Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 138 - Der Disput zwischen Katz und Maus über die Freundschaft

Yudhishthira sprach:
Du sagtest, oh Stier der Bharatas, daß Intelligenz, die für die Zukunft vorsorgt, wie auch jene, die den gegenwärtigen Problemen offen begegnen kann, überall höher ist, während Zögerlichkeit zum Untergang führt. Ich wünsche, oh Großvater, über diese höhere Intelligenz zu hören, womit ein König, der in den heiligen Schriften erfahren ist wie auch in Tugend und Gewinn, nicht überwältigt wird, selbst wenn er von vielen Feinden umgeben ist. Dies frage ich dich, oh Führer der Kurus. Mögest du mich diesbezüglich belehren. Ich wünsche alles zu hören, vor allem das, was in den Schriften über die Art und Weise dargelegt wird, wie sich ein König verhalten sollte, wenn er von übermächtigen Feinden angegriffen wird. Wenn ein König in Not gerät, werden sich eine Vielzahl Feinde, die er mit seinen vergangenen Taten provoziert hat, gegen ihn formieren, um zu siegen. Wie kann ein König, der schwach und allein ist, seinen Kopf retten, wenn er von allen Seiten von vielen mächtigen Königen zugleich herausgefordert wird? Wie sollte ein König in solchen Zeiten Freunde und Feinde unterscheiden? Wie, oh Stier der Bharatas, sollte er sich in solchen Zeiten zu Freunden und Feinden verhalten? Wie sollte ein König, der sein Wohl sucht, reagieren, wenn die vermeintlichen Freunde zu Feinden werden? Mit wem sollte er Krieg führen, und mit wem sollte er Frieden schließen? Wie sollte er sich inmitten der Feinde verhalten, selbst wenn er sich stark fühlt? Oh Feindevernichter, dies betrachte ich als eine der wichtigsten Fragen bezüglich der Erfüllung der königlichen Pflichten. Es gibt wenige Menschen, die eine Antwort auf diese Frage hören, und keiner kann sie beantworten, außer Bhishma, dem Sohn des Shantanu, der in der Wahrheit fest gegründet ist und alle Sinne unter Kontrolle hat. Oh höchst Gesegneter, bedenke diese Frage und belehre mich diesbezüglich.

Bhishma sprach:
Oh Yudhishthira, diese Frage ist deiner wahrlich würdig. Ihre Antwort ist voller Segen. So höre mich, oh Sohn, wie ich dir alle allgemein bekannten Aufgaben erkläre, die in Notzeiten einer Erfüllung bedürfen. Mal wird ein Feind zum Freund und mal ein Freund zum Feind. Der Lauf menschlicher Handlungen ist durch die endlosen Kombinationen der wechselnden Bedingungen niemals sicher. Bezüglich dessen, was getan oder vermieden werden sollte, ist es notwendig, stets die Bedingungen von Ort und Zeit zu beachten. Entsprechend sollte man entweder Frieden oder Krieg suchen. Die weisen und gelehrten Menschen, die dein Wohl wünschen, sollte man mit aller Kraft stets als Freunde gewinnen. Man sollte sogar mit Feinden Frieden schließen, wenn sich das Leben, oh Bharata, nicht anders bewahren läßt. Der dumme Mensch, der niemals Frieden mit Feinden schließen kann, wird kaum etwas gewinnen oder jene hohen Früchte erreichen, um die sich alle bemühen. Wer dagegen Frieden mit Feinden und Krieg gegen Freunde entsprechend den jeweiligen Bedingungen führen kann, wird große Früchte ernten. Diesbezüglich wird die alte Geschichte über ein Gespräch zwischen einer Katze und einer Maus am Fuße eines Banian Baumes erzählt:

