Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 94 - Eine ähnliche Geschichte über die Tugend

Bhishma sprach:
In gleicher Weise wird auch folgende alte Geschichte über die Eide (von vielen Rishis) anläßlich ihres Aufenthaltes an heiligen Gewässern erzählt. Oh Bester der Bharatas, auch hier wurde die Handlung des Diebstahls durch Indra begangen, und ebensolche Eide wurden von zahlreichen königlichen und zweifachgeborenen Rishis geschworen. Eines Tages hatten sich die großen Rishis im Westen von Prabhasa versammelt. Dort berieten sie sich und faßten den Entschluß, alle heilige Gewässer auf Erden zu besuchen. Unter ihnen waren Sukra und Angiras, der gelehrte Kavi und Agastya, Narada und Pravata, sowie Bhrigu, Vasishta, Kasyapa, Gautama, Vishvamitra und Jamadagni, oh König! Auch Rishi Galava, Ashtaka, Bharadwaja, Arundhati, Sivi, Dilipa, Nahusha, Ambarisha, der königliche Yayati, Dhundhumara, Puru und die Valakhilyas waren dabei. Diese Ersten der Menschen wählten den hochbeseelten Indra, der den Dämonen Vritra geschlagen hat, als ihren Führer und gingen nacheinander zu all den heiligen Gewässern. So erreichten sie den höchst heiligen Fluß Kausiki am Tag des Vollmondes im Monat Magha. Und nachdem sie sich dort von allen Sünden durch die Waschungen im heiligen Wasser gereinigt hatten, gingen sie zum höchst heiligen Brahmasara weiter. In diesem See badeten die Rishis, die mit der Energie des Feuers erstrahlten, und begannen, die Stengel der Lotusblumen zu sammeln, um sie zu essen. Einige unter den Brahmanen zogen die Stengel der Lotusblumen und andere der Seerose heraus. Plötzlich sahen sie jedoch, daß die von Agastya gesammelten Stengel am Ufer durch irgend jemanden gestohlen worden waren. Da sprach Agastya, der Erste der Rishis, zu allen:
Wer hat die guten Stengel genommen, welche ich herausgezogen und hier abgelegt hatte? War es jemand unter den Anwesenden? Möge er mir das Genommene zurückgeben! Es war nicht gut, diese Stengel zu stehlen. Wir haben ja gehört, daß die Zeit die Kraft der Gerechtigkeit angreift. Diese Zeit ist nun über uns gekommen und deshalb wird die Gerechtigkeit so verletzt. Ich sollte jetzt für ewig zum Himmel aufsteigen, bevor die Ungerechtigkeit die Welt ganz ergreift und sich hier einrichtet. Bevor die Zeit kommt, daß Brahmanen die Veden lauthals in der Nähe von Dörfern und Städten deklamieren und die Shudras bitten, ihnen zuzuhören, und bevor die Zeit kommt, daß Könige immer öfters gegen die Regeln der Tugend und Gerechtigkeit aus politischen Motiven verstoßen, sollte ich für ewig zum Himmel aufsteigen. Bevor die Menschen aufhören, zwischen heilsam, neutral und unheilsam zu unterscheiden, und bevor Unwissenheit die Welt überwältigt und alles Wahre in Dunkelheit verhüllt, sollte ich für ewig zum Himmel aufsteigen. Bevor die Zeit kommt, daß die Starken die Schwachen unterdrücken und als Sklaven behandeln, sollte ich für ewig zum Himmel aufsteigen. Wahrlich, ich wage es nicht, auf Erden zu bleiben, um diesen Niedergang zu bezeugen.

Doch die Rishis, die von dieser Rede schwer betroffen waren, antworteten gemeinsam diesem großen Asketen:
Wir haben deine Lotusstengel nicht gestohlen! Du solltest uns nicht verdächtigen. Oh großer Rishi, wir werden die schrecklichsten Eide schwören!

Nachdem sie diese Worte gesprochen hatten und sich ihrer Unschuld bewußt waren, begannen die Rishis und königlichen Weisen nacheinander die folgenden Eide zu schwören, um die Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten.

Bhrigu sprach:
Den Dieb deiner Lotusstengel soll Tadel und Schuld treffen, auf daß er sich getadelt und schuldig fühle! Er soll das Fleisch vom Rückgrat der Tiere essen (die im Opfer geschlachtet wurden, was als schwere Sünde zählt)!

