Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 88 - Der Ingudi Baum

Als Bharata mit allen Freunden und Gleichgesinnten die vollständig und klar erzählte Geschichte vernommen hatte, gingen sie alle zusammen zu dem Baum, um das Bett zu sehen, auf dem Rama geruht hatte. Bharata sprach zu seinen Müttern: "Schaut auf des hochbeseelten Helden Bett. Diese zerdrückten Haufen Gras verraten uns, wo er die Nacht mit Sita lag. Unpassend ist es, wenn der Erbe eines so hohen Glückes solchermaßen auf der kalten, blanken Erde liegen muß, des Monarchen Sohn, im Beraten ein Weiser und von altehrwürdiger Abstammung. Dieser löwenhafte Prinz, dessen edles Bett sonst mit feinsten Hirschfellen bespannt war - wie kann er es nur ertragen, auf der kalten, blanken Erde und ohne jeden Luxus zu liegen. Dieser plötzliche Sturz von Glückseligkeit hinab zu Not erscheint unwirklich und jenseits des Glaubens. Meine Sinne sind verstört, ich scheine einen seltsamen Traum zu haben. Es gibt wohl wirklich keine Gottheit und keine Kraft des Himmels, welche groß genug ist, das Schicksal zu bezwingen, wenn Rama, Dasarathas Thronerbe, hier zum Schlafen auf dem Boden liegen mußte. Und die von allen verehrte liebliche Sita, die von den treuen Videha Königen abstammt und Ramas liebes Weib ist, lag ebenso auf der Erde an der Seite ihres Herren. Hier war sein Lager, auf diesem Gras drehte und wand er sich in ruhelosem Schlaf. Auf dem harten Boden hat jedes männliche Glied dem Gras seinen Stempel aufgedrückt. Und Sita, so scheint es, hat die Nacht mit all ihren Ornamenten angetan verbracht, denn hier und dort erblicken meine Augen kleine Teilchen glitzernden Goldes. Ihr äußeres Kleid legte sie hier ab, denn hier sind noch einige Seidenfädchen. Wie teuer muß in ihren hingebungsvollen Augen das Bett sein, in dem Rama liegt, wo sie, die Zarte, an seiner Seite ausruhen und all ihren Kummer vergessen konnte.

Ach, ich Unglücklicher und Schuldiger! Denn wegen mir ward der Prinz gezwungen zu fliehen und muß als Bester der Söhne Dasarathas nun ein solches Bett mit Sita ertragen. Der Sohn eines königlichen Herrn, dessen Hand mit allergrößter Autorität über jedes Land regierte, kann er, der allen Freude gibt und dessen Körper wie der Lotus strahlt, der Freund aller und der jeden Blick bezaubert, dessen leuchtende Augen dunkel glänzen - kann er das liebe Königreich verlassen, im Leide ungeübt, der Erbe des Glückes, und auf einem Bett wie diesem liegen? Große Freude und ein glückliches Los sind dein, oh Lakshmana, der du mit jedem glücklichen Zeichen ausgestattet bist, und dessen treue Schritte deinem Bruder folgen in der Stunde der Not. Und gesegnet ist Sita, die edle Gute, die mit Rama im Walde lebt. Unser ist wohl das zweifelhafte Schicksal, denn wir sind ohne Rama und verlassen. Mein königlicher Vater hat sich die Himmel gewonnen, der hochbeseelte Held liegt im Walde, und der Staat ist ein Wrack, vom Sturm hin- und hergeworfen wie ein Schiff ohne Ruder. Bis jetzt hat noch niemand heimlich geplant, mit einer mächtigen Armee das Land einzunehmen. Denn obwohl er gezwungen ist, in der fernen Wildnis zu leben, beschützt des Helden Arm immer noch das Land. Unbewacht, mit verlassenen Mauern, ohne Elefant oder Ross im Stall, zeigt sich meines Vaters königliche Stadt mit offenen Toren ihren Feinden. Bar ihrer mutigen Beschützer und ohne Verteidigung ist sie in ihrer dunklen Verzweiflung. Doch noch immer halten sich die Feinde zurück, wie sich Männer von vergifteter Nahrung fernhalten.

Von jetzt an werde auch ich meine Nächte auf dem Boden oder auf gesammeltem Gras verbringen, nur Früchte und Wurzeln essen, Bastkleidung tragen und mein Haar verfilzen. Ich werde im Walde zufrieden für ihn die Verbannung ertragen. So werde ich ungebrochen das Versprechen einhalten, was der Held gab. Während ich für Rama hier weile, wird Shatrughna mein Exil begleiten. Und Rama wird daheim mit Lakshmana über Ayodhya regieren, denn ihn sollen die zweifachgeborenen Männer weihen, damit er regiere und das Land beherrsche. Oh mögen die Götter, denen ich diene, sich diesem großen und ernsten Wunsch von mir geneigt zeigen und ihn erfüllen. Denn auch, wenn ich mich vor seinen Füßen verneige und ihn mit aller Kunst bewege, könnte er meine Bitte verneinen. Er muß, er muß mir die Erlaubnis geben, und ich werde mit meinem Bruder im Walde leben!"


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter