Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 10 - Der Tod Vritras und die Sünde von Indra

Indra sprach:
Dieses ganze unzerstörbare Universum, oh ihr Götter, wird von Vritra überschattet. Es gibt nichts wichtigeres, als die Aufgabe, ihm entgegenzuwirken. Früher war ich dazu fähig, aber jetzt bin ich es nicht mehr. Möge euch Gutes geschehen! Was soll ich tun? Ich glaube, er ist unbesiegbar. Er ist mächtig, weitsichtig und mit unermeßlicher Kraft im Kampf begabt. Er könnte alle drei Welten, mit den Göttern, Asuras und Menschen verschlingen. Hört deshalb, ihr Bewohner des Himmels, was mein Entschluß ist. Wir wollen zur Wohnstätte von Vishnu gehen und gemeinsam mit diesem hochbeseelten Wesen uns über die Mittel beraten, um diesen Störenfried zu besiegen.

Shalya fuhr fort:
Nachdem Indra so gesprochen hatte, begaben sich die Götter mit der Heerschar der Rishis zum mächtigen Gott Vishnu, um sich unter den Schutz des Allbeschützers zu stellen. Und gequält von der Todesangst durch Vritra sprachen sie zum Höchsten Herrn der Götter:

Du hast einst die drei Welten mit drei Schritten überspannt. Du hast die ambrosische Speise beschafft, oh Vishnu, und die Asuras im Kampf besiegt. Du hast den mächtigen Asura Vali gebändigt und Indra auf den Thron des Himmels erhoben. Du bist der wahre Herr der Götter, und dieses ganze Weltall ist von dir durchdrungen. Du bist die Gottheit, der mächtige Gott, der von allen Wesen verehrt wird. Sei du die Zuflucht aller Himmlischen zusammen mit Indra, oh Bester der Götter. Denn das ganze Weltall, oh Bezwinger der Asuras, wird durch Vritra überschattet.

Und Vishnu sprach:
Ich bin zweifellos verpflichtet, das zu tun, was zum Wohle der Wesen ist. Ich werde dir deshalb einen Weg weisen, wie er besiegt werden kann. Begebt euch gemeinsam mit den Rishis und den Gandharvas zu jenem Ort, wo Vritra in seiner universalen Form verweilt, und unterbreitet ihm eine versöhnliche Lösung. So wirst du es schaffen, ihn zu stürzen. Aufgrund meiner Macht, oh ihr Götter, wird der Sieg durch Indra gewonnen, weil ich unsichtbar in seinen Donnerkeil eintreten werde, diese Beste aller Waffen. Oh ihr vorzüglichen Götter, geht nun mit den Rishis und Gandharvas euren Weg. Versucht unverzüglich einen Friedensvertrag zwischen Indra und Vritra zu erreichen.

Shalya fuhr fort:
Nachdem er so gesprochen hatte, stellten die Rishis und die Himmlischen Indra an ihre Spitze, und sich gemeinsam verneigend, zogen sie davon. Dann näherten sie sich Vritra und sahen ihn glühend und flammend, wie Sonne und Mond zusammen, als wollte er die zehn Richtungen verschlingen und alle drei Welten verbrennen. Dann traten die Rishis vor Vritra und sprach zu ihm in versöhnlichen Worten:

Oh du unüberwindliches Wesen, dieses ganze Weltall wurde durch deine Energie durchdrungen. Und dennoch konntest du, oh Bestes aller mächtigen Wesen, Indra nicht besiegen, obwohl du schon eine lange Zeit gegen ihn kämpfst. Alle lebenden Wesen, mit den Göttern, Asuras und den Menschen, leiden unter den Auswirkungen dieses Kampfes. Laß nun ewige Freundschaft zwischen dir und Indra sein. Du sollst glücklich leben und ewig in den Bereichen von Indra wohnen.

Und der mächtige Vritra, der die Worte der Heiligen hörte, beugte sein Haupt vor ihnen und sprach:
Die Worte von euch und den Gandharvas, oh hochbegabte Wesen, habe ich vernommen. Doch hört auch mich, ihr Reinen, was ich sprechen muß. Wie könnte hier Frieden zwischen uns beiden sein, zwischen Indra und mir selbst? Wie könnte hier Freundschaft sein, ihr Götter, zwischen zwei feindlichen Mächten?

Der Rishis antworteten:
Unter rechtschaffenen Personen entsteht Freundschaft bereits nach einer einzigen Zusammenkunft. Es ist ein wünschenswertes Ziel. Danach möge geschehen, was vom Schicksal bestimmt ist zu sein. Eine Gelegenheit zur Freundschaft mit einer rechtschaffenen Person sollte nicht verworfen, sondern immer gesucht werden. Die Freundschaft unter Rechtschaffenen ist ein vorzüglicher Reichtum, den die Weisen immer befürworten. Die Freundschaft mit einer aufrichtigen Person ist von großem Nutzen. Deshalb sollte der Kluge niemals wünschen, einen Rechtschaffenen zu töten. Indra wird als rechtschaffen geachtet und ist die Zuflucht für die Großmütigen. Er ist wahrhaftig und ehrwürdig. Er weiß, was Tugend ist, und ist mit einem subtilen Urteilsvermögen begabt. Laß entsprechend diesen Worten ewige Freundschaft zwischen dir und Indra sein. Habe auf diese Weise Vertrauen zu ihm, und laß dein Herz nicht abgeneigt sein.

