Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 166 - Über das Schwert als Beste der Waffen

Vaisampayana sprach:
Am Ende dieser Belehrung fragte Nakula, der ein vollendeter Schwertkämpfer war, den Kuru Großvater, wie er auf seinem Bett aus Pfeilen lag.

Nakula sprach:
Der Bogen, oh Großvater, wird oft als Erste aller Waffen in dieser Welt betrachtet. Mein Geist neigt sich jedoch dem Schwert zu. Denn wenn die Bogensehne zerschnitten oder der Bogen zerbrochen wird, oh König, wenn die Rosse tot oder geschwächt sind, dann kann sich ein guter Krieger, der im Schwertkampf erfahren ist, mit Schwert und Schild beschützen. Ein Held, der mit dem Schwert bewaffnet ist, kann ganz allein vielen Bogenschützen widerstehen sowie vielen Gegnern, die mit Keulen und Speeren bewaffnet sind. Ich habe diesbezüglich Zweifel und möchte die Wahrheit erfahren. Welche, oh König, ist wirklich die Beste aller Waffen in allen Kämpfen? Wie wurde das Schwert am Anfang geschaffen und zu welchem Zweck? Wer war der erste Lehrer an dieser Waffe? Erzähle mir alles darüber, oh Großvater.

Vaisampayana fuhr fort:
Als der tugendhafte Bhishma, dieser vollendete Meister in der Kunst des Bogenschießens, die Worte des klugen Sohns der Madri hörte, da streckte er sich auf seinem Bett aus Pfeilen und gab folgende Antwort voll edler Worte mit höchster Bedeutung, mit wohlklingender Stimme und gut plazierten Worten. Er zeigte dem hochbeseelten Nakula sein weitreichendes Wissen, diesem Schüler von Drona, der in der Waffenkunst ebenfalls vollendet war.

Bhishma sprach:
Höre die Wahrheit, oh Sohn der Madri, über das, was du mich gefragt hast. Deine Frage begeistert mich wie ein Hügel, an dem Bäche mit roter Kreide herabfließen. Am Anfang war das Universum ein ausgedehntes Wasser, das jeglichen Raum ausfüllte, unbeweglich und ohne Himmel und Erde. Eingehüllt in Dunkelheit und unerkennbar hatte dieser Zustand etwas äußerst Schreckliches. Völliges Schweigen regierte überall in unermeßlicher Weite. Zur rechten Zeit nahm jedoch der Große Vater (des Weltalls) seine Geburt. Er schuf den Wind und das Feuer sowie die Sonne mit großer Energie. Danach schuf er auch den Himmel, den Luftraum, die Erde, die unteren Bereiche, die Himmelsrichtungen, das Firmament mit Mond und Sternen, die Konstellationen und Planeten, das Jahr, die Jahreszeiten, die Monate, die Tage und auch alle kleineren Abschnitte der Zeit. Danach nahm der göttliche Große Vater eine sichtbare Form an und zeugte (durch die Macht seines Willens) einige Söhne mit großer Energie. Dies waren die Weisen Marichi, Atri, Pulastya, Pulaha, Kratu, Vasishta, Angiras, der mächtige Herr Rudra (Shiva) und die Prachetas. Letztere bekamen einen Sohn namens Daksha, der wiederum sechzig Töchter hatte. Alle diese Töchter wurden von zweifachgeborenen Weisen geheiratet, um Nachkommen zu zeugen. Von ihnen stammen alle Wesen der Welten ab, einschließlich die Götter, Pitris, Gandharvas, Apsaras, Rakshasas, Nagas, Vögel, Fische, Affen und anderen Tiere, die Pflanzen und alle Wesen die lebend, aus Eiern oder in Feuchtigkeit geboren werden. So kam das ganze Weltall mit allen belebten und unbelebten Geschöpfen zur Existenz. Und nachdem Brahma, der universale Große Vater, auf diese Weise alles geschaffen hatte, verkündete er auch das ewige Wissen der Veden. Diese Religion wurde von den Göttern mit ihren Lehrern, Priestern, den Adityas, Vasus, Rudras, Sadhyas, Maruts, Aswins und Siddhas akzeptiert sowie von Bhrigu, Atri, Angiras, Kasyapa, Vasishta, Gautama, Agastya, Narada, Parvata und den Rishis der Valakhilyas, Prabhasas, Sikatas, Ghritapas, Somavayavyas, Vaiswanaras, Marichipas, Akrishtas, Hansas, den Feuergeborenen, den Vanaprasthas und Prasnis. Sie alle lebten nach den Geboten Brahmas.

Die Ersten der Danavas begannen jedoch, irgendwann die Gebote des Großen Vaters zu mißachten, und von Zorn und Habgier getrieben verursachten sie den Verfall der Gerechtigkeit. Dies waren Hiranyakashipu, Hiranyaksha, Virochana, Samvara, Viprachitti, Prahlada, Namuchi und Vali. Und ihnen folgten viele andere Daityas und Danavas, die jegliche Zügelung durch Pflichten und Wahrhaftigkeit mißachteten, sich vergnügten und Entzücken an allen Arten übelgesinnter Taten fanden. Und obwohl sie die gleiche Abstammung wie die Götter hatten, begannen sie, ihre göttlichen Brüder und die Weisen mit reinem Verhalten herauszufordern. Sie suchten nie das Wohl aller Wesen im Weltall und zeigten nicht einmal Mitgefühl mit Ihresgleichen. Die drei wohlbekannten Mittel ignorierend, begannen sie alle Wesen zu verfolgen und zu quälen, indem sie durch ihre gewaltige Kraft die Herrschaft suchten. Wahrlich, diese großen Dämonen waren voller Stolz und verwarfen jeden freundlichen Umgang mit anderen Wesen. Daraufhin begab sich der göttliche Brahma in Begleitung der zweifachgeborenen Weisen zu einem entzückenden Gipfel des Himavat, der sich über hundert Yojanas ausstreckte und mit verschiedensten Juwelen und Edelsteinen geschmückt war. Auf diesem hohen Gipfel schienen die Sterne zu ruhen wie unzählige Lotusblumen auf einem See. Auf diesem König der Berge, oh Herr, der mit Wäldern aus blühenden Bäumen bewachsen war, meditierte Brahma, der Erste aller Götter, für einige Zeit, um das Wohl der Welt zu fördern. Nachdem tausend Jahre vergangen waren, traf der mächtige Herr die Vorbereitungen für ein großartiges Opfer nach den heiligen Geboten. Den Opferaltar umringten die großen Rishis, die im Opfern erfahren waren und alle nötigen Handlungen vollbringen konnten. Er war geschmückt mit Holzbündeln, Opfergaben und den Flammen der lodernden Feuer. Er erstrahlte unvorstellbar schön mit all den goldenen Opferschalen und Behältern. Auch die großen Götter nahmen ihre Plätze an diesem Ort ein sowie die Sadasyas, welche heilige Rishis waren. Ich habe jedoch von den Rishis gehört, daß bald etwas sehr Außergewöhnliches in diesem Opfer geschah. Man erzählt, daß ein Wesen die Flammen um sich herum zerteilte und aus dem Opferfeuer stieg, das an Herrlichkeit dem Mond glich, wenn dieser sich am Firmament von Sternen umgeben erhebt. Seine Erscheinung war dunkel wie die Blütenblätter der blauen Lotusblume. Seine Zähne waren scharf, sein Körper muskulös und seine Statur riesig. Er schien unbesiegbar und mit endloser Energie begabt zu sein. Bei seinem Erscheinen erzitterte die Erde. Die Ozeane wurden mit hohen Wogen und schrecklichen Wirbeln aufgewühlt. Meteore, die große Katastrophen vorhersagen, schossen durch den Himmel. Die Äste der Bäume begannen zu brechen, und alle Himmelsrichtungen waren in Aufruhr. Unheilvolle Stürme erhoben sich, und alle Wesen begannen, vor Angst zu zittern. Beim Anblick dieser schrecklichen Aufregung im Weltall und dieser Kreatur, die dem Opferfeuer entsprang, sprach der Große Vater zu den großen Rishis, den Göttern und Gandharvas:
Dieses Wesen ist aus meinem Geist entsprungen. Voller Energie ist sein Name Asi (Schwert oder Krummsäbel). Zum Schutz der Welt und zum Untergang der Feinde der Götter habe ich ihn geschaffen.

