Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 216 – Abschied vom Vogelfänger

Der Vogelfänger fuhr fort:
Nachdem der Rishi diesen Fluch ausgestoßen hatte, versuchte ich ihn mit folgenden Worten zu besänftigen: „Oh vergib mir, großer Muni, ich habe diese üble Tat ohne Absicht getan. Bitte verzeih mir, oh ehrenwerter Herr, und beruhige dich.“ So sprach der Rishi: „Mein Fluch kann nicht vergebens sein, dies ist gewiß. Doch aus Freundlichkeit zu dir, werde ich dir eine Gunst erweisen. Obwohl in der Shudra Kaste geboren, sollst du ein frommer Mann bleiben, deine Eltern ehren und durch den Dienst an ihnen, große spirituelle Vollkommenheit erlangen. Auch wirst du dich an die Begebenheiten deines vergangenen Lebens erinnern und, nach Ablauf des Fluches, in den Himmel eingehen und wieder zum Brahmanen werden.“ So, oh bester Mann, wurde ich vor langer Zeit vom mächtigen Rishi verflucht und gesegnet. Dann zog ich den Pfeil aus seinem Körper, trug ihn in die Einsiedelei, wo er sich wieder erholte. Nun, guter Brahmane, habe ich dir alles erzählt, was damals geschah und wie ich hiernach in den Himmel komme.

Der Brahmane sprach:
Oh du Weiser, so unterliegen alle Menschen Glück und Unglück, gräme dich nicht darüber. Zwar folgst du den blutigen Gebräuchen deiner Kaste, doch gleichzeitig bist du tugendhaft und wohl gelehrt in allen Wegen und Mysterien der Welt. Du folgst den Pflichten deines Berufs, und so wird der Makel von unheilsamen Karma dich nicht beflecken. Nur kurze Zeit dauert so ein Leben, und bald wirst du wieder ein Brahmane sein, den ich schon jetzt in dir sehe, daran gibt es keinen Zweifel. Denn ein Brahmane, der eitel und hochmütig ist, dem Laster verfallen, mit Bösem vermählt und Verfall behaftet, ist kein Brahmane. So betrachte ich manchen Shudra, der mit Gerechtigkeit, Sinneszügelung und Wahrhaftigkeit geziert ist, als Brahmanen. Ein Mensch wird durch seinen Charakter zum Brahmanen, so wie er auch durch sein unheilsames Karma ein leidvolles und schreckliches Schicksal erntet. Doch ich glaube, guter Mann, daß nun jegliche Sünde in dir ausgestorben ist. So traure nicht, denn wer so tugendhaft und gelehrt in den Wegen und Mysterien der Welt ist wie du, sollte niemals einen Grund zur Trauer haben.

Der Vogelfänger erwiderte:
Körperliche Krankheiten sollten mit Medizin geheilt werden und geistige mit spiritueller Weisheit. Das ist die Macht des Wissens. Weise sollten sich nicht wie kleine Kinder benehmen. Menschen mit wenig Intelligenz werden von Kummer überwältigt, wenn irgend etwas geschieht, was ihnen nicht gefällt, oder wenn sie etwas Begehrenswertes nicht bekommen. Denn wahrlich, alle Wesen fühlen Glück und Elend. Doch wer dies Übel von Grund auf erkennt, kann seinen Sinn wenden und sich heilen. Wer um etwas trauert, macht sich selbst unglücklich. Ihr Wissen hat weise Menschen heiter und zufrieden gemacht, denn wer Glück und Elend gleichmütig behandelt, wird wahrhaft glücklich. Die Weisen sind stets zufrieden und die Narren immer unzufrieden. In der Unzufriedenheit gibt es kein Ende, während Zufriedenheit das höchste Glück ist. Wer den Weg der Vollkommenheit beschreitet, kennt keinen Kummer mehr, denn er ist sich der letztendlichen Bestimmung aller Wesen bewußt. Man sollte sich nicht in Unzufriedenheit suhlen, denn sie wirkt wie gefährliches Gift. Sie tötet Menschen mit unentwickelter Weisheit, wie ein unerfahrenes Kind von einer zornigen Schlange getötet werden kann. Ein Mann hat keine Männlichkeit, wenn ihn seine Kräfte verlassen haben und ihn die Verwirrung bei einer Gelegenheit überkommt, bei der er Tatkraft hätte zeigen sollen. Ganz sicher folgen unseren Taten die entsprechenden Konsequenzen nach. Und wer sich in dieser Welt in passives Nichtstun flüchtet, wird nichts Gutes erreichen. Anstatt zu murren, sollte man einen Weg suchen, um dem geistigen Elend zu entkommen. Und hat er die Mittel zur Erlösung gefunden, muß er sich von der unbewußten Sinnlichkeit befreien. Der Mensch von großem spirituellen Wissen ist sich immer der unausweichlichen Vergänglichkeit aller Materie bewußt. Wer um das letztendliche Schicksal weiß, ist niemals bekümmert. Nun, gelehrter Brahmane, daher traure ich niemals. Ich stehe hier in diesem Leben und erwarte meine Zeit. Und niemals verwirren mich Zweifel.

Der Brahmane sprach:
Du bist weise, höchst spirituell und groß ist deine Klugheit. Ich sehe keinen Grund, in dir einen Fehler zu finden. Adieu, du bester, frommer Mann, mögest du immer wohl sein. Möge dich deine Rechtschaffenheit stets beschützen und dein Eifer bei der Praxis der Tugend nie nachlassen.

Der Vogelfänger sprach:
So sei es.

Und Markandeya fuhr fort:
Dann umrundete der gute Brahmane den Vogelfänger und ging davon. Voller Entschlossenheit kehrte er zu seinen alten Eltern zurück, um für sie zu sorgen. Nun, frommer Yudhishthira, habe ich dir in allen Einzelheiten diese Geschichte voll moralischer Belehrung erzählt, nach der du, mein guter Sohn, mich gefragt hast – nach der Tugend der Hingabe einer Frau an ihren Ehemann und nach der elterlichen Frömmigkeit.

Yudhishthira antwortete:
Oh frommer Brahmane und bester Muni, dies war eine wunderbare, gute und moralische Geschichte. Dir lauschend, glitt mir die Zeit wie in nur einem Moment vorüber. Doch ich bin noch lange nicht gesättigt und möchte mehr über das Dharma hören.


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