Pushpak Mahabharata Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 59 - Bhimas Euphorie und Yudhishthiras Mitgefühl

Sanjaya sprach:
Als sie Duryodhana zu Boden fallen sahen, wie ein riesiger, entwurzelter Salbaum, waren die Pandavas voller Freude. Auch die Somakas sahen mit gesträubten Haaren den Kuru König fallen, wie ein wütender Elefant durch einen Löwen geschlagen wird. Und nachdem Duryodhana geschlagen war, näherte sich der tapfere Bhimasena dem Kuru Führer und sprach zu ihm:
Oh du Übeltäter, damals lachtest du über die Entkleidung der Draupadi inmitten der Versammlung und beschimpftest uns als „dumme Ochsen“. So erfahre jetzt die Früchte dieser Beleidigungen!

So sprach Bhima und berührte mit seinem linken Fuß den Kopf seines gefallenen Feindes. Wahrlich, so setzte er seinen Fuß auf das Haupt dieses Löwen unter den Königen. Und mit zornesroten Augen sprach der Feindevernichter Bhimasena weiter zu ihm:
Um jene, die damals mit den beleidigenden Worten „dumme Ochsen!“ um uns herum tanzten, werden wir jetzt tanzen und die gleichen Worte „dumme Ochsen“ gebrauchen. Doch wir sind ohne Hinterlist und brauchen dazu weder Feuer noch Würfelspiel und Betrug. Wir widerstehen mit der Kraft der eigenen Arme unserem Feind!

Zum jenseitigen Ufer dieser wilden Feindschaften gelangt, sprach Bhima dann lachend zu Yudhishthira, Kesava, Balarama, Arjuna und den beiden Söhnen der Madri:
All jene, die Draupadi in ihrer Periode vor die Versammlung geschleppt hatten und sie dort entkleideten - seht, daß all die Dhritarashtras jetzt im Kampf durch die Pandavas geschlagen wurden aufgrund der asketischen Entbehrungen der Tochter von Drupada! Diese übelgesinnten Söhne von König Dhritarashtra, die uns als „taube Sesamkörner“ bezeichnet hatten, sind jetzt alle mit ihren Verwandten und Anhängern von uns vernichtet worden! Das mußte so geschehen, egal, ob wir nun durch diese Tat zum Himmel aufsteigen oder in die Hölle fallen!

Damit erhob er seine Keule, die er geschultert hatte, und berührte noch einmal mit seinem linken Fuß das Haupt des Monarchen, der auf der Erde hingestreckt lag, und beschimpfte den betrügerischen Duryodhana. Doch viele der großen und gerechten Krieger unter den Somakas waren nicht einverstanden, daß Bhimasena in seiner Euphorie mit engem Herzen den Fuß auf das Haupt dieses Ersten der Kurus setzte. Und während Bhima, nachdem er deinen Sohn geschlagen hatte, so prahlte und wie verrückt tanzte, sprach König Yudhishthira zu ihm:
Du hast jetzt deine Feindschaft (zu Duryodhana) beglichen, und dein Gelübde durch eine (halb) faire und unfaire Tat vollbracht! So höre jetzt auf, oh Bhima! Zertrete seinen Kopf nicht mit deinem Fuß! Handle nicht sündhaft! Duryodhana ist ein König und sogar ein Verwandter von dir. Er ist jetzt gefallen. Dein Verhalten, oh Sündloser, ist nicht gerecht. Duryodhana war der König der Kurus und der Herr von elf Akshauhinis an Truppen. Oh Bhima, berühre keinen König oder Verwandten mit deinem Fuß! Seine Angehörigen sind gefallen, seine Freunde und Berater sind gegangen und seine Truppen vernichtet. Er ist im Kampf geschlagen worden und jetzt in jeder Hinsicht bemitleidenswert. Er verdient es jetzt nicht mehr, beleidigt zu werden. Erinnere dich, daß er ein König ist! Er ist völlig ruiniert, und alle seine Freunde und Angehörigen sind geschlagen. Auch seine Brüder und Söhne sind tot, die ihm damit nicht einmal den Begräbniskuchen darbringen können. Darüber hinaus ist er unser Bruder. Was du ihm jetzt antust, ist nicht gerecht! Früher sprachen die Leute: „Bhimasena ist ein Mensch mit rechtschaffenem Verhalten!“ Warum, oh Bhimasena, beleidigst du heute den König auf diese Weise?

Nachdem er diese Worte zu Bhimasena gesprochen hatte, begab sich Yudhishthira zu Duryodhana, diesem Feindevernichter, und sprach mit tränenerstickter Stimme und vom Kummer gequält zu ihm:
Oh Herr, mögest du dem Zorn keinen Raum mehr geben und nicht im Gram versinken! Zweifellos mußt du jetzt die schrecklichen Folgen deiner eigenen, vergangenen Taten ertragen. Zweifellos wurde dieses traurige und kummervolle Schicksal vom Schöpfer selbst bestimmt, daß wir dich verletzen sollten und du uns, oh Erster der Kurus. Durch deine Schuld ist damit diese große Katastrophe über dich gekommen, wegen deiner Habgier, deinem Stolz und deiner Unwissenheit, oh Bharata. Und nachdem du zur Ursache des Untergangs deiner Begleiter, Brüder, Väter, Söhne, Enkel und aller anderen geworden bist, stehst du nun selbst an der Schwelle des Todes. Durch deine Schuld wurden deine Brüder, diese mächtigen Wagenkrieger, und deine Angehörigen von uns geschlagen. Ich denke, das alles war das Werk des unwiderstehlichen Schicksals. Und diesbezüglich bist du eigentlich gar nicht zu beklagen. Im Gegenteil, dein Tod, oh Sündloser, ist für uns beneidenswert. Denn wir sind es, die hier in jeder Hinsicht Klage verdienen, oh Kaurava! Wir werden eine lange und jämmerliche Existenz ertragen müssen, all unserer lieben Freunde und Angehörigen beraubt und voller Kummer um unsere Brüder, Söhne und Enkel. Ach, wie soll ich nur den unzähligen Witwen begegnen, die vom Kummer überwältigt all ihre Sinne verlieren? Du, oh König, verläßt diese Welt und wirst sicherlich einen Wohnsitz im Himmel gewinnen. Dagegen werden wir wie Wesen in der Hölle leben und fortwährend schärfsten Kummer ertragen müssen. Denn die kummergequälten Ehefrauen der Söhne und Enkel von Dhritarashtra, diese von Sorgen zermürbten Witwen, werden uns zweifellos alle verfluchen!

So sprach Yudhishthira, der königliche Sohn von Dharma, tief vom Kummer gequält und begann schwer zu atmen und im Wehklagen zu versinken.


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