Die in den Schriften wohl belesenen Brahmanen schliefen bis zum Morgen. Dann nahmen sie mit den königlichen Fürsten ihre Plätze ein und formten eine lange Reihe. Auch die Führenden des Handels versammelten sich, kein Ebenbürtiger oder Adliger verspätete sich und alle kamen, um die Weiheriten anzusehen. Der Morgen dämmerte mit wolkenlosen Strahlen am höchst günstigen Tage Pushya heran, und der Krebs schaute mit gütiger Kraft wie damals zu Ramas Geburtsstunde herab. Mit eifriger Achtung bereiteten die Zweifachgeborenen alles vor, was die Zeremonie verlangte. Der schön geschnitzte Thron aus heiligem Holz und goldene Urnen wurden aufgestellt. Auf dem königlichen Stuhl prangte ein glänzendes Tigerfell. Dort wurde das Wasser zum Besprengen gebracht, was gemischt war aus dem heiligen Zusammenfluß von Jumnas Wellen mit Gangas Fluten und vielen anderen heiligen Wassern, von Bächen und Quellen, nah und fern, von Teichen und Flüssen und dem Meer. Da gab es Honig, Quark und Öl, gedörrten Reis und Gras, die Früchte des Gartens, frische Milch, acht Mädchen in strahlender Aufmachung, einen Elefanten mit Augen wie Rädern, Gefäße aus Gold und Silber, die mit milchigen Getränken übervoll waren. Alles war bis zum Rand gefüllt mit heiliger Flut und mit zahllosen Lotusblüten geschmückt. Schöne tanzende Frauen waren zu sehen, alle farbenprächtig in ihrem Schmuck, mit lieblichen Gesichtern und bezaubernden Augen. Weiß blitzte das mit Edelsteinen besetzte Chouri auf und erstrahlte wie ein Mondstrahl in der Luft. Der weiße Schirm über dem Haupt ließ ein helles und mondgleiches Schimmern entstehen, er war dazu bestimmt, in reinem Glanze solche Prozeduren und den ganzen Zug anzuführen. Dort stand der Aufseher an der Seite des großen Stieres mit dem schneeweißen Fell. Überall war Musik, mal leise, mal laut, und Barden und Sänger unterhielten die Menge. Der König hatte darum gebeten, jeden Brauch seiner Ahnenreihe mit allen Riten der Stadt Ayodhya zu vereinigen, mit denen die Königsweihe begangen wurde.
Dann, auf des Königs Befehl versammelt, rückte die Menge näher zusammen, und da der König selber aber noch nicht zu sehen war, begann das Volk ungeduldig nach ihm zu rufen: "Wer wird unserem Herrn die Nachricht überbringen, daß sich sein Volk versammelt hat? Wo ist der König? Die Sonne strahlt schon hell, und alles ist bereit für die Zeremonie." Als solcherart gesprochen wurde, versuchte Sumantra den Fürsten mit Rat zu begegnen: "Schnell fuhr ich zu Ramas Haus, denn dies war der Befehl des Königs. Unser gealterter Herr und auch Rama halten euch alle in hohen Ehren. Ich werde ihn in eurem Namen fragen - lang seien eure Tage! - warum er sich so verspätet."
So sprach der in den Schriften Belesene und eilte in die Frauengemächer. Schnell lief er durch die Tore, wo ihm noch niemals der Zutritt verweigert ward. Dann trat er hinter den verschleierten Wandschirm, der die Kammer vor Blicken verbarg. Segnend erhob er seine Stimme laut und pries den Monarchen: "Sonne, Mond, Kuvera und Shiva mögen den Sohn des Kakutstha mit hohem Erfolg krönen. Die Herren der Lüfte, Fluten und Feuer verheißen dir Sieg, mein König. Die heilige Nacht ist vorüber, vielversprechend scheinen die Morgenstrahlen. Erhebe dich, Herr der Menschen, und leiste deinen Anteil am großen Ritus. Erwache, erwache. Brahmanen, Fürsten, Handelsleute - alle warten auf dich in festlicher Kleidung. Sie suchen nach dir mit eifrigen Augen, oh Dasaratha, erwache und erhebe dich."
