Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 75 - Die Entsagung

Eine Weile lag er so, erhob sich dann, und langsam kehrten ihm Sinne und Kräfte wieder zurück. Mit zornigen, tränenbenetzten Augen schaute er die elende Königin an und sprach zu ihr vor allen Herren und Ministern mit kühnem Tadel: "Ich begehre nicht die königliche Herrschaft, und ich gehorche nicht länger meiner Mutter. Ich hatte nichts von dieser Weihe gewußt, welche Dasaratha im Sinn hatte. Ich war mit Shatrughna die ganze Zeit im fernen Land. Nichts wußte ich von Ramas Exil, dem Helden der edlen Gedanken. Ich wußte auch nicht, daß die schöne Sita und Lakshmana in die Verbannung gegangen sind." So erhob der hochbeseelte Bharata inmitten der Menge seine Stimme deutlich und laut.

Dies hörte Kausalya, hob ihren Kopf und sprach schnell zu Sumitra: "Bharata ist hier, Kaikeyis Sohn, deren gefallene Taten ich verabscheue und fürchte. Den Jüngling mit Voraussicht möchte ich gerne treffen und sein Gesicht wiedersehen." So sprach die Dame zu Sumitra und lief geradewegs zu Bharata hin, mit veränderter Miene, vernachlässigter Kleidung, zitternd und schwach vor schwerem Kummer. Bharata und Shatrughna eilten ihr in ihrem Palast entgegen. Als sie die königliche Dame erblickten, wie sie traurig und niedergedrückt vor äußerster Besorgnis und fast besinnungslos war, da wanden sie ihre Arme um ihren Hals. Auch die edle, gramgebeugte Dame umarmte das weinende Paar und sprach zu Bharata folgende, leidvolle Worte: "Nun ist alles dein und ohne Gegner, dieses Reich, welches du ersehntest. Ja, schnell hatte Kaikeyis unbarmherzige Hand die Herrschaft über das Land gewonnen und meinen schuldlosen Rama fliehen lassen. Welchen Gewinn hat die Königin hierin gesehen, deren Augen sich an Verwüstung erfreuen? Für mich wäre es sicher gut, im fernen Wald verbannt zu sein und unter den Schatten zu leben, die meinen berühmten Sohn mit den goldenen Gliedern bewahren. Nun, mit den geheiligten Feuern als Führung, will ich mich selbst mit Sumitra an meiner Seite in die dunklen Wälder zurückziehen und dort den Sohn des Raghu aufsuchen. Und über dieses Land mit Reis und goldenem Korn, mit Reichtum jeglicher Art, und Wagen, Elefanten, Pferden und Juwelen wird sie dich als Herrscher einsetzen."

Mit Bemerkungen wie diesen drückte sie mit bitterer Zunge das gepeinigte Herz vom schuldlosen Bharata, und gräßliche Stiche zerrissen seine Brust, wie eine Lanze in der Wunde wühlt. Mit verstörten Sinnen und ganz wirr, fiel er ihr zu Füßen mit dem Gesicht nach unten und blieb dort liegen. Mit lauter Klage offenbarte er sich für eine Weile und kam langsam wieder zu Kräften. Mit demütig gefalteten Händen wandte er sich zu ihr, weinte und seufzte und sprach zur Königin mit vielerlei Wunden in der schmerzenden Brust: "Warum dieser Tadel, edle Dame? Ich wußte von nichts, bin frei von Schuld. Du weißt genau, wie sehr ich Rama liebe, den Obersten der Raghu-Linie. Oh niemals kann der dunkle Geist zu den führenden Traditionen der Schriften geneigt sein, auf dessen Beschluß der gute und wahrhafte Held fliehen mußte.

