Pushpak Mahabharata Buch 14Zurück WeiterNews

Kapitel 50 – Brahma über den Weg

Brahma sprach:
Nun denn, so werde ich euch erklären, wonach ihr fragt. Lernt, was der Lehrer einst dem Schüler sagte, als dieser fragend zu ihm kam. Hört es euch genau an, und entscheidet. Anderen Wesen keinen Schaden zufügen ist die höchste aller Aufgaben im Leben. Dies ist die höchste Stätte, frei von Sorge und ein Hinweis auf Heiligkeit. Die Alten, welche Wahrheit in sich tragen, sagen, daß reine Erkenntnis das höchste Glück bedeutet, denn man wird von allen Sünden befreit. Wer sich an Gewalt und Zerstörung erfreut und ungläubig handelt, der muß wegen seiner Habgier und Illusion in die Hölle gehen. Wer ungezügelt mit selbstsüchtiger Hoffnung und Erwartung handelt, wird immer wieder in diese Welt geboren und jagt dem Glück hinterher. Doch die Weisen handeln mit Vertrauen und ohne eigene Erwartung und können ihren Geist zügeln und alles klar erkennen.

Nun werde ich über die Gleichheit und Ungleichheit von Geist und Natur sprechen. Hört, ihr besten Menschen. Die Beziehung zwischen den beiden ist wie die zwischen Objekt und Subjekt. Der Geist ist immer das Subjekt, und die Natur das Objekt. Ich habe schon erwähnt, daß man auch sagen könnte, die beiden sind wie Mücke und Feigenbaum. Als Objekt der Sinneswahrnehmung ist die Natur an sich unintelligent und erkennt nichts. Der Kshetrajna ist der, der sich an der Natur erfreut. Die Weisen sagen, die Natur ist aus Gegensätzen gemacht (und hat Eigenschaften), während der Kshetrajna keine Gegensätze oder Trennung in Teile kennt, ewig frei und in seiner Essenz ohne Eigenschaften ist. Er lebt in allem gleichermaßen und bewegt sich mittels Erkenntnis. Er erfreut sich an der Natur wie ein Lotusblatt am Wasser. Und da er reine Erkenntnis ist, wird er niemals beschmutzt, auch wenn er mit den Eigenschaften in Berührung kommt. Er haftet an nichts an, wie der perlende Wassertropfen auf dem Lotus. Und es ist die sichere Schlußfolgerung, daß die Natur eine Erscheinung des Geistes ist. Ihre Beziehung kann auch beschrieben werden wie die zwischen der Materie und dem Schöpfer. Wie man mit einem Licht in die Dunkelheit tritt, so schreiten die nach dem Höchsten Suchenden mit dem Licht (des Geistes) durch die Natur. Solange Materie und Qualität existieren (wie Öl und Docht), solange scheint das Licht. Doch wenn sich Materie und Qualität erschöpfen, dann erlischt die Flamme. Die Natur ist offenkundig, der Geist nicht. Versteht dies zutiefst, ihr gelehrten Brahmanen.

Nun, ich werde euch noch etwas erzählen. Selbst mit tausend Belehrungen gelingt es dem Verwirrten nicht, irgendein Wissen zu erlangen. Doch wer genügend Verdienst hat, wird schon nach wenigen Worten weise. Die Erfüllung der Pflicht (also das Streben nach Erkenntnis) hängt auch von den geeigneten Mitteln ab. Der kluge, verdienstvolle Mensch gelangt durch das Mittel der Weisheit zur höchsten Seligkeit. Wie ein Reisender auf seinem beschwerlichen Weg durch die Einöde genügend Proviant benötigt, um sein Ziel zu erreichen, so benötigt man genügend Verdienste als Früchte tugendhafter Taten für den Yoga-Weg. Deshalb ist es sehr nützlich, genau zu untersuchen, was heilsam ist oder auch nicht. Ohne das rechte Wissen und die rechten Mittel gleicht man einem barfüßigen Wanderer, der sich auf einer langen, qualvollen und ihm unbekannten Straße abhetzt. Der Weise fährt auf derselben Straße gelassen in einem Wagen, der von schnellen Pferden gezogen wird. Wer jedoch am Wagen anhaftet und nicht hinab zur Erde schaut (und absteigt), wenn er in steinige Berge kommt, der trifft sicherlich auf Qual und Verwirrung. Der Weise fährt auf dem Wagen nur so weit, so lange es eine Straße für den Wagen gibt. Endet die Straße, steigt er ab, läßt den Wagen zurück und geht zu Fuß weiter. So wandert der kluge Mensch, welcher um Yoga, Weisheit und Demut weiß. Mit den drei natürlichen Qualitäten bekannt fühlt er in jedem Moment, was getan werden muß. Ein Unwissender mag sich in den Ozean stürzen und nur mit den Armen schwimmend untergehen. Der Weise jedoch besteigt ein Boot mit Segeln und überquert das Wasser, ohne zu ermüden. Am anderen Ufer angekommen läßt er das Boot zurück, denn er ist vom Gedanken an „mein“ befreit. Nun, das ist das gleiche Symbol wie beim Wagenfahrer und Fußgänger. Wer von Illusion durch Anhaftung überwältigt wird, der hängt wie ein Fischer an seinem Boot. Wer von ichhaften Gedanken besessen ist, der bewegt sich nur in sehr engen Grenzen. Denn hat er einmal das Boot bestiegen, kommt er nicht heraus und kann nicht an Land wandern. Oder sitzt er einmal im Wagen, kann er nicht mehr laufen oder schwimmen. (Deshalb sollte man an den Mitteln nicht anhaften.) Verschiedene Situationen bedürfen verschiedener Taten und Mittel. Und wie eine Handlung in dieser Welt vollbracht wird, so ist die Wirkung auf den Handelnden.

Was ohne Geruch, Geschmack, Berührung und Klang ist, worüber die Heiligen meditieren mithilfe der Vernunft, das ist das Pradhana (das Meer der Ursachen). Nun, Pradhana ist nicht offenkundig (bzw. manifest). Eine Wirkung des Unmanifesten ist Mahat (die universale Intelligenz), und eine Wirkung von Mahat ist das Ichbewußtsein. Aus diesem entstehen die fünf großen Elemente, aus denen wiederum die Sinnesobjekte gebildet werden. Das Unmanifeste ist wie ein Samen. Es ist in seinem Wesen wirksam. Dies sagt man auch von der Großen Seele und dem Ichbewußtsein, von den fünf Elementen und den Sinnesobjekten, welche immer wieder Wirkungen der Wirkungen sind. Sie alle haben den Geist als Grundlage. Unter ihnen hat der Raum eine Eigenschaft (Klang), der Wind zwei (Klang, Fühlbarkeit), das Feuer drei (Klang, Fühlbarkeit, Sichtbarkeit), das Wasser vier (Klang, Fühlbarkeit, Sichtbarkeit, Geschmack) und die Erde mit ihren Lebewesen und Dingen hat fünf Eigenschaften. Sie ist eine Göttin, welche die Quelle aller Produkte ist, sowohl der heilsamen als auch der unheilsamen. Klang, Fühlbarkeit, Sichtbarkeit, Geschmack und Geruch – dies sind die fünf Eigenschaften der Erde, ihr Besten der Zweifachgeborenen. Der Geruch gehört zur Erde und hat viele Nuancen, die ich euch jetzt aufzählen werde. Geruch kann angenehm oder unangenehm sein, süß, sauer, beißend, vielfach oder einfach, ölig, trocken oder frisch. So kann der Geruch in zehn Arten eingeteilt werden. Klang, Fühlbarkeit, Sichtbarkeit und Geschmack sind die Eigenschaften des Wassers. Ich werde euch die Arten des Geschmacks aufzählen, welcher zum Wasser gehört und sechs Sorten kennt: Süß, sauer, scharf, bitter, adstringierend (zusammenziehend) und salzig. Klang, Fühlbarkeit und Sichtbarkeit sind die Eigenschaften des Feuers (bzw. Lichts). Hört die verschiedenen Arten von Farbe und Form, welche zum Feuerelement gehören. Es gibt weiß, schwarz, rot, blau, gelb und grau und auch kurz, lang, winzig, groß, eckig und rund – dies sind die zwölf Arten von Farbe und Form. Wahrhaft sprechende und pflichtbewußte Brahmanen in ehrbarem Alter sollten dies verstehen. Klang und Fühlbarkeit sind die zwei Eigenschaften des Windes. Und es gibt verschiedene Arten der Berührung: grob, kalt, heiß, zart, klar, rauh, ölig, samtig, schleimig, schmerzhaft und weich – diese zwölf Arten kann die Berührung haben, die zum Wind gehört. Das sagen die mit Erfolg gekrönten Brahmanen, welche die Wahrheit erkannt haben. Nun, der Raum hat nur eine Eigenschaft, das ist der Klang. Ich werde euch nun ausführlich die Arten von Klang aufzählen. Shadaja, Rishabha, Gandhara, Madhyama, Panchama, Nishada und Dhaivata (die Noten der indischen Tonleiter) gibt es, dann noch angenehme Töne, unangenehme, eintönige und vieltönige. So kennt man die zehn Arten von Klang, welcher aus dem Raum geboren wird. Der Raum ist das höchste Element. Darüber kommt das Ichbewußtsein, dann das Verständnis, die Seele, das Unmanifeste und dann der Purusha (der Höchste Geist). Wer diese hohen und tiefen Ebenen unter den existierenden Geschöpfen erkennt und auf diese Weise auch die Rangfolgen unter den Taten, der erkennt sich selbst als die Seele aller Geschöpfe und gelangt zur Unveränderlichen Seele.


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