Pushpak Markandeya PuranaZurück WeiterNews

Kapitel 11 - Das Werden eines Wesens

Der Sohn (Sumati) sprach:
Sobald der männliche Samen mit dem weiblichen Blut vermischt wird, tritt dort ein Wesen ein, welches aus dem Himmel herabkommt oder aus der Hölle aufsteigt. Oh Vater, aus diesen zwei Arten des Samens erreicht er entsprechend seiner Ansammlung eine zunehmende Verfestigung. So wächst er dann im Lebenssaft, vom Ätherischen zuerst zu einer Schaumblase und dann zu einem Klumpen Fleisch heran. Der heranwachsende Keim in diesem Fleischklumpen wird Ankura genannt, und es wachsen allmählich die fünf Glieder. Dann entwickeln sich aus den Hauptgliedern die feineren Glieder, die Augen, die Nase, das Gesicht, die Ohren und die Finger und an ihnen die Nägel usw.. Dann wachsen ihm die Haare auf der Haut und danach auf dem Kopf. So wird der Embryo zusammen mit der Gebärmutter immer größer. So, wie eine Kokosnussfrucht in Verbindung mit ihrer Schale wächst, so vergrößert sich jene mit seinem Wachstum. Sein Gesicht bleibt dabei nach unten gerichtet. Er hält die Hände an der Seite auf seinen Schenkeln. Da sind die Daumen und daneben die anderen Finger. Der Kopf mit Augen und Nase liegt zwischen den Beinen. Die zwei Fersen sind an die Hüfte gestemmt und die Arme und Beine liegen außen an. So wächst dieses Wesen in der Gebärmutter einer Frau allmählich heran.

Die Embryos anderer Wesen wachsen gemäß ihrer Gattung in ähnlicher Weise im Mutterleib. Der Embryo wird durch das Feuer gehärtet und lebt davon, was gegessen und getrunken wird. Er existiert in der Gebärmutter abhängig von Tugend und Sünde. So entsteht auch eine Nabelschnur, Apyayani genannt. Diese verbindet seinen Nabel mit den Organen der Frau. Dadurch wächst dieses Wesen, genährt mit dem Essen und Trinken der Frau, allmählich im Mutterleib heran. Mit der Zeit kommt die Erinnerung an seine vielen vergangenen Geburten, und hin- und hergestoßen entsteht eine Abneigung gegen solch einen Zustand. Wenn er dann aus dem Mutterleib freigegeben wird, denkt er: „Das will ich nie wieder erleben. - Ich werde darum kämpfen, dass ich nie wieder in eine Gebärmutter eintreten muss.“

Solch ein Gefühl entsteht durch die Erinnerung an das hundertfache Elend von Geburten, die er zuvor schon erlebt hat und die aus dem Schicksal fließen, bedingt durch seine vorherigen Handlungen. Wenn die Zeit gekommen ist, dann dreht sich das Wesen mit dem Kopf abwärts, und wird im neunten oder zehnten Monat geboren. Wenn es herauskommt, wird es durch den Prajapatya Wind angegriffen und klagt laut über den Kummer und die Qual in seinem Herzen. Die Gebärmutter verlassend, fällt es in eine unerträgliche Trance. Es gewinnt sein Bewusstsein wieder, wenn es die (umgebende) Luft fühlt. Dann wird es allmählich von der bezaubernden Illusion Vishnus in Besitz genommen, verliert seine Seele darin und stürzt in die Verwirrung der Sinne. Mit dem Verlust der Einsicht erlebt dieses Wesen Kindheit, Jugend und Alter.

So geht ein Mensch wiederholt durch den Zyklus von Geburt und Tod hindurch. Auf diese Weise dreht er sich im Rad der Welt wie die Zeiger an der Uhr. Einmal erreicht er den Himmel, ein andermal geht er wieder in die Hölle. Und manchmal erntet ein sterbender Mensch sowohl Himmel als auch Hölle. So wird er auch irgendwann auf dieser Erde geboren und erntet die Früchte seiner eigenen Taten. Für eine kurze Zeit genießt er diese Früchte, um dann wieder seinen letzten Atemzug zu tun. Dann, oh Bester der Brahmanen, lebt er erneut für eine gewisse Zeit im Himmel oder in der Hölle, doch durch das entsprechende Abnehmen von Verdienst oder Sünde, kommt er irgendwann wieder in eine irdische Geburt zurück. Oh Vater, dann sehen sie die Bewohner des Himmels im Genuss übermäßiger Freude. Und diejenigen, die dem Untergang geweiht sind, denken, dass es ein großes Elend in der Hölle gibt. Doch sogar im Himmel gibt es unvergleichliches Elend. Denn nach dem himmlischen Aufstieg, erscheint in jedem Geist die Vorstellung: „Ich werde wieder fallen.“ Und die Wesen in der Hölle anschauend, erfahren sie bei Tag und Nacht den sehr leidvollen Gedanken: „Auch ich werde in solch einen Zustand zurückfallen.“

Mächtig ist der Schmerz in einer Gebärmutter zu leben, von einer Frau geboren zu werden, das Säuglingsalters zu erfahren und ebenso die Altersschwäche. Selbst in der Jugend gibt es großes Elend unter dem Einfluss von Begierde, Böswilligkeit und Wut. Dann kommen die vielen Beschwerden des Alters, und das alles gipfelt im Tod. Mächtig ist der Schmerz von denjenigen, die gewaltsam von den Abgesandten Yamas weggetragen und in die Hölle geworfen werden. Und danach folgen wieder die Geburt aus dem Mutterleib, der Tod und die Hölle.

In dieser Weise sind die Wesen durch die Fesseln der Natur gebunden. Sie kreisen auf dem Rad der Welt, wie die Zeiger auf der Uhr, und ertragen immer wieder Leiden. Oh Vater, es gibt nicht das kleinste beständige Glück in dieser Welt, die mit hundertfachem Elend übervoll ist. Warum sollte ich deshalb für das Erreichen der Befreiung den Riten der drei Veden folgen?


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