Mag der, der seine Stimme Ramas Verbannung lieh, dem niederträchtigsten Herrn gehorchen, die Sonne mit abscheulichsten Taten beleidigen oder eine schlafende Kuh töten. Möge der gute König, der allen behilflich ist, und der, wie seine Söhne, sein Volk versorgt, von dem in die Irre geführt worden sein, der seine Zustimmung zu Ramas Verbannung gab. Auf diesen falle das Unrecht des Herrschers, der den sechsten Teil von allem nimmt, und sein Volk nicht beschützt und dessen Vertrauen vernachlässigt, was ein Herrscher eigentlich muß. Das Verbrechen derer, die schwören bei einem Ritus die Asketen zu ernähren und dann die versprochene Gabe verweigern, dieses Verbrechen soll auf den kommen, um dessen Willen der Prinz fliehen mußte. Mit Elefant und geharnischtem Roß soll niemals der in den Kampf ziehen, dessen Herz die Flucht des Prinzen erlaubte. Obwohl ihm die Veden mit Sorgfalt von einem Meister gelehrt wurden, möge der die Texte der Veden entstellen, dessen gottloser Geist sich an das Böse band, und dessen Stimme die Verbannung gut hieß. Möge der mit verräterischen Lippen enthüllen, was er einst versprach, für sich zu behalten. Möge er über seiner Freunde Vergehen schelten und damit ihr reiches Vertrauen hintergehen. Keine Frau von gleicher Geburt soll des Bösewichtes freudloses Haus zieren. Niemals mag er etwas Tugendhaftes vollbringen und sterbend kinderlos bleiben. Wenn in den grausamen Tagen der Schlacht die fürchterlichen Kämpfer in tödlicher Ordnung aufgereiht sind, dann soll der gemeine Feigling umkehren und fliehen und dann, vom Feind geschlagen, sterben. Lang soll er wandern mit Lumpen als Kleidern, und er soll dazu verflucht sein, in seiner Hand einen Schädel zu tragen. Wie ein Idiot soll der sein Brot erbetteln, der seine Zustimmung zu Ramas Verbannung gab. Sein sei die Sünde, die heiligen Riten zu vergessen und zu schlafen, wenn die Sonne sich zeigt und untergeht. Eine Last soll auf dessen Schultern liegen, der dem Prinzen erlaubte zu fliehen. Seine Sünde soll sein, seines Meisters Gattin zu begehren, er, der Entzünder der zerstörerischen Flamme. Die Sünde, seinen vertrauten Freund zu betrügen, soll mit allem vermischt auf ihn niederstürzen. Er soll keine rechte Ehre den gesegneten Göttern oder den vergangenen Schatten (Ahnen) zollen: Mögen Vaters und Mutters geheiligte Namen umsonst von ihm Gehorsam fordern. Er soll niemals dort wandeln, wo die Guten leben, oder ihren Ruhm oder Nachbarschaft gewinnen. Alle Hoffnung auf Glück soll dem heute verloren gehen, der es wollte, daß der Prinz von uns geht. Möge er die Armen und Schwachen betrügen, die ihn suchen und um Zuflucht bitten, auch die klagenden Diener täuschen und die Hoffnungsvollen umsonst hoffen lassen. Möge seine Ehefrau lang auf seinen Kuß warten und dann nach kalter Ablehnung vor Gram vergehen. Möge er seine rechtens angetraute Liebe verschmähen und seinen Blick auf andere Damen richten. Ein Narr, der absichtlich verbotene Freuden sucht, ist der, der die Verbannung erlaubte. Der seine Zustimmung zu Ramas Flucht gab ist voller Sünde, deren tödliches Gift die fließenden Wasser verdirbt, und lang lebe dieser Schuft unter der fürchterlichsten Bürde."

Mit diesen Worten sprach er aufrichtig zu Kausalyas gepeinigtem Herzen, die um Sohn und Ehemann trauerte. Dann fiel er zu Boden. Kausalya antwortete dem halb besinnungslos Liegenden, der sich mit diesen starken Schwüren selbst befreit hatte, mit melancholischen Worten: "Erneut, mein Sohn, erhebt sich die Sorge in meinem Herzen mit stärkeren Schmerzen. Diese furchtbaren Eide, die du geschworen hast, zerreißen meine Brust mit doppelter Trauer. Deine Seele und auch die von Lakshmana sind, dem Himmel sei Dank!, der Tugend treu geblieben. Deinem Versprechen treu, sollst du die Bereiche des Himmels erhalten, die für die Guten sind."

Dann zog sie den Jüngling an ihre Brust, dessen zärtliche, brüderliche Liebe sie nun erkannte, und hielt den Helden fest in ihrer Umarmung, während ihre Tränen rollten. Und Bharatas Herz ward krank und schwach vor Kummer und oft wiederholten Klagen, und alle seine Sinne waren verwirrt durch die große Pein, die in ihm wirkte. So lag er und klagte mit Seufzern und lautem Jammern, bis alle Kraft und Vernunft verschwanden und die Stunden der Nacht vergingen.


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