Pushpak Prem SagarZurück WeiterNews

63.2 – Die Geschichte von Usha

Sri Shukadeva Ji sagte: − Oh großer König! Wenn ich vom Herrn Dvarakas genug Kraft erhalte, dann erzähle ich dir jetzt die ganze Geschichte von Usha, höre aufmerksam zu, und ich erkläre auch, wie sie Aniruddha in einem nächtliche Traum erblickte und aufgrund von Trauer ihre Fassung verlor; und auch, wie Chitralekha ein Treffen zwischen Aniruddha und Usha arrangierte.

Einige Zeit später, nachdem Banasura zurückgekehrt war, wurde Banavati, seine Lieblingsfrau, schwanger, und als ihre Zeit gekommen war, brachte sie ein Mädchen auf die Welt. Für diese Gelegenheit ließ Banasura drei Astrologen kommen. Er ließ sie in bequemen Sesseln Platz nehmen und erklärte: „Bitte gebt diesem Mädchen einen Namen und beschreibt ihre geistigen und seelischen Eigenschaften.“ Nachdem sie dies gehört hatten, suchten die Astrologen schnell in ihren Almanachen nach dem Jahr, dem Monat, dem halben Monat, dem lunaren Tag, dem Wochentag, der Stunde, der Unterteilung der Zeit gemäß eines achtundvierzig Minuten-Taktes und der Unterteilung des Zodiaks in siebenundzwanzig Abschnitte, und dann, nachdem sie scharf über den richtigen Zeitpunkt nachgedacht hatten, gaben sie dem Mädchen den Namen Usha, und erklärten feierlich: „Raja! Dieses Mädchen, deine Tochter, wird ohne Zweifel zu einer strahlenden Schönheit werden; sie wird ausgezeichnete geistige Eigenschaften und Veranlagungen besitzen und besonders intelligent sein; wir erkennen dies aus der Stellung ihres Planeten, der ihre Gedanken offenbart, und auch aus anderen Aspekten.“

Banasura war sehr erfreut, als er dies alles hörte, und nachdem er den Astrologen viele Geschenke gemacht hatte, durften sie sich verabschieden. Anschließend ließ er Sänger, Tänzer und Musiker kommen und veranstaltete ein Freudenfest.

Das kleine Mädchen wuchs heran, und Banasura behandelte sie mit der größten Zuneigung. Als Usha sieben Jahre alt war, schickt ihr Vater sie mit zahlreichen ihrer Gefährtinnen auf den Weg in das Kailasa-Gebirge, das sich in der Nähe von Shonitapura befindet, zu Shiva und Parvati, damit sie Lesen und Schreiben lernte. Nachdem sie Ganesha(1)und Sarasvati(2) günstig gestimmt hatte, stellte sich Usha bei Shiva und Parvati vor; sie faltete die Hände und verneigte sich, und sprach in bescheidenem Tonfall: „Oh Ihr mitfühlenden Devas! Shiva und Devi, bitte gewährt mir, Eurer Dienerin, die Gabe des Wissens, und erwerbt für Euch selbst Ruhm in der Welt, indem Ihr dies für mich tut.“

Oh großer König! Shiva und Parvati waren sehr erfreut und gerührt durch Ushas bescheidene Rede, und so begannen sie, das kleine Mädchen zu unterrichten. Usha ging jeden Tag zu ihnen, um Lesen und Schreiben zu lernen; und nachdem sie einige Jahre auf diese Weise verbracht und sehr fleißig gelernt hatte, konnte sie all die Shastras lesen; sie war gebildet in allen Wissensgebieten, und sie beherrschte außerdem zahlreiche Fertigkeiten, wozu auch das Spielen verschiedener Musikinstrumente gehörte.

Eines Tages spielten Usha und Parvati ein Duett auf der Laute, und sie sangen dazu sehr konzentriert, als Shiva Ji dazu kam und zu Parvati sagte: „Geliebte! Sri Krishna Chandra hat Kamadeva wieder zum Leben erweckt, obwohl ich den vorher verbrannt hatte.“ Nachdem er das gesagt hatte, nahm Sri Mahadeva seine Parvati mit zu den Ufern des Ganges; dort badete er sich selbst und sie, und wurde sehr zärtlich mit ihr. Er half ihr äußerst zuneigungsvoll dabei, sich auszuziehen, bevor er sie liebevoll umarmte. Schließlich begann er, in leidenschaftlicher Ekstase auf einer Trommel zu spielen und dabei wild zu tanzen und zu gestikulieren. Er sang dazu so, wie es in den Shastras steht, und umarmte seine Frau sanft und liebevoll.

