Vaisampayana fuhr fort:
Als Utanka den König erblickte, wie er mit scheußlicher Miene und blutverschmiertem Bart dasaß, war er nicht im geringsten aufgeregt, obwohl der energiereiche Monarch wahrlich Terror in jeder Brust erwecken konnte. Wie ein zweiter Yama sah er aus, als er sich beim Anblick Utankas erhob und rief:
O welch ein Glück, bester Brahmane, daß du zu mir zur sechsten Stunde des Tages kommst, wenn ich nach Nahrung suche.
Doch Utanka erwiderte:
Großer König, ich kam hierher, um meinem Lehrer zu dienen. Und die Weisen sagen, daß man nicht verletzt werden sollte, solange man seinem Lehrer unterstellt ist.
Der König gab zurück:
Bester Brahmane, mir wurde zur sechsten Stunde Nahrung bestimmt. Und ich bin hungrig. Ich kann dich nicht entkommen lassen.
Utanka sprach:
So möge es sein, oh König. Laß uns einen Handel abschließen. Wenn ich nicht mehr für meinen Lehrer unterwegs bin, werde ich wiederkommen und mich dir übergeben. Ich habe gehört, oh bester König, daß das, was ich für meinen Lehrer suche, unter deiner Herrschaft ist. Darum bitte ich dich darum, oh Monarch. Du gibst täglich viele kostbare Juwelen an die hohen Brahmanen, und deine Geschenke sind es würdig, akzeptiert zu werden. Auch ich habe dir Würdiges zu bieten, bester König. Wenn ich deine Gabe für meinen Lehrer angenommen habe, komme ich wieder und stehe dir zur Verfügung. Das versichere ich dir aufrecht. Es ist keine Falschheit in meinen Worten. Denn niemals zuvor habe ich etwas Unwahres gesprochen, nicht einmal im Scherz. Und schon gar nicht bei anderen Gelegenheiten.
Saudasa sprach:
Wenn ich dir das Objekt, welches du für deinen Lehrer suchst, wirklich übergeben kann, und wenn ich als einer erachtet werde, von dem man Geschenke annimmt, dann sage mir, worum es sich handelt.
Utanka antwortete:
Oh bester Mann, ich meine, du bist würdig zu schenken. Darum komme ich, um von dir die Juwelen- Ohrringe zu erbitten, die deine Königin trägt.
Saudasa sprach:
Der Schmuck gehört meiner Gattin, oh gelehrter Rishi. Du mußt sie von ihr erbitten. Drum bitte mich um etwas anderes. Ich werde es dir gewähren, oh du mit den vorzüglichen Gelübden.
Utanka blieb jedoch standhaft:
Wenn wir nur irgendein Ansehen verdienen, dann hör auf, solchen Vorwand zu bemühen. Gib mir dir Juwelen- Ohrringe und sei wahrhaft in deiner Rede, oh König.
Da sprach der König:
Dann geh auf mein Wort zu meiner ehrenwerten Königin, bester Mann, und sprich zu ihr: „Gib!“ Sie ist von reinen Gelübden und wird dir sicher auf mein Gebot hin geben, was du erbittest.
Utanka fragte:
Wie soll ich deine Königin finden, oh großer Herrscher? Und warum gehst du nicht selbst zu ihr?
Saudasa gab zurück:
Du wirst sie in der Nähe der Waldquelle finden. Ich kann sie nicht zur sechsten Stunde besuchen.
So verließ Utanka den Ort und fand die Königin Madayanti. Er erzählte ihr vom Gebot ihres Gatten, und die Dame mit den großen Augen stimmte zu:
Es ist genauso, oh Zweifachgeborener. Doch du solltest mir versichern, oh Sündenloser, daß nichts Falsches in deiner Rede ist. Es ziemt sich für dich, mir ein Zeichen meines Gatten zu überbringen. Und wisse auch, meine kostbaren Juwelen- Ohrringe sind so begehrt, daß die Götter, Yakshas und großen Rishis immer auf Gelegenheiten warten, sie davonzutragen. Wenn der Schmuck auch nur einen Augenblick auf die Erde gelegt wird, stehlen ihn die Nagas. Trägt ihn jemand, der sich durch Nahrung verunreinigt hat, dann nehmen ihn die Yakshas fort. Und fällt der Träger in Schlaf, dann schnappen ihn sich die Götter. Es ist also recht einfach, die Ohrringe zu verlieren, wenn man achtlos ist. Dafür erschaffen die Ohrringe Tag und Nacht Gold. Und des Nachts erstrahlen sie so prächtig, weil sie das Licht der Sterne in sich aufnehmen. Wer sie trägt, oh Heiliger, wird von Hunger, Durst und vielen Ängsten befreit, wie vor Feuer, Gift und allen Arten von Gefahr. Trägt sie jemand von kurzer Statur, verkleinern sie sich entsprechend. Und trägt sie ein Hochgewachsener, dann werden sie groß. Das sind die Tugenden meiner Ohrringe. Sie werden überall geehrt und gepriesen und sind in allen drei Welten berühmt. Drum bring mir ein Zeichen meines Gatten.