Pushpak Ramayana Buch 4Zurück WeiterNews

Canto 11 - Dundubhi

"Ich zweifle nicht an deiner unvergleichlichen Macht, Prinz, wenn du mit diesen scharfen und glänzenden Pfeilen bewaffnet bist, wie das alles zerstörende Feuer des Schicksals, welches die Welten verbrennen und verwüsten kann. Doch leih mir zuerst deinen Geist und dein Ohr und höre von Balis Kraft und Macht, wie mutig, fest und schlachtgeübt sein Herz ist, und entscheide dann. Von Ost nach West, von Süden bis Norden, in ruheloser Absicht jagt er fort, vom fernsten Ozean zu Ozean fliegt er, bevor die Sonne die Himmel erleuchtet hat. Oft sucht er einen Bergesgipfel auf, reißt ihn mit der Wurzel ab und wirbelt ihn hoch in die Luft, als wäre es ein Ball. Dann fängt er ihn wieder auf, bevor er zur Erde fällt. Viele Bäume, die lange gesund und kraftvoll im Walde standen, wirft sein einzelner Arm zu Boden, um die Wunder seiner Stärke zu zeigen.

Da war einmal ein Monster mit Namen Dundubhi und der Gestalt eines Stieres. Er war so groß wie ein Berg und mit tausend Elefanten an Kraft vergleichbar. Der Stolz über seine wunderbaren Gaben trieb ihn an, und in Stärke schien er unerreichbar. Nach Krieg dürstend nahm er seinen Weg zum Ozean, dem Herrn der Ströme und Bäche. Als er den König der rollenden Wellen erreichte, dessen Juwelen sich in sonnenlosen Höhlen sammeln, schrie er seine Herausforderung in die See: "Komm heraus, oh König, und kämpfe mit mir." Er sprach, und der gerechte Monarch hob sein Haupt aus seinem Bett(1). Gelassen gab er seine ruhige Antwort dem, den das Schicksal in den Tod trieb: "Nicht mein, nicht mein ist die Kraft, es mit dir in der Schlacht aufzunehmen. Doch höre meine Stimme und suche dir einen würdigeren Feind, von dem ich dir sprechen werde. Ich rede vom Herrn der Berge, wo die Einsiedler leben und ihre Heimat lieben, die ihnen sein Wald gewährt, dessen Kind Shankas liebe Gemahlin ist(2), den König des Schnees meine ich. Er hat tiefe Höhlen und dunkle, schattige Zweige, reißende Ströme und wilde Wasserfälle. Erwarte von ihm dies schreckliche Entzücken, welches Helden bei einem ausgeglichenen Kampf fühlen." Der Dämon nahm an, daß den Meereskönig die Furcht gepackt hatte, und eilte so schnell, wie ein von der Sehne schnellender Pfeil zu den wilden Wäldern an der Seite des Berges des Herrn Himalaya. Dort riß Dundubhi mit scheußlichem Gebrüll riesige Teile aus dem Gipfel, weiß von Schnee und so groß wie Airavat (Indras göttlicher Elefant), und wirbelte sie in die Ebene hinab. Da erschien so heiter wie eine weiße, weiche Wolke der Herr der Berge. Er saß auf einem hohen Bergeskamm und sprach zum wilden Feind: "Es schickt sich nicht für dich, oh tugendhafter Freund, meine Bergesgipfel zu spalten und zu zerschmettern. Denn ich, der Eremiten stille Zuflucht, bin für die Heldentaten des Krieges ungeeignet." Des Dämonen Auge wurde rot vor Wut, und er sprach in heftigem Tonfall: "Wenn du aus Angst oder Trägheit davor zurückschreckst, deine Kraft mit der meinen im Kampf zu vergleichen, so sage mir, wo finde ich einen Gegner, der darauf brennt, mir in der Schlacht zu begegnen?" So sprach er. Und Himalaya, wohl geübt in der Tradition der Rede, erwiderte verärgert in seinem gerechten Geist dem Dämonen:

"Der tapfere und weise Vanar Bali, Sohn des Gottes, der die Himmel regiert (Indra), herrscht glorreich in seinem hohen Ruhm über Kishkinda, seine königliche Stadt. Wohl möglich, daß dieser heldenmütige Kenner einer jeden Kriegskunst seine Macht der deinen gegenüberstellt in einer ebenbürtigen Schlacht, wie einst Namuchi den Indra traf(3). Geh, wenn deine Seele den Kampf wünscht, und stell dich dem unbesiegten Helden, dessen Ruhm in kriegerischen Heldentaten groß ist." Er hörte dem Herrn des Schnees zu, und sein stolzes Herz erglühte im Zorn. Schnell eilte er davon und ließ sich in der Nähe von Kishkinda, Balis Stadt, nieder. Mit spitzen Hörnern zum Angreifen und Aufspießen trug er die Gestalt eines Stieres, so riesig wie eine tief hängende Wolke, bevor die volle Regenflut einsetzt. Von Stolz, Wut und Haß getrieben donnerte er gegen die Tore von Kishkinda, und mit seinem Gebrüll wie der Klang von dröhnenden Trommeln ließ er die Erde erzittern. Er wühlte im Boden und warf die Bäume nieder, die nahe am Tor wuchsen. König Bali hörte entrüstet in seinen inneren Gemächern das Gebrüll und Getöse. Dann, wie der Mond inmitten der Sterne, eilte er mit seinen Damen zur Mauer und sprach in klaren und angemessenen Worten zum Unhold: "Erkenne in mir den Monarchen, Bali mit Namen, Herr über die Stämme der Vanars, welche die Wildnis durchstreifen. Sag, warum tobst du an diesem Tor und störst uns mit solchem Gebrüll in unserer Ruhe? Ich kenne dich, mächtiger Unhold, nimm dich in acht und beschütze dein Leben mit weiserer Sorge." Er sprach, und der Dämon erwiderte, während seine roten Augäpfel vor Zorn brannten: "Was? So sprichst du und trotzt heldenhaft deinem Feind, wenn alle deine Damen dabei sind? Komm, und triff mich heute noch im Kampf. Lerne meine Stärke in mutiger Prüfung kennen. Oder soll ich dich verschonen und nachgeben, bis die kommende Nacht verbracht ist? Dann nimm dir die Pause einer Nacht und halte dich an jedes sanfte Vergnügen. Doch dann, oh Monarch des Vanargeschlechts, umarme deine Freunde mit liebenden Armen, verteile Geschenke an deine treuen Edlen, sage allen Lebewohl und geh. Zeige dein Gesicht noch einmal in den Straßen, setze deinen Sohn an deiner statt ein, schäkere noch ein wenig mit jeder lieben Dame, und dann soll meine Stärke deinen Stolz schon zähmen. Denn, falls ich dich schlagen sollte, wenn du trunken von Wein, verliebt in diese deine Damen, gebeugt von Krankheiten oder schwach, unbewaffnet oder unachtsam bist, dann wäre der Lohn meiner Tat nur Haß und Verachtung, wie der des Tötens eines ungeborenen Kindes."

Das war zu viel für Balis wütende Seele. Königin Tara und die Damen zogen sich zurück. Und langsam, mit einem stolzen Lachen antwortete der König der Vanars wie folgt: "Du, Unhold, scheinst mir trunken von Wein zu sein! Sonst würde deine Angst den Kampf absagen. Komm, laß uns kämpfen, und teste den Geist meiner heldenhaften Brust." Er sprach mit Zorn und viel Verachtung. Dann legte er seine goldene Kette ab, ein Geschenk seines Herrn Mahendra (Indra), und näherte sich dem Dämonen bereit zum Kampf. Er ergriff das riesige Monster bei den Hörnern, hielt es fest, schleppte es furchtbar herum und wirbelte es schreiend zu Boden. Blut strömte aus den Ohren des Dämonen, als er sich erhob und wild vor Raserei den Feind angriff. Doch Bali, dem Indra vergleichbar an Macht, nahm mit allen Gliedern den Kampf auf. Er focht mit Faust, Fuß und Knie und nahm sich Felsen und Bäume zu Hilfe. Schließlich ließ die Kraft des Monsters bei diesem Angriff von Shakras (Indra) siegendem Abkömmling nach. Noch einmal hob ihn Bali mit mächtiger Anstrengung hoch und schmetterte ihn zu Boden. Dort starb der Dämon, zerquetscht, zerschlagen und in einer Flut von strömendem Blut.

