Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 101 - Bharata wird befragt

Dann betrachtete Rama den Bharata und erkannte ihn kaum wieder, so betrübt und blaß wie er war. Er hob ihn auf, küßte ihn auf das Haupt, umarmte ihn und fragte freundlich: "Wo war dein Vater, lieber Bruder, als du hierher kamst und mich aufsuchtest? Unpassend wäre es, wenn er noch lebte, mit deinen Füßen den Wald zu betreten. Ich bitte dich, erkläre mir den Grund, warum du das Königreich mit verfilzten Haaren und Hirschfell angetan verlassen hast, um im fernen Wald zu wandern."

(bei Dutt ausführlicher: Oh mein Bruder, lebt der König und sah mit an, wie du hierherkamst, oder ging er von Kummer geplagt in die andere Welt ein? Wurde das Königreich, was immer dein ist, dir auch nicht genommen, du milder Jüngling? Dienst du auch immer unserem Vater, mein wahrhafter Bruder? Geht es dem wahrhaften und immer gerechten König Dasaratha gut, diesem Vollbringer von Rajasuya und Asvamedha Opfern? Wird der strahlende, moralisch standhafte und gelehrte Brahmane, der Priester des Hauses Ikshvaku, auch beständig verehrt? Sind die Mütter Kausalya und Sumitra glücklich? Und geht es der edlen Kaikeyi auch wohl? Wird dein hochgeborener Priester angemessen geehrt, dieser demütige und in allen Traditionen gelehrte Mann, der alle unsere Zeremonien ausführte, und der uns niemals Übles wollte, sondern immer unser Wohl im Blick hatte? Sorgen sich kluge und zuverlässige Leute nach den Regeln um das Opferfeuer? Informieren sie dich regelmäßig über den rechten Zeitpunkt für das Feueropfer? Achtest du die Götter und Ahnen, die Lehrer, Ärzte, Brahmanen und Diener? Und mißachtest du niemals den Lehrer Sudhanwa, diesen Meister der Kriegskunst und aller Waffen, seien sie nun mit Mantras erweckt oder nicht? Hast du als Berater heldenhafte, gelehrte, selbstgezügelte, wohlgeborene und verständnisvolle Menschen ernannt, welche dir selbst gleichen? Oh Nachfahre des Raghu, von klugen Beratern wohlbewahrte Ratschläge sind die Wurzel allen Erfolges eines Königs. Gerätst du auch nicht unter die Herrschaft des Schlafs? Erwachst du zur rechten Stunde? Überdenkst du in den frühen Stunden die Mittel für den Wohlstand? Berätst du dich nicht nur im Stillen mit dir selbst, sondern auch mit deiner Schar von Beratern? Werden deine Überlegungen auch nicht vorschnell bekannt? Wenn du eine Möglichkeit mit niedrigem Aufwand und hohem Nutzen erkannt hast, ergreifst du sie auch sofort und vertrödelst sie nicht, oh Nachfahre des Raghu? Und erfahren die Fürsten deines Landes deine Absichten erst, wenn sie beschlossen sind und nicht schon, wenn du noch über sie nachdenkst? Gelangen deine Überlegungen an ungeeignete Menschen, auch wenn du und deine Minister verschwiegen sind? Achten du und deine Berater auch die Ratschläge anderer? Läßt du auch tausend Dummköpfe beiseite und strebst nach der Meinung eines weisen Mannes? In Zeiten der Geldnot ist ein weiser Mann sehr nützlich. Wenn ein König von zehntausend Einfaltspinseln umgeben ist, kann er von ihnen keine Hilfe erwarten. Da bringt ein einziger fähiger Berater, der tapfer, klug und scharfsinnig ist, einem König großen Gewinn. Nun mein Bruder, beschäftigst du die besten Diener für den besten Dienst, die mittleren für mittlere Aufgaben und die schlechteren für niedrige Arbeiten? Überträgst du auch die wichtigsten Aufgaben den Würdigsten und Fähigsten, welche sich niemals bestechen lassen, rein sind und immer ihren Vätern und Großvätern dienten? Fürchten dich jene, welche eine angemessene Bestrafung erhielten, oh Sohn der Kaikeyi? Oder hassen dich etwa die