Nachdem er soweit mit der Geschichte gekommen war, sagte Sri Shukadeva Ji zu dem Raja Parikshit: − Oh großer König! Sri Krishna Chandra, die Wurzel der Freude, hatte Shatadhanva getötet und war anschließend nach Dvaraka abgefahren, während Balarama, die Wohnstätte des Glücks, sich auf die Suche nach dem Syamantaka-Juwel begab.
Nachdem er in verschiedenen Ländern, Städten und Dörfern gesucht hatte, reiste Baladeva Ji nach Mithila. Als er von seiner Ankunft erfahren hatte, erhob sich Janaka Maharaja, der König von Mithila, und nahm einige Geschenke mit, um ihn zu treffen. In seidenen Kleidern und in einem musikalischen Umzug wurde Balarama Ji zu seinem Palast gebracht. Nachdem Janaka ihn auf einen Thron gesetzt und ihm verschiedene Ehrerbietungen dargebracht und ihn so erfreut hatte, stand er vor ihm, faltete die Hände, beugte den Kopf und erkundigte sich mit großer Bescheidenheit: „Oh Herr des Mitleids! Bitte sage mir: Was führt Dich zu mir?“
Oh großer König! Baladeva Ji bemerkte die Zuneigung des Königs und war darüber sehr erfreut; deswegen erzählte er ihm von allen Einzelheiten seiner Reise und auch die Geschichte, die sich bisher um das Syamantaka-Juwel abgespielt hatte. Als er diesen Bericht gehört hatte: meinte Raja Janaka: „Herr! Niemandem wird es gelingen, dieses Juwel längere Zeit zu verstecken; es wird sich ganz von selbst irgendwann wieder zeigen.“
Duryodhana, der Sohn Dhritarashtras, reiste zu der Zeit ebenfalls nach Mithila, um Baladeva dort zu treffen. Als er Balarama begrüßt hatte, faltete er die Hände und sagte: „Oh Herr der Armen! Ich habe großes Glück, Dich hier und heute zu sehen, um meine Sünden aus allen vergangenen Leben zu beseitigen. Bitte erweise Deinem Diener eine Freundlichkeit und erfülle ihm einen Wunsch, nämlich, indem Du einige Tage hier bleibst und mich zu Deinem Schüler machst, und neuen Ruhm in der Welt erwirbst, indem Du mich in der Kunst des Kampfes mit der Keule unterweist.“ – Oh großer König! Als er diese Rede gehört hatte, machte Balarama Ji Duryodhana zu seinem Schüler und, indem er einige Tage dort blieb, unterrichtete er ihn in der Kunst des Keulenkampfes. Während dieser Tage suchte er in der Stadt auch immer wieder nach dem Syamantaka-Juwel, ohne es zu finden.
Einige Tage nach der Ankunft Sri Krishna Chandras in Dvaraka traf Balarama auch dort ein. Nachdem Sri Krishna all die Nachkommen Yadus zur Teilnahme eingeladen hatte, wurde Satrajits Leichnam geholt, den Satyabhama eingeölt hatte; ein Reinigungsfeuer und ein Verbrennungsfeuer wurden eingerichtet, und Krishna entzündete das Verbrennungsfeuer mit eigenen Händen.
Als Krishna die Beisetzungs-Feierlichkeiten beendet hatte, kamen Akrura und Kritavarman zu ihm. Sie hatten miteinander gesprochen und nahmen Krishna etwas zur Seite, dabei zeigte Akrura ihm das Syamantaka- Juwel und sagte: „Oh großer König! Die Yadus sind in der letzten Zeit unfromm geworden, Reichtümer faszinieren sie, der Wohlstand hat sie blind gemacht; und sie haben alle Gedanken, ihre Meditationen und Erinnerungen an Dich aufgegeben. Wenn sie nun einige Leiden zu ertragen hätten, würden sie zu Deinen Dienst zurückkehren. Wir werden deswegen das Juwel fortnehmen und die Stadt verlassen; und wenn wir bei ihnen auf diese Weise die Verehrung und die Erinnerung an Dich wiederbelebt haben, werden wir nach Dvaraka zurück kommen.“ – Akrura und Kritavarman verließen Dvaraka mit Krishnas Einverständnis um Mitternacht, doch niemand sonst erfuhr, in welche Richtung sie abgefahren waren. Früh am nächsten Morgen wurde überall in der Stadt verkündet, dass Akrura und Kritavarman während der Nacht die Stadt verlassen hätten; aber niemand wüsste wohin und aus welchem Grund sie gefahren seien.
Nachdem er soweit erzählt hatte, sagte Sri Shukadeva Ji: – Oh großer König! Ihre Abreise wurde zum allgemeinen ständigen Gesprächsthema in der Stadt. – Akrura Ji und Kritavarman pilgerten nach Prayaga. Sie ließen sich dort rasieren und badeten an der Stelle, an der drei heilige Flüsse zu einem zusammenflossen. Sie vergaben viele Geschenke und vollzogen zahlreiche wohltätige Handlungen. Zu Ehren Haris bauten sie am Flussufer einen Bade-Ghat; danach pilgerten sie nach Gaya, dort ließen sie sich am Ufer des Flusses Phalgu nieder und vollzogen mehrere Beisetzungs-Feierlichkeiten nach der Art und Weise, die in den Shastras vorgeschrieben wird. Sie bereiteten den Brahmanen von Gaya ein Festessen und gaben ihnen viele Geschenke. Anschließend besuchten sie einen der zahlreichen Tempel Vishnus, bevor sie weiterfuhren und die Stadt Kashi besuchten. Nachdem sie von ihrer Ankunft dort erfahren hatten, begaben sich all die Rajas aus der Nachbarschaft von Kashi mit vielen Geschenken auf den Weg, um sie zu treffen; und sie blieben, um Opfergaben und Geschenke darzubringen, und um Handlungen der Buße und des Fastens zu vollziehen.
Einige Tage vergingen. Krishna, der Freund seiner Verehrer, wollte jemanden zu Akrura schicken lassen, deswegen ging er zu Balarama und sagte: „Bruder! Sende den Einwohnern der Stadt einige Katastrophen, und schicke jemanden zu Akrura.“ Baladeva erwiderte: „Maharaja! Handle Du, wie auch immer Du es für richtig hältst, und bringe allen tapferen Männern Glück.“ Als Balarama das gesagt hatte, verursachte Sri Krishna Fieber und Krankheiten aller Arten, die in der Stadt Dvaraka wüten sollten.
Vier lange Monate blieb der Regen aus. In der Folge vertrockneten in Dvaraka die Flüsse, Bäche und Wasserspeicher, deswegen wuchsen weder Gras noch Korn; Vögel und Fische, das Vieh und alle anderen lebenden Tiere gerieten in große Not und starben durch die Dürre. Die Einwohner der Stadt litten Hunger und Durst, deswegen begannen sie, den Himmel um Erleichterung anzuflehen. Schließlich befand sich die ganze Bevölkerung, Männer und Frauen, in einem Zustand größter Bestürzung; und so wanderten sie zu Sri Krishna, dem Zerstörer aller Sorgen. Sie flehten ihn mit gefalteten Händen und geneigten Köpfen an und baten inständig, mit der größten Bescheidenheit: „Wir sind zu Dir gekommen, um Schutz zu suchen, wie werden wir die große Katastrophen überstehen?“
„Wir werden durch das Verlangen nach Regen sehr geplagt; warum hat Brahma solch ein Unglück über uns gebracht?“ Sie fuhren fort und sagten: „Oh mitleidiger Herr von Dvaraka! Du bist der Erschaffer und der Zerstörer unseres Kummers; zu wem sollten wir sonst gehen, um unsere Bitte vorzutragen? Woher kommt dieses Elend, das uns überfallen hat, während wir ruhig in unseren Häusern lebten, und warum ist es passiert; erkläre uns dies bitte!“
Sri Shukadeva, der Weise, sagte: – Oh großer König! Als Sri Krishna diese Worte hörte, antwortete er: „Hungersnöte, Elend und Not kommen in jede Stadt, die von heiligen Menschen verlassen wurde. Seit Akrura Ji gegangen ist, habt ihr diese Notlage ausgehalten. Wo heilige Männer, Verehrer der Wahrheit und die Diener Haris wohnen, dort können das Böse, Bedürftigkeit und Unglück nicht existieren. Indra ist auch befreundet mit Haris Verehrern, und darum fällt der Regen in Fülle dort, wo sie wohnen.“