König Bali blickte auf den leblosen Körper, beugte sich hinab, mit gewaltiger Kraft hob er den riesigen Leib hoch und schleuderte ihn volle drei Meilen davon. Als der Körper durch die Luft flog, quollen einige Blutstropfen von seinen zerschmetterten Kiefern und dem Fell und wurden vom Wind davongetragen. Sie fielen auf die Einsiedelei des Heiligen Matanga. Der berühmte Weise sah die Tropfen und wie sie seine Einsiedelei besudelten, und als er sich wunderte, woher sie wohl kamen, füllte schrecklicher Zorn seine Seele wie eine Flamme: "Wer ist der Schurke mit der teuflischen Seele und den kindischen Gedanken, unweise und dreist? Wer ist der gottlose Lump, durch den mein Hain mit Blut eingefärbt wurde?" Dies rief Matanga in seiner Wut und verließ eilig die Einsiedelei. Da erschien vor seinen verwunderten Augen der tote Bulle von immenser Größe. Seine Eremitenseele war nicht langsam, den Urheber der Tat zu erkennen, und in einem Ausbruch von wildem, stürmischem Zorn verfluchte er den Vanar: "Laß diesen Vanar niemals hier wandern. Und wenn er kommt, ist sein Tod nahe. Seine gottlose Hand hat den heiligen Ort, an dem ich lebe, mit Blut besudelt. Er hat den Leichnam des Dämonen hierher geworfen und ruinierte den angenehmen Schatten. Wenn er jemals seine niederträchtigen Füße innerhalb von drei Meilen von meinem Zufluchtsort niedersetzen sollte, ja, wenn der Schurke mir so nahe kommen sollte, dann wird er in dieser Stunde sterben. Und mögen die Vanars, die in den dunklen Wäldern rings um meine Hütte leben, ebenfalls meine Worte beachten und davoneilen, um sich eine geeignetere Residenz zu suchen. Wenn sie es wagen, hier zu bleiben, dann soll auch auf sie der Terror meines Fluches fallen. Sie verderben die zarten Schößlinge, die mir so lieb wie Kinder sind, zerstören Wurzeln und Zweige, Blatt und Ast, und stehlen die reifen Früchte. Ich gebe euch einen Tag und keine Stunde länger. Morgen soll mein Fluch in Kraft treten. Und jeder Vanar, den ich dann erblicke, soll durch unzählige Jahre zu Stein werden."

Die Vanars hörten den Fluch und verließen den schützenden Wald und die Bergesflanke. König Bali bemerkte ihre Hast und die Furcht, und er sprach zu den davonstürzenden Führern: "Sprecht, Vanar Anführer, und erzählt mir, warum ihr vom Hain des heiligen Matanga flieht und euch um mich versammelt. Ist alles wohl mit denen, die im Walde leben?" So sprach er. Und ein Führer der Vanars berichtete König Bali mit der goldenen Kette, welchen Fluch der Heilige ihnen auferlegt hatte und was sie von ihrem alten Schatten davontrieb. Da suchte der königliche Bali mit ehrfürchtig gefalteten Händen den Weisen auf, um seinen Zorn zu besänftigen. Der heilige Mann verschmähte den Bittsteller und kehrte sich wütend zu seiner Hütte um. Lang drückte der Fluch schwer auf Bali und erfüllte seine achtsame Seele mit Sorge. Diese Angst und der Fluch halten ihn immer noch vom Berge Rishyamuka fern. Er wagt es nicht, sich dem Hain zu nähern, und würde kaum seine Augen hierher wenden. Wir wissen, welche Furcht ihn erwärmt und wandern daher vertraulich in diesen Wäldern.

Schau, Prinz, vor dir liegen bleich, trocken und unbedeckt die Gebeine des Dämonen, der, wie ein Berg in Masse und Größe, und doch zerstört in seiner stolzen Kraft fiel. Und sieh dir diese sieben hohen Sal Bäume in einer Reihe an, die ihre mächtigen Äste tief herabhängen lassen. Mit einem Griff würde Bali sie packen und das Laub von den zitternden Bäumen schütteln. Ich erzähle dir diese Geschichten, oh Prinz, um dir die unvergleichliche Kraft zu zeigen, die den Feind bewaffnet. Wie kannst du hoffen, ihn zu schlagen? Wie dem Bali heute noch in der Schlacht begegnen?" Sugriva sprach's und seufzte traurig. Doch Lakshmana erwiderte lachend: "Welche Vorstellung an Kraft, welcher Beweis oder Test würde die Zweifel beheben, die deine Brust erfüllen?" Und Sugriva antwortete: "Sieh die Salbäume dort Seite an Seite. König Bali würde seinen festen Stand einnehmen, den Bogen mit kühner Hand ergreifen und jeder Pfeil, scharf und treu, würde einen Baum treffen und ihn durchbohren. Wenn Rama nun seinen Bogen spannen würde und durch einen Stamm einen Pfeil schickte. Oder wenn er seinen Arm erheben, den Dämonenkörper, der hier vermodert, am Fuß erfassen und ihn zweihundert Längen seines Bogens weit durch die Luft werfen könnte, dann würde mein Herz seine Macht erkennen und ihm gerne glauben, daß mein Feind bereits geschlagen ist."

