Pushpak Markandeya PuranaZurück WeiterNews

Kapitel 10 - Die Frage nach dem Werden und Vergehen

Jaimini sprach:
Oh ihr hervorragenden Brahmanen, ich bitte euch, entfernt auch meine anderen Zweifel, die ich bezüglich der Geburt und des Todes der Wesen dieser Welt habe. Warum wird ein Wesen geboren, warum wächst es heran, und warum bildet es in der Gebärmutter einen durch das Leiden bedrängten Körper? Warum strebt es nach der Geburt zum Wachstum? Und warum wird es zur Zeit des Todes seines Bewusstseins beraubt? Warum erntet ein Mensch die Frucht sowohl seiner guten als auch schlechten Taten im Sterben? Wie erzeugt eine Handlung ihre Frucht? Warum wird im Bauch einer Frau, wo selbst die härteste Speise verdaut wird, dieser kleine Klumpen Fleisch nicht verdaut? Erklärt mir dies bitte, so dass alle meine Zweifel entfernt werden. Denn das ist ein großes Mysterium, in dem alle Wesen befangen sind.

Und die Vögel antworteten:
Die Frage, die du uns gestellt hast, ist eine schwierige, aber doch von sehr großem Interesse. Bezüglich der eigenen Existenz oder aller Wesen ist solches Wissen nicht leicht zu verstehen. Oh Großer, höre, was früher ein höchst tugendhafter Sohn, Sumati genannt, seinem Vater antwortete.

Ein hochgesinnter Brahmane, der im Stamm von Bhrigu geboren war, sprach zu seinem sanften Sohn Sumati, welcher zum Zeitpunkt seiner Initiation mit der heiligen Schnur einem stumpfsinnigen Menschen glich: „Studiere zuerst die Veden, oh Sumati, in der richtigen Reihenfolge, diene eifrig deinem Lehrer und lebe von Almosen. Dann trete in das Leben eines Hausvaters ein, feiere ausgezeichnete Opfer und zeuge wünschenswerte Nachkommenschaft. Danach gehe in die Wälder. Wenn du dann im Wald lebst, oh Kind, die Gesellschaft deiner Frau verlassen hast und das Leben eines Bettlers führst, dann wirst du das Brahman erreichen. Sich diesem nähernd gibt es keine Betrübung mehr.“

Obwohl vielfach so angesprochen, konnte der Sohn dennoch nichts erwidern, weil er bereits unter den Beschwerden des Alters litt. Aber der Vater redete aus Zuneigung zu ihm immer wieder über verschiedene Themen. Durch seinen Vater aus elterlichem Mitgefühl mit nektargleichen Worten angetrieben, sprach er eines Tages mit einem Lächeln: „Oh Vater, alles, was du mir empfiehlst zu studieren, ist von mir zusammen mit verschiedenen anderen Zweigen des Lernens und den unterschiedlichen Handwerkskünsten bereits erschöpfend studiert worden. Ich erinnere mich an tausende Geburten. Ich war mit Glück und Elend bekannt und mit Zerstörung, Schöpfung und Wohlstand beschäftigt. Ich war mit Feinden, Freunden und Frauen verbunden, und wieder getrennt von ihnen. Ich sah manche Mutter und manchen Vater. Ich erfuhr tausendfaches Leiden und Glück. Ich hatte sehr viele Freunde und verschiedenartige Väter. Ich lebte tausendfach im Bauch von Frauen, von Urin und Kot umgeben, und litt unter schweren Krankheiten und Beschwerden. Ich ertrug zahlloses Elend in der Gebärmutter, als Säugling, in der Jugend und im Alter. An all dieses erinnere ich mich jetzt. Ich war als Brahmane, Kshatriya, Vaisya und Shudra geboren und auch als Tier, Wurm, Insekt und Vogel. Ich war in den Häusern des königlichen Gefolges und kriegerischer Könige geboren, und so bin ich auch in deinem Haus zur Welt gekommen. Ich wurde Diener und Sklave von vielen Menschen, und ich ging durch Königswürde, Adel, und Armut. Ich tötete viele und wurde im Gegenzug von ihnen getötet und niedergestreckt. Mein Reichtum wurde von vielen an andere verschenkt, und auch ich selbst habe viel gegeben.

