Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 65 - Die Klage der Frauen

Die Nacht war vorüber, und ein strahlender Morgen brach an. Die Sänger, geübt im Spielen und Singen, versammelten sich in der Kammer des Königs. Da waren Barden, welche die fröhlichste Kleidung trugen, und Heralde, berühmt in alter Tradition, und Sänger, mit ihren Lobeshymnen, und jeder musizierte auf seine Weise. Als sie so ihre Segnungen ausschütteten und ihren König hochleben ließen mit Hand und Stimme, da hallte ihr Lob durch Hof und Korridor mit lautem Ton. Händeklatschen antwortete dem Gesang der Barden über den Glanz des Königs, wie froh Applaudierende rührten sie ihre Hände und erzählten von seinen Taten in fernen Ländern. Das anschwellende Konzert erweckte die schlafenden Vögel zu Leben und Gesang, einige saßen in den Zweigen der Bäume und andere in Käfigen in Saal und Galerie. Die weiche Musik von gezupften Saiten war zu hören, auch das sanfte Wispern der Laute, und die Segnungen von geübten Sängern erfüllten den Palast des Monarchen. Eunuchen und Damen mit unbeflecktem Dasein, ein jeder in den Künsten des Aufwartens geschult, näherten sich aufmerksam wie immer und drängten sich vor der Kammertür. Diese wußten geschickt, wann und wo den hellen Strahl über Glieder und Haupt fließen zu lassen, andere trugen goldene Wasserkrüge mit Sandelholz versetztem Wasser. Und viele junge, reine und schöne Mädchen trugen ihre Last an morgendlichen Opfergaben, Gefäße mit der Flut, die alle verehren, auch heilige Sachen und Toilettenartikel. Ein jedes Ding ward rechtmäßig vorbereitet, wie es die alten Regeln zur Einhaltung vorschreiben, und glückliche Zeichen auf jedem Gegenstand zeugten vom Schönsten und Besten. In langer Reihe standen alle eifrig und warteten auf den Glanz des Tages. Aber als der König nicht erwachte und nicht sprach, erhob sich Zweifel und Alarm. Aus Pflichtgefühl betraten die Damen die königliche Kammer und nahten sich dem Bett des Monarchen, um ihren König aufzuwecken. Sie wußten um Träume und so berührten sie zuerst das Bett, in dem er lag. Aber keiner antwortete, kein Ton war zu hören und weder Hand noch Kopf oder Körper bewegte sich. Sie zitterten und ihre Furcht ward größer, daß sein Lebensatem vielleicht vergangen war. Sie beugten ihre Häupter tief, wie hohes Schilf, das den Bach säumt, und knieten sich zweifelnd und ängstlich nieder, schauten in sein Gesicht, fühlten seine kalte Hand, und dann enthüllte sich ihnen die düstere Wahrheit, die ihre Herzen zuvor dunkel geahnt hatten.

Kausalya und Sumitra lagen ermattet vom vielen Weinen schlafend da und erwachten nicht von ihrem tiefen und stillen Schlummer, so still, wie des Todes nichtendender Schlaf. Von Kummer gebeugt war alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen. Kausalyas gewohnter Glanz war matt und vergangen, sie strahlte nicht, wie ein Stern, der von einer Wolkenbarriere verdeckt wird. Neben dem König stand ihr Lager, und gleich daneben war Sumitras Bett, die gleichfalls nicht mehr vor Schönheit glänzte, das Gesicht mit leidvollen Tränen benetzt. Da lagen die erschöpften Königinnen vom Schlaf übermannt, und auch der König schien zu schlafen. Doch schnell verstanden die Damen, daß er nicht mehr atmete. Gleichzeitig schrien alle bitterlichst auf mit hohen und lauten Stimmen, wie verwitwete Elefanten ihren toten Herrn im waldigen Tal beweinen. Durch den lauten Schrei geweckt, sprangen Kausalya und Sumitra erwachend von ihrem Lager mit vor Überraschung weit geöffneten Augen. Schnell eilten sie zum Bett des Monarchen und schauten und berührten seine leblose Gestalt. Nur ein Schrei entrang sich ihnen: "Mein Ehemann!", dann fielen sie zu Boden. Der König lag gekrümmt, mit Staub auf Gliedern und Haar, dunkel, wie ein Stern liegen mag, der aus dem herrlichen Himmel geschleudert wurde. Da des Königs Stimme im Tode verklungen war, sahen die Frauen, welche die Kammer füllten, Kausalya elend darniederliegen, geschlagen wie ein verwitweter Elefant. Und alle königlichen Damen mit Kaikeyi an der Spitze weinten bittere Tränen und sanken ebenfalls zu Boden, vom Leid übermannt.

Der lange und laute Schrei der königlichen Damen, noch verdoppelt vom Gefolge der Königinnen, hallte durch den Palast und ließ ihn erzittern. Mit dunkler Angst erfüllt und irren Augen, mit Verzweiflung und wilder Überraschung stimmten die Freunde mit traurigen Rufen in die Klage um den König ein. Alle waren niedergeschlagen, blaß und tief verstört und von den Höhen der Fröhlichkeit hinabgewirbelt. Das war das Bild, das der Palast bot, in dem der König lag, der nicht mehr atmete.


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