Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 53 - Wie Chyavana König Kushika versuchte

Yudhishthira fragte:
Was tat der König mit seiner gesegneten Gattin, nachdem der Rishi verschwunden war? Erzähle mir alles, oh Großvater!

Und Bhishma sprach:
Nachdem der König den Rishi aus den Augen verloren hatte, kehrte er zusammen mit seiner Königin von Scham überwältigt, ermüdet und fast besinnungslos zu seinem Palast zurück. Er betrat sein herrschaftliches Haus in traurigster Stimmung und sprach zu keinem ein Wort. Er dachte nur an Chyavana. Mit verzweifeltem Herzen ging er sogleich zu dessen Gemach weiter. Und dort sah er den Sohn von Bhrigu wie zuvor auf seinem Bett hingestreckt liegen, worüber er höchst verwundert war. Wahrlich, höchst denkwürdig war dieses sehr ungewöhnliche Ereignis für König und Königin. Doch der Anblick des Rishis zerstreute ihre ganze Erschöpfung. So nahmen sie wieder ihre Plätze ein und begannen freudig wie zuvor, die Füße des Rishis zu massieren, währenddessen der große Asket zufrieden schlief, auch wie zuvor, nur auf der anderen Seite. Und voller Energie verbrachte er auf diese Weise wieder ganze einundzwanzig Tage. Doch trotz ihrer Qual zeigte das königliche Paar keine Änderung in ihrer Einstellung gegenüber dem Rishi. Und als dieser aus seinem Schlummer erwachte, sprach der Asket zum König und zur Königin: „Reibt meinen Körper mit Öl ein! Ich möchte ein Bad nehmen.“ Und obwohl sie hungrig und müde waren, stimmten sie sogleich zu und näherten sich dem Rishi mit einem kostbaren Öl, das durch hundertfaches Kochen zubereitet worden war. So saß der Rishi bequem, und das Königspaar rieb ihn schweigend ein. Doch der Sohn des Brighu mit dem hohen asketischen Verdienst sprach niemals das Wort „Genug!“. Erst als er sah, wie das königliche Paar völlig erschöpft war, erhob er sich plötzlich und ging zum Baderaum, wo die verschiedenen Artikel bereitlagen, die für ein Bad notwendig und eines Königs würdig waren. Doch anstatt diese Dinge durch seinen Gebrauch zu ehren, verschwand der Rishi an Ort und Stelle erneut durch seine Yogamacht vor den Augen von König Kushika und seiner Gattin. Doch auch das, oh Führer der Bharatas, konnte die Gelassenheit des königlichen Paares nicht stören. Und als nächstes sah man den mächtigen Rishi frisch gebadet auf dem Thron sitzen. Wahrlich, an diesem Ort zeigte er sich erneut dem König und der Königin, oh Freude der Kurus. Und mit einem heiteren Gesicht bot König Kushika zusammen mit seiner Ehefrau voller Verehrung und stillem Herzen dem Rishi gekochtes Essen an. Und der Asket stimmte zu: „Laßt das Essen bringen!“ So brachte der König mithilfe seiner Gattin sogleich ein köstliches Mahl mit verschiedenen Arten von Fleisch in unterschiedlichen Zubereitungen und mit vielfältigem Gemüse und Kräutern. Es gab auch saftigen Kuchen, viele Süßigkeiten und Milchprodukte. Wahrlich, so boten sie ihm verschiedenste Lebensmittel aller Geschmacksrichtungen an. Darunter waren sogar Erzeugnisse aus der Wildnis, wie sie Asketen gern verzehren, aber auch köstliche Früchte, die selbst von Königen selten verspeist wurden. Es gab Vadaras, Ingudas, Kasmaryas und Bhallatakas. Wahrlich, die angebotenen Speisen enthielten alles, was sowohl häuslich Lebende essen als auch die Bewohner der Wildnis. Aus Furcht vor dem Zorn des Rishis hatte der König alle Arten von Nahrung für seinen Gast aus der Küche bringen lassen und vor Chyavana gestellt. Auch ein Sitz stand bereit sowie ein Ruhebett, und die Lebensmittel waren alle mit weißen Tüchern bedeckt. Aber mit einem Blick setzte Chyavana aus dem Bhrigu Stamm all diese Dinge in Brand und erniedrigte sie zu Asche. Doch voller Intelligenz zeigte das königliche Paar keinerlei Zorn bei diesem Verhalten des Rishi, der sich daraufhin vor ihren Augen wieder unsichtbar machte. So blieb der königliche Weise Kushika mit seiner Gattin unbewegt die ganze Nacht hindurch dort stehen und sprach kein Wort. Voller Tugend gab er dem Zorn nicht nach. So wurde jeden Tag gutes und reines Essen verschiedenster Art, ausgezeichnete Betten, reichliche Artikel für das Bad und vielfältige Kleidung herangeholt und im Palast für den Rishi bereitgehalten. Und wahrlich, Chyavana konnte keinerlei Unachtsamkeit im Verhalten des Königs entdecken. Daraufhin sprach der zweifachgeborene Rishi zu König Kushika: „Spanne dich mit deiner Gattin vor einen Wagen und fahre mich, wohin ich gebiete!“ Und ohne das geringste Zögern antwortete der König dem askesereichen Chyavana „So sei es!“, und fragte den Rishi: „Welchen Wagen soll ich bringen? Soll es mein Vergnügungswagen sein, um eine schöne Ausfahrt zu machen, oder mein Kampfwagen?“ Und so angesprochen vom freundlichen und zufriedenen Monarchen, antwortete der Asket:
Bring schnell den Wagen, womit du in feindliche Städte eindringst. Wahrlich, dieser Kampfwagen soll es sein, mit seiner Standarte und den Fahnen, mit seinen Speeren und Keulen sowie den goldenen Säulen und Zugstangen. Bring den Wagen, dessen Geratter dem Klang von Glocken gleicht, der mit zahlreichen Bögen aus reinem Gold geschmückt und stets mit mächtigen und ausgezeichneten Waffen zu Hunderten ausgestattet ist.