Ich erfreute mich ständig an Vätern, Müttern, Freunden, Brüdern und Frauen. Und als ich sie verlor und arm wurde, badete ich mein Gesicht in Tränen. So, oh Vater, auf dem gefährlichen Rad der Welt kreisend, bin ich zu diesen Erkenntnissen gelangt, die zur Erreichung der Befreiung hilfreich sind. Mit diesem Wissen erscheinen mir alle Riten, die durch den Rig-, Yajus- und Samaveda vorgeschrieben sind, wie tugendlos und unzulänglich. Welchen Nutzen haben deshalb die Veden noch für mich, der ich umfassendes Wissen erlangt habe, von der Weisheit der Lehrer gesättigt wurde, frei von Begehren und der alldurchdringenden Seele lieb bin? Ich werde diesen vorzüglichsten Brahma-Zustand erreichen, der von den sechs Arten der Handlungen, von Leiden, Freude, Entzücken, Gefühlen, und allen Eigenschaften frei ist. Deshalb werde ich gehen, oh Vater, und auf die weitere Ansammlung von Übeln verzichten, die wohlbekannterweise aus Gefühlen wie Freude, Furcht, Angst, Wut, Boshaftigkeit und aus Krankheit oder Alter entstehen, und sogar die drei Veden abwerfen, die der Kimpaka Frucht ähnlich, außen süß, innen bitter und mit Fehlern behaftet sind.“

Diese Worte von ihm hörend sagte der vorzügliche Vater mit erfreutem Herzen, erfüllt mit Heiterkeit und Bewunderung, zu seinem Sohn: „Oh mein Sohn, was ist es, was du sprichst? Woher sind diese, deine Kenntnisse gekommen? Wodurch wurde deine bisherige Dumpfheit in Weisheit gewandelt? Kommt es vielleicht durch das Auflösen eines Fluchs von einem Asketen oder eines Gottes, dass deine Kenntnisse, die einst verloren waren, jetzt zu dir zurückgekommen sind? Ich möchte all das hören. Groß ist meine Wissbegierde. Sage mir, oh mein Kind, alles, was du früher getan hast.“

Der Sohn antwortete: „Höre, oh Vater, meine Geschichte vom Ursprung des Glücks und des Leidens, was ich in einer anderen Geburt war, und was danach passierte: Ich war einst ein Brahmane, der seine Seele dem Höchsten Geist gewidmet hatte. Ich erwarb hohes Ansehen in den Diskussionen bezüglich der Selbsterkenntnis. In dieser Geburt war ich fortwährend mit dem Yoga beschäftigt, und durch die Lauterkeit meines Verhaltens, durch die Gesellschaft mit den Frommen, durch das Wandeln auf dem Pfad der Rechtschaffenen, sowie durch die Reformation von verhärteten Vorschriften, erreichte ich großes Entzücken und erwarb die Position eines Lehrers, der in besonderer Weise dazu berufen war, die Zweifel der Schüler zu lösen. Daraufhin erreichte ich nach einer langen Zeit die Stufe der höchsten Konzentration. Aber die Stille des Geistes wurde durch die Unwissenheit gestört, und ich fiel durch meine Achtlosigkeit in einen gefährlichen Zustand. Doch zum Zeitpunkt meines Todes verließ mich mein Gedächtnis nicht, und ich erinnere mich an alle Tage meines Lebens, wie ich es dir jetzt erzähle.

Durch meine vorherige Praxis, oh Vater, werde ich nun bestrebt sein, meine Sinne zu kontrollieren und so zu handeln, dass mir so etwas nicht noch einmal widerfährt. Diese Erinnerungen an die vorherigen Geburten, welche die Frucht von Erkenntnis und Verdienst sind, werden nie von Menschen erworben, die ausschließlich mit den festgeschriebenen Aufgaben aus den drei Veden beschäftigt sind. Ich werde die Tugend der intensiven, den ganzen Geist betreffenden Konzentration ausüben, welche in der vorherigen Geburt von mir erworben wurde, um Befreiung zu finden. Erzähle mir deshalb, oh Vater, die Zweifel, die in deinem Geist bestehen. Erlange Zufriedenheit durch mich, dann werde ich von meinen Schulden dir gegenüber befreit sein.“

Die Vögel fuhren fort:
Seine Worte ehrend fragte der Vater den Sohn nach den gleichen Dingen, nach denen du uns gefragt hast, nach der Geburt und dem Tod der Wesen.

