Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 268 - Kapila über das Wesen des Opfers

Yudhishthira fragte:
So hast du mir erklärt, oh Großvater, wie man durch Entsagung und den sechsfach verdienstvollen Yoga den Weg der Gewaltlosigkeit gehen kann, ohne irgendein Wesen zu verletzen (die sechs Verdienste sind nach Nilakantha: Göttlichkeit, Erkenntnis, Ruhm, Harmonie, Entsagung und Gerechtigkeit). Nun belehre mich weiter, oh Großvater, über den Weg, der beides erreichen kann, die weltliche Pflichterfüllung und die höchste Befreiung. Wenn die Aufgaben der Häuslichkeit wie auch die Aufgaben des Yogas dahin führen können, welcher Weg ist höher?

Bhishma sprach:
Beide Wege sind hochgesegnet. Beide sind schwer zu vollbringen. Beide sind höchst verdienstvoll, und beide werden von den Tugendhaften geübt. So werde ich dich weiter über die hohe Stellung dieser beiden Wege der Aufgaben belehren, um all deine Zweifel über ihre wahre Bedeutung zu zerstreuen. Höre mich mit konzentrierter Aufmerksamkeit an! Diesbezüglich wird die alte Geschichte über ein Gespräch zwischen Kapila und einer Kuh erzählt. Höre sie, oh Yudhishthira: Wir vernahmen, daß in alten Zeiten, als der göttliche Twashtri zu König Nahusha kam, der König die Aufgaben der Gastfreundschaft erfüllen und dafür eine Kuh opfern wollte entsprechend den alten, ewigen und heiligen Geboten der Veden. Doch angesichts der zum Schlachten angebundenen Kuh sprach Kapila mit der weiten Seele, der stets voller Heiterkeit und Licht war, seine Sinne zügelte, wahrhafte Erkenntnis, Entsagung, Weisheit, Vertrauen, Furchtlosigkeit, Beständigkeit und Wahrhaftigkeit hatte, die Worte: „Ach, ihr Veden!“ Sogleich ging ein Rishi namens Syumarasmi (durch seine Yoga Kraft) in den Körper dieser Kuh ein und sprach zum Yati Kapila:
Sprich nicht so, oh Kapila! Wenn die Veden Tadel verdienen (aufgrund ihrer Billigung der Tieropfer), dann sage mir, wer hat sich bessere (gewaltfreiere) Gebote ausgedacht, die als Autorität betrachtet werden können? Viele Menschen, die voller Entsagung und Weisheit sind, welche die heiligen Schriften und höchste Erkenntnis als ihre Augen haben, betrachten die Gebote der Veden, welche durch die hohen Rishis verkündet wurden, als das Wort von Brahma selbst. Wenn man dieses Höchste Wesen, das ohne Verlangen und Abneigung, ohne Anhaftung und Tätigkeit und von jedem Begehren frei ist, als Quelle der Veden betrachtet, was könnte man dann noch hinzufügen oder wegnehmen?

Kapila antwortete:
Ich tadle nicht die Veden und möchte ihnen auch nichts absprechen. Wir haben gehört, daß die Aufgaben der verschiedenen Lebensweisen alle zum gleichen Ziel führen. Wie der Sannyasin das Höchste erreichen kann, so kann es auch der Waldeinsiedler, der Hausvater und der Brahmacharin. Alle vier Lebensweisen werden stets als Götterwege betrachtet (im Gegensatz zu den Väterwegen, die zur Wiedergeburt führen). Ihre Unterschiede hinsichtlich Stärke und Schwäche, Höher oder Niedriger, sind lediglich bezüglich ihrer Früchte (bzw. Verdienste) erklärt worden. So lehren die Veden wahrhaft „Vollbringe tugendhafte Taten, die zum Himmel und anderem Segen führen!“, aber auch „Handle ohne Anhaftung!“ („Nichthandeln“). Wer so handelt, den trifft keine Sünde. Wer aber nach den Früchten verlangt, der sammelt Karma an. Das ist der Kern der Veden, und deshalb ist die Bedeutung (bzw. Wichtung) vieler Schriftstellen schwer zu erkennen. Wenn du jedoch einen Weg der Aufgaben kennst, der höher als die Religion der Gewaltlosigkeit ist und nicht nur auf Theorie, sondern auf praktischer Erfahrung beruht, dann nenne ihn mir.

