Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 122 - Über die Entstehung der Herrschaft

Bhishma sprach:
Diesbezüglich wird die folgende alte Geschichte erzählt. Es gab unter den Angas einst einen König mit großer Herrlichkeit, der Vasuhoma genannt wurde. Dieser König handelte stets fromm, und gemeinsam mit seiner Gattin übte er strengste Entsagung. Er begab sich nach Munjaprishtha, einem Lieblingsplatz der Pitris und himmlischen Rishis. Dort, auf diesem Gipfel des Himavat in der Nähe des goldenen Berges Meru, saß einst (der große Brahmane) Parasurama unter dem Schatten eines wohlbekannten Banian Baumes und hatte (voller Schande) seine verfilzten Locken zusammengebunden. Seit dieser Zeit, oh Monarch, wird dieser Ort, der auch ein Lieblingsplatz von Rudra ist, von den Rishis mit den beständigen Gelübden Munjaprishtha genannt. König Vasuhoma lebte an diesem Ort, erwarb viele fromme Eigenschaften, die Wertschätzung der Brahmanen und den Ruhm wie ein himmlischer Rishi in seiner Heiligkeit. Eines Tages kam der Feindezerstörer und Freund von Indra, der hochbeseelte König Mandhatri zu Vasuhoma in die Einsiedelei der Berge. Dort sah Mandhatri den König Vasuhoma in seiner strengen Buße und stand demütig vor ihm. Vasuhoma ehrte seinen Gast mit Wasser für seine Füße und dem Arghya aus den üblichen Dingen, um ihn dann über sein Wohlergehen und sein siebenfaches Königreich zu befragen. Danach sprach Vasuhoma zu seinem königlichen Gast, der treu den altbekannten Methoden der Rechtschaffenen folgte: „Was, oh König, kann ich für dich tun?“ So angesprochen, oh Freude der Kurus, antwortete Mandhatri, dieser Beste der Könige, höchst zufrieden dem weisen Vasuhoma, der gelassen saß:
Du hast, oh König, alle Lehren des Vrihaspati studiert. Oh Bester der Männer, sogar die Lehren des Usanas sind dir bekannt. Ich wünsche zu erfahren, was der Ursprung der Herrschaft ist. Was war vor der Herrschaft? Was steht an ihrer Spitze? Wie wurde die Herrschaft zur Aufgabe der Kshatriyas? Belehre mich darüber, oh Weiser! Ich komme zu dir als Schüler, der bereit ist, dir zu dienen.

Und Vasuhoma sprach:
Höre, oh König, wie die Herrschaft, dieser Erhalter der Welt, entstand. Die Seele der Herrschaft ist die ewige Gerechtigkeit, und sie wurde geschaffen, um alle Wesen zu regieren und zu beschützen. Wir haben gehört, daß einst der Große Vater aller Welten, der göttliche Brahma, ein Opfer durchführen wollte, aber keinen Priester finden konnte, der solche Fähigkeiten wie er selbst hatte. Aus diesem Grund empfing er in seinem Kopf (bzw. Geist) und bewahrte dort den Fötus für viele lange Jahre. Nachdem tausend Jahre vergangen waren, nieste der große Gott, und dabei fiel das Kind aus seinem Kopf. Das göttliche Wesen, oh Feindevernichter, das damit von Brahma geboren wurde, bekam den Namen Kshupa. Mit großer Macht gesegnet, wurde er der Priester im Opfer des hochbeseelten Großen Vaters und später zum Herrscher der Geschöpfe, oh König. Denn mit Beginn dieses Opfers von Brahma verschwand dessen Herrschaft aufgrund der milden und friedlichen Form, die der Große Vater als Opfernder annahm (und nicht mehr strafte). Als seine Herrschaft verschwunden war, begann eine große Verwirrung unter allen Wesen. Bald konnte keiner mehr unterscheiden, was getan und was gelassen werden sollte. Jede Unterscheidung zwischen reiner und unreiner Nahrung ging verloren. Die Menschen wußten nicht mehr, welches Getränk gesund war und welches nicht. Alle Wesen begannen, sich gegenseitig zu verletzen. Es gab keine Beschränkungen mehr bezüglich der sexuellen Vereinigung der Geschlechter. Kein Besitz war mehr sicher, und alle Wesen begannen, sich gegenseitig die Nahrung zu rauben. Der Starke fraß den Schwachen, und niemand hegte mehr die geringste Rücksicht für seinen Nachbarn. Da verehrte der Große Vater den göttlichen und ewigen Vishnu und sprach zur segenspendenden Gottheit:
Mögest du, oh Kesava, deine Gnade gemäß den gegenwärtigen Umständen zeigen. Sorge dafür, daß die entstandene Verwirrung vergehen möge.