Es gab einst einen großen Banian Baum inmitten eines riesigen Waldes. Er war mit vielen Arten von Kletterpflanzen bedeckt und ein Wohnort verschiedenartigster Vögel. Er hatte einen mächtigen Stamm, aus dem sich zahlreiche Äste in alle Richtungen ausstreckten. Er war entzückend anzuschauen und sein Schatten höchst erfrischend. Er stand in der Mitte des Waldes, und verschiedenartige Tiere lebten von ihm. Auch eine Maus mit großer Weisheit namens Palita („Vorsicht“) lebte am Fuße dieses Baumes und hatte sich dort eine Höhle mit hundert Ausgängen geschaffen. Auf den Zweigen des Baumes wohnte glücklich eine Katze namens Lomasa („Haarige“), die täglich einige Vögel verschlang. Eines Tages kam ein Chandala in den Wald und baute sich dort eine Hütte. Jeden Abend nach Sonnenuntergang legte er seine Fallen aus. Und nachdem er die Netze aus ledernen Schnüren ausgebreitet hatte, ging er zu seiner Hütte und verbrachte glücklich die Nacht im Schlaf, um in der Morgendämmerung an jene Orte zurückzukehren. Jede Nacht gingen verschiedene Tiere in seine Fallen. Und so geschah es auch, daß eines Tages die Katze in einem Moment der Unachtsamkeit in den Schlingen gefangen wurde. Oh Weiser, als die Katze, die ein natürlicher Feind der Mäuse ist, im Netz gefangen war, kam die Maus Palita aus ihrem Loch und begann furchtlos umherzustreifen. Während sie vertrauensvoll auf der Suche nach Nahrung durch den Wald wanderte, sah die Maus das Fleisch (das der Chandala dort als Köder ausgelegt hatte). Die Falle betretend, begann das kleine, leichte Tier, das Fleisch zu fressen und lachte im Inneren über ihren Feind, der hilflos im Netz hing. Beim Fressen vergaß die Maus fast jede Gefahr, als sie plötzlich ihre Augen auf einen schrecklichen Feind richtete, der sich näherte. Dieser Feind war niemand anders als ein ruheloser Mungo mit kupferfarbigen Augen namens Harita („Dunkler“). Mit einem Körper, der einer Schilfblüte glich, versteckte und lebte er in unterirdischen Höhlen. Angelockt durch den Geruch der Maus kam das Tier schnell heraus, um seine Beute zu verschlingen. Schon stand er auf seinen Hinterbeinen mit erhobenem Kopf und leckte sich die Mundwinkel. Da erblickte die Maus zur gleichen Zeit einen anderen Feind, der in den Bäumen lebte und auf einem Ast des Banian saß. Es war eine nachtwandernde Eule namens Chandraka („Mondschein“) mit scharfem Schnabel. Bei Anblick des Mungos und der Eule begann die Maus in großer Furcht zu denken:
In solcher Zeit größter Gefahr, wenn der Tod selbst mir ins Gesicht schaut, wenn es auf jeder Seite nur Schrecken gibt, wie sollte man da handeln, wenn man sein Wohl wünscht? Ich bin umringt von Gefahren und erblicke in jeder Richtung Feinde. Ich fürchte, mein Leben ist schwer bedroht. Meine Überlebenschance ist eins zu hundert. Gegenwärtig umgibt mich auf jeder Seite eine Gefahr. Wenn ich von dieser Falle auf dem Boden ohne entsprechende Vorsichtsmaßnahmen herabspringen sollte, wird mich sicher der Mungo ergreifen und verschlingen. Wenn ich auf dieser Falle bleibe, wird mich die Eule fassen. Und falls es diese Katze schafft, sich aus dem Netz zu entwirren, wird sie mich verschlingen. Es ist jedoch nicht gut, wenn jemand mit Intelligenz seine Vernunft verliert. Ich werde deshalb mit aller Kraft kämpfen, um mein Leben mit geschickten Mitteln und Intelligenz zu retten. Wer mit Intelligenz und Weisheit gesegnet ist und die rechten Mittel kennt, wird nie untergehen, wie groß und schrecklich auch die drohende Gefahr ist. Zur Zeit sehe ich jedoch keine andere Zuflucht als diese Katze. Sie ist zwar ein Feind, aber auch in Not. Der Dienst, den ich ihr tun kann, ist sehr groß. Wie sollte ich sonst handeln, um mein Leben zu retten, wenn ich von drei Feinden bedroht werde? Ich sollte jetzt den Schutz von einem dieser Feinde suchen, nämlich der Katze. Durch geschicktes Handeln will ich der Katze zu ihrem Wohle raten, so daß ich durch Klugheit allen drein entfliehen kann. Die Katze ist zwar mein großer Feind, aber auch in große Not gefallen. So will ich versuchen, ob ich dieses einfältige Wesen von ihren eigenen Interessen überzeugen kann. In solcher Qual könnte sie Frieden mit mir schließen. Wer durch einen Stärkeren bedrängt wird, sollte sogar mit einem Feind Frieden schließen. Die Gelehrten in der Politik sagen, daß sich ein Bedrängter so verhalten sollte, wenn er die Sicherheit seines Lebens sucht. In gefährlicher Lage ist ein kluger Feind besser als ein dummer Freund. So liegt mein Leben jetzt völlig in den Händen meines Feindes, der Katze, und ich werde sie bezüglich ihrer eigenen Befreiung ansprechen. Es ist wohl richtig, unter solchen Umständen die Katze als einen intelligenten und nützlichen Feind anzusehen.

Auf diese Weise überlegte sie, als sie die Feinde umgaben. Danach sprach die Maus, die mit den Wegen des Gewinns und den rechten Gelegenheiten für Frieden oder Krieg wohlvertraut war, mit süßen Worten zur Katze:
Ich spreche in Freundschaft zu dir, oh Katze! Lebst du noch? Ich möchte, daß du lebst. Ich wünsche das Wohl von uns beiden. Oh Liebenswürdige, du hast keinen Grund zur Angst. Du sollst glücklich leben. Ich werde dich retten, wenn du mich nicht tötest. Es gibt einen guten Ausweg aus dieser Situation, der sich mir angedeutet hat, und wodurch du fliehen könntest, zum großen Nutzen für uns beide. Durch ernsthaftes Nachdenken habe ich diesen Ausweg für mich und dich erkannt, der uns nützlich sein wird. Dort sind Mungo und Eule, die beide mit übler Absicht lauern. Nur so lange, oh Katze, wie sie mich nicht angreifen, ist mein Leben sicher. Sieh nur, wie mich diese elende Eule mit ruhelosen Blicken und entsetzlichem Geschrei vom Ast dieses Baums anstarrt, was mich äußerst ängstigt. Eine Freundschaft mit Wohlgesinnten bedarf nur sieben gemeinsamer Schritte. Werde mein weiser Freund! Dann werde ich auch dich als Freund behandeln, und du brauchst keine Angst mehr zu haben. Ohne meine Hilfe, oh Katze, wirst du es niemals schaffen, das Netz zu zerreißen. Ich könnte es jedoch durchnagen, um dir zu helfen, wenn du davon abläßt, mich zu töten. Du hast in diesem Baum gelebt und ich an seinem Fuße. Wir beide haben hier viele lange Jahre gewohnt. All das ist dir bekannt. Ein Wesen, dem niemand vertraut und das niemandem vertraut, wird von den Weisen nie gelobt. Sie sind beide unglücklich. Laß uns deshalb ein Bündnis schließen, damit unsere Liebe zueinander wachsen kann. Die Weisen loben nie den Versuch, eine Handlung zu vollbringen, wenn die rechte Gelegenheit verpaßt wurde. Erkenne, daß die richtige Zeit für unser Bündnis gekommen ist. Ich wünsche, daß du lebst, und du solltest auch wünschen, daß ich lebe. Ein Mensch kann einen tiefen und großen Fluß auf einem Stück Holz überqueren. Man sieht, wie er das Stück Holz an das Flußufer schleppt, damit ihn das Stück Holz auf die andere Seite tragen kann. Ähnlich wird auch dieses Bündnis uns beiden Glück bringen. Ich werde dich retten, und du wirst mich retten.