Usha beobachtete die gegenseitige Freude und Zuneigung von Shiva und Parvati und wünschte sich, ebenfalls einen Ehemann zu haben. Sie sagte zu sich: „Wenn ich einen Ehemann hätte, könnte ich liebevollen Zeitvertreib mit ihm erleben, genau wie Shiva und Parvati es tun. Eine Frau ist ohne Ehemann nur halb so schön, genau wie die Nacht ohne den Mond.“

Oh großer König! Usha hatte gerade diesen Gedanken zu Ende gedacht, als Sri Parvati, die mit den Geheimnissen des Herzens vertraut war und ihre Gedanken kannte, sie mit der größten Zuneigung zu sich einlud und höchst achtungsvoll ansprach: „Tochter! Habe keine Angst, du wirst deinen Ehemann in einem Traum kennen lernen; suche nach ihm und erlebe danach liebevolle Vergnügungen mit ihm.“ Nachdem Shivas Frau ihr auf diese Weise einen Bräutigam versprochen hatte, durfte Usha sich verabschieden.

Usha hatte in diesen Jahren großartige Fähigkeiten und zahlreiche Kenntnisse erworben, dazu die Aussicht auf einen Bräutigam, darum verabschiedete sie sich besonders herzlich von Parvati und ihrem Gemahl und ging zu ihrem Vater nach Shonitapura zurück. Dieser gab ihr ein sehr schönes großes Haus an einer Landstraße, umgeben von Wald, in dem sie leben sollte, weit abseits von allen anderen Häusern. Usha nahm ihre Freundinnen und Gefährtinnen mit, sie zogen in das Haus ein um dort zu wohnen, und Usha wurde dort mit jedem Tag reifer und erwachsener.

Oh großer König! Als dieses junge Mädchen, Usha, das Alter von zwölf Jahren erreicht hatte, versteckte der volle Mond seine Strahlen, sobald er den Glanz ihres mondgleichen Angesichts sah. Verglichen mit ihren schwarzen Haaren war die Dunkelheit der Nacht, bevor der Mond aufstieg, recht nebensächlich. Wenn sie ihre langen und spitzen Haarlocken sahen, dann häuteten sich die Schlangen und flohen; die Bögen begannen zu zittern, wenn sie ihre bogenförmigen Augenbrauen erblickten; Hirsche, Rehe, Fische und die Bachstelzen schämten sich, sobald sie ihre großen und strahlenden Augen sahen; der Sesam begann zu verdorren, wenn er ihre schöne gerade Nase bemerkte; die Früchte des Binba-Baumes wurden unruhig bei Ansicht ihrer roten Lippen; die Granatäpfel fühlten sich zerbissen durch den bloßen Anblick ihrer strahlend weißen und geraden Zähne; die Rosen hörten auf zu blühen, wenn sie ihre sanften Wangen erspähten; die Tauben fühlten sich durch ihren runden Nacken gestört; wenn sie einen Seitenblick auf ihre Brüste wagten, fielen die Blätter der Lotusse ins Wasser; die Löwin zog sich in ihren Wald zurück, als sie ihre schlanke Taille sah; die Platane begann, Kampfer zu essen, als sie die Gleichmäßigkeit ihrer Schenkel sah; das Gold schämte sich beim Anblick der Farbe ihres Körpers; und auch die Champa-Blume versteckte sich; die Lotusblume verlor ihre Selbstachtung, wenn sie Ushas Hände und Füße mit sich selbst verglich. − So makellos schön war sie, mit dem Schritt einer Elefantendame, der Stimme des Kokilas, inmitten ihrer blühenden Jugend, so dass ihr glänzender Charme den aller soeben genannten Wesen übertraf.

Einige Tage später badete und duschte sie frühmorgens mit klarem Wasser, benutze edle Parfüms und Salben, kämmte ihre Haare, wobei sie einen Scheitel in der Mitte zog und Perlen einsetzte; sie brauchte Antimon und Zahnpuder und tönte ihr Gesicht mit „Mehadu“ und „Lac“ und, nachdem sie gefrühstückt hatte, legte sie alle Arten von Juwelen und Schmuck an. Sie trug ein elegantes Unterkleid, das an der Kante mit großen Perlen besetzt war, dazu ein Tuch um ihren Körper mit einem wunderschönen Saum, dazu ein farbenfrohes Oberkleid mit einem glitzernden und duftenden Schleier. So geschmückt lächelte sie wie Lakshmi höchstpersönlich und ging mit ihren Freundinnen und Dienerinnen zu ihren Eltern, um sie zu begrüßen.