Syumarasmi sprach:
Vielfältig gebieten die heiligen Schriften: Man soll Opfer darbringen, um den Himmel zu erreichen. So denkt man gewöhnlich zuerst an die Frucht und macht dann die Vorbereitungen des Opfers. Die Schrift lehrt weiterhin: Wilde oder zahme Ziegen, Pferde, Kühe oder Vögel sowie Kräuter und andere Pflanzen sind die Nahrung der Menschen, welche täglich am Morgen und Abend verzehrt werden soll. Darüber hinaus erklären die heiligen Schriften, daß Tiere und Getreide die Bestandteile des Opfers sind. Der Herr des Weltalls hat sie zusammen mit dem Opfer selbst geschaffen, um damit die Götter zu ernähren. Und so sind die sieben mal sieben Klassen der Lebewesen, eine höher als die andere, wie dieses ganze Weltall bis hinauf zum Purusha, dem Höchsten Wesen, zum Opfer bestimmt. Dies lehren die Veden, und die Weisen alter und ältester Zeiten haben es bestätigt. Welcher Mensch, der dies weiß, würde nicht, so gut er kann, das Beste zum Opfer aussuchen? All die Tiere, Menschen, Bäume und Kräuter verlangen nach dem Himmel. Und es gibt kein Mittel außer dem Opfer, wodurch die Verwirklichung dieses Wunsches sicherer wäre. Kräuter, Tiere, Bäume, Blüten, geklärte Butter, Milch, Quark, Fleisch und andere Opferspeisen, Erde, Himmelsrichtungen, Glauben und die Zeit als Zwölftes, die Rig, Yajur und Saman Veden mit dem Opfernden als Sechzehntes, sowie das Feuer, das als Hausvater bekannt sein sollte - diese Siebzehn gelten als die Bestandteile des Opfers, welches die heiligen Schriften als die Wurzel der Welt und ihres Laufes erklären. Mit geklärter Butter, Milch, Sauermilch, Quark, Dung, Haut, Haar, Horn und Hufen kann eine Kuh allein alle Mittel für ein Opfer geben. Davon werden für verschiedene Opfer verschiedene Gaben verwendet, welche zusammen mit den Opferpriestern und den Geschenken (für die Priester und andere Brahmanen) das Opfer stützen. Sind diese versammelt, können die Leute ein Opfer darbringen. Die heiligen Schriften sagen wahrheitsgemäß, daß all diese Dinge für die Ausführung der Opferhandlungen geschaffen wurden, wie sie die Menschen seit ältesten Zeiten ausführen. Doch frei von der Sünde, andere Wesen zu verletzten und ihnen Gewalt anzutun, bleibt nur der, der das Opfer durchführt, weil er erkennt, daß es vollbracht werden sollte, und nicht nach der Frucht oder Belohnung verlangt, womit er sich in die Welt verstrickt. So stützen sich die genannten Bestandteile des Opfers gegenseitig, wie sie in den heiligen Schriften geboten werden. Damit betrachte ich diese Schriften, wie sie von den Rishis in Worten zusammengefaßt wurden, als Offenbarung der ewigen Veden. Nach ihnen richten sich die Weisen, indem sie den Brahmanas (den Beschreibungen der Opferrituale als Bestandteil der Veden) folgen. Die Opfer haben die Brahmanas als ihren Ahnherrn und wahrhafte Stütze. Das ganze Weltall beruht auf dem Opfer und auf dem Opfer beruht das ganze Weltall.

Die Silbe OM ist die Wurzel, woraus die Veden entstanden sind. (Deshalb sollte jeder Ritus mit dieser bedeutsamen Silbe beginnen.) Wer in Begleitung der heiligen Silben OM, Namas, Swaha, Swadha und Vashat nach besten Kräften und bestem Gewissen die Opfer und anderen Riten vollbracht hat, der braucht das Jenseits in allen drei Welten nicht zu fürchten. Dies sagen die Veden, die Ersten der Rishis und die Weisen, die mit asketischem Erfolg gekrönt sind. In wem die Rig, Yajur und Saman Veden (mit all ihren Geboten, Opferritualen und -sprüchen) in vollkommener Harmonie erklingen, der ist wahrlich ein Brahmane. Du kennst, oh guter Brahmane, die Früchte des Agnihotra, des Soma und anderer großer Opfer. Aus diesem Grunde sage ich: Man soll ohne Furcht opfern, und bei den Opfern anderer Leute helfen. Wer solche Opfer durchführt, die zum Himmel führen (weil ohne Anhaftung vollbracht), dem wird nach dem Tode als hoher Lohn die himmlische Glückseligkeit zuteil. Sicher ist, wer nicht opfert, dem ist weder diese noch die kommende Welt (geneigt). So wissen die wahrlich Erfahrenen in den Veden, daß deren Gebote für beide Welten gleich bedeutsam (und heilsam) sind.


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