Liebesgott). Ich weiß, von wem Sugriva gefangen genommen wurde, und daß sein Herz besessen ist. Da du unter die Herrschaft des Zorns gekommen bist, fühlt dein Geist nicht den Einfluß von verführerischer Liebe. Auch menschliche Wesen, von Liebe umgarnt, bleiben nicht an Ort, Zeit oder Interessen gebunden. Vergib daher diesem Herrn des Affengeschlechts, deinem Bruder, der unter dem Einfluß der Sinnlichkeit und durch die Zwänge der Lust jede Scham verbannt hat. Sogar in Religion und Askese vertiefte Maharshis können ihre Herzen der Befriedigung von Lust zuneigen und werden dadurch von Unwissenheit gefesselt. Doch er ist ein Affe, unbeherrscht von Natur aus, und kann sich darüber hinaus nun endlich an seinem hoheitsvollen Status erfreuen. Wie sollte er anders handeln?)

Und wisse, endlich wach, hat Sugriva seine Befehle bereits an die Edlen gegeben. Und lang von Liebe und Glückseligkeit verzögert, erwachten alle zu Feuer, deinen Hoffnungen behilflich zu sein. Eine zahllose Armee füllt die Stadt, neu versammelt aus tausenden Bergen: Es sind impulsive Krieger, die bei Bedarf jede Gestalt annehmen können, die seine Legionen anführen. So komm, oh Held, der du dich mit bescheidener Scheu abseits hältst, fürchte keinen Tadel: Ein treuer Freund, unberührt von Schande, mag eines anderen Dame wohl ansehen."

Er trat ein, von Tara und seiner eigenen, ungeduldigen Brust gedrängt. Dort war Sugriva auf seinem Thron und strahlend in sonnengleichem Glanz zu sehen. Bunte Girlanden umkränzten seinen Nacken, und Ruma lehnte sich an ihren Herrn.


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(1) Maireya, der alkohol- und zuckerhaltige Saft von Lythrum fruticosum