Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 63 – Damayanti erwacht

Vrihadashwa erzählte weiter:
Nun König, nachdem Nala fortgegangen war, erwachte die wunderschöne Damayanti erfrischt und auch ängstlich im einsamen Dschungel. Als sie Nala nicht entdecken konnte, schrie sie laut und gellend auf und rief voller Gram und Elend:
Oh Herr! Mächtiger Monarch! Mein Gemahl! Hast du mich verlassen? Weh, ich bin verloren und fürchte mich schrecklich an diesem einsamen Ort! Oh ruhmreicher Prinz, du bist doch wahrhaft in deinen Worten und kennst die Moral. Wie konntest du mich verlassen, als ich schlief, wo du mir doch dein Wort gabst? Oh, warum verstießest du dein tüchtiges Weib, welche dir immer ergeben ist? Warum tatest du mir das an, wo nicht ich, sondern andere dir dies Leid zufügten? Oh König der Menschen, du mußt doch immer deinen Worten getreu handeln, zumal du sie zu mir sprachest in Anwesenheit der Wächter der Welten. Ach du Bulle unter den Männern, daß deine Frau auch nur noch einen Moment weiterlebt, nachdem du sie verlassen hast, geschieht wohl nur, weil uns Sterblichen der Tod zur gewissen Stunde bestimmt ist.

Ach Bulle unter den Männern, genug des Scherzes! Ich habe gräßlich Angst, du Unbezähmbarer! Zeig dich mir, oh Herr! Ich sehe dich, mein König! Ich sehe dich schon, oh Naishadha. Du versteckst dich hinter diesen Büschen dort! Doch warum antwortest du mir nicht? Es ist grausam von dir, oh großer König, wenn du siehst, wie ich leide und weine, daß du nicht kommst und mich beruhigst. Ich weine doch nicht um mich oder irgendwelche Sachen. Ich gräme mich allerdings schrecklich, wenn ich mir vorstelle, wie du deine Tage ganz allein verbringst, oh König. Wenn du dich am Abend hungrig, durstig und müde unter den Bäumen zur Ruhe legst, wie wird es dir ergehen, wenn ich nicht bei dir bin?

So weinte Damayanti schmerzlich und klagte immer fort, während sie suchend hin und her lief. Mal sprang die hilflose Prinzessin auf, mal sank sie benommen nieder. Mal erbebte sie vor Grauen und immer weinte sie laut und heftig. So brannte die ihrem Gatten hingegebene Tochter Bhimas in ihrer Qual, verlor ab und an das Bewußtsein, stöhnte immerzu, weinte und rief dann entschlossen:
Das Wesen, durch dessen Fluch der leidende Nala solche Pein erleidet, soll Schmerzen ertragen, die noch viel größer sind als die unseren! Möge dieses Wesen, welches meinen Nala mit dem sündenlosen Herzen in diese Lage gebracht hat, ein viel elenderes Leben mit noch größeren Leiden ertragen!

Die Schlange und der Jäger

Klagend macht sich dann die gekrönte Gefährtin des ruhmreichen Königs auf die Suche nach ihrem Herrn. Sie durchstreifte den Wald, indem es von Raubtieren nur so wimmelte, wie eine Wahnsinnige kreuz und quer und schrie bitterlich weinend nach ihrem Gatten. Ihre Stimme scholl so weit wie die eines Straußes, und mit lauten Klagen und mitleiderregenden Tränen kam sie einer riesigen Schlange zu nahe. Die Schlange verspürte Hunger und umschlang blitzschnell die weinende Damayanti, welche immer weiter weinte, doch nicht um sich, sondern nach wie vor um ihren Gatten. So rief die schöne Dame inmitten der Schlangenspirale:
Oh Herr, warum stürmst du nicht heran, wo ich in Gefahr und ohne Schutz bin, da mich in dieser Wildnis die Schlange ergriff? Oh mein Herr, wie wird es dir ergehen, wenn du an mich denkst? Ach, warum hast du mich in dieser Einsamkeit verlassen? Wenn der Fluch vorüber ist, dir Vernunft und Sinne wiederkommen, und auch der Wohlstand wieder dein ist, wie wird es dir ergehen, wenn du dann an mich denkst? Ach mein Gemahl, wer wird dich trösten, wenn du Hunger, Durst und Erschöpfung erleiden mußt?

So weinte sie immer fort, während ein Jäger ihre Klagen hörte und schnell näher eilte. Er entdeckte die Schöne mit den großen Augen, wie die Schlange sie gefangen hielt, stürmte heran und schnitt der Schlange mit scharfer Klinge den Kopf ab. Dann befreite er die Dame aus dem toten Reptil, besprühte sie mit Wasser, gab ihr zu essen und sprach beruhigend auf sie ein:
Oh du mit den Augen einer jungen Gazelle, wer bist du? Warum kamst du in diese einsamen, wilden Wälder? Sprich, du Schöne, wie kam es, daß du in solch schreckliche Gefahr gerietst?

So erzählte ihm Damayanti alles, was geschehen war. Doch während sie sprach, hatte der Jäger Muße, die Schöne zu betrachten, ihren tiefen Busen und die runden Hüften in nur einem halben Kleid, die zarten und makellosen Glieder, das schöne Gesicht, so ebenmäßig wie der volle Mond, die reizvoll geschwungenen Augenbrauen über langen, gebogenen Wimpern, und dazu ihre honigsüße Rede. Da entflammte in ihm die Wollust, und vom Gott der Liebe ergriffen begann der Jägersmann mit sanfter Stimme und gewinnenden Worten, um die Schöne zu werben. Doch sofort, als die keusche Damayanti seine Absicht verstand, loderte brennender Zorn in ihr auf. Doch der ungehobelte Mann brannte vor Begierde, wurde ärgerlich und versuchte, sie mit Gewalt zu beugen. Doch Damayanti war so unbesiegbar wie eine hell lodernde Flamme. Bereits außer sich vor Kummer wegen des Verlustes von Ehemann und Königreich verfluchte sie den Mann zornvoll in dieser jammervollen Stunde jenseits aller Worte:
Da ich niemals an einen anderen als Nala gedacht habe, möge dieser gemeine Lump, der von der Jagd lebt, leblos zu Boden sinken.

Als sie das letzte Wort von ihren Lippen entlassen hatte, fiel der Jäger leblos zu Boden wie ein vom Feuer verschlungener Baum.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter