Pushpak Ramayana Buch 1Zurück WeiterNews

Canto 48 - Indra und Ahalya

Als dann die wechselseitigen Höflichkeiten ausgetauscht waren, sprach Visalas Herrscher schließlich: "Diese beiden jungen Prinzen, die in Macht mit den Kindern des Himmels wetteifern, Heroen, die für ein glückliches Schicksal geboren und mit dem Gang eines Elefanten oder Löwen ausgestattet sind, stark wie ein Tiger oder Bulle, mit Lotusaugen so groß und voll, bewaffnet mit Köcher, Bogen und Schwert, sie scheinen wie die Aswins (himmlische Zwillinge), wie Kinder mit unsterblicher Kraft, die freiwillig in unserer Schattenwelt wandeln - sind sie zu Fuß hierher gekommen? Was suchen sie, und aus welchem Geschlecht stammen sie? So wie Mond und Sonne den Himmel schmücken, so lassen die beiden Helden diesen Ort erstrahlen. Ganz ähnlich in Gestalt, Haltung und Miene sieht man in jedem die gleiche schöne Manier." Er sprach’s, und auf des Monarchen Frage hin, erzählte der Beste der Einsiedler ihm alles: wie sie mit ihm im Wäldchen gelebt und sich der Schlacht mit den Dämonen gestellt hatten. Da füllte Bewunderung des Monarchen Brust, und er versorgte jeden königlichen Gast aufs Beste. So wohl behandelt verbrachte das prinzliche Paar die Nacht und ruhte sich aus. Und mit den morgendlich wiederkehrenden Sonnenstrahlen schritten sie fort auf ihrem Weg nach Mithila.

Als Janaks liebliche Stadt sich den Augen der Eremiten in der Ferne darbot, da begrüßten sie alle mit freudigen Rufen die schöne Stadt und ließen sie hochleben. Nahebei bemerkte Rama einen heiligen Wald in der Nachbarschaft der Stadt, überwuchert, vereinsamt und vom Alter gezeichnet, und er sprach zum mächtigen Weisen: "Verehrter Herr, ich möchte wissen, welcher Einsiedler hier vor langer Zeit lebte." Und sein höchst beredter heiliger Führer antwortete dem Prinzen:

"Oh Rama, hör mir zu, was ich dir über dieses Wäldchen erzähle, wer hier lebte und was passierte, als in wütendem Zorn der hohe Heilige die Einsiedelei verfluchte. Dies war, du Bester, die damals sehr liebliche Heimstatt von Gautama, der dem Himmel glich und von den Göttern, die über dem Himmel leben, höchst verehrt ward. Hier absolvierte der Asket mit Ahalya an seiner Seite glühende Buße. Tausende Jahre flohen vorüber. Eines Tages, zufällig war der Asket davongegangen, kam der städtezerstörende Indra vorbei und erblickte die Schönheit der Dame. Er nahm die Gestalt des Asketen an und warb um die sinnliche Ahalya: 'Süß Liebreizende du, kein fader Aufschub sei zu ertragen, laß uns den Moment ergreifen, wie er sich bietet.' Sie erkannte wohl Lord Indra mit den tausend Augen in des Gatten Verkleidung, doch von der unheiligen Flamme der Wollust berührt, gab sie dem Begehren des Gottes nach.

Danach wisperte sie: 'Nun, Herr der Götter, fliehe schnell und rette dich und mich vor Gautama.' Vor Zweifel zitternd und außer sich vor Angst verließ Indra die Hütte und traf auf seiner wilden Flucht den heimkehrenden Asketen im Wäldchen, dessen Zorn die Götter und Dämonen meiden, denn er hatte sich durch seine inbrünstige Askese große Kraft erworben. Der Beste der Eremiten kam erfrischt vom klaren Wasser des Flusses, prächtig wie eine brennende Flamme, und hatte Holz für die geheiligten Feuerriten und Gras für einen Sitz dabei. Der Herr der Götter war untröstlich, wie er dem mächtigen Heiligen so nahe kam. Und als der heilige Einsiedler den Tausendäugigen in Eremitengestalt erblickte, wußte er um alles, was geschehen war, und sein Zorn ergoß sich über den Sünder, als er sprach: 'Weil du meine Gestalt angenommen und törichtes Unrecht gewirkt hast, bist du verurteilt: Mein Fluch soll dich fortan in ein trauriges und geschlechtsloses Wesen verwandeln.' Dieser Satz war keine leere Drohung. Er ließ des Indras Seele erzittern und ihn die Fassung verlieren. Seine mächtige, gottgleiche Gestalt verschwand, und jeder Nerv ward kalt und empfindungslos.

Dann richtete sich der Zorn des Asketen gegen seine Frau, und er verwünschte auch sie, die schuldige Dame: 'Für zahllose Jahre, du untreue Gemahlin, sollst du dich schwersten Gelübden zuwenden. Asche sei dein Bett und Luft deine Nahrung. Hier sollst du in Einsamkeit leben. Dieser leere Hain soll dein Heim sein. Und nicht ein Auge soll dich erblicken, bis Rama, des Dasarathas Kind, diesen dann wilden und furchtbaren Wald aufsuchen wird. Sein Kommen wird deine Schande wegwaschen und dich Sünderin reinigen. Von dir ehrerbietig empfangen, wird dein Gast deine allzu schwache und irrende Brust reinwaschen, und du wirst glückselig an meine Seite zurückkehren, wieder deine rechte Gestalt tragend.'

So sprach er zu seiner schuldbeladenen Gattin und verschwand in der Ferne, um in des Himalaya stolzen Höhen lange Jahre in strengster Askese zu verweilen."


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