Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kundalaharana Parva – Verlust der Ohrringe

Kapitel 299 – Surya warnt Karna

Janamejaya fragte:
Du hast erzählt, daß Lomasa dem Yudhishthira folgende Botschaft von Indra überbrachte (als Arjuna im Himmel war):
Diese große Furcht, von der du niemandem je erzählt hast, werde ich beseitigen, nachdem Arjuna zu dir zurückgekehrt ist.
Hatte diese Furcht mit Karna zu tun? Und warum erzählte der tugendhafte Yudhishthira niemandem davon?

Vaisampayana antwortete:
Nun, da du mich fragst, werde ich dir diese Geschichte erzählen. Höre auf meine Worte, oh bester Bharata. Zwölf Jahre des Exils im Walde waren vorüber, und als das dreizehnte begann, beschloß Indra, der den Söhnen Pandus immer freundlich geneigt war, Karna (um seine Ohrringe) zu bitten. Doch der strahlende Surya (Sonnengott) erfuhr von dieser Absicht und ging zum heldenhaften Karna, als sein den Brahmanen hingegebener und immer die Wahrheit sprechender Sohn des Nachts entspannt in seinem kostbaren Bett lag. Im Traum erschien ihm die strahlende Gottheit voller Zuneigung und Liebe. Surya nahm mit asketischer Kraft die Gestalt eines schönen und vedengelehrten Brahmanen an und sprach zu Karna folgende liebe und wohlwollende Worte:
Mein Sohn Karna, höre auf meine Worte, du Bester aller wahrhaften Menschen. Voller Liebe und zu deinem Wohle spreche ich heute zu dir Starkarmigen. Der den Pandavas freundlich gesinnte Indra wird in Verkleidung eines Brahmanen zu dir kommen, um deine Ohrringe zu erbitten. Wie alle Welten weiß auch er um deinen Charakter, nämlich daß du immer gibst, wenn fromme Menschen dich bitten, und niemals selbst etwas erbittest. Du gibst Brahmanen immer, worum sie bitten, und verweigerst nichts. Und deshalb wird der Herr der Himmlischen dich um Ohrringe und Rüstung bitten. Du darfst sie ihm nicht geben. Besänftige ihn nur mit sanfter Rede, so gut du es vermagst. Das ist für dich das Beste. Gib ihm niemals deine Ohrringe, so oft er dich auch danach fragen wird, und verweigere sie mit vielen Gründen. Biete ihm allen anderen Reichtum an wie Juwelen, Frauen und Kühe. Denn wenn du ihm deine schönen, dir angeborenen Ohrringe gibst, dann wirst du bald sterben. Mit deiner Rüstung und den Ohrringen kann dich kein Feind in der Schlacht besiegen. Nimm dir meine Worte zu Herzen. Diese beiden Schmuckstücke erhoben sich aus Amrit. Wenn dir dein Leben lieb ist, mußt du sie bewahren.

Karna fragte ihn:
Wer bist du, daß du mir solche Freundlichkeit zeigst? Wenn es dir beliebt, oh Ruhmreicher, so sage mir, wer hinter der Gestalt des Brahmanen verborgen ist.

Die Antwort war:
Mein Sohn, ich bin der mit den tausend Strahlen. Aus Zuneigung zu dir zeige ich dir den Weg. Handle nach meinen Worten, denn es ist zu deinem Wohle.

Karna erwiderte:
Oh, es ist höchst glücksverheißend, daß der Gott des Lichtes heute zu mir spricht, weil er mir Gutes möchte. Doch höre auch meine Worte, die ich aus Liebe spreche, oh du Segenspender. Wenn ich dir lieb bin, dann halte mich nicht davon ab, meine Gelübde zu befolgen. Oh du mit dem Reichtum an Glanz, es ist die Wahrheit: die ganze Welt kennt mein Gelübde, daß ich bereit bin, sogar mein Leben für die hohen Brahmanen zu geben. Oh Bester aller, die im Himmel wandern, wenn Indra als Brahmane zu mir kommt und mich für die Pandavas bittet, dann gebe ich ihm Ohrringe und Rüstung, damit meine Ehre in den drei Welten keinen Schaden leidet. Für Menschen wie mich ist es nicht angebracht, mit einer schändlichen Tat das eigene Leben zu retten. Im Gegenteil, es ziemt sich für uns, mit Billigung der Welt den Tod zu finden, wenn es Ruhm und Ehre erfordern. Ich werde Indra alles geben, worum er bittet. Mir wird es Ruhm bringen, und ihm Schande. Oh du Glanzvoller, das ist es, was ich mir in dieser Welt wünsche: Ruhm und Ehre, auch wenn es mich mein Leben kosten sollte. Denn nur die Ruhmvollen erfreuen sich an den himmlischen Regionen. Der Ruhm hält die Menschen wie eine Mutter in dieser Welt am Leben, während Schande die Menschen tötet, mögen sie auch mit gesunden Körpern umherwandern. Dies beweist ein alter Vers des Schöpfers, oh du Herr der Welten:
In dieser Welt verlängert Ruhm das Leben, und in der nächsten ist er die höchste Zuflucht eines Menschen.
Deshalb werde ich unsterblichen Ruhm erlangen, wenn ich meine angeborenen Ohrringe und die schöne Rüstung weggebe. Indem ich den Brahmanen nach der Tradition gebe, meinen Körper in der Schlacht opfere, außerordentliche Heldentaten vollbringe und meine Feinde im Kampf besiege, will ich nicht anderes als Ehre gewinnen. Die Angstvollen in der Schlacht zu beschützen und alte Menschen, Kinder und Brahmanen von Furcht zu befreien, das wird mir vorzüglichen Ruhm und den höchsten Himmel einbringen. Und meinen Ruhm beschütze ich sogar mit dem Opfer meines Lebens. Du weißt, dies ist mein Gelübde. Und so werde ich in dieser Welt den höchsten Status erreichen, wenn ich Indra, als Brahmane verkleidet, solch wertvolles Geschenk übergebe.


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