Nachdem die Maus diese Worte gesprochen hatte, die für beide vorteilhaft waren, voller Bedeutung und diesbezüglich höchst annehmbar, wartete sie auf eine Antwort der Katze. Und wahrlich, dieser Feind der Maus mit Urteilskraft und Voraussicht antwortete ihr. Zuerst bedachte die Katze ihren Zustand, lobte dann voller Intelligenz und Redegewandtheit die Worte des Sprechers und ehrte die Maus durch eine freundliche Antwort. Mit scharfen Zähnen und Augen wie Lapislazuli antwortete die Katze Lomasa mit hoffnungsvoller Miene:
Ich bin erfreut über dich, oh Liebenswürdige! Gesegnet seist du, da du wünschst, daß ich lebe! Vollbringe ohne zu zögern, was du als vorteilhaft betrachtest, denn ich bin wahrlich in großer Not. Aber du scheinst, wenn das überhaupt möglich ist, in noch größerer Not zu sein. Laß uns unverzüglich dieses Bündnis schließen! Ich werde tun, was dafür nützlich und nötig ist, oh Mächtige. Wenn du mich rettest, werde ich dir dienen. Ich gebe mich in deine Hände und bin dir ganz ergeben. Ich werde dir aufwarten und wie ein Schüler dienen. Ich suche deinen Schutz und werde stets deinen Geboten folgen.

So angesprochen, antwortete die Maus Palita der Katze, die nun völlig unter ihrer Kontrolle war, und sprach folgende Worte mit ernster Bedeutung und hoher Weisheit:
Du hast höchst großmütig gesprochen. Ich hätte von dir kaum etwas anderes erwartet. So höre mich, wie ich dir den Ausweg offenbare, den ich erkannt habe, und der uns beiden nützen wird. Ich werde mich unter deinem Körper verkriechen. Damit rette mich, denn der Mungo macht mir größte Angst. Doch friß mich nicht, denn ich kann dich retten. Beschütze mich auch vor der Eule, denn diese Üble will mich ebenfalls als ihre Beute ergreifen. Dann werde ich die Schlinge zernagen, die dich fesselt. Das schwöre ich bei der Wahrheit, oh Freund!

Diese vernünftigen und bedeutungsvollen Worte hörend, richtete Lomasa voller Entzücken ihre Augen auf Palita und lobte die Maus mit Willkommensrufen. Nach ihrem freundlich gesinnten Lob überlegte sie für einen Moment und sprach dann froh, ohne weitere Zeit zu verlieren:
Komm schnell zu mir! Gesegnet seist du, denn du bist wahrlich ein Freund, der mir so lieb wie mein Leben ist. Oh Weisheitsvolle, durch deine Gnade könnte ich mein Leben zurückbekommen. Gebiete und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht! Laß Frieden zwischen uns sein, oh Freund! Bin ich erst von dieser Gefahr befreit, werde ich mit all meinen Freunden und Verwandten alles tun, was angenehm und vorteilhaft für dich ist. Oh Liebenswürdige, wenn ich aus dieser Not befreit bin, werde ich mich sicher bemühen, dich zu erfreuen. Ich werde dich als Dank für deinen Dienst bei jeder Gelegenheit verehren. Auch wenn jemand reichliche Dienste als Dank vollbringt, wird er doch niemals jenem gleich, der ihm zuerst Gutes getan hat. Denn stets vollbringt er seinen Dienst als Gegenleistung für einen erhaltenen Dienst und handelt nicht wie der Erstere ohne diese Motivation.

