Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 272 - Über das Opfern

Yudhishthira sprach:
Sage mir, oh Großvater, welches unter all den verschiedenen Opfern, die doch alle ein Ziel haben, ganz allein für den Weg der Tugend (dem Dharma) und nicht zum Erwerb von himmlischen Freuden oder Reichtum (Kama und Artha) bestimmt ist!

Bhishma sprach:
Diesbezüglich möchte ich dir jene Geschichte berichten, die einst Narada über einen Brahmanen erzählte, der vom Ährenlesen lebte und ein Opfer durchführen wollte.

Narada sprach:
In einem vorzüglichen Königreich, das für seine Gerechtigkeit bekannt war, wohnte ein Brahmane, welcher der Entsagung hingegeben war, vom Ährenlesen lebte und sich entschlossen hatte, in Verehrung von Vishnu ein Opfer zu vollbringen. Seine Nahrung bestand aus den herabgefallenen Körnern und anderen Pflanzen, die bitter und übelschmeckend waren. Doch aufgrund seiner Entsagung waren sie ihm alle süß. Er verletzte kein Wesen, enthielt sich aller Gewalt, führte das Leben eines Waldeinsiedlers und erreicht damit hohen asketischen Erfolg. Mit Wurzeln und Früchten, oh Feindevernichter, wollte er Vishnu in einem Opfer verehren, damit ihm der Himmel zuteil werde. Dieser Brahmane hieß Satya und hatte eine Ehefrau namens Pushkaradharini, die im Geiste rein und durch viele strenge Gelübde ganz abgemagert war. Sie lobte dieses Opfer ihres Mannes nicht, aber aus Furcht vor seinem Zorn, nahm sie im Opfer den Platz an seiner Seite ein. Die Kleidung, die sie trug, bestand aus aufgesammelten Pfauenfedern. So amtierte sie, wenn auch widerwillig, in diesem Opfer auf Wunsch ihres Herrn, der damit ihr Hotri geworden war. In der Nähe seiner Einsiedelei wohnte jedoch Parnada, ein Mann des Dharmas, welcher auf Befehl (bzw. Fluch) des Sukra (der Lehrer der Dämonen) als Hirsch verkörpert worden war. Er erschien am Opferplatz und sprach zu Satya, dem Brahmanen, in wohlverständlichen Worten:
Was du da tun willst, ist nicht würdig genug, wenn dein Opferritual auf diese Art und Weise mit den unpassenden Mantras und Opfergaben (von Wurzeln und Früchten) vollbracht wird. Ich bitte dich deshalb, mich als Opfertier zu schlachten und damit dein Opferfeuer zu nähren. So wirst du gereinigt zum Himmel aufsteigen.

Da erschien in diesem Opfer auch Savitri, die Göttin der Sonnenstrahlen, (bzw. Sarasvati, die Göttin des Lernens) in ihrer verkörperten Form und drängte den Brahmanen zu tun, was der Hirsch wünschte. Doch zur drängenden Göttin sprach der Brahmane: „Ich werde diesen Hirsch nicht töten, der wie ich in diesem Walde lebt.“ So angesprochen vom Brahmanen, ging die Göttin ins Opferfeuer ein, um ihm die Unterwelt (bzw. Hölle) zu zeigen, durch dessen Anblick er weitere Fehler in diesem Opfer vermeiden sollte. Daraufhin bat der Hirsch noch einmal demütig, daß Satya ihn schlachten möge. Doch Satya umarmte ihn voller Freundschaft und sprach „Geh!“. So wandte sich der Hirsch ab, diesen Ort zu verlassen. Aber nachdem er acht Schritte gegangen war, kehrte er zurück und sprach erneut:
Ich bitte dich, töte mich! Wahrlich, wenn du mich für dieses Opfer tötest, werde ich den Weg der Gerechten gehen. Laß mich dir die göttliche Sicht verleihen. Schau nur die himmlischen Apsaras und die schönen Wagen und Paläste der hochbeseelten Gandharvas!

Darauf sah der Brahmane für lange Zeit mit sehnsüchtigen Augen gen Himmel. Dann betrachtete er den Hirsch und dachte, daß er diesen Wohnsitz im Himmel durch dieses Opfer erreichen könnte. So war er einverstanden (mit der Bitte des Hirsches). Doch es war Dharma (der Gott der Gerechtigkeit) selbst, der als Hirsch viele Jahre in diesen Wäldern gelebt hatte. (Und Angesichts des versuchten Brahmanen) sorgte Dharma für seine Rettung und belehrte ihn: „Das ist nicht das rechte Opfer für dich!“ Und wegen des Wunsches, diesen Hirsch für himmlische Freuden zu töten, verlor Satya einen großen Teil seiner vielen asketischen Verdienste. Denn das Töten ist niemals der Weg zum Himmel. Daraufhin belehrte der ruhmreiche Dharma höchstselbst den Brahmanen über das rechte Opfer. So ging er erneut den Weg der Entsagung und erreichte bald die gleiche Vollkommenheit wie seine Gattin. Denn Entsagung, Nichtverletzen und Mitgefühl für alle Wesen ist das Dharma (und höchste Opfer), das allen Lohn in sich trägt. Das Töten ist niemals ein gerechter Weg. So habe ich dir das wahre Dharma verkündet. Dies ist die Gerechtigkeit und Tugend aller, die das Brahman sprechen.


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