Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 10 - Sugrivas Geschichte

"Ich bemühte mich, die Wut in seiner Brust zu besänftigen und zu mildern. Ich rief: 'Gut, daß du kommst, lieber Herr, und daß durch deinen starken Arm dein Feind starb. Vergebens schmachtete ich hier, doch nun bist du mein Retter und mein Schutz. Empfange erneut deinen königlichen Schatten(1) und erstrahle wie der volle Mond am Himmel. Nimm die Chouries (Wedel) wieder an und laß sie glorreich über dem rechten Herrn wehen. Ich befolgte dein Wort und hielt Wache. Neben der Höhle blieb ich für ein Jahr. Doch dann sah ich einen Strom von Blut aus der Höhle rauschen, und mein trauriges Herz brach vor Bestürzung. Alle meine wandernden Sinne waren verstört, und ich verbarrikadierte den Eingang mit einem Stein, mit irgendeiner Felsenspitze, die von einem hohen Berg stammte. Daraufhin wandte ich mich von dem Ort ab, an dem ich vergebens Wache hielt, und kehrte nach Kishkinda zurück. Meine tiefe Trauer und düstere Miene bemerkten die Einwohner und Adligen der Stadt, und sie machten mich gegen meinen Willen zum König. Vergib mir, wenn die Tat unrecht war. Treu, wie ich immer war, sehe ich in dir meinen verehrten König wieder. Ich regierte nur für eine Weile den Staat, als du uns einsam zurückließest. Diese Stadt mit ihren Leuten, Adligen und Ländereien lag nur als Pfand in den Händen ihres Wächters. Und nun, mein gnädiger Herr, akzeptiere das Königreich, welches dein Diener bewahrte. Vergib mir, Besieger deiner Feinde, und laß deinen Zorn nicht gegen mich glühen. Sieh meine demütig gefalteten Hände, ich bete und lege dir mein Haupt zu Füßen. Glaube meine Worte: es war gegen meinen Willen, daß sie mich den königlichen Sitz ausfüllen ließen. Sie sahen die Stadt ohne König, und daher machten sie mich zum Herrn ihrer Verteidigung.'

Doch Bali, obwohl ich demütig flehte, schmähte mich in seiner zornigen Stimmung. Er schrie: 'Hinaus mit dir, Lump!' nebst viel bitterem Hohn. Dann rief er die Adligen herbei, und sein ganzes Gefolge versammelte sich auf seinen Ruf. Und es brach sein brennender Zorn aus ihm heraus, und inmitten seiner Freunde sprach er: 'Ich brauche es euch nicht zu erzählen, denn ihr wißt es wohl, wie schrecklich der Feind und Unhold Mayavi war, der des Nachts an die Tore von Kishkinda kam, und es in seinem Zorn wagte, mich zum Kampf zu fordern. Ich hörte jedes Wort, welches der Dämon sprach, und eilte fort aus meinem königlichen Palast. Sugriva, dieser Feind in der Gestalt meines Bruders verborgen, folgte mir ins Feld. Der mächtige Dämon sah mich in der Dunkelheit mit einem Helfer kommen und schreckte vorm ungleichen Kampf zurück. Er wandte uns seinen Rücken zu und floh schnellstens davon. Um sein Leben vor den rächenden Feinden zu schützen, suchte er die Zuflucht einer Höhle auf. Als ich sah, wie der Dämon in die dunkle und furchtbare Höhle geflohen war, da sprach ich, ungeduldig in meinem Zorn, zu meinem Bruder mit den grausamen Augen: 'Ich kehre nicht eher in meine königliche Stadt zurück, bis ich den Dämonen getötet habe. Bleibe hier am Eingang der Höhle, bis meine Hand den Feind erschlagen hat.' Mein Herz vertraute auf seine Treue, und ich eilte schnell in die Tiefen der Höhle. Es verging ein Jahr. Überall suchte ich den Unhold, doch fand ihn nicht. Endlich erblickte ich meinen Feind und schlug ihn, von dem ich schon lange befürchtet hatte, daß ich ihn aus den Augen verloren hätte. Und alle Verwandten an seiner Seite starben unter meiner rächenden Wut. Als das Monster wankte und fiel, floß unter lautem Gebrüll und Geschrei viel Blut durch die Höhle. Es füllte alles aus und färbte den Eingang mit roter Flut. Zuletzt warf ich einen Blick, nur einen mitleidvollen Blick, auf meinen erschlagenen Feind, und suchte dann wieder das Licht des Tages. Ich fand die Höhle verschlossen und ohne Ausweg. Traurig kam ich zu dem verriegelten Ausgang und rief laut Sugrivas Namen. Doch alles war still, keine Stimme antwortete, und die Hoffnung starb in meiner Brust. Mit großer Anstrengung, zuerst vergebens, brach ich mir dann doch meinen Weg ins Freie durch viele hemmende Felsen. Und endlich frei suchten meine Füße den Pfad, der mich sicher nach Hause brachte. So wagte es Sugriva, die Forderungen der freundschaftlichen Bande unter Brüdern zu verschmähen. Mit Felsgestein sperrte er mich ein und gewann für sich selbst das Reich."

So sprach Bali in scharfen Worten. Dann ließ er mir, unberührt von Barmherzigkeit oder Sorge, ein einziges Kleid und schickte mich, seinen Bruder, in die Verbannung. Er warf mich mit vernichtender Verachtung hinaus, meine Gemahlin ward von meiner Seite gerissen, und nun irre ich in großer Furcht und besorgt durch dieses Land mit seinen Wäldern und Seen, oder lebe auf dem Gipfel des Rishyamuka und leide immer noch um meine Gattin. Du hast nun die Geschichte gehört, wie sich der bittere Haß zwischen uns feindlichen Brüdern erhob. Solcherart sind die Schmerzen, unter denen ich ächze, und alles ohne einen Fehler von mir. Oh erhöre mein Gebet, welches den Bali fürchtet, geruhe mit wohlwollender Liebe zu helfen, rette schnell in der Stunde der Not und halte den Arm des Tyrannen zurück."

Da gab der gute und tapfere Sohn des Raghu mit einem fröhlichen Lachen seine Antwort: "Diese meine unfehlbaren Pfeile werden, noch bevor die glänzende Sonne bleich wird, beflügelt durch meinen Zorn, schnell und schrecklich das boshafte Herz Balis durchbohren. Ja, merke auf die Worte, die ich spreche: dieser Lump, der sich am Unrecht erfreut, soll nur so lange leben, bis meine erzürnten Augen den Räuber deiner lieben Königin entdeckt haben. Durch gleiches Leid belehrt weiß ich, welche Wellen von Kummer über dich fließen. Diese Hand soll deine gefangene Gattin befreien und dir dein Königreich zurückgeben." Sugriva freute sich, als Rama sprach, und Heldenmut erwachte in seiner Brust. Seine Augen begannen zu glänzen, sein Herz wurde tapfer, und er erzählte noch folgende erstaunliche Geschichte:


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(1) den weißen Schirm, das Zeichen des Königs