Daraufhin gab dieses Wesen seine ursprüngliche Form auf und nahm die Gestalt eines Schwertes mit großer Herrlichkeit an, höchst poliert, scharfschneidig und bedrohlich wie das alles zerstörende Wesen am Ende der Yugas. Brahma übergab diese scharfe Waffe dem blaukehligen Rudra (Shiva), der den Stier im Banner trägt, damit er die Weltordnung verteidigen möge. Daraufhin ergriff der göttliche Rudra mit der unermeßlichen Seele von den großen Rishis gepriesen dieses Schwert und wandelte seine Erscheinung. Er bekam vier Arme und wurde so riesig, daß er auf der Erde stehend, die Sonne mit seinem Kopf berührte. Mit aufwärts gerichteten Augen und höchst kräftigen Gliedern, begannen Flammen aus seinem Mund zu lodern. Er erschien mit verschiedenen Farben in blau, weiß und rot, trug ein schwarzes Hirschfell, das mit goldenen Sternen geschmückt war, und auf seiner Stirn war das dritte Auge, das an Herrlichkeit der Sonne glich. Auch seine zwei anderen Augen, von denen eines schwarz und das anderes gelbbraun war, erstrahlten hell. So erhob der göttliche Mahadeva, der Träger des Shula (Dreizacks) und Vernichter der Augen von Bhaga, dieses Schwert, dessen Herrlichkeit dem alles zerstörendem Yuga Feuer glich, zusammen mit einem großen Schild mit drei Metallspitzen, welches wie eine dunkle Wolkenmasse mit drei Blitzen erschien, und begann, seine mächtige Wirkung zu entfalten. Voller Kraft wirbelte er das Schwert im Himmel und suchte den Kampf. Laut war sein Schlachtruf und schrecklich der dunkle Klang seines Lachens. Wahrlich, oh Bharata, die Gestalt, die Rudra angenommen hatte, war äußerst furchterregend. Als die Danavas erfuhren, daß Rudra diese Gestalt für grimmige Taten trug, wurden sie mit Freude erfüllt und stürmten schnell heran, um ihn mit riesigen Felsen zu überschütten, mit brennenden Baumstämmen und anderen schrecklichen Waffen aus Eisen, die scharf wie Rasiermesser waren. Als die Danava Heerscharen jedoch dieses Erste aller Wesen, den unbesiegbaren Rudra, sahen, wie er seine Macht entfaltete, wurden sie ganz taub und begannen zu zittern. Obwohl Rudra allein und einhändig kämpfte, bewegte er sich mit dem Schwert in der Hand so schnell über das Schlachtfeld, daß die Dämonen tausende gleiche Rudras vor sich sahen, die alle gegen sie kämpften. Reißend, durchbohrend, quälend, schneidend, abschlagend und zermalmend bewegte sich der große Gott ungehindert durch die dichte Masse seiner Feinde, wie sich eine Feuersbrunst durch viele kleine Heuhaufen frißt. Und bald begannen die mächtigen Dämonen, geschlagen vom Gott mit dem wirbelnden Schwert, mit abgeschlagenen Köpfen, Armen und Schenkeln oder durchbohrten Körpern zur Erde hinabzufallen. Andere unter den Danavas, die von den Schwertschlägen gequält waren, flohen mit großem Gebrüll in alle Richtungen davon. Manche drangen in das Innere der Erde ein und manche verkrochen sich in den Bergen, im Luftraum oder in den Tiefen des Ozeans. Während dieser schreckliche und wilde Kampf tobte, wurde die Erde ein Sumpf aus Fleisch und Blut und war überall höchst schrecklich anzuschauen. Bestreut mit den gefallenen Körpern der blutenden Dämonen, erschien die Erde, als wäre sie überall mit Bergen bedeckt, die von roten Kinshuka Blüten überwachsen sind. Durchnäßt vom Blut erschien die Erde so außergewöhnlich, wie eine wunderschöne Dame in karminroten Kleidern, die vom Alkohol berauscht ist. Und nachdem die Danavas geschlagen und die Gerechtigkeit in der Welt wiederhergestellt war, legte der vorzügliche Rudra seine schreckliche Form ab und nahm seine eigene, wohltätige Gestalt wieder an.

