Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 165 - Über Brahmanen, Sünden und ihre Buße

Bhishma sprach:
Oh Bharata, um jene frommen, aber verarmten Brahmanen zu ernähren, die ihre Opfer pflegen, mit dem ganzen Veda wohlvertraut sind, nach dem Verdienst der Tugend streben, ihre Verpflichtungen vor Lehrern und Ahnen erfüllen und ihre Tage mit dem Rezitieren und Studieren der Schriften verbringen, sollte ihnen Reichtum und Wissen gegeben werden. (Im alten Indien nahmen die Lehrer von ihren Schülern keinerlei Gebühren. Es gab zwar das Gurudakshina, aber erst am Ende des Studiums. Das Wissen der Veden für Geld zu verkaufen, war eine große Sünde. Dies gilt bis heute in Indien und zusätzlich werden sogar die Schüler von ihren Lehrern ernährt, welche von der Wohltätigkeit des ganzen Landes leben.) Die wohlhabenden Brahmanen leben vom Dakshina, das ihnen (als Geschenk in den Opfern) gegeben wird. Jene die (aufgrund ihrer sündigen Taten) vom Status der Brahmanen abgesunken sind, sollten ungekochtes Essen außerhalb der Grenzen des Opferaltars erhalten. Die Brahmanen sind die Veden selbst und alle Opfer mit großen Gaben. Sie sind bestrebt, sich dabei gegenseitig zu übertreffen, und führen mit tugendhafter Neigung beständig ihre Opfer durch. Der König sollte ihnen deshalb wertvolle Geschenke verschiedenster Art geben. Der Brahmane, der ausreichenden Wohlstand hat, um seine Familie für drei oder mehr Jahre zu ernähren, verdient es, den Soma zu trinken (und ein entsprechend großes Opfer zu zelebrieren). Wenn ein tugendhafter König regiert und ein begonnenes Opfer, besonders eines Brahmanen, aus Mangel an nur einem vierten Teil der geschätzten Ausgaben nicht vollendet werden kann, dann sollte der König für die Vollendung dieses Opfers von seinen Untertanen den Reichtum eines Vaisya nehmen, der eine große Viehherde besitzt, aber dem Opfern abgeneigt ist und keinen Soma trinkt. Oder er nimmt den Reichtum aus dem Haus eines reichen Shudra, weil ein Shudra (der Dienerkaste) keine Opfer durchführen darf (bzw. keinen großen Reichtum besitzen sollte). Der König sollte auch keine großen Bedenken haben, von den Untertanen Reichtum zu nehmen, die keine Opfer pflegen, obwohl sie tausend Kühe besitzen. Der König kann auch öffentlich den Reichtum einer Person konfiszieren, die keinerlei Wohltätigkeit übt. Durch solche Handlungen erntet der König großes Verdienst.

Höre nun weiter darüber. Der Brahmane, der für drei Tage hungern mußte, kann ohne besondere Erlaubnis gemäß der Regel für jene, die sich nur um die Nahrung für einen Tag kümmern und nicht an morgen denken, das Nötige für eine Mahlzeit aus dem Kornspeicher, vom Feld, aus dem Garten oder anderswoher von einem Bauern nehmen. Er sollte jedoch diese Tat dem König melden, gefragt oder ungefragt. Wenn der König seine Aufgaben kennt, wird er einen solchen Brahmanen nicht bestrafen. Er sollte sich daran erinnern, daß ein Brahmane nur durch die Schuld der Kshatriyas vom Hunger gequält wird. Nachdem er die Gelehrtheit und das Verhalten dieses Brahmanen geprüft hat, sollte ihm der König den Unterhalt gewähren und ihn beschützen, wie ein Vater seinen Sohn. Am Ende jedes Jahres sollte man das Vaisvanara Opfer durchführen (ein Opfer für das alldurchdringende Feuer). Doch jene, die in der Religion erfahren sind, sagen, daß auch eine alternative Handlung möglich ist, womit die Tugend nicht zerstört wird. Selbst die Viswadevas, Sadhyas, Brahmanen und großen Rishis hatten in Notzeiten keine Bedenken, auch anders zu handeln, als es in den heiligen Schriften dargelegt ist. Der Mensch jedoch, der fähig wäre, die gebotene Handlung zu erfüllen, aber zur Alternative greift, sollte als übelgesinnt betrachtet werden und wird keinerlei Glückseligkeit im Himmel gewinnen.

Ein vedengelehrter Brahmane sollte niemals über seine Energie und Gelehrtheit zum König sprechen. (Denn es ist Aufgabe des Königs, dies festzustellen.) Vergleicht man die Energie eines Brahmanen mit der eines Königs, wird man stets den Brahmanen als mächtiger finden. Aus diesem Grund kann die Energie der Brahmanen kaum ertragen oder von einem König zerschlagen werden. Der Brahmane gilt wesenhaft als Schöpfer, Herrscher, Lenker und Gottheit. An ihn sollte kein beleidigendes oder rohes Wort gerichtet werden.

Der Kshatriya sollte all seine Schwierigkeiten mit der Kraft seiner Arme überwinden, die Vaisyas und Shudras durch Reichtum und der Brahmane durch Mantras und Opfer. Die Folgenden sind jedoch nicht befähigt, die Opfergaben ins Feuer zu gießen, nämlich ein Mädchen oder eine junge Frau, wer die rechten Mantras nicht kennt, ein Unwissender oder ein Unreiner. Wenn sie es dennoch tun, werden sie damit in die Bereiche der Hölle fallen zusammen mit jenem, für den sie handeln. Deshalb sollte nur ein vedengelehrter Brahmane, der in allen Opfern erfahren ist, die Opfergabe ins Feuer gießen. Die Schriftgelehrten sagen, daß ein Mensch, der das Opferfeuer entzünden läßt, aber die zugehörige Nahrung nicht als Dakshina gibt, auch nicht als Entzünder des Opferfeuers gilt. Man sollte stets mit kontrollierten Sinnen und rechter Hingabe alle verdienstvollen Handlungen (entsprechend der heiligen Schriften) durchführen. Man sollte die Götter in einem Opfer nie anbeten, ohne daß ein Dakshina gegeben wird. Ein Opfer, das ohne Dakshina beendet wird, wirkt zerstörend für die eigenen Kinder, die Haustiere und den Weg zum Himmel. Solch ein Opfer zerstört auch die Vernunft, den Ruhm, die Errungenschaften und die Lebenszeit. Jene Brahmanen, die mit Frauen in ihrer unreinen Phase schlafen, die keine Opferfeuer pflegen oder in deren Familien die Veden nicht gelehrt werden, gelten als Shudras durch ihren Taten. Der Brahmane, der ein Shudra Mädchen heiratet und zwölf Jahre ununterbrochen im gleichen Dorf wohnt, wird auch ein Shudra durch seine Taten. Der Brahmane, der ein unverheiratetes Mädchen in sein Bett holt oder einen Shudra an seiner Seite sitzen läßt (und damit die Ordnung verletzt), sollte zur Reinigung auf einem Bündel Heu hinter Kshatriyas oder Vaisyas sitzen und sich als gefallener Brahmane betrachten. Höre weiter, oh König, meine Worte zu diesem Thema. Die Sünde, die ein Brahmane in einer einzelnen Nacht begeht, indem er einem Mitglied einer niedrigeren Kaste dient oder sich mit ihm im Spiel vergnügt, wird gereinigt, indem er für drei Jahre das Gelübde beachtet, auf einem Bündel Heu hinter Kshatriyas oder Vaisyas zu sitzen.

Eine Lüge im Scherz ist keine große Sünde, noch jene, die vor einer Frau oder zum Zwecke einer Ehe gesprochen wurde. Ebenso, oh König, ist eine Lüge erlaubt, wenn sie den eigenen Lehrer beschützt oder Leben retten kann. Diese fünf genannten Arten der gesprochenen Lüge sind nicht sündhaft. Man kann nützliches Wissen mit Hingabe und Verehrung auch von einer weniger angesehenen Person erwerben, wie man auch Gold ohne Bedenken von einem unreinen Ort aufheben, eine wunderschöne tugendhafte Frau aus einer unangesehenen Familie heiraten oder das Amrit trinken kann, selbst wenn es aus Gift extrahiert wurde. Klares Wasser, Jungfrauen, Juwelen und andere Edelsteine können gemäß der heiligen Schriften niemals unrein sein. Zum Schutz der Brahmanen und heiligen Kühe oder um sich vor der Vermischung der Kasten zu bewahren, kann auch ein Vaisya zu den Waffen greifen.

Alkoholsucht, Brahmanenmord und die Schändung des Bettes des Lehrers sind Sünden (sogenannte „Todsünden“), die, bewußt begangen, keine eigene Sühne kennen. Es wird gesagt, daß nur der Tod eine solche Sünde reinigen kann. Dasselbe gilt für den Diebstahl von Gold oder des Eigentums eines Brahmanen. Trinksucht, Ehebruch, Kastenvermischung und die Verführung einer Brahmanenfrau führen unvermeidlich zum (seelischen) Verfall. Wenn man längere Zeit mit einer solcherart gefallenen Person verbringt, sei es in Opfern, Belehrungen oder sexuellem Kontakt, wird man auch selbst fallen. Zu diesem Kontakt zählt allerdings nicht, wenn man mit ihnen auf einem Wagen fährt, zusammensitzt oder am selben Tisch ißt. Ausgenommen der fünf erwähnten Todsünden kann man sich von jeder Sünde wieder reinigen. Und wenn man gemäß der aufgestellten Gebote davon gereinigt ist, sollte man sie zukünftig vermeiden. Im Falle der ersten drei Todsünden (Alkoholsucht, Brahmanenmord und Schändung des Bettes des Lehrers) gibt es nach dem Tod für die Angehörigen keine Auflagen hinsichtlich der Begräbnisriten, der Ernährung und des Tragens von Ornamenten. Denn die überlebenden Angehörigen können den Verstorbenen damit nur wenig helfen.