Bhishma fuhr fort:
Nachdem die Maus der Katze ihre eigenen Interessen klargemacht hatte, kroch sie vertrauensvoll unter den Körper ihres Feindes. Klug und abgesichert vor der Katze, lag die Maus nun vertrauensvoll unter der Brust der Katze, als ob es der Schoß ihres Vaters oder ihrer Mutter wäre. Und beim diesem Anblick verloren Mungo und Eule alle Hoffnung, diese Beute zu ergreifen. Wahrlich, angesichts der Zutraulichkeit zwischen Maus und Katze, waren Harita und Chandraka höchst verwirrt und erstaunt. Sie hatten beide Kraft und Intelligenz. Doch trotz ihrer Erfahrung im Ergreifen der Beute, sahen sich Mungo und Eule außerstande, Maus und Katze zu trennen. Wahrlich, angesichts dieses außergewöhnlichen Bündnisses zum gegenseitigen Nutzen, verließen sie beide den Ort und zogen sich in ihre jeweiligen Behausungen zurück. Danach begann die Maus Palita, die in den Bedingungen von Ort und Zeit erfahren war, langsam die Schnüre des Netzes zu zernagen, als sie unter dem Körper der Katze lag, und wartete auf die rechte Zeit, um ihre Arbeit zu beenden. Doch gequält durch die Schnüre, die sie fesselten, wurde die Katze ungeduldig, als sie sah, wie die Maus nur langsam die Schlingen zernagte. Und angesichts der Langsamkeit sprach die Katze, um das Werk zu beschleunigen:
Warum, oh Liebenswürdige, fährst du in deiner Arbeit nicht schneller fort? Mißachtest du mich jetzt, nachdem ich deinen Wunsch erfüllt habe? Oh Feindevernichter, zerbeiße schnell diese Schnüre! Der Jäger wird sicher bald erscheinen.

So angesprochen von der ungeduldigen Katze, die wohl nicht viel Weisheit besaß, antwortet die kluge Maus die folgenden, vorteilhaften Worte, die zu ihrem Wohle waren:
Warte und schweige, oh Liebenswürdige! Eile ist nicht notwendig. Beherrsche all deine Ängste! Wir kennen die Bedingungen der Zeit und verschwenden diese nicht. Wenn eine Tat zur unrechten Zeit vollbracht wird, wird sie nie erfolgreich werden. Doch eine Tat zur rechten Zeit, bringt stets gute Früchte. Wenn du zur falschen Zeit befreit wirst, werde ich große Angst vor dir haben müssen. Deshalb warte noch und sei nicht ungeduldig, oh Freund! Wenn der bewaffnete Jäger erscheint, und wir beide voller Angst sind, werde ich die Schnüre zerbeißen. Befreit, wirst du schnell in den Baum springen. Und in diesem Moment wirst du an nichts anderes denken, als dein Leben zu retten. Und während du, oh Lomasa, in Furcht fliehen wirst, um den Baum zu erklimmen, werde ich in mein Loch schlüpfen.

So angesprochen mit Worten, die für die Maus von Vorteil waren, antwortete die Katze, die mit Intelligenz und Redegewandtheit gesegnet war und voller Ungeduld, ihr Leben zu retten. Es sprach also die Katze, die ihren Teil des Vertrags schnell und richtig erfüllt hatte, zur Maus, die mit ihrem Teil keine Eile hatte:
Ich habe dich schnell aus großer Gefahr gerettet. Ach! Ehrliche Personen helfen ihren Freunden niemals auf diese Weise. Voller Freude über ihren Dienst, handeln sie, ohne zu säumen. Du solltest dich beeilen, das zu tun, was zu meinem Wohl ist. Oh Weisheitsvolle, streng dich etwas an, so daß uns beiden Gutes geschieht. Falls du dich aber an unsere ehemalige Feindschaft erinnerst und die Zeit verstreichen läßt, um zu entschlüpfen, dann wisse, oh übelgesinnte Kreatur, daß diese Tat (durch diese Sünde) dein Leben verkürzen wird! Wenn ich dir jemals unbewußt irgendein Unrecht getan habe, dann vergiß es bitte. Ich flehe um deine Vergebung! Sei gnädig mit mir!

Nachdem die Katze so gesprochen hatte, antwortete die Maus, die mit Intelligenz und Weisheit sowie den Kenntnissen der Gebote gesegnet war, mit diesen ausgezeichneten Worten:
Ich habe gehört, oh Katze, was du bezüglich deiner Ziele gesagt hast. Höre jedoch auch, was mit meinen Zielen im Einklang steht. Eine Freundschaft, in der es Gefahr gibt und die ohne Gefahr gar nicht entstanden wäre, sollte mit größter Vorsicht bewahrt werden, wie die Hand (des Schlangenbeschwörers) vor den Giftzähnen der Schlange. Wer sich nicht beschützt, wenn er ein Bündnis mit einem Stärkeren schließt, wird sehen müssen, wie dieses Bündnis mehr schadet als hilft. Niemand ist für immer dein Freund. Niemand ist für immer dein Wohlgesinnter. Personen werden Freunde oder Feinde entsprechend den Motiven ihrer Interessen. Interesse wirbt Interesse, wie gezähmte Elefanten ihre wilden Artgenossen fangen. Nachdem ein Werk vollendet wurde, ist der Ausführende kaum noch wichtig. Deshalb sollten alle Werke so durchgeführt werden, daß stets etwas übrigbleibt, was noch getan werden müßte. Wenn ich dich freigebe, während du von der Angst vor dem Jäger übermannt wirst, dann wirst du um dein Leben laufen, ohne je daran zu denken, mich zu ergreifen. Sieh, alle Schnüre dieses Netzes sind von mir zerbissen worden. Nur eine ist noch übrig, die ich ebenfalls schnell zerbeißen kann. So sei beruhigt, oh Lomasa!