Dem in den heiligen Schriften Belesenen und ihn Preisenden antwortete der Monarch, sein Haupt aus der Ohnmacht erhebend: "Geh. Bring Rama her. Sage mir, warum mein Befehl an dich so mißachtet wurde. Hinfort, und bring Rama zu mir. Ich schlafe nicht und du sollst nicht zaudern."
So wiederholte der König seinen Befehl und Sumantra entfernte sich wieder, den Kopf ehrfürchtig geneigt und mit Gedanken der Freude erfüllt, ging er, die königliche Allee überquerend, wo sich Fahnen und Wimpel in der Luft wiegten. Mit Freude fuhr er den Wagen und ließ seine Augen lustvoll schweifen. Von allen Seiten hörte er glückliche Worte, die alle über dieselbe Sache sprachen, nämlich wie sehr sich das Volk über die Inthronisierung von Rama freute. Dann erblickte er Ramas Palast, so strahlend und groß wie der hohe Berg Kailash, der in seiner Schönheit prangt wie Indras eigene Heimstatt: mit hohen und breiten faltbaren Türen, mit hunderten Portalen verschönert, wo sich goldene Statuen wie Türme über juwelenbesetzte und mit Korallen verzierte Säulenhallen erhoben, so hell wie die Höhlen an Merus Flanke oder durch den Herbsthimmel wandernde Wolken. Der Palast erglänzte von festlichen Blumengirlanden, Perlen und Edelsteine leuchteten, und Sandelholz und Aloe verströmten ihre Reichtümer an süßlich vermischten Düften, welche die linden Höhen der Dardar Berge erfüllen. Dort am Tor riefen die Saras und das grelle Gefieder von Pfauen schimmerte hervor. Innen waren die Flure mit der geschicktesten Kunst ausgestaltet. Die Reihe der Wolfsskulpturen war aus Gold. Mit seinem hellen Schein gefiel der Palast jedem Geist und bezauberte jeden Blick, ganz wie der Glanz von Mond und Sonne selbst Kuveras geliebten Palast verspottet. Er erblickte eine die Mauern umschließende Menge, die ehrfürchtig stand, und Scharen von Bauern suchten Aufmerksamkeit für die mitgebrachten Geschenke zu erhaschen. Hier war der Elefant untergebracht, der auserwählt war, Rama selbst zu tragen. Er war geschmückt mit Perlen, seine Stirn und die Wangen waren mit Sandelpaste in vielen Streifen gefärbt, während er, in Statur, Größe und Stolz, mit Indras Elefanten Airavat sich messen konnte. Sumantra, von seinem schnellen Wagen getragen, hinterließ auf seinem Weg zu Ramas Palast einen hellen Blitz auf der Straße. Und alle, welche die königliche Allee säumten oder sich um des Prinzen reiche Heimstatt drängten, freuten sich, als er sich nahte. Seine Brust wölbte sich vor Entzücken, als er immer weiter auf seinem Kurs mehrere luxuriöse Innenhöfe passierte, die Indras edlem Palaste glichen, wo Pfauen und Tiere des Waldes im Schatten schwelgten. Und weiter schritt Sumantra durch viele Hallen und weite Gemächer, die sich mit Kailashs Glanz oder der Heimstatt des Gesegneten verglichen, während Ramas geliebte und erprobte Freunde für ihn beiseite traten. Er erreichte die Kammertür, wo sich das Gefolge aufhielt, junge und gute Barden, Sänger und Wagenlenker, alle wohlgeübt, die melodiösen Saiten zu zupfen, mit sanfter Weise in den Schlaf zu wiegen oder ihren lieben Herrn zu preisen. Unaufhaltsam eilte Sumantra weiter, und durchpflügte die Menge wie ein Delphin durch die unergründlichen, mit Schätzen von Juwelen gezierten Tiefen des blauen Ozeans gleitet. Er eilte durch die gefüllten Hallen, die sich wie Berge erhoben oder wie ein stolzer Hügel, auf dem die Wolken ruhen; oder wie die glitzernden hohen Kuppeln für die Bewohner des Himmels, welche der himmlische Architekt erbaut hatte.