Mit schmerzendem Herzen sah Rama den vom Unhold geschlagenen Geier an und sprach zu seinem Bruder in zärtlicher Liebe: "Dieser königliche Vogel focht und strebte mit treuen Gedanken nach meinem Vorteil. In mörderischem Gefecht vom Unhold erschlagen, gibt er für mich sein edles Leben. Schau Lakshman, wie seine Wunden bluten. Sein qualvoller Atem wird bald vergehen. Schwach ist seine Stimme und beinah erstorben. Kaum kann er sein zitterndes Augenlid heben. Jatayu, wenn du noch reden kannst, gib mir die Antwort, die ich suche. Erzähle mir von Sitas Geschick und wie es zu deinem traurigen Schicksal kam. Sag, warum hat der Dämon meine Dame gestohlen? Was habe ich getan, daß er tadeln könnte? Welchen Fehler hat Ravana in mir gesehen, daß er mich meiner Königin beraubte? Wie sah die Wange der mondhellen Dame aus? Welches waren die Worte, die sie sprach? Erkläre mir seine Stärke, seine Macht und seine Taten und sprich mir über die Formen, die er gern trägt. Beantworte mir alle meine Fragen. Und wo liegt der Wohnsitz des Giganten?"
Der edle Vogel wandte seine Blicke auf Rama. Mit schwacher und gequälter Stimme begann er zu reden: "Der schreckliche Ravana, König des Gigantengeschlechts, stahl Sita von deinem Wohnort. Er rief seine magischen Künste zu Hilfe mit Wind und Wolken und düsteren Schatten. Als im Kampfe meine Kräfte verbraucht waren, trennte er meine ermüdeten Schwingen ab und zerriß sie. Dann schlang er seine Arme um die Dame und floh in südliche Richtung davon. Oh Raghus Sohn, ich ringe um Atem und meine verschwommene Sicht ist trüb im Tod. Eben jetzt erblicke ich strahlende Bäume aus Gold mit Haar aus Gras. Die schuldige Tat bringt dem Dieb eine Flut von Leid. Der Gigant überhastete sein Tun, denn es war die Stunde Vinda, die er nicht beachtete. Die, welche in dieser Stunde bestohlen werden, erhalten bald ihren geplünderten Reichtum zurück. Er wird, wie ein Fisch, der den Köder schluckte, in kürzester Zeit seinem Schicksal begegnen. Beherrsche nun dein verstörtes Herz und laß dich wegen des Verlustes deiner Dame beruhigen. Denn du wirst den Unhold im Kampf besiegen und dich wieder an deiner Dame erfreuen." Schwer gezeichnet und doch mit klaren Sinnen antwortete der Geier solcherart. Und als er unter seinen Schmerzen niedersank, strömte eine neue Flut von Blut. Dann sprach er: "Ravana ist der Bruder vom Gott des Goldes, von Vishrava selbst in alter Zeit gezeugt." Mit Blut übergossen gab er seinen Atem auf, der nicht wieder kam.
"Sprich, sprich weiter!" rief Rama mit ehrvoll gefalteten Händen, doch von seinem Körper floh der Geist in die himmlischen Regionen davon. Der Lebensatem war vergangen, und der Körper lag ausgestreckt auf dem Boden. Als Rama den Geier liegen sah, riesig wie einen Berg mit verdunkelten Augen, da sprach er in schmerzlichem Leid zu seinem Bruder: "Dieser Vogel hat viele Jahre zufrieden inmitten dieser verfluchten Schatten gelebt. In der Heimat der Dämonen verbrachte er sein Leben und fand nun seinen Tod im Dandaka Walde. Die Jahre sind in langer Reihe ungestört über sein Haupt gezogen, und nun ist er tot, denn niemand kann den strengen Befehl des Schicksals meiden. Sieh, Lakshmana, der Geier fiel, weil er für mein Wohl kämpfte und sich bemühte, mit großer Kühnheit meine Sita aus dem Griff des Giganten zu befreien. Als Höchster unter den Geiern verzichtete er auf seine althergebrachte Herrschaft und, besiegt im fruchtlosen Kampfe, gab er für mich sein edles Leben. Oh Lakshman, viele Male sahen wir große Seelen, welche die rechten Gesetze bewahrten und in denen die Schwachen eine sichere Zuflucht finden, auch unter Wesen der untergeordneten Art (M.N. Dutt: sogar unter den Vögeln). Der Kuß meiner geliebten Königin kämpft nun mit einem Schmerz, der nicht weniger furchtbar stechend ist: den niedergemetzelten Vogel anzusehen, der edel focht und für mich starb. Wie Dasaratha, der Gute und Große, in seinem hohen Stande herrlich war, von allen geehrt und zu allen liebenswürdig, so ward dieser königliche Vogel verehrt.
Bring Holz für den Scheiterhaufen. Diese Hände sollen das feierliche Feuer entzünden und den Vogel auf den brennenden Stapel legen, der heute für mich starb. Der Herr aller fliegenden Vögel soll auf dem gesammelten Holz liegen, und ich werde ihn mit allen Ehren verbrennen, meinen Champion, den der Gigant erschlug. Oh königlicher Vogel mit dem edelsten Herzen, geh mit allen Begräbnisriten geschmückt davon zu einem strahlenden, göttlichen Sitz hoch droben, der dich für deine treue Liebe belohnt. Lebe in deinem glücklichen Heim mit denen, deren beständige Opferfeuer sich erheben. Lebe gesegnet unter den unnachgiebig Tapferen und denen, die große Mengen an Land verschenkten." Schwerer Kummer lastete auf seiner Brust, als er den Vogel auf den Stapel legte und die angezündete Flamme bat, nun aufzusteigen und den Körper des Freundes zu verbrennen. Dann eilte der Held mit seinem Bruder zum Wald. Er erlegte dort einige stattliche Hirsche, um das Fleisch um den Vogel herum zu verteilen. Er formte aus dem Wild viele Kugeln und legte sie auf heiliges Gras vor ihm hin, damit die abgetrennte Seele aufsteigen und eine freie Passage in die Himmel finden möge. Er sprach jedes feierliche Wort und jeden Text, den sonst Brahmanen über den Toten murmeln. Dann eilte das prinzliche Paar zur glänzenden Godavari und schüttete dort die Opfergaben in den Strom in Verehrung für den Herrn der Geier, mit feierlichem Ritual für den Erschlagenen und wie es die heiligen Texte erfordern. So opferten sie dem Vogel und badeten ihre Körper in den Wellen.
Der Geierkönig hatte eine schwere und glorreiche Tat erbracht. Von Rama mit weisen Gedanken geehrt, stieg er nun zu seinem glückseligen Sitz auf. Als jeder Ritus für den Höchsten aller Vögel erbracht war, fanden die Brüder ihre Herzen in neuem Trost gefestigt und wandten sich vom Strom ab. Wie die Monarchen des göttlichen Geschlechts schritten sie in den Wald und dachten darüber nach, wie der Dieb der Dame aufzuspüren sei.