Während Maus und Katze auf diese Weise unter ernster Gefahr miteinander sprachen, neigte sich die Nacht dem Ende zu. Und damit drang eine große Angst ins Herz der Katze. Als schließlich der Morgen graute, erschien der Chandala Parigha („Schlächter“) an diesem Ort. Sein Anblick war schrecklich. Sein Haar war dunkelbraun, sein Bauch groß und seine Erscheinung äußerst wild. Sein riesiger Mund reichte von Ohr zu Ohr. Er war ganz schmutzig und hatte äußerst lange Ohren. Bewaffnet und begleitet von einer Hundeschar, erschien dieser grimmige Mann am Ort des Geschehens. Und beim Anblick dieser Person, die einem Boten von Yama glich, wurde die Katze völlig von Panik überwältigt und sprach zu Palita: „Was willst du jetzt tun?“ Da zernagte die Maus eilig die restliche Schnur, welche die Katze noch zurückhielt. Vom Netz befreit rannte die Katze so schnell sie konnte und erreichte den Banian Baum. Auch Palita floh davon, befreit von der großen Gefahr und den schrecklichen Feinden, und verschwand in ihrem Loch, wie auch Lomasa inzwischen den hohen Baum erklettert hatte. Der Jäger sah sich um, hob sein Netz auf und verließ enttäuscht den Ort, um in seine Hütte zurückzukehren, oh Stier der Bharatas. Befreit von ihrer großen Gefahr und zurück im Leben, das so wertvoll ist, sprach die Katze aus den Zweigen des Baumes nach einiger Zeit zur Maus Palita, die aus ihrem Loch linste:
Ohne mit mir sprechen zu wollen, läufst du immer schnell davon. Ich hoffe, du verdächtigst mich nicht irgendeiner schlechten Absicht. Ich bin wahrlich dankbar, denn du hast mir einen großen Dienst erwiesen. Du hast mein Vertrauen geweckt und mir mein Leben zurückgegeben. Warum kommst du nicht zu mir in einer Zeit, wenn Freunde die Süße der Freundschaft genießen sollten? Wer Freundschaft geschlossen hat und sie später vergißt, wird als übelgesinnte Person betrachtet und kann in Zeiten der Not und Gefahr keine Freunde finden. Ich bin, oh Freund, von dir geehrt worden, indem du mir mit all deiner Kraft geholfen hast. Mögest du meine Gesellschaft genießen, da ich dein Freund geworden bin. Wie Schüler ihren Lehrer verehren, so werden all meine Freunde, Verwandten und Angehörigen dich achten und ehren. Und so werde auch ich dich mit all deinen Freunden und Angehörigen ehrfürchtig behandeln. Welche dankbare Person würde ihren Lebensretter nicht verehren? Sei du der Herr sowohl meines Körpers als auch meines Hauses. Sei du der Empfänger meines ganzen Reichtums und Besitzes. Sei du mein verehrter Berater und gebiete über mich wie ein Vater. Ich schwöre bei meinem Leben, daß du keine Angst vor uns haben mußt. An Intelligenz bist du dem Usanas gleich (dem Lehrer der Dämonen). Durch die Macht deines Verstandes hast du uns besiegt. Begabt mit der Kraft des geschickten Handelns, hast du unser Leben gerettet.

Nach solch beruhigenden Worten der Katze antwortete die Maus, die mit allem bekannt war, was zum höchsten Nutzen ist, mit freundlichen Worten, die zu ihrem Wohle waren:
Ich habe alles gehört, oh Lomasa, was du gesprochen hast. So höre jetzt auch, wie ich darüber denke. Freunde sollten gut ausgesucht werden, wie man auch Feinde gut beobachten sollte. Eine solche Aufgabe wird in dieser Welt sogar von Gelehrten als schwierig erachtet, abhängig von der jeweiligen Intelligenz. Schnell nehmen Freunde die Gestalt von Feinden an und Feinde die Gestalt von Freunden. Wenn Bündnisse der Freundschaft geschlossen werden, ist es für die Beteiligten oft schwierig zu erkennen, ob die anderen durch Begierde oder Zorn bewegt werden. Es gibt keinen absoluten (bzw. „unbedingten“) Feind und auch keinen absoluten Freund. Es ist die Kraft der Bedingungen (bzw. Umstände), die Freunde und Feinde schafft. Wer seine eigenen Interessen als gesichert betrachtet, solange eine andere Person lebt, und sie gefährdet sieht, wenn sie stirbt, betrachtet diese Person als Freund nur solange, wie jene Interessen nicht durchkreuzt werden. Es gibt keine Beziehung, die dauerhaft den Namen Freundschaft oder Feindschaft verdiente. Freunde und Feinde entstehen bezüglich der jeweiligen Interessen und Nützlichkeiten. Damit kann sich Freundschaft im Laufe der Zeit schnell in Feindschaft wandeln, wie auch ein Feind zum Freund werden kann. Die eigenen Interessen sind sehr mächtig. Wer stets blindes Vertrauen zu Freunden hat und immer nur Mißtrauen zu Feinden ohne jede Rücksicht auf Vernunft, wird sein Leben bald bedroht finden. Wer jegliches geschicktes Handeln ignoriert und nach einer anhaftenden (bzw. unbedingten) Verbindung mit Freunden oder Feinden strebt, wird bald als geistesgestört betrachtet. Man sollte sein Vertrauen nie auf einen setzten, der dafür unwürdig ist, noch sollte man einem Vertrauenswürdigen zu viel vertrauen. Die Gefahr, die aus blindem Vertrauen entsteht, bedroht die eigenen Wurzeln. Vater, Mutter, Kinder, Onkel und andere Verwandte und Angehörige werden alle durch Erwägungen von Interessen und Nützlichkeiten geleitet. So kann man sehen, daß Vater und Mutter sogar ihren langgeliebten Sohn verstoßen, wenn er ihnen nicht folgt. Die Leute achten sehr auf sich selbst. Schau nur die Wirkung des Eigennutzes!