Ein tugendhafter Mensch sollte in Beachtung seiner Aufgaben sogar seinem besten Freund oder den ehrwürdigen Eltern entsagen können. Wahrlich, bis sie ihre Reinigung nicht durchführen, sollten die Tugendhaften mit solchen Sündern nicht einmal sprechen. Ein Mensch, der sündig gehandelt hat, zerstört seine Sünde durch Buße und indem er zukünftig tugendhaft handelt. Wer danach noch einen Dieb als Dieb beschimpft, sammelt selbst die Sünde des Diebstahls an. Und wer jemanden fälschlicherweise einen Dieb nennt, erntet die doppelte Sünde des Diebstahls.

Die Jungfrau, die ihre Jungfräulichkeit verschenkt, sammelt drei Viertel der Sünde eines Brahmanenmordes an, während die Sünde des Mannes, der sie entjungfert, einem Viertel eines Brahmanenmordes gleicht. Wenn man Brahmanen verleumdet oder sie schlägt, sinkt man für hundert Jahre in Schande. Wenn man einen Brahmanen tötet, sinkt man für tausend Jahre in die Hölle. Keiner sollte deshalb von einem Brahmanen schlecht sprechen oder ihn verletzen. Wer einen Brahmanen mit einer Waffe schlägt, wird für so viele Jahre in der Hölle leben müssen, wie die Staubkörner zählen, die durch das Blut vom Verwundeten eingeweicht werden. Ein Schuldiger am Tod ungeborenen Lebens (bzw. Brahmanen) wird gereinigt, wenn er an den Wunden stirbt, die er im Kampf für die Sache der Brahmanen oder heiligen Kühe erhalten hat. Er kann auch gereinigt werden, indem er sich dem lodernden Feuer opfert. Ein Alkoholsüchtiger wird gereinigt, indem er heißes Wasser trinkt. Durch dieses Feuer wird er nach dem Tode in der kommenden Welt von dieser Sünde frei sein. Nur dadurch kann ein Zweifachgeborener die Bereiche der Glückseligkeit wiedererlangen. Der Sündige, der das Bett seines Lehrers beschmutzt hat, wird durch den Tod gereinigt, indem er eine glühende Frauenfigur aus Eisen umarmt. Oder er trennt sein Geschlechtsteil ab und trägt es in seinen Händen in Richtung Südwesten, um dann sein Leben abzulegen. Oder er opfert sein Leben im Kampf für die Sache eines Brahmanen, um sich von seiner Sünde reinzuwaschen.

Mit der Durchführung eines Pferde- oder Kuhopfers oder des Agnishtoma kann man seine Wertschätzung sowohl in dieser als auch in der kommenden Welt zurückgewinnen. Der Mörder eines Brahmanen sollte das Gelübde des Brahmacharya für zwölf Jahre einhalten, sich der Buße widmen, das Leben eines Asketen führen und mit einem Totenschädel in der Hand umherwandern, um seine Sünde öffentlich zu bekunden. Dies gilt auch als Sühne für jemanden, der bewußt eine schwangere Frau schlägt. Der Mensch, der eine solche Frau bewußt tötet, erntet die doppelte Sünde einen Brahmanenmordes. Ein Alkoholsüchtiger sollte fasten, das Gelübde des Brahmacharya üben, auf bloßem Boden schlafen und für mehr als drei Jahre die Opfer um das Agnishtoma durchführen, um schließlich ein Geschenk von tausend Kühen und einem Stier zu machen. Damit kann er seine Reinheit wiedergewinnen. Wer einen Vaisya getötet hat, sollte solch ein Opfer für zwei Jahre durchführen und ein Geschenk von hundert Kühen mit einem Stier machen. Wer einen Shudra getötet hat, sollte solch ein Opfer für ein Jahr durchführen und ebenfalls ein Geschenk von hundert Kühen mit einem Stier machen. Die gleiche Buße sollte jener durchführen, der einen Hund, einen Bär oder ein Kamel getötet hat. Wer eine Katze, Vogel, Frosch, Reptil oder Ratte getötet hat, übernimmt, so sagt man, die Sünde des Tierschlachtens, oh König.

