Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 42 - Wie Vipula von seiner Sünde erfuhr

Bhishma fuhr fort:
Nachdem er das Gebot seines Lehrers vollbracht hatte, übte Vipula strengste Entsagung. Und als er voll mächtiger Energie schließlich erkannte, daß er genügend asketischen Verdienst angesammelt hatte, war er zufrieden mit seiner Leistung und wanderte furchtlos und gelassen über die Erde, oh Monarch. Schnell verbreitete sich sein großer Ruhm aufgrund seiner Taten. Der mächtige Bhargava wußte, daß er durch diese Leistung und mit seiner strengen Entsagung beide Welten überwunden hatte.

Doch nachdem einige Zeit vergangen war, oh Freude des Kurus, fand bei Gelegenheit eine Zeremonie für die Schwester von Ruchi statt, in der sie (von ihren Verwandten und Freunden) mit viel Reichtum und Getreide beschenkt werden sollte. Zu dieser Zeit wanderte eine himmlische Jungfrau voller Schönheit durch die Himmel, und von ihrem Körper fielen einige Blüten hinab zur Erde. Und diese himmlisch duftenden Blüten landeten nicht weit von der Einsiedelei des Ehemannes von Ruchi. Dort lagen sie verstreut auf dem Boden und wurden von der schönäugigen Ruchi aufgesammelt. Bald danach erhielt sie eine Einladung aus dem Land der Angas. Denn ihre Schwester Prabhavati war die Gattin von Chitraratha, dem Herrscher der Angas. Da steckte sich die wunderschöne Ruchi diese himmlischen Blüten ins Haar und ging zum Palast des Königs, um auf die Einladung zu antworten, die sie erhalten hatte. Als jedoch die schönäugige Königin der Angas diese Blüten in ihrem Haar erblickte, drängte sie ihre Schwester, auch solche Blüten zu bekommen. Und die wunderschöne Ruchi informierte sogleich ihren Ehemann über diese Bitte. Der Rishi akzeptierte den Wunsch seiner Schwägerin und rief Vipula zu sich. Dann sprach der askesereiche Devasarman zu seinem Schüler: „Geh und bring mir ebensolche Blüten!“ Der große Asket Vipula akzeptierte ohne Zögern das Gebot seines Lehrers und antwortete: „So sei es!“ Sogleich ging er, oh König, zu jenem Ort, wo die Dame Ruchi die Blüten gefunden hatte, welche nun auch ihre Schwester begehrte. Und als er den Ort erreicht hatte, wo die Blüten vom Himmel gefallen waren, fand Vipula noch weitere, die verstreut herumlagen. Sie waren alle noch ganz frisch, als ob sie erst kürzlich gepflückt worden waren. Keine war im geringsten verwelkt. So sammelte er die himmlischen Blüten voller Schönheit und heiligem Duft, oh Bharata, welche Vipula dort als Ergebnis seiner strengen Entsagung bekam. Und als er den Wunsch seines Lehrers erfüllt hatte, war er glücklich und brach schnell auf, um zur Stadt Champa zurückzukehren, die mit Girlanden aus Champaka Blüten geschmückt war.

Auf dem Weg traf er jedoch ein Menschenpaar, das Hand in Hand beständig im Kreis tanzte. Aber plötzlich machte einer von ihnen einen schnelleren Schritt und zerstörte damit den Rhythmus der Bewegung. Daraufhin, oh König, erhob sich ein Streit zwischen ihnen. Wahrlich, der eine beschuldigte den anderen: „Du hast einen schnelleren Schritt gemacht!“ Und der andere antwortete: „Nein, wahrlich nicht!“. So beharrten sie hartnäckig auf ihrer eigenen Meinung, oh König, und behaupteten, was der andere verneinte, und verneinten, was der andere behauptete. Und während sie so vehement stritten, hörte Vipula plötzlich einen Schwur, worin sein Name erwähnt wurde. Wahrlich, sie sprachen: „Wer von uns beiden lügt, der soll in der kommenden Welt auf das gleiche Schicksal treffen, was den zweifachgeborenen Vipula erwartet!“ Als Vipula ihre Worte hörte, wurde sein Gesicht ganz traurig. Er begann nachzudenken und sprach zu sich selbst:
Ich habe in strenger Entsagung gelebt. Doch dieser heftige Streit zwischen diesem Paar trifft mich voller Schmerz. Welche Sünde habe ich begangen, warum die beiden meinen Weg in der kommenden Welt als den leidvollsten bezeichnen, den es für Wesen gibt (den Weg der Lüge)?

So dachte er, oh Bester der Monarchen, und begann, sich mit hängendem Kopf und traurigem Geist zu erinnern, welche Sünde er begangen hatte. Als er dann weiterging, erblickte er sechs andere Menschen, die mit Würfeln spielten, die aus Gold und Silber gemacht waren. Sie waren völlig im Spiel versunken und so aufgeregt, daß ihnen die Haare zu Berge standen. Und nach kurzer Zeit erhob sich ebenfalls ein Streit, und er hörte den gleichen Schwur wie vom tanzenden Paar. Wahrlich, ihre Worte bezogen sich ebenso auf Vipula, als sie sprachen: „Wer unter uns aus Habgier falsch spielt, soll auf das gleiche Schicksal treffen, das auf Vipula in der kommenden Welt wartet!“ Als Vipula diese Worte hörte, versuchte er sich noch intensiver zu erinnern, welche Sünde er selbst in seinen frühesten Jahren begangen hatte, oh Nachkomme des Kuru. Wahrlich, er begann im Inneren zu brennen wie in der Mitte eines lodernden Feuers. Wie im Fluch brannte sein Geist im Leiden. In diesem fürchterlichen Zustand verbrachte er lange Zeit. Doch schließlich erinnerte er sich an die Art und Weise, wie er die Ehefrau seines Lehrers vor den Versuchungen von Indra beschützt hatte. „Ich war damals in den Körper dieser Dame eingedrungen, Glied in Glied, Gesicht in Gesicht. Doch die Wahrheit, daß ich auf diese Weise gehandelt hatte, habe ich meinem Lehrer verschwiegen!“ Eben das war die Verfehlung, oh Nachkomme des Kuru, an die sich Vipula nun erinnerte. Wahrlich, oh gesegneter Monarch, das war zweifellos der Grund seiner Sünde. Dann erreichte er die Stadt von Champa und übergab die Blüten seinem Lehrer. Und den Vorgesetzten und Älteren gewidmet, verehrte er seinen Lehrer auf rechte Weise.


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