Oh Intelligenter, dein Schicksal ist wahrlich schwer, wenn du sofort, nachdem du von anderen aus einer großen Gefahr befreit wurdest, schon wieder anderen helfen willst. Du kamst damals aus dem Baumwipfel herab und konntest in deiner Leichtsinnigkeit nicht sehen, daß dort ein Netz ausgebreitet lag. Ein Leichtsinniger kann sich selbst kaum beschützen. Wie sollte er anderen helfen? Solch eine Person ruiniert zweifellos all ihre Taten. Du sagtest mir mit süßen Worten, wie lieb ich dir bin. Höre jedoch, oh Freund, wie ich darüber denke. Man wird zum Freund unter entsprechenden Bedingungen und zum Feind unter anderen Bedingungen. Diese ganze Welt der Geschöpfe wird vom Wunsch nach Gewinn getrieben. Keiner liebt einen anderen (ohne Ursache). Selbst die Freundschaft zwischen zwei leiblichen Brüdern oder die Liebe zwischen Mann und Frau hängt von Interessen ab. Ich kenne keine Art der Zuneigung zwischen irgendwelchen Personen, die von eigensinnigen Motiven frei wäre. Häufig sieht man, daß sich Brüder oder Ehegatten, die sich gestritten haben, danach aus natürlicher Zuneigung wieder verbünden. So etwas sieht man aber nicht zwischen Personen, die nichts miteinander zu tun haben. Der eine wird liebenswürdig wegen seiner Großzügigkeit, ein anderer wegen seiner süßen Worte, ein Dritter wegen seiner tugendhaften Taten. Gewöhnlich liebt man eine Person für den Zweck, dem sie dient. So entstand auch die Zuneigung zwischen uns aus einer triftigen Ursache. Doch diese Ursache besteht nun nicht mehr, so wenig wie die Zuneigung zwischen uns. Was ist jetzt der Grund, so frage ich dich, weshalb ich dir so lieb bin, außer deinem natürlichen Wunsch, mich zu deiner Beute zu machen? Du solltest wissen, daß ich diesbezüglich nicht vergeßlich bin. Die Zeit wandelt die Ursachen. Auch du suchst deine eigenen Interessen. Andere jedoch, die mit Weisheit gesegnet wurden, verstehen ihre Interessen, und die Welt folgt ihnen. Du solltest solche (verführerischen) Worte nicht an eine Person richten, die mit Weisheit begabt ist und ihre Interessen kennt. Du bist voller Kraft (und der Stärkere von uns beiden), und deine gegenwärtige Zuneigung ist jetzt unpassend.

Indem ich mein Wohl bedenke, bin ich in Frieden und Krieg beständig, die selbst sehr unbeständig sind. Die Umstände, unter denen Frieden geschlossen oder Krieg erklärt werden sollte, ändern sich ebenso schnell, wie die Wolken ihre Formen. An einem Tag bist du mein Freund, am nächsten wieder mein Feind. So bist du nun erneut mein Feind geworden. Schau nur die Vergänglichkeit der Erwägungen, wodurch die Lebewesen bewegt werden! Es gab Freundschaft zwischen uns, so lange ein Grund dafür existierte. Dieser Grund ist mit der Zeit vergangen und mit ihm unsere Freundschaft. Du bist mein natürlicher Feind. Unter außergewöhnlichen Umständen wurdest du mein Freund. Aber diese Umstände sind wieder vergangen. Der alte Zustand unserer Feindschaft, der völlig natürlich ist, ist nun zurückgekehrt. Sage mir, warum ich jetzt um deinetwillen dieses gefährliche Netz betreten sollte, das für mich ausgebreitet wurde, wenn ich doch die Gebote des geschickten Handelns kenne? Durch deine Stärke wurde ich von einer großen Gefahr befreit, wie auch du durch meine Kraft. Jeder von uns hat dem anderen gedient. Es gibt nun keinen Grund mehr, weshalb wir uns wieder freundschaftlich verbünden sollten. Oh Liebenswürdige, dein Ziel wurde erfüllt, wie auch das meine. Welchen Nutzen hätte ich jetzt noch für dich, außer einer guten Mahlzeit? Ich bin deine natürliche Nahrung, und du bist mein Jäger. Ich bin schwach, und du bist stark. Es kann keine beständige Freundschaft zwischen uns geben, wenn wir so ungleich sind. Ich verstehe deine Absichten. Aus dem Netz bist du gerettet und lobst mich so sehr, um leicht eine Mahlzeit aus mir zu machen. Du wurdest wegen deines Hungers im Netz gefangen. Dann wurdest du daraus befreit, und nun fühlst du wieder den quälenden Hunger. Nachdem du Zuflucht zu meiner Weisheit genommen hattest, versuchst du mich jetzt zu fressen. Ich weiß, daß du Hunger hast und dies die Stunde ist, in der du immer frißt. Du suchst nach Beute und richtest deine Augen auf mich. Du hast Kinder und Ehefrauen. Und du suchst trotzdem die Freundschaft mit mir und wünschst, mich mit Zuneigung zu behandeln und mir zu dienen? Oh Freund, ich kann diesem Vorschlag nicht vertrauen. Mich an deiner Seite sehend, warum sollten deine lieben Gattinnen oder Kinder mich nicht fressen? Ich werde deshalb eine Freundschaft mit dir scheuen. Es gibt keinen Grund mehr dafür.

