Pushpak Mahabharata Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 32 - Der Yoga des Brahman

Arjuna fragte:
Oh Krishna, was ist das Brahman, das Selbst und das Karma? Was bezeichnest du als das Wesen von Materie und Geist? Was ist hier das höchste Opfer in diesem Körper, oh Madhu Vernichter? Und wie wirst du in der Stunde des Todes von den Selbstgezügelten erkannt?

Der Heilige sprach:
Brahman ist das Höchste, was unzerstörbar ist. Als das Selbst bezeichnet man sein Wesen, und als Karma die schöpferische Kraft, die alles entfaltet und gestaltet. Materie sind alle vergänglichen Dinge, das Wesen des Geistes ist das Höchste männliche Wesen (der Purusha), und das höchste Opfer bin ich selbst in diesem Körper, oh Bester aller Verkörperten! Und wer in seiner Todesstunde den Körper verläßt und sich an mich allein erinnert, der geht in mein Wesen ein. Daran gibt es keinen Zweifel. Denn wie auch immer seine Erinnerung am Lebensende beim Verlassen des Körpers geprägt ist, dahin geht er weiter, oh Sohn der Kunti, weil er diese Gewohnheit stetig meditiert hat. Deshalb denke stets an mich, wenn du kämpfst. Denn wenn dein Denken und Erkennen in mir gegründet sind, dann wirst du zweifellos zu mir kommen.

Wenn die Gedanken nicht an andere Objekte abschweifen und die Sicht auf das Eine beständig wird, dann, oh Pritha Sohn, findet man zum Heiligen und Höchsten Geist. Und wer in der Todesstunde mit beständigem Geist, voller Verehrung und mit der Kraft der Einsicht den Lebensatem (Prana) zwischen den Augenbrauen sammelt und sich dieses uralten Sehers erinnert, welcher zwar kleiner als das Kleinste, aber der Herr und Lenker von Allem ist, unbegreifbar und jenseits aller Dunkelheit, der verschmilzt im Höchsten Geist.

Ich werde dir nun kurz beschreiben, was die Veden Kenner als das Unvergängliche erklären, wohin die Yogis eingehen, die von jeglichem Verlangen frei sind, und wozu sie das Gelübde der Enthaltsamkeit üben. Wer beim Verlassen seines Körpers alle Tore bewacht, das Verlangen im Innersten zügelt, seinen Lebensatem zwischen den Augenbrauen sammelt, in beständiger Meditation ruht, die Silbe OM ausspricht, die das Brahman ist, und an mich denkt, der erreicht das Höchste. Denn für den, der immer an mich denkt, indem er seinen Geist von allen äußeren Objekten abzieht, für diesen Yogi, der beständig in Meditation verweilt, bin ich, oh Partha, leicht zu erreichen. Solche Hochbeseelten, welche die höchste Vollkommenheit erreicht haben, gelangen zu mir und unterliegen nicht mehr dem Rad der Geburten, wo das Leiden und die Vergänglichkeit wohnen. Alle Welten, oh Arjuna, bis hinauf zur Wohnstätte von Brahma unterliegen diesem Rad der Geburten. Nur wer mich findet, oh Kunti Sohn, muß nicht wiedergeboren werden.

Wer weiß, daß ein Brahma Tag eintausend Yugas währt und die Nacht von Brahma in gleicher Zeit wieder endet, der kennt die wahre Bedeutung von Tag und Nacht. Denn in der Morgendämmerung des Brahma Tages entfaltet sich alles aus dem Unentfalteten, und wenn die Nacht hereinbricht, verschwindet alles wieder in dem, was man das Unentfaltete nennt. So erscheint diese gleiche Gestaltung der Geschöpfe immer wieder. Und zum Anbruch der Nacht löst sich alles auf, damit es in der Tagesdämmerung (vom Karma getrieben) wieder erscheinen kann, oh Pritha Sohn.

Aber jenseits von diesem Unentfalteten, das sich pulsierend entfaltet, gibt es noch ein anderes Sein, das ewig und unzerstörbar ist, und das nicht vergeht, wenn sich alles auflöst. Deshalb nennt man es das Ewige, das Unmanifeste und das höchste Ziel. Von dort gibt es kein Getrenntsein mehr. Das ist mein Höchstes Sein. Dieser Höchste Geist, oh Pritha Sohn, in dem alles besteht und der alles durchdringt, wird durch ungeteilte Verehrung erreicht, die kein Objekt mehr kennt.

Ich werde dir nun, oh Stier der Bharatas, die Wege nennen, auf denen die Yogis wiederkehren oder auch nicht. Das Feuer, das Licht, der Tag, die helle Monatshälfte und das Halbjahr mit zunehmendem Licht - auf diesem Pfad gehen die Brahman Kenner zum Brahman. Der Rauch, die Nacht, die dunkle Monatshälfte und das abnehmende Halbjahr - auf diesem Pfad erreicht der Mensch das Mondlicht und kehrt zurück. Diese beiden Pfade, der helle und der dunkle, werden als ewig geltend in den Welten betrachtet. Auf dem einen muß man nicht zurückkehren, auf dem anderen wird man wiedergeboren. Kein Yogi, oh Pritha Sohn, der diese zwei Pfade kennt, wird sich verloren fühlen. Deshalb, oh Arjuna, übe dich stets im Yoga der Hingabe. Denn so ein Yogi erreicht all die lobenswerten Früchte, die für das Veda Studium, das Opfern, die asketische Entsagung und die Wohltätigkeit beschrieben werden, und darüber hinaus das Höchste und Ursprüngliche Sein.


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