Akritavrana fuhr fort:
Jamadagni gab sich dem Studium des Veda und der Praxis geheiliger Buße hin und wurde berühmt für seine außerordentliche Enthaltsamkeit. Er folgte einem methodischen Studium und wurde ein Meister über den gesamten Veda. Später besuchte er Presenajit und warb um die Hand Renukas. Der König gab seinem Gesuch statt, und Jamadagni, die Freude des Bhrigu Geschlechts, heiratete sie und ließ sich mit ihr in einer Einsiedelei nieder, wo er sein asketisches Leben mit ihr an seiner Seite fortführte. Sie gebar ihm vier Söhne, und Rama war der fünfte. Und obwohl Rama der Jüngste war, so übertraf er doch alle an Verdienst.
Eines Tages, als ihre Söhne ausgegangen waren, um Früchte zu sammeln, begab sich die reine und enthaltsame Renuka zum Bade. Auf ihrem Rückweg geschah es, daß sie dem König von Marttikavata begegnete, der mit seinen Ehefrauen im Wasser spielte. Er trug auf seiner Brust einen Lotuskranz und hatte einen großartigen Körperbau. Renuka sah ihn, und Begehren erfüllte sie, welches sie nicht beherrschen konnte. Dieses unrechte Gefühl vergiftete sie noch im Wasser stehend, und mit ängstlichem Herzen kehrte sie heim. Ihr Gatte erkannte sofort ihren Zustand, und sein Geist erhob sich mächtig, kraftvoll und zornig. Er schleuderte der Leichtsinnigen, welche der Glanz der Keuschheit verlassen hatte, ein tadelndes „Schande!“ entgegen. In diesem Moment kehrten die ersten vier Söhne heim, erst der Älteste, Rumanvan, dann Shushena, Vasu und auch Viswavasu. Der mächtige Heilige befahl ihnen allen, dem Leben ihrer Mutter ein Ende zu bereiten. Doch sie verzweifelten, verloren allen Mut und konnten nicht einmal ein Wort murmeln. So verfluchte er wütend seine vier Söhne, welche dadurch ihren Verstand verloren und ganz dumpf und starr wurden, ähnlich den Tieren. Da kam als letzter Rama heim, und auch ihm befahl der starkarmige und askesereiche Jamadagni:
Töte ohne alle Bedenken deine unwürdige Mutter, mein Sohn!
Sofort nahm Rama eine Axt und trennte seiner Mutter den Kopf ab. In dem Augenblick war der Zorn von Jamadagni mit der mächtigen Seele gestillt, und er sprach friedvoll:
Du hast auf mein Wort hin eine schwierige Tat vollbracht, mein Sohn, denn du bist voller Tugend. Welche Wünsche auch immer in deinem Herzen weilen mögen, ich gewähre sie dir alle. Bitte mich nur.
So bat Rama darum, daß seine Mutter wieder zum Leben erweckt werden sollte, daß er nicht von der Erinnerung an die gräßliche Tat verfolgt und von keiner Sünde befleckt würde, daß seine Brüder wieder in ihren ursprünglichen Zustand kommen sollten und er keinen Ebenbürtigen auf dem Schlachtfeld kennen und ein langes Leben haben würde. Jamadagni, dessen Buße immer äußerst streng gewesen war, erfüllte alle Bitten seines Sohnes.
Doch eines Tages, als wieder einmal alle Söhne ausgegangen waren, kam der tatendurstige Sohn von Kritavirya, der tausendarmige Arjuna, aus seinem Land unweit vom Meer zur Einsiedelei und wurde von der Gattin des Heiligen gastfreundlich empfangen. Doch der starke und deswegen übermütige Krieger bezeichnete den Empfang als unzureichend und schleppte mit Gewalt das Kalb aus der Einsiedelei weg, welches die Milch für die heilige Opferbutter lieferte, und mißachtete auch das gequälte Muhen der Kuh. Dann verwüstete er noch absichtlich die Einsiedelei und fällte die großen Bäume, bevor er ging. Als Rama heimkehrte, erzählte ihm sein Vater alles, was geschehen war. Und in Ramas Herzen erhob sich Ärger, als er das traurige Muhen der Kuh um ihr Kalb vernahm. Er rüstete sich zum Kampf gegen Arjuna, dessen Ende nahte. Mit heldenhaftem Mut auf dem Schlachtfeld schoß Rama scharfe Pfeile von einem schönen Bogen und trennte Arjunas tausend Arme ab, die so gewaltig waren wie massive Holzbalken zum Versperren von Torbögen. So besiegte Rama seinen Feind, der bereits in der Hand des Todes war. Doch die Brüder und Gefährten von Arjuna packte die Wut gegen Rama, und sie stürmten zur Rache gegen Jamadagni in seiner Einsiedelei, als Rama nicht da war. Zwar waren seine Kräfte übergroß, doch er hatte sich der Enthaltsamkeit verschrieben, und so kämpfte er nicht. Nur Ramas Namen rief er laut und immer wieder, solange ihn die Krieger angriffen. Doch die Söhne Kartyaviryas hatten kein Mitgefühl und erschossen den Weisen mit ihren Pfeilen. Als Rama mit Holz für das Opferfeuer heimkam, hatte sein Vater bereits seinen letzten Atemzug getan, und die Krieger waren längst fort. Da beweinte der heldenhafte Rama den unwürdigen Tod seines Vaters, und sein Kummer wurde übermächtig.