Doch wahrlich, wenn du meinen guten Dienst nicht vergessen willst, dann bedenke, was gut für mich ist. Welches intelligente Wesen würde sich in die Hände eines Feinds geben, der für Gerechtigkeit nicht bekannt ist, den der Hunger treibt und der nach Beute Ausschau hält? Sei gesegnet, ich werde jetzt gehen. Alles warnt mich vor dir, selbst wenn ich dich von weitem sehe. Ich werde mich nicht mit dir verbünden, beende deine Versuche, oh Lomasa! Wenn du denkst, daß ich dir einen guten Dienst getan habe, dann folge den Geboten der Freundschaft, falls ich einmal vertrauensvoll oder unachtsam umherstreife. Dann wäre wahrlich Dankbarkeit in dir. Ein Wohnsitz in der Nähe einer kraft- und machtvollen Person wird nie gelobt, selbst wenn die einstige Gefahr als vergangen betrachtet wird. Ich sollte mich immer vor jenen fürchten, die stärker sind. Wenn du allerdings nicht deine natürlichen Interessen suchst, dann sage mir, was ich für dich tun sollte. Ich werde dir sicher alles geben, außer meinem Leben. Um sein Leben zu bewahren, sollte man alles opfern können, sogar Familie, Königreich, Juwelen und Reichtum. Denn so lange man lebt, läßt sich die ganze Fülle wiedererlangen, die man den Feinden opfern mußte, um das Leben zu bewahren. Es ist niemals gut, das Leben wie irgendwelchen Besitz aufzugeben. Es sollte wahrlich beschützt werden, wie ich schon sagte, selbst wenn man Ehefrauen und Reichtum aufgeben muß. Wer sich immer mit Achtsamkeit beschützt und mit rechter Erwägung und Umsicht handelt, der wird infolge seiner Taten nie von Gefahren überwältigt. Die Schwachen sollten die Stärkeren stets fürchten. So wird ihre Vernunft, gegründet in der Wahrheit der heiligen Schriften, stets verläßlich bleiben.

Nach dieser freundlichen Rüge von der Maus errötet die Katze voller Scham und sprach zu Palita:
Aufrichtig schwöre ich dir, daß es nach meiner Meinung sehr tadelnswert ist, einen Freund zu verletzen. Ich kenne deine Weisheit. Ich weiß auch, daß du mein Wohl wünschst. Geführt durch die Gebote des Gewinns, sprachst du jedoch von einem Grund für einen Bruch zwischen uns. Du solltest mich, oh guter Freund, nicht verkennen. Ich hege große Freundschaft zu dir, weil du mein Leben gerettet hast. Auch ich kenne die Aufgaben im Leben und würdige die Verdienste anderer. Ich bin für erhaltene Dienste sehr dankbar und selbst dem Dienst an Freunden hingegeben, besonders dir. Deshalb, oh guter Freund, mögest du dich mit mir wieder verbünden. Auf deinen Befehl hin würde ich mit all meinen Angehörigen und Verwandten mein Leben opfern. Die Gelehrten und Weisen loben das Vertrauen in Personen mit einer geistigen Gesinnung, wie wir sie haben. Oh Erfahrene in den Wahrheiten der Tugend, es ziemt sich nicht für dich, mich auf irgendeine Weise zu verdächtigen.

So angesprochen von der Katze, überlegte die Maus ein wenig und sprach dann diese bedeutungsvollen Worte:
Du bist wahrlich eine gute Katze. Ich habe alles gehört, was du gesagt hast und war erfreut, dich so zu hören. Dessen ungeachtet, kann ich dir jedoch nicht vertrauen. Du kannst weder durch solche Lobreden noch durch reiche Geschenke unserer Freundschaft erzwingen. Ich sage dir aufrichtig, oh Freund, daß sich kein Weiser ohne triftigen Grund unter die Macht eines stärkeren Feindes stellt. Ein Schwacher, der ein Bündnis mit einem Stärkeren geschlossen hat, als beide von Feinden bedroht wurden, sollte stets achtsam sein und mit Bedacht handeln. Wenn das Ziel erreicht ist, sollte der Schwächere nicht weiter dem Stärkeren vertrauen. Man sollte niemals einem vertrauen, der es nicht verdient hat, noch irgend jemandem blind. Man sollte allerdings stets bestrebt sein, das Vertrauen der anderen zu gewinnen, ohne jemals das Vertrauen auf einem Feind ruhen zu lassen. So sollte man unter allen Umständen sich selbst beschützen. Denn alle Besitztümer, die Kinder und alles andere sind nur so lange wertvoll, solange man lebendig ist. Kurz gesagt, die höchste Wahrheit in allen Belehrungen über das geschickte Handeln ist (ein gesundes) Mißtrauen. So ist Mißtrauen von größtem Nutzen und führt zum Wohlergehen. Wie schwach man auch ist, wenn man seinen Feinden mißtraut, selbst wenn sie stark sind, können sie dich nie unter ihre Macht bringen. Oh Katze, jemand wie ich sollte sein Leben stets vor Personen wie dir beschützen. So beschütze auch dein Leben vor dem Chandala, dessen Zorn erregt wurde!

