Pushpak Mahabharata Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 31 - Der Yoga der Weisheit

Der Heilige sprach:
Oh Sohn der Pritha, höre nun, wie du jenseits aller Zweifel mich vollkommen erkennen kannst, deinen Geist in mir verankerst, selbstlose Hingabe übst und in mir Zuflucht findest. Ich werde dir jetzt umfassend alles über Wissen und Erfahrung mitteilen. Dies erkannt, wird es darüber hinaus in dieser Welt nichts mehr zu erkennen geben.

Unter Tausenden von Menschen kämpft kaum einer um Vollkommenheit. Und von denen, die darum kämpfen, erkennen mich nur wenige. Erde, Wasser, Feuer, Luft, Raum, Denken, Vernunft und Bewußtsein, dies ist meine achtfach aufgeteilte Natur. Wisse aber, oh Starkarmiger, daß ich jenseits dieser groben Natur auch eine höhere habe, die voller Leben ist und das ganze Universum stützt. Erkenne, daß alle Geschöpfe darin ihre Quelle haben. So bin ich die Quelle der Entfaltung und auch der Auflösung des ganzen Weltalls. Es gibt nichts, was jenseits von mir wäre. Ich bin die höchste Seele, die alles zusammenhält, wie die Schnur eine Perlenkette. Ich bin der Geschmack im Wasser. Ich bin das Licht des Mondes und der Sonne. Ich bin das OM aller Veden, der Klang im Raum und das Männliche im Manne. Ich bin der Duft der Erde, die Strahlkraft des Feuers, das Leben in allen Wesen und die Askese in den Asketen. Erkenne mich, oh Sohn der Pritha, als den ewigen Samen aller Lebewesen. Ich bin die Intelligenz aller Intelligenten, der Ruhm aller Ruhmreichen und die Kraft aller Kraftvollen. Und selbst frei von Begierde und Anhaftung, bin ich die Lebenslust in allen Geschöpfen, die dem Dharma entspricht.

Erkenne, daß alle Geschöpfe mit den drei Qualitäten (den Gunas) der Güte, der Leidenschaft und der Trägheit (Sattwa, Rajas und Tamas) aus mir erscheinen. Und wenn ich auch nicht in ihnen wohne, so sind sie doch in mir. Dieses ganze Weltall wird durch die Dreiheit dieser Qualitäten verblendet und erkennt mich nicht, der ich unvergänglich und jenseits davon bin. Denn diese Illusion (Maya) von mir, die auf den drei Qualitäten beruht, ist voller Wunder und äußerst schwer zu durchschauen. All jene, die allein in mir ruhen, überwinden diese Illusion. Nur die Übeltäter und Lügner, die niedersten unter Menschen, die sich durch diese Illusion verblendet an eine dämonische Existenz binden, suchen nicht nach mir.

Oh Arjuna, aus vier Gründen verehren mich gutmütige Menschen: Um Leiden zu überwinden, auf der Suche nach Wissen, im Streben nach Glück und Wohlstand, oder weil sie mich erkannt haben. Von ihnen ist der Weise mit Selbsterkenntnis, der voller Hingabe und Vertrauen alleinsam im Selbst ruht, am vorzüglichsten. Denn dieser Weise hat die gleiche, alldurchdringende Liebe zu mir, wie auch ich ihn liebe. Alle Geschöpfe sind edel. Aber den Weisen mit Selbsterkenntnis betrachte ich als mein eigenes Selbst, weil er durch beständige Einsicht zu mir als seine höchste Bestimmung Zuflucht genommen hat. So gelangt der Weise nach vielen Geburten zu mir, indem er die Gottheit in Allem erkannt hat. Doch äußerst selten ist so ein Hochbeseelter.

Wer aber durch Begierde der Einsicht beraubt wurde, sucht bei seinen eigenen Göttern Zuflucht, befolgt verschiedenste Vorschriften und wird durch seinen Eigensinn getrieben. Doch welche Form auch immer der Gläubige vertrauensvoll anbeten möchte, so bin ich es doch, der ihm die Kraft zu seinem Glauben gibt. Und wenn er mit Glauben seine Anbetung darbringt und sein Gewünschtes erreicht, so bin ich es, der ihm alles gewährt. Aber die Früchte, die so ein Kleingläubiger erntet, sind vergänglich. Denn wer die Götter anbetet, gelangt zu den Göttern. Wer mich anbetet, gelangt zu mir.

Die Unwissenden halten mich, den Ungeborenen, für greifbar, weil sie mein alldurchdringendes und unvergängliches Wesen nicht erkennen, das unbegreiflich ist. Verschleiert durch meine unergründbare Macht zur Illusion, bin ich nur schwer erkennbar. So weiß diese getäuschte Welt nicht, daß ich ungeboren und unvergänglich bin. Oh Arjuna, ich weiß alles, das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige. Aber über mich hat niemand irgendein Wissen. Alle Geschöpfe, oh Feindevernichter, werden mit ihrer Geburt in die Illusion der Gegensätze verstrickt, die aus Verlangen und Abneigung entstehen. Nur jene Tugendhaften, deren Karma erloschen ist und die vom Wahn der Gegensätze befreit wurden, ehren mich vollkommen. Die in mir Zuflucht suchen, um die Befreiung von Alter und Tod zu erreichen, erkennen das Brahman, das Selbst und das Karma. Und wer mich mit beständiger Einsicht als das Wesen von Materie und Geist, sowie als das höchste Opfer erkennt, dem werde ich sogar in der Stunde des Todes gegenwärtig sein.


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