Als Usha ihren Eltern ihre Begrüßung darbrachte, sahen Banavati und Banasura ihre strahlende Schönheit. Ihre Eltern wechselten einige herzliche Worte mit ihr und erlaubten ihr kurz darauf, sich zu verabschieden; und nachdem Usha mit ihren Gefährtinnen gegangen war überlegte ihr Vater, dass sie nun in einem heiratsfähigen Alter sei. Er beauftragte einige seiner dämonischen Soldaten, ihr Haus sorgfältig zu bewachen, und zusätzlich beauftragte er einige Frauen, sich persönlich um Usha zu kümmern.

Oh großer König! Die Königstochter führte regelmäßig Bußen und Entsagungen aus; sie verteilte Geschenke und brachte Sri Parvati Ji ihre Ehrerbietungen dar, weil sie sich einen Ehemann wünschte. Eines Abends sagte sie zu Parvati: „Wann wird mein Vater für mich die Hochzeitsfeier vorbereiten, und auf welche Art und Weise finde ich einen Ehemann?“ – Nachdem sie diese Frage gestellt hatte, ging sie schlafen, dabei dachte sie an einen Ehemann; sie begann zu träumen und sah ein männliches Wesen mit einer kindlichen Erscheinung, dunkelhäutig, mit einem Antlitz wie der Mond, lotusäugig und sehr schön, mit einem bezaubernden Ausdruck im Gesicht, genau wie Cupido. Er war in gelbe Seide gekleidet und trug auf dem Kopf eine Krone aus Pfauen-Federn, die etwas ungeordnet standen; er trug Schmuck und Juwelen, seine Ohrringe hatten die Form von Alligatoren; eine Girlande aus Blumen reichte ihm bis zu den Füßen; etwas schamlos, verspielt und lächelnd blickte er um sich. Als sie ihn sah, errötete Usha und senkte den Blick. Er sah sie auch und begann, sie liebevoll anzusprechen; dabei näherte er sich auf eine sehr zuneigungsvolle Art und Weise; schließlich nahm er ihre Hand und umarmte sie, so dass sie ihre ängstlichen und verlegenen Gedanken vergaß. Als sie beide so ihr Zögern überwunden hatten, setzten sie sich auf ein Bett und gaben sich ihren gefühlvollen Blicken und ihrer liebevollen Verspieltheit hin; sie küssten und umarmten sich, sie erwiderten sich ihre Zuneigung, und in einer gehobenen verliebten Stimmung versicherten sie sich ihre gegenseitige Liebe. Einige Augenblicke später, als Usha ihren Ehemann in die Arme schließen wollte, erwachte sie aus dem Schlaf. Enttäuscht und traurig verharrte sie in der Stellung, die sie eingenommen hatte, um ihren Geliebten zu umarmen.

Usha wurde sehr traurig und bekümmert, nachdem sie aufgewacht war, und fragte: „Wohin ist er gegangen, der Herr meiner Seele?“ Sie begann, ihn zu suchen und sah sich in alle Richtungen um. Dabei dachte sie: „Wie komme ich zurück zu ihm, und wie sehe ich ihn wieder? Wäre ich in dem Traum geblieben, wäre mein Geliebter nicht gegangen! Warum wurde mein Schlaf unterbrochen, als ich ihn umarmte? Als ich erwachte, umgab mich die langweilige Nacht; warum brachte er mir Kummer, indem er wegging? Ohne meinen Geliebten ist meine Seele elend; solange ich ihn nicht wiedersehe, sehnen sich meine Augen nach seiner Gegenwart. Meine Ohren wünschen sehnlichst, ihn sprechen zu hören. Wohin ist mein Geliebter, der mir soviel Glück bescherte, gegangen? Wenn ich meinen Liebling das nächste Mal im Traum sehe, gebe ich ihm mein Leben.“


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(1) Ganesha ist ein Sohn Shivas in der Gestalt eines Elefanten; er wird angerufen, um Hindernisse für materiellen oder spirituellen Fortschritt zu beseitigen
(2) Sarasvati ist die Gefährtin Brahmas und gilt als die Göttin der Gelehrsamkeit