Danach verehrten alle Rishis und Himmlischen diesen Gott der Götter mit lautem Beifall und Siegesjubel. Schließlich übergab der göttliche Rudra dieses Schwert zum Schutz der Ordnung, das vom Blut der Dämonen gefärbt war, mit gebührender Verehrung an Vishnu. Vishnu gab es Marichi. Der göttliche Marichi gab es den großen Rishis, die es an Vasava (Indra) weitergaben. Vasava gab es den Regenten der Welt (Lokapalas), die dieses große Schwert dem Sohn von Surya namens Manu anvertrauten. Dabei sprachen sie zu Manu:
Du bist der Urvater aller Menschen. Beschütze alle Wesen mit diesem Schwert, welches die Ordnung verkörpert. Zügle damit jene, welche die Grenzen der Tugend mit Körper oder Geist überschreiten. Beschütze sie entsprechend dem Dharma und nie nach persönlicher Neigung. Manche mögen mit Worten gerügt, andere mit Geldbußen oder Enteignung bestraft werden. Nur für schwere Vergehen sollte auch das Abschlagen von Gliedmaßen oder die Todesstrafe verhängt werden. All diese Strafen, beginnend mit der Rüge, werden als vielfältige Formen dieses Schwertes betrachtet. Dies sind die Formen, die das Schwert infolge der Übertretungen für die Übeltäter unter dem Schutz (des Königs) annimmt.

Mit der Zeit inthronisierte Manu seinen Sohn Kshupa als Herrscher aller Wesen und übergab ihm das Schwert zu ihrem Schutz. Von Kshupa ging es an Ikshvaku, dann an Pururavas, Ayus, Nahusha, Yayati, Puru, Amurtarya, Bhumisaya, und dann bekam es Bharata, der Sohn von Dushmanta. Von Bharata, oh Monarch, ging es an Ailavila, dann an König Dhundumara, Kamboja, Muchukunda, Marutta, Raivata, Yuvanaswa, Raghu, Harinaswa, Sunaka und an den rechtschaffen Usinara. Von Usinara bekamen es die Bhojas und Yadavas. Von den Yadus übernahm es Sivi, und dann ging es an Pratardana, Ashtaka, Prishadaswa, Bharadwaja, und von ihm erhielt es Drona. Von Drona wurde es von Kripa übernommen. Und von Kripa hast du mit deinen Brüdern dieses Beste der Schwerter erhalten. Die Konstellation, unter der das Schwert geboren wurde, ist Krittika (die Plejaden, die auch mit dem Kriegsgott Skanda verbunden sind). Agni ist sein Gott, Rohini seine Gotra (Familie, Abstammung), und Rudra ist sein hoher Lehrer. Das Schwert hat acht Namen, die nicht allgemein bekannt sind. Höre mir zu, wie ich sie dir aufzähle. Wenn man diese Namen rezitiert, oh Sohn des Pandu, kann man stets den Sieg gewinnen. Diese Namen sind Asi, Vaisasana, Khadga, Scharfschneidiger, Schwererreichbarer, Sirgarbha, Sieg und Beschützer der Gerechtigkeit. Von allen Waffen, oh Sohn der Madravati, ist das Schwert die beste. Die Puranas erklären wahrhaft, daß es zuerst von Mahadeva (Shiva) geschwungen wurde. Bezüglich des Bogens, oh Feindevernichter, war es Prithu, der ihn zuerst erschuf. Es geschah mithilfe dieser Waffe, daß dieser Sohn von Vena, während er die Erde viele Jahre tugendhaft regierte, von ihr Getreide und andere Nahrung im Überfluß erhielt. Mögest du, oh Sohn der Madri (Nakula), stets beachten, was die Rishis als Zeugnis diesbezüglich sprachen. Alle Kampferfahrenen sollten das Schwert verehren.

Damit habe ich dir aufrichtig deine Frage über den Ursprung und die Schöpfung des Schwertes beantwortet, oh Stier der Bharatas. Wer dieser ausgezeichneten Geschichte über den Ursprung des Schwertes aufmerksam zuhört, wird in dieser Welt Ruhm und in der kommenden Glückseligkeit gewinnen.


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