Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 56 - Chitrakuta

Mit dem erwachenden Morgen weckte Rama Lakshmana sanft aus seinem Schlummer: "Wach auf und höre auf die angenehmen Stimmen der Waldvögel, die nahebei trillern. Du Geißel deiner Feinde, verweile nicht länger, die Stunde des Aufbruchs ist gekommen." Der schlummernde Prinz öffnete die Augen, als der Bruder ihn solcherart bat, und zwang auf den rechtzeitigen Ruf hin Müdigkeit, Schlaf und Ruhe zur Flucht. Die Brüder und auch Sita erhoben sich, schöpften reines Wasser aus dem Fluß, erledigten die Morgenriten und folgten dann dem Weg zum Berge Chitrakuta. Während sie durch den erglühenden Morgen wanderten sprach Rama zur Videha Dame, der lotusäugigen und schönen Sita: "Schau dich um, Liebe, jeder blühende Baum ist in morgendliches Feuer getaucht, wie strahlend schaut der Kinsuk mit seinen roten Kränzen aus, nun, da der Reif vergangen ist. Sieh die Belbäume, von jedermann geliebt, wie sie ihre Zweige in jede Klamm hängen lassen und überladen sind mit Früchten und Blüten - hier haben wir reichlichen Vorrat an Essen. Sieh, Lakshmana, wie die fleißigen Bienen in den belaubten Bäumen ihr nach unten hängendes Heim bauen, die schweren Honigwaben. Im schönen Wald vor uns erklingen die erschrockenen Rufe von wilden Hähnen. Hör nur, wie die Pfauen unser Rufen erwidern. Und wie weich man auf dem Blumenteppich läuft. Hier schwärmen die Elefanten frei, und süße Vogellieder sind laut zu hören. Sieh nur den prächtigen Chitrakuta, dessen Gipfel in den Wolken schwebt. Er steht auf schönem, sanftem Grund und ist von vielen Bäumen umgeben. Oh Bruder, wie glücklich werden wir in seinem heiligen Schatten sein!"

Dann hoben Rama, Lakshmana und Sita die demütig gefalteten Hände und grüßten Valmiki, den im Walde wohnenden alten Einsiedler: "Oh Heiliger, dieser Berg nimmt unseren Geist gefangen, mit seinen Büschen und Bäumen aller Art. Mit Früchten und Wurzeln im Überfluß bietet er uns ein bequemes Leben. Wir würden hier gern für eine Weile bleiben und eine Jahreszeit der Fröhlichkeit und Freude verleben." Der große Heilige entbot mit rechter Pflicht und Ehre seinen Gästen ein herzliches Willkommen und bat sie, sich niederzusetzen und eine Weile auszuruhen. Danach sprach Rama mit der breiten Brust und dem kraftvollem Arm zu seinem treuen Lakshmana: "Bruder, bring uns aus den Wäldern starkes und gutes Holz und baue daraus eine kleine Hütte. Mein Herz erfreut sich an dem Ort, der unterhalb der Bergesflanke liegt, so abgelegen und mit Wasser wohl versehen." Sumitras Sohn gehorchte seinen Worten und sammelte viele Baumstämme. Mit Geschick baute er aus den Ästen des Waldes eine Laubhütte, wie Rama ihn gebeten hatte. Als die Hütte fertig stand, schön und fest gebaut mit hölzernen Wänden, sprach Rama zu Lakshmana, dessen eifriger Geist stets dem Willen seines Bruders geneigt war: "Nun, Lakshmana, da unsere Hütte gebaut, müssen wir erst das Wildbret einer Antilope für ein hoffnungsvoll langes Leben opfern. Eile fort, oh strahlendäugiger Lakshmana, durch deinen Bogen getroffen muß heute ein Hirsch bluten. Wie es die Schriften gebieten dürfen wir nicht die Pflicht umgehen, die das Opfer befiehlt." Lakshmana, dessen Pfeile den Feind bezwingen, gehorchte seinem Wort, und Rama sprach erneut zum schnellen Vollstrecker seines Befehls: "Bereite das Wildbret zu, welches du erlegtest, um unsere Hütte zu segnen. Schnell, lieber Bruder, denn dies ist sowohl die Stunde als auch der Tag der glücksverheißenden Kraft." Also nahm der glorreiche Lakshmana den Bock, den sein Pfeil im Walde erlegt hatte, und trug die mächtige Last zum Feuer. Sobald das Fleisch gar war und die Säfte aufhörten, aus dem gegrillten Fleisch zu tropfen, sprach Lakshmana zu Rama, dem Besten der Männer: "Das gesamte Fleisch des Rehbocks ist fertig zubereitet. Beginne nun die heiligen Riten, um den Gott zufriedenzustellen, du Göttergleicher."

Rama hatte sich gereinigt und begann geübt und mit konzentrierten Gedanken, die Verse aufzusagen, die das Opfer vervollkommneten. Die Himmlischen erschienen, und Rama zog sich zur Hütte zurück, während sich ein süßer Hauch von Verzückung durch die Seele des unerreichten Helden stahl. Er opferte den Visvedevas, dem Rudra und auch dem Vishnu, und ließ keinen gewünschten Segen aus, um das neu erbaute Heim zu beschützen. Mit gesenkter Stimme hauchte er die Gebete, badete im schönen Fluß und gab reiche Opfer, die von der Befleckung durch Sünde reinigen, wie es die Texte gutheißen. Viele Altare und Schreine errichtete er, die sich gut in die heiligen Schatten fügten, und bedeckte alles mit lieblichen Kränzen, Früchten, Wurzeln und gegrilltem Fleisch, mit gemurmelten Gebeten, wie es die Texte gebieten, mit Wasser, Gras, Holz und Feuer. So beteten Rama, Lakshmana und Sita zu jedem Gott und Schatten und betraten ihre hübsche Hütte, die alle Zeichen eines glücklichen Schicksals trug, denn sie war schön anzusehen, mit den Blättern vieler Bäume bedeckt und ein trefflicher Schutz vor Regen und Wind.

Auf den Ruf ihres Vaters Brahma begab sich die Versammlung der Götter des Himmels zurück in ihrer eigenen Hallen, einen strahlenden Zug bildend. So vergaß der glückliche Prinz in lieblicher Ruhe, nahe der schönen, lilienbedeckten Hügel und von Vögeln und Rehen umgeben, den Kummer, das Sehnen und die Angst, die auf das Los des Exils ihre dunklen Schatten warfen.


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