Nachdem die Maus so sprach, rannte die Katze, die beim Erwähnen des Jägers höchst erschrocken war, eiligst davon und verließ die Zweige des Baumes. Und die weise Maus Palita, die in den Wahrheiten der heiligen Schriften erfahren war und die Kraft ihres Verstandes gezeigt hatte, verschwand in einem anderen Loch.

Bhishma fuhr fort:
Auf diese Weise schaffte es sogar die Maus Palita, obwohl sie schwach und allein war, durch ihre Weisheit viele mächtige Feinde abzuwehren. Wer mit Intelligenz und Gelehrsamkeit begabt ist, sollte mit einem mächtigeren Feind (auf diese Weise) Frieden schließen. Maus und Katze konnten entkommen durch ihr Vertrauen auf den Dienst des anderen. Damit habe ich dir ausführlich die Wege der Kshatriya Aufgaben angedeutet. Höre es noch einmal kurzgefaßt: Wenn zwei Personen, die einst in Feindschaft standen, Frieden schließen, ist es sicher, daß sie beide in ihrem Herzen den Wunsch hegen, den anderen zu beherrschen (bzw. zu benutzen). In diesem Fall ist es der Weisere, der durch die Macht seines Verstandes den anderen beherrscht. Wer andererseits ohne Weisheit ist, der quält sich selbst durch seine Unachtsamkeit und wird vom Stärkeren überwältigt. Es ist deshalb nötig, daß man zwar Furcht kennt, aber keine Angst zeigt, und während man anderen nie vollkommen vertraut, sollte man vertrauensvoll erscheinen. Wer mit solcher Achtsamkeit handelt, stolpert nie und wenn, dann geht er nicht zugrunde. Zur rechten Zeit sollte man Frieden mit einem Feind schließen und zur rechten Zeit sollte man Krieg sogar gegen einen Freund führen. Jene, oh König, die mit den Bedingungen von Ort und Zeit vertraut sind, sagen, daß man sich auf diese Weise verhalten sollte. Erkenne dies, oh Monarch, und trage die Wahrheiten der heiligen Schriften im Geist. So sollte man mit all seinen gesammelten Sinnen und voller Achtsamkeit wie ein Angstvoller handeln, aber noch bevor man von der Angst überwältigt wird. Noch bevor sich die Gefahr entfaltet, sollte man wie eine Person in Gefahr handeln und Frieden mit dem Feind schließen. Solche Vorsicht und Achtsamkeit führen zur Scharfsinnigkeit des Verstandes. Wenn man wie ein Mensch in Angst handelt, noch bevor es Grund zur Angst gibt, wird man in jeder Gefahr ohne Angst sein. Denn aus der Angst einer Person, die stets furchtlos (bzw. unvorsichtig) gehandelt hat, wird man noch größere Ängste wachsen sehen. „Habe keine Furcht!“ Solch einem Rat sollte man niemandem gegeben. Wer im Bewußtsein seiner menschlichen Schwäche eine gesunde Furcht hegt, sucht immer den Rat von weisen und erfahrenen Menschen. Aus diesen Gründen sollte man Furcht kennen aber keine Angst zeigen, und mit gesundem Mißtrauen sollte man vertrauensvoll erscheinen, ohne selbst in den ernstesten Taten jemals unwahrhaft zu handeln.

So habe ich dir, oh Yudhishthira, die alte Geschichte (von der Maus und der Katze) erzählt. Du hast sie gehört, nun handle entsprechend inmitten deiner Freunde und Angehörigen! Indem du aus dieser Geschichte ein hohes Verständnis ableitest und den Unterschied zwischen Freund und Feind, sowie die rechte Zeit für Krieg und Frieden erkennst, wirst du die Mittel finden, um jeder drohenden Gefahr zu entkommen. Nachdem du Frieden in einer Zeit der umfassenden Gefahr mit dem Stärkeren geschlossen hast, solltest du wohlbedacht bezüglich deiner Verbindung mit dem Feind handeln (nachdem die umfassende Gefahr vergangen ist). Wahrlich, wenn dein Ziel erreicht ist, solltest du dem Feind nicht weiter vertrauen. Dieser Weg der Politik steht im Einklang mit der dreifachen Anhäufung (von Tugend, Gewinn und Vergnügen), oh König. Möge dich diese Belehrung führen, und mögest du Wohlstand gewinnen, indem du erneut deine Untertanen beschützt. Oh Sohn des Pandu, suche stets die Gesellschaft der Brahmanen in all deinen Vorhaben! Brahmanen bilden die große Quelle des Wohlstandes sowohl in dieser Welt als auch in der folgenden. Sie sind die Lehrer der Pflichten und der Tugend und stets dankbar, oh Mächtiger. Wenn sie verehrt werden, sichern sie dein Wohl. Deshalb verehre sie stets, oh König! Dann wirst du standesgemäß dein Königreich, großen Wohlstand, Ruhm, Verdienst und Nachkommen in der rechten Reihenfolge gewinnen. Mit einer Sicht, geleitet von dieser Geschichte über Frieden und Krieg zwischen Katz und Maus, dieser ausgezeichneten Geschichte, welche die Intelligenz schärfen kann, sollte sich ein König stets inmitten seiner Feinde verhalten.


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