Und damals sprach Sumati:
Höre, oh Vater, einen wahrheitsgemäßen Bericht von dem, was ich wieder und wieder erfahren habe. Dieses Rad der Welt ist unvergänglich, und dennoch hat es keine wahrhafte Existenz. Auf deinen Wunsch hin werde ich dir, oh Vater, alles vom Anbeginn der Zeit mitteilen, worüber kaum ein anderer sprechen kann. In diesem Körper durchdringt die Galle, böse wachsend, angefacht durch einen starken Wind und brennend, obwohl fast ohne Nahrung, die lebenswichtigen Organe. Dann durchströmt ihn der innere Wind Udana und behindert das Verdauen der zu sich genommenen Speisen und Getränke. Nur jene, die Speisen und Getränke auch an andere abgegeben haben, erfahren Wohlsein bei diesem lebenswichtigen Prozess (der Verdauung). Wer Speise mit durch Verehrung gereinigtem Fleisch weggegeben hat, kann sogar ohne Essen zufrieden sein. Wer niemals eine Lüge ausgesprochen hat, wer in seinem Mitgefühl keine Unterschiede kennt und auf Gott vertraut und ehrfürchtig ist, trifft auf einen glücklichen Tod. Diejenigen, die aufmerksam die Götter und Brahmanen verehren, die von Boshaftigkeit frei, im Geist rein, tolerant und ehrfürchtig sind, treffen auf einen leichten Tod. Wer den Pfad der Tugend weder durch Begierde, Wut noch Boshaftigkeit verlässt, wer seine Versprechen einhält und sanft ist, der trifft auf einen friedlichen Tod. Aber jener, der dem Durstigen kein Wasser und dem Hungrigen kein Essen gibt, der wird gewaltig von Hunger und Durst geplagt, wenn der Tod sich nähert. Diejenigen, die Brennholz geben, überwinden Kälte, diejenigen, die Sandelholz geben, überwinden Hitze. Aber diejenigen, welche die Wesen quälen, kommen mit schrecklichen Schmerzen ans Ende ihres Lebens.

Jene üblen Menschen, die Unwissenheit und Täuschung verursachen, werden selbst große Angst erfahren und durch wilde Qualen erdrückt. Diejenigen, die lügen und falsches Zeugnis geben, die Befehle eines übelgesinnten Menschen ausführen oder die Veden missachten, sterben in Unwissenheit. Zu denen werden die schrecklichen und grausamen Boten von Yama kommen, höllischen Geruch ringsherum atmend, und mit Schlingen und Keulen in ihren Händen. Und wenn diese Boten innerhalb des Bereiches ihrer Wahrnehmung kommen, dann zittern sie alle und wehklagen unablässig um ihre Brüder, Mütter und Söhne. Oh Vater, dann wird ihre Rede undeutlich und am Ende sind es nur noch einzelne Buchstaben. Ihre Augen rollen, und ihre Kehlen werden durch die vielen Angstseufzer ausgetrocknet. Dann wird der Atem immer schneller, die Sicht wird dunkel und von Schmerzen ergriffen trennt sich solch ein Mensch von seinem Körper. Er tritt vor seinen Körper hin, und um das Leiden zu erleben, welches von seinen Taten herrührt, nimmt er einen anderen Körper an, der weder von Vater noch Mutter geboren ist, doch mit dem gleichen Alter, Verhalten und Zustand, wie der vorherige war. Dann binden ihn die Abgesandten von Yama schnell mit schrecklichen Schlingen und schleppen ihn nach Süden, von den Schlägen der Keulen zitternd. Dann wird er von den Abgesandten Yamas unter schrecklichen, unheilverkündendem Geschrei dahingezerrt, über rauen Boden mit Gestrüpp, Dornen, Ameisenhaufen, Nadeln und Steinen, über flammende und glühende Wege voll gefährlicher Gruben, unter der flammenden Hitze der Sonne und von ihren Strahlen verbrannt. Geschleppt von diesen fürchterlichen Abgesandten und gebissen von hunderten Schakalen geht die sündige Person zum Haus von Yama auf einem Pfad voller Angst.