Vasishta sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll seine vedischen Studien vernachlässigen, Hunde an der Leine führen und als selbstgewählter Bettler in einer Stadt leben! (Denn ein Bettler sollte über die Erde wandern und dort schlafen, wo ihn die Nacht einholt. Als Bettler in einer Stadt zu leben, zählt als Sünde.)

Kasyapa sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll alle Dinge an allen Orten verkaufen, anvertrautes Gut unterschlagen und falsche Beweise geben!

Gautama sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll überall seinen Stolz zeigen, einen Verstand haben, der die Wesen nicht mit gleichem Auge sehen kann, und stets vom Einfluß der Begierde und des Zorns beherrscht sein! Möge er gierig die Erde beackern (was für Brahmanen Sünde ist) und voller Böswilligkeit leben!

Angiras sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll immer unrein sein! Möge er als tadelnswerter Brahmane leben, Hunde an der Leine führen und des Brahmanenmordes schuldig sein. Und nachdem er Sünde begangen hat, soll er der Reue und Buße abgeneigt sein!

Dhundhumara sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll seinen Freunden gegenüber undankbar sein! Möge er seine Geburt durch eine Shudra Frau nehmen und alle guten Speisen selbst essen, ohne mit anderen zu teilen!

Dilipa sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll in die Bereiche des Elends und der Schande fallen, die für jene Brahmanen bestimmt sind, die mit einer Shudra Frau sexuell verkehren oder in einem Dorf wohnen, wo es nur einen Brunnen gibt (denn Brahmanen sollten nicht dort schöpfen, wo auch das gewöhnliche Volk schöpft)!

Puru sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll den Beruf eines Quacksalbers annehmen! Möge er vom Verdienst seiner Ehefrau leben müssen und seine Nahrung von seinem Schwiegervater beziehen!

Sukra sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll das Fleisch von Tieren verzehren, die nicht in Opfern dargebracht wurden! Möge er sexuelle Vereinigung während der Tageszeit pflegen und (als Brahmane) ein Diener des Königs sein!

Jamadagni sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll die Veden an verbotenen Tagen oder Orten studieren. Möge er seine Freunde in seinen Sraddhas beköstigen, und möge er in den Sraddhas von Shudras beköstigt werden!

Sivi sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll sterben, ohne ein Feuer (für das tägliche Opfer) gepflegt zu haben! Möge er schuldig sein, die Ausführung der Opfer von anderen behindert zu haben, und möge er mit denen Streit suchen, die der Entsagung gewidmet sind!

Yayati sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll der sexuellen Vereinigung mit seiner Ehefrau schuldig werden, wenn sie nicht in ihrer fruchtbaren Phase ist und er selbst ein Keuschheitsgelübde beachtet und verfilzte Locken trägt! Möge er alle Veden mißachten!

Nahusha sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll in der Häuslichkeit leben, nachdem er das Gelübde der Wandermönche angenommen hat! Möge er zügellos handeln, nachdem er die Initiationsriten für ein Opfer oder bestimmte Gelübde angenommen hat! Möge er gegen Bezahlung Schüler belehren!

Ambarisha sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll sich grausam und ungerecht gegen Frauen, Angehörige und heilige Kühe verhalten! Möge er des Brahmanenmordes schuldig sein!

Narada sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll sich mit diesem Körper identifizieren! Er soll die heiligen Schriften mit einem unwürdigen Lehrer studieren und gegen alle Regeln singen! Möge er seine Eltern und die Älteren ignorieren!

Nabhaga sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll lügen und mit Rechtschaffenen streiten! Möge er seine Tochter in die Ehe geben, nachdem er von seinem Schwiegersohn viel Geld dafür empfangen hat!

Kavi sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll die Sünde begehen, eine Kuh mit seinem Fuß zu treten und gegen die Sonne zu urinieren! Er soll auch jene mißachten, die seinen Schutz suchen!

Vishvamitra sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll ein Diener sein, der seinen Herrn betrügt, und der Priester eines Königs! Möge er auch in Opfern amtieren, in denen er nicht helfen sollte!

Parvata sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll der Herrscher eines Dorfes sein, auf einem Eselskarren reisen und Hunde an der Leine führen!

Bharadwaja sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll alle Schulden ansammeln wie einer, der in seinem Verhalten grausam und in der Rede lügenhaft ist!

Ashtaka sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll ein König ohne Weisheit sein, launisch, sündhaft und geneigt, die Erde ungerecht zu regieren!

Galava sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll berüchtigter sein als ein sündhafter Mensch! Er soll voller Sünde zu seinen Angehörigen und Verwandten handeln und über die Geschenke prahlen, die er anderen gemacht hat!

