Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 74 - Bharatas Klage

Bharatas von Zorn geschärfte Zunge hatte schwere Vorwürfe auf die Königin geladen. Und immer noch sprach er zur schuldigen Dame, schäumend vor Wut: "Flieh, grausame und hinterhältige Sünderin, flieh und laß dieses Königreich nicht länger deine Zuflucht sein. Du hast alles Gerechte von dir gewiesen. Denke an mich, wenn ich gestorben bin. Kannst du nur eine Beschuldigung vor den König oder den höchst pflichtgetreuen Rama bringen? Den einen hat deine Sünde in den Tod gesandt, den anderen in die Verbannung. Du bist der Zerstörer unserer Linie, von Sünde beschmutzt, wie einer, der ein ungeborenes Kind tötet. Du wirst niemals mit deinem Herrn im Himmel leben, dein Anteil wird die Hölle sein, denn deine Hand steht für Unart und hat diese furchtbare Gemeinheit gewirkt. Sie hat den ruiniert, den alle lieben. Mein Busen ist von Furcht ganz verwirrt. Mein Vater ist durch deine Sünde gestorben und Rama in den Wald gezogen. Ich trage den Makel deiner Tat und bleibe ruhmlos in dieser Welt. Ehrgeizig und bösartig, es scheint meine Mutter zu sein und ist doch mein schlimmster Feind. Meine Inthronisierung soll niemals deine Augen segnen, du schlimme Mörderin deines Ehemannes. Du bist nicht Asvapatis Kind, der ein rechter, weiser und milder König ist. Du wurdest als Dämon geboren, als Feind, das Haus meines Vaters zu zerstören. Du hast die reine, sanfte und liebevolle Kausalya den Verlust ihres Glückes erfahren lassen. Welche Welten erwarten dich dafür, Königin? War es deinem Sinn denn nicht offenkundig, daß Rama der Schutz seiner Freunde war, Kausalyas eigenes treues und liebstes Kind, der Älteste und seinem Vater ebenbürtig? Männer sehen im Sohn nicht nur die eigene Gestalt oder das eigene Gesicht. Auch im Herzen des Sohnes finden sie den Abkömmling des väterlichen Geistes. Und wenn auch der Sohn dem Verwandten lieb ist, der Mutter ist der Sohn noch lieber.

Es gibt eine alte Legende, in der die gute Surabhi, die von den Göttern geliebte Kuh (Kamadhenu), zwei ihrer lieben Kinder leiden sah, wie sie schwach und müde den Pflug ziehen mußten. Sie sah die beiden auf der Erde erschöpft, vom frühen Morgen bis zum Abend sich mühen. Und als sie das Leid ihrer Kinder sah, da begann eine Flut von Tränen zu fließen. Als ihre feinen, mit köstlichem Duft beladenen Tränen durch die Lüfte rauschten, fielen sie auf den himmlischen Körper des Herrn der Götter. Indra hob seine Augen und sah sie dort in den Himmeln stehen, von Schmerzen niedergedrückt, traurig, weinend und untröstlich. Besorgt fragte der Herr der Götter sie demütig: 'Keine Furcht stört unsere Ruhe hier. Wie kommt es, daß dich so große Angst heimsucht? Woher kommt das Leid, das dich befiel, sag, du sanfte, die alles liebt?' So sprach der Gott, der den Himmel regiert, Indra, der höchst weise Herr. Und die sanfte Surabhi antwortete ihm wortgewandt: 'Es ist nicht deine Schuld, großer Gott, und schuldlos sind alle göttlichen Herren. Ich weine um zwei schwache Söhne, die sich mit schwerer Arbeit in störrischer Erde plagen. Ausgemergelt und traurig sehen sie aus, während die Sonne sie auf Nacken und Stirn schlägt und sie vom grausamen Hintermann angetrieben werden, der kein Mitleid in seinem schonungslosen Geist kennt. Oh Indra, diese Kinder kamen unter manchen Schmerzen aus meinem Leib. Wegen dieses schmerzlichen Anblicks weine ich, denn nichts ist für die Mutter so wie ihr Sohn.' Er sah sie klagen, deren Nachkommen zu Tausenden in den Hügeln und Wiesen grasten, und erkannte, daß aus Liebe sich niemand in den Augen einer Mutter dem Sohn vergleichen kann. Als die Tränen aus ihren traurigen Augen seine Gestalt benetzten, beladen mit göttlichem Duft, da betrachtete er sie als das Vorzüglichste unter den lebenden Wesen.

Wenn schon sie, die viele tausend Kinder gebar, diese Tränen der Sorge verschüttete, welches elende Leben ist dann für Kausalya geblieben ohne ihren Rama? Sie hatte nur den einen Sohn und ward durch dich nun kinderlos gemacht. Für dein Verbrechen ist Leid dein Los in endlosen Zeiten, hier und auch nachher.

Und nun, oh Königin, will ich ohne Verzögerung in allen Ehren die nötigen Riten für beide Schicksale abhalten, das für meinen Herrn und das für meinen Bruder. Ich werde den langarmigen Herrn zurück nach Ayodhya bringen, ihren Herrn und König, und dazu mich selbst in die Wälder begeben, wo heilige Einsiedler leben. Denn ich kann dein scheußliches Verbrechen nicht ertragen, du Sünderin in Taten und Gedanken. Ich kann nicht leben, wenn die traurigen Augen des Volkes auf mich gerichtet sind. Geh fort, zieh dich zum Dandaka Wald zurück oder wirf deinen Körper ins Feuer. Oder binde ein Seil um deinen Hals, denn auf eine andere Zuflucht magst du nicht hoffen. Wenn Rama, der Herr des wahren Heldenmutes, sich die Erde rechtens gewonnen hat, dann mag ich frei von aller Schuld meine abgebüßte Sünde vergessen."

Und wie ein Elefant, der gezwungen ist, den Stachelhaken seines Reiters zu ertragen, fiel er zornig und schnell keuchend wie eine verstümmelte Schlange zu Boden.



Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter