Pushpak Mahabharata Buch 14Zurück WeiterNews

Kapitel 32 – König Janaka und der Brahmane

Der Brahmane sprach:
Es gibt da eine alte Geschichte, oh Dame, vom Gespräch zwischen einem Brahmanen und König Janaka.

Eines Tages beleidigte ein Brahmane den König, und dieser wollte ihn strafen, indem er sprach:
Du sollst nicht mehr in meinem Reich leben!

Der Brahmane jedoch fragte:
Dann sage mir, oh König, was die Grenzen des Territoriums sind, welches dir gehorcht. Ich möchte wirklich deinem Wort folgen, oh Herr der Erde, und im Reich eines anderen Königs leben.

Da schwieg der König lange, atmete schwer und seufzte tief. Wie der Planet Rahu die Sonne überwältigt, so umwölkte sich dann plötzlich seine Gedankenwelt, und der König mit der unermeßlichen Energie saß still und in Mediation vertieft. Als sich die Dunkelheit in seinem Gemüt wieder verzogen hatte, wurde der König friedlich und sprach zum ruhmreichen Brahmanen:
Ich habe wohl ein großes Königreich geerbt, das ich regiere und das mir dient, und doch konnte ich mein Reich nicht finden, so sehr ich auch die ganze Erde durchsuchte. Als ich auf Erden nicht fündig wurde, suchte ich in Mithila. Als ich es in Mithila nicht fand, suchte ich es unter meinen Kindern. Und als ich es auch dort nicht fand, umwölkte sich mein Geist. Nachdem sich diese Wolke wieder aufgelöst hatte, kam die Weisheit zu mir zurück. Und ich verstand, ich habe gar kein Reich, und alles ist mein Reich. Dieser Körper ist nicht mein, und die ganze Erde ist mein. Und gleichzeitig denke ich, was mein ist, ist auch anderen. So lebe hier, so lange du möchtest, und erfreue dich am Land, wie es dir beliebt.

Der Brahmane sprach zu Janaka:
Wenn es so ein großes, von deinen Vätern geerbtes Königreich gibt, so sage mir, auf welchem Verständnis beruhend konntest du die Idee von „mein“ loslassen? Und wie hast du verstanden, daß alles dein Reich ist? Und wie kam es, daß du meinst, kein Reich zu haben, obwohl alles dein Reich ist?

Janaka antwortete:
Ich habe verstanden, daß alle Dinge unter allen Umständen hier zeitlich begrenzt sind. Und so konnte ich nichts finden, was ich „mein“ nennen konnte. Dann dachte ich, daß die vedischen Texte jedem angehören. Und wieder konnte ich nichts finden, was „mein“ genannt werden konnte. Und so verließ mich die Idee von „mein“. Höre nun, was mich veranlaßte zu verstehen, daß mein Reich überall sei. Für mich selbst begehre ich nicht die Gerüche, die in meiner Nase sind. So wurde die ganze Erde von mir erobert und ist mir untertan. Für mich selbst begehre ich nicht den Geschmack, der mir auf der Zunge liegt. Und so ist das ganze Wasser von mir besiegt und mir untertan. Für mich selbst begehre ich nicht die Formen, die mein Auge erblickt. Und so ist das Licht von mir erobert und dient mir. Für mich selbst begehre ich nicht die Berührungen meiner Haut, und so ist der Wind besiegt und immer mein Diener. Für mich selbst begehre ich nicht den Klang, der an mein Ohr dringt. So habe ich den ganzen Raum besiegt, und er ist mir untertan. Für mich selbst begehre ich nicht die Gedanken, die immer in meinem Geist sind. Und so ist der Geist von mir besiegt und mir untertan. Alle meine Taten sind dem Wohle der Götter, Ahnen, Geisterwesen (Bhutas) und Gäste gewidmet.

Da lächelte der Brahmane und sprach noch einmal zu Janaka:
Wisse, daß ich Dharma bin, der heute zu dir kam, um dich zu prüfen. Du bist wahrlich ein Mann, der das Rad in Bewegung setzen kann; dieses niemals zurückrollende Rad, dessen Umfang die Güte ist, Brahma die Nabe, und das Verständnis sind die Speichen.


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