Sugriva sprach in loderndem Eifer und betrachtete Rama mit feurigem Blick. Dann überlegte er eine Weile stillschweigend und sprach erneut: "Alle Länder klingen vom Ruhme Balis wider. Er ist ein heldenhafter, starker und mächtiger König, dessen achtsame Macht nicht gewohnt ist nachzugeben. Er ist der erste Held in allen Bereichen. Seine wunderbaren Taten erklären seine Macht, und es sind Taten, die Götter selten wirken oder wagen. Ich denke immerzu über seine Macht nach, wenn ich auf dem Berge Rishyamuka wandere. Mit großem Respekt vor meines Bruders Kraft streife ich in Furcht und Zweifel von Hain zu Hain, während Hanuman, mein gewählter Freund, und diese treuen Herren meine Schritte bewachen. Und nun, in treuer Freundschaft verbunden, begrüße ich in dir meinen besten Verbündeten, die sicherste Zuflucht vor meinen Feinden und so unverwandt wie der Herr des Schnees. Noch immer sinne ich darüber nach, wie stark und tapfer der grausame Bali mit der teuflischen Seele ist. Doch noch nie sah ich, welche Stärke im Kampf dein ist, oh Prinz des Raghu Geschlechts. Obwohl ich in meinem Herzen nicht wage, an deiner großen Macht zu zweifeln, sie geringzuschätzen oder zu vergleichen, so erheben sich doch furchtsame Gedanken und erfüllen meine Seele mit trauriger Vermutung. Sprache, Vertrauen und Gestalt berühren mich hier unnütz. Beweise deine verborgene Stärke und deinen Ruhm, wie die schwelende Asche trübe das schlummernde Feuer anzeigt, welches darunter lebt."

Er verstummte, und Rama antwortete, während ein wohlwollendes Lächeln um seine Lippen spielte: "Noch nicht überzeugt? Diese klare Prüfung soll alle schleichenden Zweifel vertreiben." So sprach Rama, um Sugrivas Herz aufzuheitern, und näherte sich Dundubhis riesiger Gestalt. Er berührte sie mit dem Fuß wie im Spiel und schickte sie dreißig Meilen durch die Luft davon. Sugriva sah, mit welch leichter Anstrengung er den Leichnam des Dämonen durch die Luft wirbelte, dessen gewaltige Knochen ausgebleicht und trocken waren, und er rief zum Sohn des Raghu: "Aber mein Bruder Bali war betrunken und geschwächt vom Kampf, als er den frischen Körper des Monsters mit Fleisch und Haut, Sehnen und Blut davon schleuderte. Nun sind Fleisch und Blut getrocknet und die zerfallenden Knochen so leicht wie Heu, welche du, oh Sohn des Raghu, heiter durch die Luft fliegen ließest. Dieser Test allein ist zu schwach, um mir zu zeigen, ob du stärker als der Feind bist. Durch dich wurde ein Haufen von bröckelnden Knochen, von ihm ein frischer Leichnam bewegt. Deine Stärke, mein Prinz, ist noch nicht erprobt. Komm, durchbohre einen Baum und laß dies entscheiden. Bereite deinen schweren Bogen vor und spanne die Sehne bis zum Ohr. Fixiere deine Augen auf den Sal Baum dort drüben, und laß den mächtigen Pfeil fliegen. Ich zweifle nicht, Prinz, daß ich sehen werde, wie der spitze Pfeil durch den Baum dringt. So komm, versuche diese Aufgabe und tu aus Liebe, worum ich dich bitte. Als das Beste allen Lichtes erfüllt der Tagesgott mit Herrlichkeit Erde und Himmel. Der Himalaya ist der Herr der Berge, die ihre Häupter hoch erheben. Der königliche Löwe ist der Beste der Tiere, die über diese Erde schreiten, und so bist du, oh Held, der erklärte Erste an heroischer Würde."


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(1) gerecht, denn er überschreitet nie seine Grenzen und "über seine Wellen herrscht Treue"
(2) Uma ist Shiva/Shankas Gattin und Tochter des Himalaya
(3) ein Asura/eine Form der Trockenheit wie Vritra, den Indra auch schlug