Ich werde dir jetzt noch andere Arten der Sühne in der rechten Ordnung nennen. Für alle geringen Sünden sollte man bereuen und für ein Jahr ein Gelübde einhalten. Für die Verführung der Ehefrau eines vedengelehrten Brahmanen sollte man für drei Jahre das Gelübde von Brahmacharya üben und nur im vierten Teil des Tages ein wenig essen. Bei jeder anderen Ehefrau sollte man ähnliche Buße für zwei Jahre üben. Wenn man unzüchtige Gedanken in der Gesellschaft einer Frau hegt, sollte man für drei Tage nur von Wasser leben, um sich von seiner Sünde zu reinigen. Dasselbe gilt für denjenigen, der ein flammendes Feuer beschmutzt (indem er unreine Dinge hineingibt). Wer ohne entsprechenden Grund seinen Vater, Mutter oder Lehrer mißachtet, wird sicher fallen, oh Nachkomme des Kuru. Das bestätigen die Gebote der heiligen Schriften. Einer Ehefrau, die des Ehebruchs schuldig wurde, und einem inhaftierten Gefangenem sollte entsprechend den Schriften nur Essen und Kleidung gegeben werden. Jene Sühne, die für Männer bei einem Ehebruch geboten ist, sollte auch von einer Frau beachtet werden, die diesbezüglich schuldig wurde. Jene Ehefrau, die einen Mann einer höheren Kaste verläßt, um mit einem Kastenlosen zu schlafen, sollte vom König bestraft und von hungrigen Hunden öffentlich davongejagt werden. Und Männer, die Ehebruch unter solchen Verhältnissen begehen, sollte ein pflichtbewußter König bestrafen, indem er sie auf ein Bett aus Eisen legt, unter dem ein Holzbündel brennt.

Der unachtsame Sünder, der innerhalb eines Jahres keine Buße für seine Sünde durchführt, verdoppelt damit seine karmische Last. Wer mit einem solchen Menschen zwei Jahre verkehrt, sollte als Bettler über die Erde wandern und sich der Buße widmen. Wer vier Jahre mit ihm verkehrt, sollte fünf Jahre wandern. Wenn ein jüngerer Bruder vor seinem älteren Bruder heiratet, gelten die beiden Brüder und die Ehefrau aufgrund dieser Heirat als gefallen. Sie sollten die Gelübde üben, die für denjenigen vorgeschrieben sind, der sein Opferfeuer vernachlässigt hat, oder das Gelübde von Chandrayana (Fasten) für einem Monat oder ein anderes schmerzhaftes Gelübde, um sich von ihrer Sünde zu reinigen. Der jüngere Bruder sollte seine Ehefrau dem unverheirateten, älteren Bruder anvertrauen. Später, wenn er die Erlaubnis des älteren Bruders erhalten hat, mag der jüngere seine Ehefrau zurücknehmen. Durch solche Mittel können alle drei von ihrer Sünde gereinigt werden. Beim Töten von Tieren außer einer heiligen Kuh, wird der Täter nicht mit der Sünde eines Mordes befleckt. Denn die Gelehrten wissen, daß dem Menschen die Herrschaft über alle niederen Tiere übergeben wurde.

Ein Sünder sollte als Bettler umherwandern und in seiner Hand einen Yak Schweif und einen irdenen Topf halten, um damit seine Sündhaftigkeit öffentlich zu bekunden. Er sollte jeden Tag nur sieben Familien um Nahrung bitten und davon leben, was ihm von denen gegeben wird. Auf diese Weise kann er in zwölf Tagen von seiner Sünde gereinigt werden. Wer unfähig ist, den Yak Schweif in der Ausübung dieses Gelübdes in seiner Hand zu tragen, sollte das Gelübde der Bettelei (wie oben beschrieben) für ein ganzes Jahr einhalten. Unter Menschen ist dies die beste Sühne. Für jene, die zur Wohltätigkeit fähig sind, ist in allen diesen Fällen höchste Freigebigkeit geboten. Wer Glauben und Tugend hat, kann sich auch reinigen, indem er eine Kuh weggibt. Wer jedoch als Sühne das Fleisch, den Schmutz oder den Urin eines Hundes, Ebers, Menschen, Hahn oder eines Kamels essen oder trinken will, sollte die Initiation mit der heiligen Schnur besitzen. Wenn ein somatrinkender Brahmane den Alkoholgeruch aus dem Mund eines Trinkers eingeatmet hat, sollte er über drei Tage warmes Wasser oder warme Milch trinken. Man kann auch drei Tage warmes Wasser trinken und in dieser Zeit von Luft allein leben. Dies sind die ewigen Gebote, welche für die Sühne besonders für Zweifachgeborene aufgestellt wurden, die aus Unwissenheit und Verblendung Sünden begangen haben.


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