Der König sprach „So sei es!“, und ließ sogleich seinen schweren Kampfwagen holen. Dann spannte er seine Ehefrau links und sich selbst rechts an, und legte neben den anderen Dingen sogar eine dreizüngige Peitsche auf den Wagen, deren Spitzen so hart wie der Donnerkeil und so scharf wie Nadeln waren. Und nachdem alles bereit war, sprach der König zum Rishi:
Oh Heiliger, wohin soll die Fahrt gehen? Möge der Sohn des Bhrigu seine Befehle geben! Dieser Wagen soll dich an jeden Ort bringen, den du bestimmst.

So angesprochen, antwortete der heilige Mann dem König:
Laßt den Wagen langsam fahren! Ich wünsche, daß ihr beiden Schritt für Schritt so vorangeht, daß ich angenehm und erholsam getragen werde, und daß all dein Volk die Fahrt sehen kann, die ich durch ihre Mitte mache. Möge niemand vertrieben werden, während ich die Straßen entlang fahre. Ich werde sie alle mit Reichtum beschenken. Und den Brahmanen, die sich mir unterwegs nähern, werde ich ihre Wünsche erfüllen sowie Edelsteine und Reichtum ohne Einschränkung gewähren. Laß all das vollbringen, oh König, und hege keine Skrupel!

Diese Worte des Rishis hörend, forderte der König seine Diener auf und sprach: „Gebt ohne Furcht, was der Asket gebietet!“ Daraufhin folgten große Wagen mit Juwelen und Edelsteinen in Hülle und Fülle, mit schönen Frauen, Schafen, gemünztem und ungemünztem Gold, sowie riesige Elefanten und alle Minister des Königs dem Rishi, der auf dem ersten Wagen gezogen wurde. Bei diesem außergewöhnlichen Anblick erhoben sich überall in der Stadt kummervolle Rufe von „Oh!“ und „Weh!“. Doch König und Königin zogen ohne ein Zeichen des Zornes diesen Wagen, obwohl sie vom Rishi sogar mit der Peitsche auf Rücken und Schenkel geschlagen wurden. Ohne zu klagen, zogen sie den Rishi immer weiter. Sie zitterten von Kopf bis Fuß und waren äußerst schwach, denn seit fünfzig Tagen hatten sie nichts gegessen. Doch irgendwie schaffte es das heroische Paar, diesen ausgezeichneten Wagen zu ziehen. Immer wieder von der Peitsche schwer getroffen waren König und Königin bald von Blut überströmt. Wahrlich, oh Monarch, sie erschienen wie zwei rotblühende Kinsuka Bäume. Auch die Bürger, welche die Qual ihres Königs und ihrer Königin mit anschauen mußten, wurden von großem Kummer ergriffen. Doch voller Furcht vor dem Fluch des Rishis schwiegen sie in ihrem Leiden. Sie sammelten sich in Gruppen und sprachen nur untereinander:
Schaut die Macht der Entsagung! Obwohl wir alle verärgert sind, können wir den Rishi nicht einmal anschauen. Groß ist die Energie des heiligen Rishis mit der gereinigten Seele. Doch schaut auch die Ausdauer des Königs und seiner königlichen Gattin! Obwohl sie von Mühe und Hunger ganz abgezehrt sind, ziehen sie noch den Wagen. Aber trotz des Leidens, kann der Sohn von Bhrigu kein Zeichen der Unzufriedenheit oder des Zornes bei Kushika und seiner Königin erkennen.