Doch diejenigen, die Schirme, Schuhe und Kleidung verteilt, sowie Nahrung weggegeben haben, sie gehen diesen Weg leichter. Jeder sündige Mensch muss durch das Leiden gehen. Er wird die ganze Kontrolle über sich selbst verlieren und durch seine Sünde bedrängt, wird er am zwölften Tag zur Stadt von Dharma gebracht. Indem sein Körper gebrannt wird, erfährt er ein großes brennendes Gefühl, und wenn sein Körper geschlagen oder geschnitten wird, dann fühlt er einen großen Schmerz. Wenn sein Körper so gequält wird, erträgt dieses Wesen, obwohl in einem anderen Körper befindlich, langwieriges Elend wegen seiner eigenen unheilsamen Handlungen. Auf diesen Wegen ernährt er sich von Sesam und Wasser oder von gekochtem Reis, was von seinen Nachkommen geopfert wird. Gewisse Erleichterung erfährt solch ein Wesen durch seine Verwandten, wenn sie achtsam ihre Körper pflegen und mit Öl einreiben, ihrer Glieder massieren und ihre Nahrung verspeisen. So genießt er etwas Ruhe, wenn sich seine Verwandten zum Schlafen hinlegen, und erfährt etwas Zufriedenheit, wenn seine Verwandtschaft wohltätige Werke vollbringt.

Am zwölften Tag wird er in sein eigenes Haus gebracht, sieht dort die Opfergaben und ernährt sich vom Pinda (Totenkuchen) und vom Wasser, das auf der Erde dargeboten wird. Nach dem zwölften Tag, wird er wieder davongezogen und erblickt die fürchterliche und schrecklich anzuschauende Eisenstadt von Yama. Sobald er dort eintritt, schaut er auf Yama, umgeben vom großen Zerstörer, vom Tod und anderen, die blutrote Augen haben und einer Masse von dunklen Kristallen gleichen, mit schrecklichen Zähnen und furchtbar grimmigen Gesichtern. Dieser Herr, der von hunderten Helfern mit verzerrten und schrecklichen Gesichtern umgeben ist, trägt den Stab der Zeit, ist mächtig bewaffnet, hat die Schlinge des Todes in seiner Hand und jeder Blick auf ihn erzeugt große Angst. Zu welchem Zustand ein Wesen gelangt, gut oder schlecht, dies wird von ihm zugewiesen. So gehen jene, die falsch Zeugnis ablegen oder Lügen sprechen, in die Raurava Hölle ein.

Höre jetzt von mir, was die wahre Beschreibung von Raurava ist: Sie misst zweitausend Yojanas. Da gibt es eine knietiefe Grube, die sehr schwierig zu durchqueren ist. Sie ist angefüllt mit vielen Haufen von glühenden Kohlen, ein schrecklich heißes Feld. Da hinein werfen die Helfer von Yama den Täter von gottlosen Handlungen. Und gebrannt durch das schreckliche Feuer muss er dort hindurchlaufen. Seine Füße werden bei jedem Schritt gequält, und innerhalb eines Tages und einer Nacht kann er nur einen Schritt vorankommen. Wenn er so über tausend Yojanas gegangen ist, wird er daraus entlassen. Doch danach wird er in eine ähnliche Hölle gebracht, um seine Sünden weiter abzuwaschen. Wenn er schließlich durch alle Höllen gegangen ist, wird der Sünder im Tier- und Pflanzenreich wiedergeboren. Dort durchläuft er das Leben von Würmern, Kerbtieren, Fliegen, Raubtieren, Mücken, Elefanten, Bäumen, Pferden, Kühen und manch andere leidvolle, in sich selbst gefangene Existenzen. Zur Rasse der Menschen kommend, wird er als ein Buckliger oder eine hässliche Person, als ein Zwerg oder ein Chandala geboren. Hier trägt er die Reste von Tugend und Sünde mit sich, und steigt allmählich in die höheren Kasten der Shudras, Vaisyas, Kshatriyas, Brahmanen, sogar bis zum Zustand des Königs der Götter. Und wenn er dann wieder und wieder Ungerechtigkeiten begeht, dann fällt er zurück, hinunter in die Hölle.

Doch höre, ich werde jetzt beschreiben welchen Weg die tugendhaften Menschen gehen. Diese folgen dem frommen, durch Yama, dem Gott der Gerechtigkeit, gewiesenen Pfad. Sie singen zusammen mit den Gandharvas, tanzen mit den Apsaras, tragen manch schöne und leuchtende Girlande, fahren in strahlenden Wagen und sind mit Ketten, Armringen und anderen schönen Ornamenten geschmückt. Wenn sie auf die Erde herabkommen, dann werden sie in den Familien hochbeseelter Herrscher geboren, beschützen das Volk und vollbringen edle Werke. Alle besten Dinge des Lebens genossen, gehen sie wieder aufwärts. Und wenn sie herabkommen, dann befinden sie sich wie zuvor.

Damit habe ich dir nur einiges über das Leiden der Wesen beschrieben. Höre jetzt, oh heiliger Brahmane, wie die Embryos erschaffen werden.


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