Priester wie einen Gefallenen, so wie Frauen die Lüsternen hassen, welche ihnen Gewalt antaten? Wer einen Quacksalber nicht straft, einen Diener, der die Sympathie anderer gegen seinen Herrn benutzt oder einen habgierigen Krieger, der wird fallen. Wähltest du einen vertrauenswürdigen, klugen, starken, edel geborenen, fähigen und treuen Mann zum General? Ehrst und achtest du deine besten Krieger, die schon genügend Beweise ihrer Männlichkeit und Heldenkraft erbrachten? Gewährst du deinen Soldaten zur rechten Zeit, was du ihnen schuldest, nämlich Sold und Proviant? Verpaßt man die rechte Zeit, seine Untertanen zu entlohnen, dann werden sie zornig mit ihrem Herrn und rächen sich. Daraus entsteht immer großes Unheil. Sind unsere nächsten Verwandten dir auch zugetan und an deiner Seite bereit, mit achtsamem Geist ihr Leben für dich zu wagen? Oh Bharata, sind deine Boten weitgereiste Männer aus allen Provinzen, aufrecht, gelehrt, mit aufmerksamem Geist, wahrheitsliebend und weise? Bedienst du dich dreier Spione, die nichts von einander wissen, und erhältst du Nachricht von den achtzehn - Minister, Priester, Thronfolger, General, Wächter, Bewacher der inneren Gemächer, Gefängniswärter, Schatzmeister, Wächter über die königlichen Befehle, Verteidiger, Richter, Ratsmitglied, Soldmeister der Armee, Reisender, Friedensrichter, Grenzsoldat, Magistrat, Wächter der Flüsse, Berge, Wälder und Festungen? Weist du auch nicht die Bittsteller ab, welche verstoßen wurden und nun an deine Pforte klopfen? Und unterstützt du auch nicht gottlose Brahmanen, mein Bruder? Diese närrischen Menschen sind hochmütig auf ihr Wissen und bringen anderen nur Übel. Sie sind zwar gut in den Schriften und im Reden, doch ihr Verständnis ist flach, und so sprechen sie nur eitle Worte. Beschützt du auch die blühende und berühmte Stadt Ayodhya, mein Bruder, in der schon unsere heldenhaften Vorfahren wohnten, die einen wahrhaften Namen trägt, starke Tore hat, angefüllt ist mit Elefanten, Pferden und Streitwagen, tausenden Menschen, edlen Brahmanen, Kshatriyas und Vaisyas mit hohem Geist und gezügelten Sinnen, ein jeder seine Pflicht ausübend und in den Veden gelehrt, und die so viele, schöne Paläste und Wohnhäuser in den verschiedensten Formen hat? Und, oh Nachfahre des Raghu, zieren das Königreich hunderte Altäre und Tempel, gesunde und energievolle Menschen, Brunnen und Wasserstellen, fröhliche Feste und tierreiche Wälder? Sind alle Arten von Angst, gräßliche Raubtiere und ungerechte Menschen verschwunden? Ist alles, was unsere Vorfahren schon regierten, malerisch und friedlich? Bist du mit den Bauern und Kuhhirten zufrieden? Sind sie glücklich in ihren Dörfern? Bewahrst du sie, indem du ihre Wünsche erfüllst und sie vor Unerwünschtem bewahrst? Der König sollte immer alle Untertanen seines Reiches beschützen. Besänftigst du die Frauen und beschützt sie wohl? Und vertraust du ihnen auch nicht allzusehr und verhüllst ihnen deine Gedanken? Bewahrst du die Wälder, in denen die wilden Elefanten leben, und hegst du ausreichend Kühe? Zeigst du dich täglich angemessen gekleidet bei Hofe? Erhebst du dich des Morgens und schreitest du die Hauptstraßen ab? Treten deine Diener freudig vor dich hin oder verstecken sie sich vor dir? Ein mittlerer Kurs trägt zu ihrem Glück bei. Sind die Festungen gut bestückt mit Korn, Waffen, Wasser, Maschinen, Handwerkern, Bogenschützen und allem Nötigen? Ist dein Einkommen groß, und sind deine Ausgaben bescheiden? Vertraust du deine Schatztruhen keinem Unwürdigen an, oh Nachfahre des Raghu? Gibst du deine Reichtümer für die Götter, Ahnen, Krieger, Freunde