All die Yadus riefen aus: „Maharaja! Das ist wahr, was Du sagst; diesen Gedanken hatten wir auch schon; denn Akruras Vater, Shvaphalka, ist auch ein sehr heiliger, wahrheitsliebender und gerechter Mann. Wo er wohnt, können Not, Armut und Hunger nicht bestehen; statt dessen fällt der Regen sehr häufig, und darum sind alle Früchte in allen Jahreszeiten reichlich und üppig. Vor Zeiten gab es eine schreckliche Hungersnot in der Stadt Kashi [Benares], darum ließ der dortige Raja den Weisen Shvaphalka kommen. Oh großer König! Schon bei der Ankunft Shvaphalkas fiel der Regen reichlich, so viel wie gewünscht wurde, und es gab eine reiche Ernte, die ihr Elend beendete. Danach gab der Raja von Kashi seine Tochter dem Shvaphalka zur Frau, der dort mit ihr glücklich wohnte. Der Name dieser Königstochter war Gandini, deren Sohn Akrura ist.“ – Sie fügten hinzu: „Maharaja! Wir wussten dies alles vorher schon, und nun werden wir tun, was immer Du uns befiehlst.“
Sri Krishna Chandra antwortete: „Behandelt Akrura mit dem größten Respekt, und bringt ihn hierher zurück, ganz gleich, wo ihr ihn findet.“ – Als sie diese Anweisung erhalten hatten, begaben sich die Yadus geschlossen auf die Suche nach Akrura. So kamen sie auch zu der Stadt Benares. Nachdem sie Akrura Ji angetroffen und ihm Geschenke gemacht hatten, standen sie mit gefalteten Händen und geneigten Köpfen vor ihm und sagten: „Kehre Heim, Oh Herr! Balarama und Krishna haben uns zu dir geschickt, weil die Einwohner unserer Stadt während deiner Abwesenheit schwer gelitten haben. Dort wo du lebst, da wohnt auch das Glück, und wo du nicht bist, da nehmen Unheil und Not ihre Wohnstatt. Eine schwere Hungersnot hat sich in unserer Stadt Dvaraka breit gemacht, obwohl Sri Gopala, Krishna, dort wohnt.(1) Der Ehemann Lakshmis, Vishnu, ordnet sich heiligen Männern unter; von ihnen erhalten alle Sterblichen Wohlstand und Glück.“
Oh großer König! Als er diese Worte gehört hatte, erhob sich Akrura, um in großer Erregung in Begleitung Kritavarmans und seiner Verwandten und aller anderen Mitglieder der Familie Yadus nach Dvaraka zurückzukehren. Musiker spielten während der Reise, und so kam er einige Tage später dort an. – Sri Krishna und Balarama hörten die Nachricht von seiner Ankunft und machten sich auf den Weg, um ihn vor der Stadt zu treffen und mit großer Würde und Ehre zu eskortieren.
Oh Raja! Es regnete, während Akrura durch das Stadttor schritt, und der Regen begann, im Überfluss zu schütten. All die Not und der Mangel, unter denen die Stadt gelitten hatte, verschwanden. Akrura fühlte sich hoch geehrt, und die Bewohner Dvarakas begannen, Freudenfeste zu feiern.
An einem der folgenden Tage ließ Sri Krishna Chandra, die Wurzel aller Freude, Akrura Ji zu sich kommen, er nahm ihn beiseite und fragte: „Was hast du mit Satrajits Juwel gemacht?“ Er erwiderte: „Ich habe es noch.“ Krishna sagte: „Gib es seinem Besitzer zurück, und wenn der nicht mehr leben sollte, übergib es seinem Sohn. Wenn es keinen Sohn gibt, gib es seiner Ehefrau; und wenn es keine Ehefrau geben sollte, gib es seinem Bruder; und wenn es keinen Bruder geben sollte, gib es einem Angehörigen; gibt es keine Angehörigen, gib es dem Sohn seines geistigen Ratgebers; und wenn es keinen Sohn des geistigen Ratgebers gibt, gib es einem Brahmanen. Aber nimm selbst von niemandem Reichtum an. Dies ist Gerechtigkeit, weswegen es richtig ist, dass du das Juwel Satrajits Enkel gibst, und mit dieser Tat einen großen Namen in der Welt erwirbst.“
Oh großer König! – Als Sri Krishna so gesprochen hatte, nahm Akrura das Juwel und legte es hin vor Krishna, faltete die Hände und sagte in höchst bescheidenem Ton: „Oh Herr der Armen! Sei so gut und nimm das Juwel selbst an Dich, und entschuldige meinen Fehler, denn während meiner Pilgerreise habe ich das Gold ausgegeben, dass das Juwel hervor brachte.“ Krishna stimmte zu; er ging und verschenkte das Syamantaka-Juwel an Satyabhama, und zerstreute so ihre Sorgen.
(1) Gopala – der Name bedeutet „Beschützer der Kühe“, ein Name Krishnas