Arundhati sprach:
Die Diebin deiner Lotusstengel soll schlecht von ihrer Schwiegermutter sprechen! Möge sie Ekel vor ihrem Ehegatten fühlen, und möge sie alles gute Essen allein in ihrem Haus verzehren!

Die Valakhilyas sprachen:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll auf einem Bein am Eingang eines Dorfes stehen (um seinen Lebensunterhalt durch Prahlerei mit seiner Askese zu erbetteln)! Möge er in Kenntnis aller Aufgaben jeglicher Mißachtung schuldig sein!

Sunahsakha sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll ein Brahmane sein, der müßig schläft und sein tägliches Homa versäumt! Möge er sich nach der Initiation als Bettelmönch ungezügelt verhalten und seinen Begierden folgen!

Surabhi sprach:
Die Diebin deiner Lotusstengel soll gemolken werden, während ihre Hinterbeine mit einem Seil aus Menschenhaar gebunden sind (was sehr leidvoll ist). Sie soll mit Hilfe eines Kalbs, daß nicht das ihre ist, Milch geben (was Sünde ist), und diese Milch soll in einen unreinen Behälter fließen!

Bhishma fuhr fort:
Oh Kuru König, nachdem die Rishis und königlichen Weisen diese verschiedenen Eide geschworen hatten, richtete der tausendäugige Führer der Götter voller Freude seinen Blick auf den zornigen Rishi Agastya. Dann sprach Indra zum Rishi, der wegen des Verschwindens seiner Lotusstengel erzürnt war, und erklärte ihm, was in seinem Geist vor sich ging. So höre, oh zweifachgeborener König, die Worte, welche er inmitten der himmlischen Rishis und königlichen Weisen sprach.

Indra sprach:
Der Dieb deiner Lotusstengel soll mit dem Verdienst von dem gesegnet sein, der seine Tochter in die Ehe mit einen Brahmanen schenkt, der das Brahmacharya Gelübde ordnungsgemäß beachtet und die Saman und Yajur Veden studiert hat! Möge er das Verdienst von dem gewinnen, der das abschließende Reinigungsbad nach vollendetem Studium des Atharva Veda vollbracht hat! Möge der, der deine Lotusstengel genommen hat, das Verdienst erreichen, den ganzen Veda studiert zu haben. Möge er alle Aufgaben beachten und in seinem Verhalten rechtschaffen sein. Wahrlich, möge er das Brahman erreichen!

Darauf sprach Agastya:
Oh Vernichter von Vala, du sprichst einen Segen anstatt eines Fluchs! Es ist wohl offensichtlich, daß du meine Lotusstengel genommen hast. Gib sie mir zurück, denn Gerechtigkeit ist ewige Pflicht!

Und Indra antwortete:
Oh Heiliger, ich habe deine Stengel nicht aus Habgier genommen! Wahrlich, ich entfernte sie mit dem Wunsch, diese Versammlung zu hören, wie sie die Tugenden erklären, die wir beachten sollten. Du solltest mir nicht zürnen! Diese Tugenden sind die heiligen Gebote und bilden den ewigen Pfad (um den Ozean der Welt zu durchqueren). Ich habe nun diese Erklärungen der Rishis gehört, die zeitlos, grundlegend und unvergänglich sind. So nimm, oh Erster der gelehrten Brahmanen, die Lotusstengel zurück. Oh Heiliger, mögest du mir meine Übertretung vergeben, denn du bist von jeder Schuld frei!

Bhishma fuhr fort:
So angesprochen durch den Führer der Götter, nahm der erzürnte Asket Agastya seine Lotusstengel zurück, und sogleich war der höchst Intelligente wieder voller Heiterkeit. Danach gingen diese Bewohner der Wälder zu den anderen heiligen Wasserstellen weiter. Wahrlich, sie badeten in jedem heiligen Gewässer und führten überall ihre Waschungen durch.

Wer diese Geschichte an jedem Parva Tag aufmerksam liest, muß nicht zum Vater eines unwissenden und übelgesinnten Sohnes werden. Er wird nie ohne Weisheit sein, und keine Katastrophen werden ihn treffen. Er wird von jeder Sorge frei sein. Alter und Verfall können ihn nicht mehr überwältigen. Befreit von allen Sünden und Übeln wird er voller Verdienst zum Himmel aufsteigen. Wer diese heilige Geschichte vom Verhalten der Rishis studiert, oh König der Menschen, wird zweifellos die ewigen Regionen des Brahman erreichen, die voller Glückseligkeit sind.


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