oder Brahmanen aus, die zu dir kommen? Wurde ein reiner, respektabler und hochgeistiger Mensch des Diebstahls oder eines anderen Verbrechens beschuldigt, und hast du ihn etwa aus Begierde bestraft, ohne ihn von gelehrten Personen überprüfen zu lassen? Wurde vielleicht ein Dieb mit seiner Beute gefaßt, vernommen und dann aus Gewinnsucht freigelassen? Sind deine Berater der Tugend hingegeben oder von Habgier getrieben? Bedenkst du das Betragen von Reichen und Armen sowohl in Wohlstand als auch in Not? Oh Nachfahre des Raghu, wenn die Tränen von denen fließen, die fälschlicherweise bestraft wurden und keine Gerechtigkeit erfuhren, dann vernichten sie die Söhne und das Vieh des Herrschers, der nur an seine Bequemlichkeit denkt. Versuchst du mit Worten, Gaben und Geist die Alten, Jünglinge, Ärzte und Anführer für dich zu gewinnen? Grüßt und ehrst du die spirituellen Lehrer, alten Menschen, Asketen, Götter, Gäste, Altäre, Befreiten und Brahmanen? Stellst du auch nicht dein Interesse oder deine Leidenschaften der Gerechtigkeit oder dem Verdienst entgegen, weil dir deine Sinnesfreuden zu wichtig sind? Oh du großer Eroberer, bist du dir der Zeit bewußt und widmest dich zur rechten Stunde dem Vergnügen, dem Verdienst und der Tugend, um damit alle Drei ausgeglichen zu mehren? Oh Gnadenspender, wünschen dir die gelehrten Brahmanen und die Bürger und Bauern auch alles Gute, du Weiser? Gottlosigkeit, Unwahrhaftigkeit, Unaufmerksamkeit, Wut, Unentschlossenheit, Gemeinschaft mit üblen Menschen, Trägheit, übermäßige Sinneslust, Beratung mit nur einer Person in Sachen Königreich, Ratschläge von übelgesinnten Menschen, das Nichtausführen von Beschlossenem, das Ausplaudern von Ratschlägen, Untätigsein am Morgen und Marschieren gegen alle Feinde zur gleichen Zeit - enthältst du dich dieser vierzehn Fehler? Verstehst und beachtest du im rechten Maß die Zehn (Jagd, Spiel, Schlaf bei Tag, Verleumdung, Begierde nach Frauen, Wein, Tanz, Gesang, sinnloses Wandern, Würfeln), die vier Arten von Festungen, die vier Wege des Herrschens, die sieben Säulen eines Königreichs, die acht Arten des Zorns, die drei Lebensziele von Tugend, Wohlstand und Vergnügen, die Veden, Sieg über die Sinne und die menschlichen und übermenschlichen Übel, die sechs Mittel der Herrschaft (Frieden, Krieg, Aufmarsch, Belagerung, Uneinigkeit säen und Schutz suchen), die königlichen Pflichten, die zwanzig Klassen (von Menschen, mit denen man keinen Frieden schließen sollte), die fünf Säulen der Herrschaft (Minister, Schatz, Territorium, Festung, Strafe), Mandala (die zwölf Klassen von Königen, welche bereit sind für Verträge, Kriegserklärungen oder Neutralität), Yatra (die fünf Arten, zum Krieg aufzumarschieren), Bestrafung, Krieg und Frieden, welche beide zweierlei Ursachen haben. Und, du Weiser, hältst du Beratungen gemäß der Tradition ab mit einzelnen und auch Gruppen von Beratern? Folgst du den Veden? Bekennst du dich zu den Früchten deiner Taten? Haben deine Ehefrauen Kinder bekommen? Trägt dein Wissen von den Schriften schon Früchte? Geht deine Vernunft den Weg, den ich dir aufgezeigt habe, oh Nachfahre des Raghu? Dieser Weg führt zu einem langen Leben, Ruhm, Tugend, Erfüllung und Verdienst. Gehst du, mein Bruder, den Weg unserer Vorfahren? Bewahrst du dir das Verhalten, welches vorzüglich und fromm ist? Und, oh Sohn des Raghu, ißt du auch niemals allein von köstlichem Essen? Teilst du es mit würdigen Freunden? Regiert ein König gerecht, diese Geißel seiner Untertanen, dann erlangt er rechtens die ganze Erde und bei seinem Fortgang von hier die himmlischen Bereiche.)

