Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 123 - Über die drei Lebensziele von Tugend, Reichtum und Vergnügen

Yudhishthira sprach:
Ich wünsche, oh Herr, über die bestehenden Ansichten bezüglich der Lebensziele von Tugend, Reichtum und Vergnügen (Dharma, Artha und Kama) zu hören. Wie bestimmen sie den Lauf des Lebens? Was sind die jeweiligen Wurzeln von Tugend, Reichtum und Vergnügen? Was sind die Ergebnisse jener drei? Manchmal sieht man sie miteinander verschmolzen, und manchmal scheinen sie getrennt und unabhängig voneinander zu bestehen.

Bhishma sprach:
Wenn Menschen in dieser Welt mit gutem Herzen versuchen, Reichtum mithilfe der Tugend zu gewinnen, dann kann man jene drei, nämlich Tugend, Reichtum und Vergnügen, in einem Zustand der Vereinigung bezüglich Zeit, Motivation und Handlung sehen. Reichtum hat seine Wurzel in der Tugend, und Vergnügen gilt als Frucht des Reichtums. Alle drei haben wiederum ihre Wurzel im zielgerichteten Willen. Und alle Ziele existieren in ihrer Gesamtheit, um den Wunsch nach Vergnügen (bzw. Glück) zu befriedigen. Darauf beruhen alle drei Lebensziele. Die Überwindung aller Ziele ist die Befreiung (Moksha als viertes Lebensziel). Man sagt, daß die Tugend für den Schutz des Körpers gesucht wird und der Reichtum für den Erwerb der Tugend. Vergnügen ist vor allem die Befriedigung der Sinne. Alle drei haben deshalb die Qualität der Leidenschaft. (Es gibt drei Qualitäten für menschliche Taten: Güte, Leidenschaft und Dunkelheit, im Sanskrit die drei Gunas: Sattwa, Rajas und Tamas. Siehe auch Bhagavatgita.) Wenn Tugend, Reichtum und Vergnügen für das Erreichen des Himmels oder ähnlichen Lohn gesucht wird, gelten sie als fern, weil ihr Lohn in der Ferne liegt. Wenn sie jedoch im Sinne der Selbsterkenntnis gesucht werden, gelten sie als nah. Mit dieser Motivation sollte man nach ihnen streben. (Die Tugend im Sinne der Reinigung, den Reichtum im Sinne von hohem Verdienst und das Vergnügen im Sinne einer allumfassenden Liebe.) Man sollte diese Lebensziele niemals mißachten. Wenn man Tugend, Reichtum und Vergnügen vervollkommnen will, sollte man sich durch Entsagung von ihrer Anhaftung befreien. Denn das hohe Ziel der dreifachen Anhäufung ist schließlich die Befreiung. Mögen die Menschen es erreichen!

Die weltlichen Handlungen, selbst wenn sie mit aller Intelligenz unternommen und vollbracht werden, bringen stets nur unzuverlässige Ergebnisse. Tugendhaftes Handeln ist nicht immer die Wurzel für Reichtum, denn auch Untugend kann zu Reichtum führen. Solche Gegensätze kann jeder in der Welt sehen. Oft bringt mühsam erworbener Reichtum nur großes Elend, und das Gegenteil (wie Entsagung und Armut) führt zum Erwerb von Tugend. So kann ein Unwissender, dessen Verstand durch Illusion verdunkelt wurde, nie das höchste Ziel von Tugend und Reichtum erreichen, das in der Befreiung liegt. Die Schlacke der Tugend ist der Wunsch nach Belohnung, die Schlacke des Reichtums ist der Neid und die Schlacke des Vergnügens das Begehren. Nur ohne diese Verunreinigungen können sie zum Höchsten führen.

Diesbezüglich wird von einem Gespräch erzählt, das in alten Zeiten zwischen Kamandaka und Angaristha stattfand. Eines Tages grüßte König Angaristha, nachdem er auf die rechte Gelegenheit gewartet hatte, den Rishi Kamandaka, als dieser bequem saß und stellte ihm folgende Fragen:
Wenn ein König, getrieben durch Begierde und Unwissenheit, Sünden begeht, welche er später bereut, durch welche Taten, oh Rishi, können jene Sünden aufgelöst werden? Es ist verbreitet unter den Menschen, daß sie häufig aus Unwissenheit viele Sünden im Glauben begehen, rechtschaffen zu handeln. Wie kann der König dieser Sünde Einhalt gebieten?

Kamandaka sprach:
Der Mensch, der Tugend und Reichtum aufgibt und nur das Vergnügen sucht, wird durch dieses Verhalten seine Vernunft zerstören. Und ohne Vernunft folgt geistige Verwirrung, die unverzüglich sowohl für die Tugend als auch für den Reichtum zerstörerisch wirkt. Aus geistiger Verwirrung entstehen leidvolle Gottlosigkeit und wachsende Boshaftigkeit. Wenn der König solche übelgesinnten Menschen mit sündigem Verhalten nicht zurückhält, leben alle guten Untertanen in Angst vor ihm, wie ein Gefangener in einem Raum, in dem sich eine Giftschlange verborgen hält. Die Untertanen folgen einem solchen König nicht, wie auch die Brahmanen und alle anderen frommen Personen. Damit schafft sich der König große Gefahr und schließlich seinen Untergang. Überwältigt von Schande und Tadel, muß er seine dahinschleichende, jämmerliche Existenz ertragen. Ein Leben in Schande ist jedoch dem Tode gleich. Jene, die in den heiligen Schriften erfahren sind, haben folgende Mittel aufgezeigt, um Sünde abzuwehren: Der König sollte sich stets dem Studium der drei Veden widmen. Er sollte die Brahmanen verehren und ihnen Gutes tun. Er sollte stets der Gerechtigkeit verpflichtet sein und Bündnisse mit edlen Familien suchen. Er sollte den hochgesinnten Brahmanen dienen, die mit der Tugend der Vergebung gesegnet sind. Er sollte Reinigungen zelebrieren, heilige Mantras rezitieren und damit seine Zeit zufrieden verbringen. Nachdem er alles Übelgesinnte in sich selbst überwunden hat, sollte er die Übel in seinem Königreich überwinden und die Gesellschaft von tugendhaften Menschen suchen. Er sollte alle Personen durch freundliche Reden und gute Taten befriedigen. Er sollte allen verkünden „Ich bin für Euch da!“, und sogar die Tugenden seiner Rivalen loben. Mit solcher Gesinnung kann er bald seine Sünden bereinigen und die Hochachtung aller gewinnen. Zweifellos, durch solches Verhalten werden seine Sünden zerstört. Du solltest all jene hohen Aufgaben vollbringen, die deine Ältesten und Lehrer dir aufzeigen. Dann wirst du sicherlich großen Segen durch die Gnade deiner Ältesten und Lehrer erhalten.


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