So angesprochen meditierte der Erste der Götter, der mit einem gewaltigen Shula (ein Speer als Symbol der Herrschaft) bewaffnet war, eine Weile und manifestierte sich dann selbst in Form der Herrschaft. Aus dieser Form, die auf den Beinen der Gerechtigkeit stand, erschuf die Göttin Sarasvati das Wissen von der Herrschaft (Danda-niti), welches sich bald über die Welt verbreitete. Danach meditierte der große Gott mit dem gewaltigen Shula erneut eine Weile und ernannte dann verschiedene Himmlische als Herrn oder Herrscher für spezielle Gruppen. So wurde der göttliche Indra mit den tausend Augen zum Herrscher der Götter. Yama, der Sohn des Vivasvat (des Sonnengottes), wurde der Herrscher der Pitris (Ahnen). Kuvera wurde der Herrscher des Reichtums und aller Rakshasas. Meru wurde der König der Berge und der Ozean der Herr der Flüsse. Der mächtige Varuna bekam die Herrschaft über das Wasser und die Dämonen. Der Tod wurde der Herr des Lebens und aller lebenden Wesen und das Feuer (Agni) zum Herrn aller Energie. Der mächtige Shiva, der hochbeseelte und ewige Mahadeva mit den drei Augen, wurde der Herr der Rudras. Vasishta wurde der Herr der Brahmanen und Jatavedas der Führer der Vasus. Surya (die Sonne) wurde der Herr aller Leuchtkörper und Chandramas (der Mond) der König der Sterne und Konstellationen. Ansumat (Soma) wurde der Herr aller Pflanzen, und der mächtige und Erste der Götter, nämlich Kumara oder Skanda mit den zwölf Armen, wurde der Führer aller Geister (die Mahadeva dienen). Die Zeit als Ursache sowohl des Wachstums als auch des Untergangs wurde zum Herrscher über alle Geschöpfe, sowie über den vierfachen Tod (durch Waffen, Krankheiten, Yama und Gewalt bzw. Geburt, Krankheit, Alter und Sterben) und damit über Freude und Leid.

Die heiligen Schriften erklären, oh König, daß der höchste Gott Mahadeva, dieser Gott der Götter und Herr über die Rudras, der Träger des mächtigen Shula (des Symbols der Herrschaft) ist. Von ihm empfing Kshupa, der Sohn von Brahma, dem Ersten aller Tugendhaften und Herrscher aller Geschöpfe, den Stab der Herrschaft. Dabei übergab Mahadeva im Verlauf des großen Opfers entsprechend der Weltordnung nach gebührender Verehrung die Herrschaft als Beschützer der Gerechtigkeit zuerst an Vishnu. Vishnu gab sie Angiras, diesem Ersten der Asketen. Angiras gab sie an Indra und Marichi. Marichi gab sie an Bhrigu, der den Stab der Herrschaft zum Schutz der Gerechtigkeit an alle Rishis übergab. Die Rishis gaben ihn den Lokapalas (den vier Welthütern) und die Lokapalas an Kshupa. Kshupa übergab ihn an Manu, dem Sohn von Surya. Und Manu, der Herr der Sraddhas (Ahnenriten), übergab den Stab der Herrschaft seinen (königlichen) Söhnen für die Sache der Gerechtigkeit und des wahren Wohlstandes mit folgender Bedingung. Die Herrschaft sollte nur (einem irdischen König) mit Urteilsvermögen verliehen werden, geführt von der Gerechtigkeit und nicht durch eigensinnige Launen. Ihr Ziel sei die Zügelung des Unheilsamen. So seien Geldstrafen und Beschlagnahmung als Verwarnungen gedacht und nicht, um die Schatzkammer des Königs zu füllen. Körperliche Züchtigungen, wie das Quälen, Verstümmeln, Töten oder Verbannen, sollen niemals aus trivialen Gründen geschehen.

Auf diese Weise übergab Manu, der Sohn von Surya, den Stab der Herrschaft für den Schutz der Welt. Seit dem wacht die Herrschaft in den Händen von hierarchischen Herrschern, um alle irdischen Wesen zu beschützen. An der Spitze der Götter steht Indra. Über ihm ist Agni mit den lodernden Flammen, dann Varuna, Prajapati und die Weltordnung (Dharma) als Sohn von Brahma und ewiges Gesetz. Darüber herrscht die Kraft, die dem Schutz gewidmet ist. Über dieser beschützenden Kraft herrschen die Eigenschaften der Pflanzen (als Nahrung, Medizin und Opfer) und die Eigenschaften von Erde und Wasser (der Elemente). Darüber herrschen die Göttin Niriti (als Vergänglichkeit), die Planeten und Sternkonstellationen (als Schicksal), die Veden (bzw. das Wissen), die mächtige, pferdeköpfige Form von Vishnu und der allmächtige und ewige Große Vater Brahma. Darüber wacht der göttliche und gesegnete Mahadeva, der über die Viswadevas und die großen Rishis herrscht. Diese wachen über den göttlichen Soma und die unsterblichen Götter. Durch die Götter, so wisse, herrschen die Brahmanen. Und durch die Brahmanen beschützen die Kshatriyas rechtschaffen alle Wesen. So wird diese große Welt, die aus belebten und unbelebten Geschöpfen besteht, durch die Kshatriyas beschützt. Damit werden die Wesen in dieser Welt wach gehalten, und die Herrschaft bleibt unter ihnen bewahrt. Voller Herrlichkeit, wie der Große Vater selbst, hält die Herrschaft alles zusammen und ist die Stütze aller Geschöpfe.

Die Zeit, oh Bharata, herrscht stets über Anfang, Mitte und Ende (aller Geschöpfe). Der Meister aller Welten, der Herr aller Wesen, der mächtige und segensreiche Mahadeva, der Gott der Götter, herrscht über alles. Er wird auch Kapardin, Shankara, Rudra, Bhava, Sthanu und Herr der Uma genannt. Damit besteht die Herrschaft am Anfang, in der Mitte und am Ende. So sollte auch jeder tugendhafte König, von der Herrschaft geführt, gerecht regieren.

Bhishma fuhr fort:
Wer diese Belehrung von Vasuhoma hört und sich entsprechend verhält, wird sicher all seine Wünsche erfüllen können. Damit habe ich dir, oh Bulle unter den Männern, alles über (die Entstehung) der Herrschaft erzählt, die das ganze Weltall durch Gerechtigkeit zügelt und regiert.


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