Während der Prinz ihn so befragte, gewann Kaikeyis Sohn schließlich seine Stärke wieder und antwortete Rama mit ehrfürchtig gefalteten Händen: "Der großarmige Monarch, mein Herr, wagte eine abscheuliche Tat, indem er uns, die schon um seinen Sohn trauerten, auch noch verließ und sich ein Heim unter den Göttern gewann. Meine Mutter, Königin Kaikeyi, gab dem König, ihrem Sklaven, den Befehl und auf Bitten der Dame geschah die Sünde, die seinen Ruhm verminderte. Ich dürste nicht nach der Herrschaft, somit sind ihre Hoffnungen durchkreuzt. Nun beklagt sie ihren Sohn und betrauert ihren Ehemann und wird wegen ihres respektlosen Verbrechens zur Bestrafung in die Hölle eingehen. Bitte, oh mein Herr, vergib mir alles. Sei gnädig zu deinem niedrigen Diener. Zum König sollst du gesalbt werden, akzeptiere heute wie Indra selbst die königliche Herrschaft. Sei barmherzig, Prinz, zu Adligen, Ebenbürtigen und den verwitweten Königinnen, die dich hier aufsuchen. Akzeptiere das Königreich als das Deine durch Gesetz. Und erfreue damit deine treuen Freunde. Laß das weite Land nicht länger von dir verlassen liegen. Laß den herbstlichen Vollmond wieder triumphal über den Nachthimmel regieren. Diese Herren und ich verneigen sich vor dir: oh Rama, beachte unsere Gebete. Oh verweigere diese Gunst nicht, ich bin dein Bruder, Schüler und Sklave. Schau auf diesen ehrwürdigen Kreis, die Berater unseres Herrn, des Königs. Von Alter zu Alter hoch geehrt, ihre demütige Bitte solltest du bald gewähren."

Der Held flehte weinend, legte seinen Kopf auf Ramas Füße, und stöhnte dabei, wie ein tollwütiger Elefant. Rama blickte ihn an und antwortete: "Wie, Bruder, kann ein Mann von Würde, seinen Gelübden treu, von edler Geburt - ein Mann wie ich, eine Sünde begehen wegen der Herrschaft über ein Land? Ich sehe in dir nicht den kleinsten Schatten eines Makels, oh Feindebezwinger. Doch niemals solltest du in kindischer Laune die Königin, deine Mutter, beschuldigen. Oh weiser und sündloser Bruder, wisse, die heiligen Gesetze verlangen es, daß von guten Ehefrauen und Söhnen ihrem Gatten und Herrn gegenüber Gehorsam gefordert wird. Und wir stammen alle vom König ab, und daher zählen die Tugendhaften immer auf uns. Ja Bruder, mach es dir bewußt, seine Frauen, Söhne und Schüler sind wir. Er ist das Recht; ob er es für gut erachtet, mich zu bitten, auf dem Thron als Monarch oder in Bast und Hirschfell gehüllt und vertrieben im Walde zu leben. Und denke daran, du Bester von allen, der die Forderungen der Pflicht für einen tugendhaften Vater achtet, solche Ehre gebührt einer Mutter auch. So haben die, deren Leben immer der Tugend gewidmet waren, der König und die Königin zu mir gesagt: 'Rama, geh in den Wald.' Und ich gehorche, was auch sonst?

Du mußt die königliche Macht bewahren und über das berühmte Ayodhya herrschen. Ich werde in Bastkleidung gehüllt meine Tage im Dandaka Wald verbringen. So sprach Dasaratha, unser König, und verteilte an uns die Anteile vor den Augen seiner geehrten Diener. Dann, du Erbe des Glücks, suchte er die Himmel. Der Wille des gerechten Monarchen, den alle verehrten, soll dich immer leiten. Und du mußt dich an deinem Anteil erfreuen, den unseres Vaters Sorge dir zuwies. Ich werde für zweimal sieben Jahre verbannt in der Wildnis leben, zufrieden mit meinem Los, was er, mein hochbeseelter Vater, mir zudachte. Der Befehl des Monarchen, der Menschheit lieb und von allen geehrt, dem Ersten der Götter ebenbürtig, ist besser und viel reicher an Gewinn und Segen, als die gesamte Welt zu beherrschen, so denke ich."


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