Shalya fuhr fort:
Diese Worte der großen Rishis hörend, antwortete ihnen der berühmte Asura:
Zweifellos sollten die Rishis, die mit übernatürlichen Mächten begabt sind, von mir respektiert werden. Wenn ihr vollständig erfüllt, was ich jetzt, oh ihr Götter, sprechen werde, dann will ich alles tun, was diese Besten der Brahmanen zu mir gesprochen haben. Ihr Herren des Brahmanen Geschlechts, versprecht mir, daß Indra selbst oder die anderen Götter mich niemals damit töten, was trocknen oder naß ist, durch Stein oder Holz, weder durch eine Waffe für den nahen noch für den fernen Kampf, und weder am Tag noch in der Nacht. Unter diesen Bedingungen könnte ewiger Frieden zwischen Indra und mir bestehen.

Daraufhin, oh Bester der Bharatas, sprachen die Rishis zu ihm: „Sehr gut!“ Und nachdem der Frieden geschlossen wurde, war Vritra sehr zufrieden. Und auch Indra wurde wieder froh, obwohl seine Gedanken ständig um die Tötung von Vritra kreisten. So verbrachte der Herr der Götter seine Zeit damit, nach einer Lücke in den Bedingungen zu suchen. Und eines Tages, als es Abend wurde und die furchterregende Stunde des Zwielichtes anbrach, da erblickte Indra den mächtigen Asura an der Küste des Meeres. Da grübelte er bei sich über den Segen, der dem berühmten Asura gewährt wurde, und dachte:

Es ist die schattenhafte Abendzeit, und damit weder Tag noch Nacht. Und dieser Vritra, mein Feind, der mich in allem beeinträchtigt, muß zweifellos von mir besiegt werden. Wenn ich Vritra, diesen großen und mächtigen Asura, der alles überschattet, nicht töte, sei es auch durch eine List, dann wird mir nichts Gutes geschehen.

Und als Indra dies alles bedachte, und Vishnu in seinen Geist rief, da sah er im gleichen Moment eine Masse Schaum im Meer, groß wie ein Berg. Und er sprach: „Das ist weder trocken noch naß, und auch keine Waffe. Laß mich das auf Vritra schleudern. Dann wird er sicherlich sofort sterben.“

Und er warf auf Vritra diesen Berg aus Schaum, mit dem Donnerblitz vermischt. Und Vishnu, der in diesem Schaum verborgen war, beendete das Leben von Vritra. Und als Vritra besiegt war, waren die Himmelsrichtungen wieder von der Düsternis befreit. Es erhob sich eine angenehme Brise, und alle Wesen waren sehr zufrieden. Und die Götter mit den Gandharvas, Yakshas, Rakshasas, den großen Nagas und den Heiligen, verherrlichten den mächtigen Indra mit vielen Lobliedern. Verehrt durch alle Wesen, sprach Indra aufmunternde Worte zu allen. Sein Herz war, wie das von allen Göttern, höchst erfreut, den Feind endlich getötet zu haben. Und das Wesen jeglicher Tugend kennend, verehrte er Vishnu, den Lobenswertesten von allen in dieser Welt.

Doch jetzt, nachdem der mächtige Vritra, der den Göttern so viel Furcht brachte, getötet war, wurde Indra durch seine Lüge überwältigt, und äußerste Traurigkeit brach über ihn herein. Dazu traf ihn noch die Sünde des Brahmanenmordes, weil er damals den dreiköpfigen Sohn von Twashtri getötet hatte. So begab er sich selbst an den Rand der Welten und wurde der Sinne und des Bewußtseins beraubt. Und überwältigt durch seine Sünden konnte der Herr der Götter nicht mehr erkannt werden. Er lag im Wasser verborgen, wie eine zusammengekrümmte Schlange. Und als der Herr der Himmlischen, bedrückt durch Todesangst durch den Mord am Heiligen, vor den Augen aller verschwunden war, da erschien die Erde wie nach einer Verwüstung. Die Wälder trockneten aus, die Bäume starben, der Lauf der Flüsse verebbte, die Wasserquellen versiegten, und überall waren die Lebewesen voller Qual, weil der fruchtbare Regen ausblieb. So waren die Götter und alle großen Rishis voller Furcht, denn die Welt war ohne König und wurde von Katastrophen heimgesucht. Die Götter und Heiligen im Himmel fragten sich nun voller Sorge, wer ihr König sein sollte. Doch niemand unter ihnen strebte danach, als König der Götter zu handeln.


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