Bhishma fuhr fort:
Der Erhalter des Bhrigu Stammes sah den König und die Königin völlig hingegeben und begann, große Mengen an Reichtum aus der Schatzkammer des Königs zu verschenken, als ob er ein zweiter Kuvera wäre. Doch auch bei dieser Tat zeigte König Kushika kein Zeichen der Unzufriedenheit. Er duldete alles, was der Rishi befahl. Als das der Beste der Asketen sah, war er höchst erfreut, stieg von diesem ausgezeichneten Wagen ab und befreite das königliche Paar aus ihrem Joch. Und nachdem er sie befreit hatte, sprach der Sohn von Bhrigu mit einer sanften und freundlichen Stimme: „Ich bin bereit, euch einen ausgezeichneten Segen zu gewähren!“ Damit berührte dieser Beste der Asketen aus Zuneigung die empfindlichen Körper von König und Königin, die von der Peitsche schwer geschunden waren, sanft mit seinen Händen, deren Heilwirkung dem himmlischen Nektar glich, oh Führer der Bharatas. Daraufhin rief der König erstaunt: „Meine Frau und ich fühlen keinerlei Qual mehr!“ Wahrlich, ihre ganze Erschöpfung war durch die Kraft des Rishis verschwunden, und deshalb konnte der König solcherart zum Rishi sprechen. Und zufrieden mit ihrem Verhalten antwortete der berühmte Chyavana:
Ich habe noch nie eine Lüge gesprochen. Deshalb müssen meine Worte wahr werden. Dieser Ort an den Ufern der Ganga ist höchst entzückend und verheißungsvoll. Ich sollte ein Gelübde beachten und für einige Zeit hier verweilen, oh König. So kehre in deine Stadt zurück und erhole dich! Morgen sollst du, oh König, mit deiner Gattin hierher zurückkehren, wo du mich wiedersehen wirst. Gib weder Zorn noch Kummer nach! Die Zeit ist gekommen, daß du eine große Belohnung dafür empfangen sollst. Was du tief in deinem Herzen wünschst, das soll wahrlich erfüllt werden.

So angesprochen vom Rishi, antwortete König Kushika mit erfreutem Herzen folgende bedeutungsvollen Worte:
Ich hege weder Zorn noch Kummer, oh höchst Seliger. Wir wurden durch dich gereinigt und gesegnet, oh Heiliger. Wir haben noch einmal unsere Jugend empfangen. Schau nur unsere Körper an, sie sind äußerst schön geworden und wieder voller Kraft. Ich sehe jene Wunden und Narben nicht mehr, die durch deine Peitsche entstanden waren. Wahrlich, mit meiner Gattin bin ich bei bester Gesundheit. Ich erblicke meine Göttin mit einem Körper so schön wie eine Apsara. Wahrlich, sie hat soviel Anmut und Herrlichkeit, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. All das, oh großer Asket, geschah durch deinen gnadenreichen Segen. Wahrlich, das ist bestimmt kein Zufall, oh heiliger Rishi mit der unbesiegbaren Kraft.

So angesprochen, entließ Chyavana den königlichen Kushika mit den Worten: „So kehre morgen mit deiner Gattin hierher zurück, oh Monarch!“ Danach verehrte der König den Rishi und kehrte mit einem strahlenden Körper in seine Hauptstadt zurück wie ein zweiter Indra. Seine Minister kamen ihm mit dem Priester entgegen, um ihn zu empfangen, zusammen mit seinen Truppen, den Tänzerinnen und all seinem Gefolge. Und umringt von ihnen, betrat König Kushika voller Schönheit und Herrlichkeit seine Stadt mit freudigem Herzen, und die Barden sangen überall sein Lob. Nachdem er seinen Palast betreten hatte und alle Riten vollbracht waren, speiste er mit seiner Ehefrau und verbrachte die Nacht in großem Glück. Das königliche Ehepaar sah sich gegenseitig in vollster Jugend, wie zwei Himmlische, und alle ihre Beschwerden und Schmerzen waren vergangen. Mit dieser Herrlichkeit, die sie als Segen von diesem Besten der Brahmanen empfangen hatten und mit schönen und jugendlichen Körpern verbrachten sie beide eine glückliche Nacht in ihrem Bett. In der Zwischenzeit verwandelte der mächtige Sohn des Bhrigu, dieser Rishi mit dem Reichtum der Buße, durch seine Yogamacht das entzückende Wäldchen am Ufer der Ganga in eine reiche Einsiedelei, die mit Juwelen und Edelsteinen geschmückt war und aufgrund dieser strahlenden Schönheit sogar die Wohnstätte des Führers der Himmlischen übertraf.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter